Spruch:
Eine aufschiebende Bedingung schiebt bis zu ihrer Erfüllung den Anfall des Zugedachten auf; der einstweilige Genuß kommt in der Regel den gesetzlichen Erben zu; hat der Erblasser jedoch bestimmt, was zu geschehen hat, wenn die Bedingung nicht erfüllt wird, hat auch der einstweilige Genuß demjenigen zuzukommen, dem der endgültige Genuß für den Fall der Nichterfüllung der Bedingung zugedacht war
Nur absurde letztwillige Verfügungen sind unmöglich und daher ungültig;eine Erbeinsetzung unter der Bedingung einer ganz oder zum Teil von der Willkür eines Dritten abhängigen Handlung ist gültig
Das Berufungsgericht kann einen ergänzenden Sachverständigenbeweis auch von Amts wegen ohne Parteienantrag durchführen. Es ist jedoch nicht berechtigt, ohne dahingehende Mängelrüge dem Erstgerichte die amtswegige Bestellung eines weiteren Sachverständigen aufzutragen
OGH 22. März 1973, 6 Ob 66/73 (OLG Graz 3 R 127/72, KG Leoben 8 Cg 176/68)
Text
Jakob G jun., der Ehegatte der Klägerin, und Antonia G, seine Stiefmutter, waren gesetzliche Erben nach dem 1920 verstorbenen Jakob G sen., in dessen Eigentum u. a. eine Liegenschaft mit dem Wohnhaus S 58 und einem daran angebauten Stallgebäude gestanden war. Auf Grund eines Übereinkommens vom 17. Feber 1930 wurde die genannte Liegenschaft geteilt; Antonia G war dann Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 33 KG S, zu der das Grundstück 114/1, auf dem sich das Stallgebäude befindet, gehört. Mit Vertrag vom gleichen Tag schenkte Antonia G eine Hälfte der Liegenschaft ihrem Bruder Anton S; auf der Liegenschaft wurde das Haus S 165 neu gebaut und von den Geschwistern gemeinsam bewohnt. Antonia G starb im Jahre 1960 und überließ ihr Hälfteeigentum an der EZ 33 KG S dem Beklagten, dem Sohn ihres Bruders Otto S, auf Grund eines Ehevertrages hatte Anna S, die Ehegattin des Beklagten, Anspruch auf die Hälfte dieser Liegenschaftshälfte. Die EZ 33 KG S stand also sodann seit dem Jahre 1960 zur Hälfte im Eigentum des Anton S und zu je einem Viertel im Eigentum des Beklagten und seiner Gattin Anna S. Mit Testament vom 5. Dezember 1960 setzte Anton S den Beklagten, seinen Neffen, zu seinem Alleinerben ein. Am 15. Mai 1964 verfaßte Anton S einen weiteren letzten Willen, der u. a. lautete: "Meinen halben Anteil an dem Wohnhaus Nr. 165 in S gebe ich meinen Neffen Hans S. Meinen halben Anteil des dem Wohnaus G, S Nr. 58 angebauten Stallgebäude soll nach meinem Tode Herr Jakob G zurückbekommen. Ich bestimme jedoch, daß das gesamte Stallgebäude welches seinerzeit nur leihweise meiner Schwester und mir von Herrn Jakob G überlassen wurde, an den rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wird. Im Falle mein Neffe Hans S nicht gewillt ist, die andere Hälfte des Stallgebäudes an Herrn Jakob G kostenlos zurückzugeben, vermache ich meinen gesamten Anteil meiner Liegenschaft Haus Nr. 165 dem Herrn Jakob G, wohnhaft in S Nr. 103." Nach dem Tode Jakob G jun. ordnete Anton S in einer weiteren letzten Willenserklärung vom 20. April 1966 an, daß in seinem Testament die Klägerin die Stelle ihres verstorbenen Ehegatten übernehme. Anton S starb am 28. Dezember 1967. Die Verlassenschaft wurde vom BG R abgehandelt. Der Beklagte gab auf Grund des Testamentes vom 5. Dezember 1960 die unbedingte Erbserklärung ab. Mit Beschluß des BG R, dem die letzten Willenserklärungen vom 15. Mai 1964 und 20. April 1966 nicht bekannt waren, vom 16. Feber 1968 wurde der Nachlaß nach Anton S dem Beklagten eingeantwortet und die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Beklagten auf dem Hälfteanteil des Anton S an der EZ 33 KG S angeordnet. Wegen des bestehenden Ehevertrages wurde jedoch mit Beschluß des BG 1 vom 12. August 1968, bei der EZ 33 KG S statt des Hälfteeigentums des Anton S das Eigentumsrecht für den Beklagten und Anna S zu je einem Viertel einverleibt.
Mit der am 27. Mai 1968 dem Beklagten zugestellten gegenständlichen Klage hatte die Klägerin bereits das Urteil begehrt, der Beklagte sei schuldig, die ihm auf Grund der Einantwortungsurkunde des BG R zugekommene Eigentumshälfte des Anton S an der Liegenschaft EZ 33 KG S herauszugeben und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an dieser Liegenschaftshälfte einzuwilligen. Die Klägerin stützte sich dabei auf die beiden letztwilligen Erklärungen vom 15. Mai 1964 und 20. April 1966. Der Beklagte wendete insbesondere ein, daß Anton S am 15. Mai 1964 und 20 April 1966 nicht mehr testierfähig gewesen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich des Viertelanteiles, mit dem der Beklagte ins Grundbuch eingetragen wurde, statt und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte nach Vernehmung zahlreicher Zeugen und des Sachverständigen Dr. Z im wesentlichen fest:
Da der Stall an das Gebäude S 58 angebaut sei, sei Jakob G jun. nach dem Tod der Antonia G im Jahre 1960 wütend gewesen, daß die Verstorbene nicht verfügt hatte, daß das Stallgebäude zum Besitz G komme. Im Jahre 1961 sei es zu einem Gespräch zwischen Anton S, Jakob G jun. und der Klägerin gekommen; Jakob G jun. habe Anton S klar gemacht, seinerzeit sei vereinbart worden, daß das Stallgebäude der Antonia G nur vorübergehend zur Benützung überlassen worden sei. Anton S habe sich später zum Beklagten begeben und versucht, auf diesen einzuwirken, daß dieser das Stallgebäude dem Jakob G jun. überlasse; der Beklagte habe dies jedoch abgelehnt, da nichts Schriftliches vorliege. Anton S habe hierauf den Vorsteher des BG 1 aufgesucht und ihm gesagt, daß schon eine langdauernde Verpflichtung bestehe, einen bestimmten Liegenschaftsanteil zurückzugeben; dieser habe dem Anton S erklärt, es bestunde allenfalls die Möglichkeit, die Sache im Wege einer testamentarischen Verfügung zu bereinigen. Auch der Bürgermeister von S habe ihm einen ähnlichen Rat gegeben. Hierauf sei es zur Verfassung der letzten Willenserklärung vom 15. Mai 1964 und der Abänderung vom 20. April 1966 gekommen. Zu Weihnachten 1967 habe Anton S dem Bürgermeister gesagt, er habe so gehandelt, wie er es ihm empfohlen gehabt hätte.
Seit 1957 sei Anton S beim Arzt Dr. M in Behandlung gewesen; im März 1962 habe Anton S einen apoplektischen Insult (Gehirnschlag) erlitten, der Teillähmungen und Sprachstörungen zur Folge gehabt habe, die sich jedoch zurückgebildet hätten. Anton S sei nachher wie vorher über verschiedene alltägliche Situationen durchaus orientiert, seine Denkweise vollkommen geordnet gewesen. Am 19. Jänner 1965 habe wiederum ein apoplektischer Insuft diagnostiziert werden müssen, der die Einlieferung in das Krankenhaus Rottenmann zur Folge gehabt habe. Trotz cerebral-sklerotischen Abbaues sei Anton S geistig rege gewesen. Auch dem Arzt Dr. Kurt C sei an Anton S psychischem Verhalten nichts aufgefallen. Beide Ärzte hatten nur bemerkt, daß Anton S ein eigenartiger "Kauz", ein Sonderling und Einzelgänger gewesen sei, der wenig Kontakt mit der Umwelt gehabt habe. Im April 1964 habe Dr. Helmut M zum Beklagten gesagt: "lhr Onkel spinnt, entschuldigen Sie diesen harten Ausdruck, wir wissen noch nicht, was wir mit ihm noch alles erleben werden." Auch bei mehrfachen Aufenthalten im Landeskrankenhaus Rottenmann seien auffällige Symptome in den Krankengeschichten nicht festgehalten worden. Im Jahre 1963 sei Anton S in Graz ein Teil seines Gliedes amputiert worden. Nach der Amputation habe er ein auffallendes Verhalten gezeigt, indem er mit Vehemenz auf seine nunmehrige sexuelle Untüchtigkeit hingewiesen habe; er habe das gesamte Personal beschimpft, sich von den Schwestern nicht mehr anrühren lassen, mit Gegenständen herumgeworfen und mit gerichtlichen Schritten gedroht. Bei einem Aufenthalt im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Graz sei hingegen am 30. Juni 1965 in die Krankengeschichte eingetragen worden, daß die Beobachtung eine deutliche Persönlichkeitsveränderung zeige; eine Übernahme auf die Nervenabteilung sei wegen Platzmangels nicht möglich gewesen. Bei einem späteren Krankenhausaufenthalt im Landeskrankenbaus Graz Ende 1967 seien psychische Auffälligkeiten bei ihm nicht beobachtet worden. Von 1964 bis zu seinem Tod sei Anton S im Altersheim T untergebracht gewesen. Er habe keine Besonderheiten gezeigt und keine Schwierigkeiten gemacht; auch sein Zimmergenosse habe sich nie beschwert. Trotz vorhandener Cerebral-Sklerose sei Anton S am 15. Mai 1964 und 20. April 1966 noch testierfähig gewesen.
In seiner Beweiswürdigung führte das Erstgericht aus, es lasse sich bei der Bejahung der Testierfähigkeit des Anton S völlig vom Gutachten des Sachverständigen Dr. Z leiten; dieser habe zum Ausdruck gebracht, daß trotz der vorliegenden Cerebral-Sklerose die Testierfähigkeit des Anton S nicht ausgeschlossen werden könne, wenn man jener Zeugengruppe folge, die psychische Auffälligkeiten verneine. Sämtliche Ärzte mit einer Ausnahme hätten psychischabnormes Verhalten verneint; diese Ausnahme betreffe den Arzt, der vom Verhalten des Anton S nach der teilweisen Amputation seines Gliedes berichtet habe; es sei aber verständlich, daß er deswegen in einen gewissen Ausnahmezustand geraten sei; jedenfalls habe ein Arzt auch noch nach 1963 an Anton S keine Auffälligkeiten beobachtet; auch die Bemerkung des Dr. Helmut M falle nicht ins Gewicht. Wesentlich sei hingegen die Aussage der Leiterin des Altersheimes T, die bestimmt im Umgang mit alten Menschen Erfahrung gehabt habe.
Rechtlich führte das Erstgericht aus: Der Beklagte weigere sich, seinen halben Anteil an dem dem Wohnhaus G angebauten Stallgebäude herauszugeben. Für diesen Fall sähen die ordnungsgemäß zustandegekommenen Testamente vom 15. Mai 1964 und 20. April 1966 vor, daß der gesamte Anteil des Anton S an der Liegenschaft EZ 33 KG S an Jakob G jun. bzw. die Klägerin falle. Die Klägerin könne jedoch nur die Übergabe des Liegenschaftsviertels verlangen, das im Eigentum des Beklagten stehe.
Über Berufung beider Parteien, in denen zwar u. a. der Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht, nicht aber die Nichtbeiziehung eines zweiten Sachverständigen gerügt wurde, hob das Berufungsgericht das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Beklagte sollte nur unter der Bedingung die zweite Hälfte der Liegenschaft EZ 33 KG S mit Ausnahme des Stallgebäudes in sein Eigentum bekommen, wenn er seinerseits die andere Hälfte an dem Stallgebäude der Klägerin kostenlos überlasse. Da er nur Eigentümer der Liegenschaft zu einem Viertel gewesen sei, sei die Frage zu prüfen, ob nicht eine unmögliche Bedingung im Sinne des § 698 ABGB vorliege. Eine Unmöglichkeit sei nur dann gegeben, wenn die Leistung aus natürlichen oder rechtlichen Gründen nicht bewirken werden könne, so auch, wenn die Mitwirkung eines Dritten notwendig sei, der, nicht dazu verpflichtet, sie versage. Es sei im Verfahren nicht geklärt worden, ob die Ehegattin des Beklagten ihre Mitwirkung versage; dies müsse nachgeholt werden. Liege eine unmögliche Bedingung vor, sei das gesamte Klagebegehren abzuweisen. Der Sachverständige Dr. Z habe im übrigen zur Frage der Testierfähigkeit des Anton S nicht mit genügender Deutlichkeit Stellung genommen. Das Erstgericht sei damit einem widerspruchsvollen Gutachten gefolgt, das nicht Grundlage von Feststellungen sein könne. Das Erstgericht hätte die Unbrauchbarkeit des Gutachtens erkennen und von sich aus einen weiteren Sachverständigen bestellen müssen. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens habe zweckmäßiger durch das Erstgericht zu erfolgen, weil die Möglichkeit bestehe, daß der neue Sachverständige an einzelnen Zeugen Fragen stelle, deren Beantwortung ihm erst die Erstellung eines klaren und eindeutigen Gutachtens ermögliche. Das Erstgericht werde schließlich auch nach dem Inhalt des Ehevertrages zwischen dem Beklagten und seiner Ehegattin zu prüfen haben, inwieweit eine Veräußerung des Liegenschaftsanteiles an die Ehegattin des Beklagten im Sinne des § 234 ZPO überhaupt erfolgt sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung beider Streitteile auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach § 1447 ABGB wird eine Verbindlichkeit aufgehoben, wenn die Erfüllung durch einen Zufall unmöglich wird. Hiezu führten, wie das Berufungsgericht richtig darlegt, Pisko - Gschnitzer in Klang[2] VI, 540 aus, daß die Erfüllung dann entfalle, wenn der Schuldner die Leistung aus natürlichen oder rechtlichen Gründen nicht bewirken könne, so auch, wenn er der Mitwirkung eines Dritten bedarf, der, nicht dazu verpflichtet, sie versagt. In diesem Sinne hat die Rechtsprechung auch anerkannt, das eine Verurteilung zur Leistung des geschuldeten Gegenstandes nicht mehr erfolgen könne, wenn vom Unmöglichkeit der Leistung behauptenden Beklagten nicht nur eingewendet, sondern auch bewiesen werde, daß der Dritte sich endgültig weigere, die Sache überhaupt oder anders als gegen ein übermäßiges Entgelt abzugeben (MietSlg. 22.206; JBl. 1958, 471 u. a.). Unmöglichkeit der Leistung könne allerdings nicht angenommen werden, solange der Beklagte nicht einmal behauptet und zu beweisen versucht habe, alles unternommen zu haben, den Dritten zu einer die Erfüllung ermöglichenden Handlung zu bewegen (EvBl. 1954/132). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte, wie auch das Berufungsgericht darlegt, nicht einmal behauptet, geschweige denn bewiesen, daß ihm die Beschaffung des ihm nicht gehörigen Viertels, das seit dem Jahre 1960 im Eigentum seiner Ehegattin steht, nicht möglich wäre. Darauf kommt es aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes ohnehin nicht an, da es nicht darum geht, ob dem Beklagten die Erfüllung einer Verpflichtung nachträglich unmöglich geworden ist, sondern darum, welche Konsequenzen sich daraus ergeben, wenn der Beklagte die in der letztwilligen Verfügung vom 15. Mai 1964 ihm gestellte Bedingung nicht zu erfüllen in der Lage ist. Die zum § 1447 ABGB entwickelten Grundsätze sind daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes erscheint ausreichend geklärt, warum es zu drei letztwilligen Verfügungen des Anton S gekommen ist. Er setzte zunächst mit dem Testament vom 5. Dezember 1960 den Beklagten zum Alleinerben ein, mußte sich aber später den Vorwurf gefallen lassen, nicht berücksichtigt zu haben, daß das zur Liegenschaft EZ 33 KG S gehörige Stallgebäude an das Haus S 58 angebaut ist; Jakob G jun. und der Klägerin ist es zudem gelungen, Anton S "klar zu machen", seinerzeit wäre vereinbart worden, daß das Stallgebäude der Antonia G nur vorübergehend zur Benützung überlassen worden sei. Es mag nun durchaus sein, daß eine solche Vereinbarung gar nicht bestand, sicher ist nach den Feststellungen des Erstgerichtes aber, daß Anton S sich von der Behauptung einer solchen Vereinbarung beeindrucken ließ und nicht nur versuchte, beim Beklagten die Herausgabe des Stallgebäudes an Jakob G jun. zu erwirken, sondern nach Fehlschlagen dieses Versuches auch den Richter und den Bürgermeister befragte und von ihnen den Rat erhielt, die Sache im Wege einer testamentarischen Verfügung zu bereinigen. Mit seiner letztwilligen Anordnung vom 15. Mai 1964 wollte Anton S offensichtlich dieses Ergebnis erreichen; er wollte dem Beklagten im Gegensatz zum Testament vom 5. Dezember 1960 nicht mehr die gesamte ihm gehörige Hälfte der Liegenschaft EZ 33 KG S zukommen lassen, sondern ihr Ausmaß um das Stallgebäude verringern und auch den Rest dem Beklagten nur unter der Bedingung zukommen lassen, daß er Jakob G jun. Alleineigentümer des Stallgebäudes werden ließ. Sollte Jakob G jun. - oder später nach seinem Tode und der letztwilligen Anordnung vom 20. April 1966 der Klägerin - das Alleineigentum am Stallgebäude nicht zukommen, sollte der Beklagte auch den Rest der Liegenschaft EZ 33 KG S nicht erhalten. Aufschiebende Bedingung für den Erwerb der vermachten Hälfte des Liegenschaftsrestes war also die Vorschaffung des Alleineigentums am Stallgebäude für die Klägerin. Wille des Erblassers war es, daß der Beklagte sozusagen das Wahlrecht haben sollte, es bei den bestehenden Eigentumsverhältnissen zu belassen oder - allenfalls mit seiner Ehegattin - das Alleineigentum an der um das Stallgebäude verkleinerten Liegenschaft EZ 33 KG S zu erwerben. Es kann kein Zweifel bestehen, daß es Anton S gelungen ist, diesen Willen auch unmißverständlich in seinen letztwilligen Anordnungen vom 15. Mai 1964 und 20. April 1966 auszudrücken. Der den Beklagten betreffende Teil der letztwilligen Anordnung enthielt eine Bedingung mit der Wirkung, daß das zugedachte Recht erst nach ihrer Erfüllung zu seiner Kraft gelangen sollte (§ 696 ABGB); die gesetzte Bedingung war demnach eine aufschiebende. Übersehen oder nicht gewußt hat Anton S nur, daß der Beklagte die Hälfte seiner Liegenschaftshälfte schon im Jahre 1960 auf Grund eines Ehevertrages seiner Ehegattin ins Eigentum übertragen hatte. Ohne Mitwirkung seiner Ehegattin kann der Beklagte also das Hälfteeigentum am Grundstück, auf dem das Stallgebäude steht, nicht übertragen. Ihm allein ist die Verschaffung des Eigentums hingegen unmöglich. § 698 ABGB bestimmt, daß eine Anordnung, durch jemandem unter einer aufschiebenden unmöglichen Bedingung ein Recht erteilt wird, ungültig sei. Daraus kann aber keineswegs der Schluß gezogen werden, daß dem Klagebegehren nur stattgegeben werden könnte, wenn die Ehegattin des Beklagten der Herausgabe ihres Viertelanteiles am Eigentum des Stallgebäudes zustimmt. Im Gegenteil: Wollte man die Bedingung, die für den Erwerb des Vermächtnisses gesetzt worden war, für unmöglich erfüllbar ansehen, würde nicht nur sie wegfallen, sondern auch die gesamte damit verbundene Verfügung zugunsten des Beklagten. Der Gesetzgeber hat sich nämlich nicht für die Streichung der Bedingung, sondern für die Ungültigkeit der letztwilligen Anordnung entschieden (Gschnitzer in Klang[2] III, 667). Enthält die letztwillige Anordnung mehrere nicht miteinander untrennbar verbundene Teile, hat nur die unter einer unmöglichen Bedingung getroffene Anordnung zu entfallen (vgl. Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 167), Es würde also im vorliegenden Fall immer noch der Teil der letztwilligen Anordnung verbleiben, wonach der Klägerin der gesamte Anteil des Anton S an der Liegenschaft EZ 33 KG S zuzukommen habe. Damit wäre das Klagebegehren, weil die beiden Teile des letzten Willens vom 15. Mai 1964 nicht als untrennbar miteinander verknüpft angesehen werden müssen, bei gültigem Zustandekommen der Willenserklärung schon aus diesem Gründe berechtigt.
Von einer geradezu (vgl. § 878 ABGB) unmöglichen Bedingung kann allerdings keine Rede sein. Eine Erbeinsetzung ist nämlich auch dann gültig, wenn sie unter der Bedingung einer ganz oder zum Teil von der Willkür eines Dritten abhängigen Handlung erfolgt (Ehrenzweig[2] II/2, 407). Anton S konnte ohne weiteres verordnen, daß der Beklagte nur dann Vermächtnisnehmer werde, wenn er zuvor oder zumindest Zug um Zug der Klägerin das Alleineigentum am Stallgebäude verschafft. Wenn er dies nicht tat, sollte er eben nichts bekommen. Es besteht nicht der geringste Grund, eine solche letztwillige Anordnung für ungültig anzusehen, wie es das Berufungsgericht für möglich hält. Das, was Anton S getan hat, war wohlüberlegt, nur absurde letztwillige Verfügungen (vgl. Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechtes, 192 und in Klang[2] IV/1, 161) sollen aber ungültig sein. Daran ändert nichts, daß Anton S nicht gewußt oder nicht bedacht hatte, daß Anna S Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 33 KG S war. Anton S hätte dann die Notwendigkeit ihrer Zustimmung nicht mitberücksichtigt. Da Anna S ihren Anteil vom Beklagten erhalten hatte und die Interessenlage der Ehegatten die gleiche ist, kann der zu vermutende Wille des Anton S aber durchaus dahin verstanden werden, daß er nicht anders gehandelt und die Verschaffung des Eigentums am Stallgebäude für die Klägerin verlangt hätte, wenn ihm die wahre Rechtslage bekannt gewesen wäre. Eine letztwillige Erklärung ist immer so auszulegen, daß der vom Erblasser erstrebte Erfolg eintritt (Weiß in Klang[2] III, 226; vgl. EvBl. 1971/34). Die Regel des § 915 ABGB ist nicht anzuwenden (SZ 25/85). Eine Auslegung des letzten Willens des Anton S in der Richtung, daß dann, wenn er bedacht hätte, daß ein Viertel der Liegenschaft im Eigentum der Anna S steht, die Klägerin das Eigentum am Stallgebäude nicht erhalten sollte, ist aber nicht möglich. Folgte man dem Berufungsgericht, könnten der Beklagte und seine Ehegattin nur deswegen, weil letztere der Herausgabe des Grundstückes, auf dem das Stallgebäude errichtet ist, nicht zustimmt, gerade all das behalten, was dem Beklagten (und seiner Ehegattin) nach dem Willen des Erblassers nicht zukommen sollte. Durch die Verweigerung der Zustimmung der Ehegatte des Beklagten hätten beide mehr Rechte als ohne diese. In einem solchen Sinn kann weder die letztwillige Anordnung noch das Gesetz ausgelegt werden. Eine aufschiebende Bedingung schiebt bis zu ihrer Erfüllung den Anfall des Zugedachten auf (Ehrenzweig II, 450); der einstweilige Genuß der Erbschaft kommt in der Regel den gesetzlichen Erben zu (Ehrenzweig II, 451). Das kann aber für den Fall nicht gelten, als der Erblasser genau bestimmt hat, was zu geschehen hat, wenn die Bedingung nicht erfüllt ist; dann kann auch der einstweilige Genuß der Erbschaft oder eines Vermächtnisses nur demjenigen zukommen, dem der endgültige Genuß für den Fall der Nichterfüllung der Bedingung zugedacht war. Solange also der Beklagte nicht in der Lage ist, die Erfüllung der Bedingung zu bewerkstelligen, käme also bei Gültigkeit der letztwilligen Anordnungen vom 15. Mai 1964 und 20. April 1966 der Klägerin das Eigentum an der Liegenschaftshälfte des Anton S zu. Einer Erörterung und Prüfung der Frage, ob die Ehegattin des Beklagten der Übertragung des Eigentumsrechtes am Stallgebäude hinsichtlich ihres Viertels zustimmt, bedarf es also entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht.
Schwer verständlich sind die Ausführungen des Berufungsgerichtes, inwieweit zur Frage der Anwendung des § 234 ZPO eine Ergänzung des erstgerichtlichen Verfahrens durchzuführen wäre. Nicht strittig ist es, wie das Berufungsgericht auch ausführt, daß die gegenständliche Klage dem Beklagten am 14. Mai 1968 zugestellt wurde, wogegen die Ehegattin des Beklagten erst am 12. August 1968 Eigentümerin der Hälfte der dem Beklagten aus dem Nachlaß des Anton S zugekommenen Liegenschaftshälfte wurde. Die Bestimmung des § 234 ZPO ordnet nun aber ausdrücklich an, daß die Veräußerung einer in Streit verfangenen Sache auf den Prozeß keinen Einfluß habe. Der Begriff "Veräußerung" ist nicht im engsten Sinn des Wortes zu verstehen. Nach einhelliger Auffassung von Rechtsprechung und Lehre ist vielmehr eine Veräußerung der in Streit verfangenen Sache im Sinne des § 234 ZPO jede Art von Einzelrechtsnachfolge auf Seite jeder der beiden Parteien, gleichgültig, ob es sich um eine rechtsgeschäftliche oder um eine kraft Gesetzes handelt (SZ 25/82;
SZ 22/100 u. a., zuletzt 5 Ob 84/72; Fasching III, 97,; Neumann[4], 905; Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht Erkenntnisverfahren, 156; Petschek - Stagel, Zivilprozeß, 270;
Pollak, System[2], 188; Sperl, Lehrbuch der bürgerlichen Rechtspflege, 199). Die Veräußerung kann grundsätzlich nicht als eine Sachverhaltsänderung angesehen werden (JB 63 neu = SZ 28/265;
EvBl. 1969/125; JBl. 1968, 157; SZ 34/166 u. a.). Die Tatsache der materiellen Rechtsänderung ist also im Streitverfahren nicht zu berücksichtigen, die bisherige Partei führt den Prozeß im eigenen Namen weiter (Holzhammer Erkenntnisverfahren, System[2]; Pollak - Fasching III, 100; Neumann[4], 906). Während der Anhängigkeit des Rechtsstreites gegen den Veräußerer kann der Kläger gegen den Erwerber nicht einmal eine gesonderte Klageführen, weil dem Streitanhängigkeit entgegensteht (EvBl. 1969/125). Das Urteil ist dann, wenn es gegen den Veräußerer lautet, bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 9 EO auch gegen den Rechtsnachfolger vollstreckbar (JB 63 neu = SZ 28/265; Heller - Berger - Stix 227, 238 f.; Holzhammer Erkenntnisverfahren Sperl Rechtspflege, 200); nur der gutgläubige Erwerber wäre dann allenfalls in seinem Vertrauen auf das Grundbuch zu schützen (EvBl. 1969/125; SZ 34/166 u. a.; Heller - Berger - Stix 239). Auf den Inhalt des Ehevertrages des Beklagten mit seiner Ehegattin kommt es dann aber im vorliegenden Fall überhaupt nicht an.
Eine Notwendigkeit zur Ergänzung des erstgerichtlichen Urteils aus rechtlichen Gründen besteht also, wie der Rekurs mit Recht geltend macht, nicht. Voraussetzung für die Berechtigung des Anspruches der Klägerin ist es allerdings, daß die letztwilligen Anordnungen vom 15. Mai 1964 und 20. April 1966 gültig zustande kamen, Anton S also nicht, wie es der Beklagte behauptet, testierunfähig war. Die Beurteilung dieser Frage ist an und für sich eine Rechtsfrage, aber auf Grund der Feststellungen über den Geisteszustand des Erblassers zu beantworten (NZ 1969, 188 u. a.). Das Erstgericht ging vom Gutachten des Sachverständigen Dr. Z aus, der die Testierfähigkeit des Anton S zu den maßgeblichen Zeitpunkten dann für möglich hielt, wenn der "anderen Zeugengruppe" gefolgt werde. Das Erstgericht hat dies in einer sehr sorgfältigen und überaus ausführlichen Beweiswürdigung getan und dargelegt, warum es eine Testierfähigkeit des Anton S, deren Mangel, da der Verstorbene nicht entmundigt gewesen war, der Beklagte beweisen muß (§ 566 ABGB), annahm. Seine Feststellung, daß Anton S testierfähig gewesen sei, stützte das Erstgericht also keineswegs nur auf das beide Möglichkeiten offengelassene Gutachten des Sachverständigen Dr. Z, sondern auf die Ergebnisse eines umfangreichen weiteren Beweisverfahrens. Es mußte dann aber für das Erstgericht nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein, ob das Gutachten, wie sich das Berufungsgericht ausdrückt, wirklich problematisch, widerspruchsvoll und unbrauchbar war. Das Berufungsgericht konnte allerdings bei Überprüfung des bekämpften erstgerichtlichen Urteils Bedenken gegen die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Erstgerichtes haben. Nach ständiger Rechtsprechung kann der Oberste Gerichtshof, wenn das Berufungsgericht, ausgehend von einer zutreffenden Rechtsansicht, einen für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt als nicht ausreichend geklärt ansah, dieser Auffassung, da er nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (SZ 43/167; EvBl. 1971/207; RZ 1970, 150; SZ 42/2; SZ 40/109; SZ 38/227 u. a.). Ob in einem Rechtsstreit ein weiterer Sachverständiger vernommen werden soll, fällt auch grundsätzlich in das Gebiet der vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren Beweiswürdigung der Vorinstanzen (JBl. 1972, 572 u. a.). Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Das Berufungsgericht darf sich nämlich nicht der Verpflichtung entziehen, die von einer Berufung bekämpfte Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu überprüfen (RZ 1970, 222 u. a.). Wenn es gegen die Feststellungen des Erstgerichtes Bedenken hat, hat es daher grundsätzlich selbst alle mit dem betreffenden Beweisthema zusammenhängenden Beweise, d. h. jene Beweise, auf die das Erstgericht entscheidende Feststellungen gestützt hat, zu wiederholen (JBl. 1954, 74; SZ 23/112 u. a.). Es kann dabei, wenn in erster Instanz ein Sachverständigenbeweis durchgeführt wurde, denselben auch unter Bestellung anderer Sachverständiger neuerlich vornehmen lassen (§ 488 Abs. 3 ZPO). Bei der Beweiswiederholung ist das Berufungsgericht also nicht an die Person des in erster Instanz vernommenen Sachverständigen gebunden und kann den (ergänzenden) Sachverständigenbeweis auch von Amts wegen ohne Parteienantrag durchführen (Fasching IV, 189). Das Berufungsgericht ist aber nicht berechtigt, ohne dahinzielende Mängelrüge die amtswegige Bestellung eines weiteren Sachverständigen dem Erstgericht aufzutragen. Im Rechtsmittelverfahren können vielmehr Verfahrensmängel, die keine Nichtigkeit begrunden, nur dann zu einer Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils führen, wenn der Mangel als Berufungsgrund ausdrücklich geltend gemacht wurde (Fasching IV, 205). Anders ist es nur bei Unvollständigkeit der Entscheidungsgrundlage (§ 496 Abs. 1 Z. 3 ZPO); bei Erledigung der gesetzentsprechend erhobenen Rechtsrüge hat das Berufungsgericht nämlich von Amts wegen die erforderlichen Rechtsnormen festzustellen und anzuwenden; im Rahmen der rechtlichen Beurteilung muß es dann auch von Amts wegen auf die Unvollständigkeit des subsumierten Sachverhaltes Bedacht nehmen (Fasching IV, 206). Dann, wenn es sich bei den Bemängelungen des Berufungsgerichtes in Wahrheit aber gar nicht um Erörterungs- und Feststellungsmängel, sondern um Bedenken gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung handelt, hat der Oberste Gerichtshof einzugreifen und dem Berufungsgericht aufzutragen, solche Bedenken durch Wiederholung der entsprechenden Beweisaufnahmen zu beheben (5 Ob 235/69; 8 Ob 111/68). Wenn also das Erstgericht auf Grund zahlreicher Beweisaufnahmen glaubte, abschließende Feststellungen treffen zu können, die Partei zu deren Nachteil die Beweiswürdigung ausfiel, keinen weiteren Beweisantrag stellte und daher auch in der Berufung eine Mangelhaftigkeit nicht behauptete, ist das Berufungsgericht nicht berechtigt, die Auffassung zu vertreten, es bedürfe noch der amtswegigen Vernehmung eines weiteren Sachverständigen in erster Instanz. Es bat vielmehr selbst alle vom Erstgericht zur entscheidenden Frage vernommenen und in der Beweiswürdigung berücksichtigten Beweise zu wiederholen und kann nur dann auch die Beweisaufnahmen u. a. dahin ergänzen, daß es einen anderen Sachverständigen hört.
Das Berufungsgericht war im vorliegenden Fall, in dem die Nichtvernehmung eines zweiten Sachverständigen nicht gerügt worden war, also nicht berechtigt, dem Erstgericht die amtswegige Bestellung eines weiteren Sachverständigen aufzutragen. Der angefochtene Beschluß ist demnach aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen; daß der primäre Antrag des Rekurses, in der Sache selbst zu entscheiden, verfehlt war (JBl. 1973, 87 u. v. a.), wird damit schon allein deswegen unerheblich. Das Berufungsgericht wird nun, da es sich offenbar damit noch gar nicht befaßte, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu überprüfen und dann zu beurteilen haben, ob es tatsächlich Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes hat. Davon wird es abhängen, ob es einer weiteren Berufungsverhandlung bedarf, weshalb die Durchführung einer solchen nicht anzuordnen ist.
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