VwGH Ra 2022/11/0014

VwGHRa 2022/11/001422.4.2024

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz‑Sator und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Janitsch, über die Revision des E K in W, vertreten durch Dr. Manfred Fuchsbichler, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Traunaustraße 23/8/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12. November 2020, Zl. LVwG‑651659/29/KH, betreffend Bewilligung eines zweiten Fahrschulstandorts (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz‑Land), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2
KFG 1967 §108 Abs3
KFG 1967 §109
KFG 1967 §109 Abs1
KFG 1967 §109 Abs1 litb
KFG 1967 §109 Abs1 litg
KFG 1967 §110
KFG 1967 §111
KFG 1967 §113 Abs1
KFG 1967 §114 Abs7
KFG 1967 §115
KFG 1967 §115 Abs2 lita
VwGG §41
VwGVG 2014 §17
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022110014.L00

 

Spruch:

Die Revision wird abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach der Aktenlage wurde dem Revisionswerber mit Bescheid vom 23. November 2011 des ‑ damals zuständigen ‑ Magistrats Linz die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb der Fahrschule K an einem näher bezeichneten Standort in L erteilt. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2014 bewilligte die Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land den Antrag des Revisionswerbers auf Verlegung der Fahrschule vom Standort in L an einen näher bezeichneten Standort in W.

2 Der Revisionswerber beantragte mit Schreiben vom 14. August 2019 bei der belangten Behörde die Bewilligung für die Errichtung sowie den Betrieb eines zweiten Fahrschulstandorts in T mit der Ausbildungsberechtigung für näher bezeichnete Fahrzeugklassen. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2019 wies die belangte Behörde diesen Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Revisionswerber sei nicht vertrauenswürdig im Sinne des § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967.

3 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a VwGG aus, dass eine Revision unzulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht stützte sich zur Versagung der Errichtungsbewilligung für einen zweiten Fahrschulstandort mangels Vertrauenswürdigkeit des Revisionswerbers ‑ nach in der Verhandlung durchgeführten Zeugenbefragungen in Anwesenheit des Revisionswerbers ‑ im Wesentlichen auf drei Aspekte:

a) Betrieb der Fahrschule K in T ohne Bewilligung:

Der Fahrschule K sei zwar für den Standort W, der gleichzeitig der Wohnsitz des Revisionswerbers sei, eine Bewilligung erteilt worden, die tatsächliche Betriebsstätte liege aber in T. Trotzdem seien entgegen einschlägigen Bestimmungen Kurse in T angeboten worden. Die Indizien wiesen darauf hin, dass der Betrieb in T bereits seit 2015 ohne entsprechende Bewilligung erfolgt sei.

Die Fahrschulkurse am Standort W seien von Jänner bis Oktober 2019 nur selten und mit geringer Teilnehmerzahl abgehalten worden, während der Standort T besser besucht worden sei. Der Revisionswerber habe behauptet, dass sämtliche Motorrad‑ und LKW‑Kurse in W stattgefunden hätten, obwohl die Teilnehmerzahl dort sehr niedrig gewesen sei. Die Überprüfungen der Behörde hätten ergeben, dass der Betreiber oft nicht anwesend gewesen sei, obwohl er angegeben habe, regelmäßig vor Ort zu sein. Die Öffnungszeiten in W seien im Vergleich zum „Infopoint“ in T, der sogar samstags geöffnet gewesen sei, stark eingeschränkt gewesen. Es gebe Zweifel, ob der Standort W tatsächlich als Fahrschulstandort genutzt worden sei, weil viele der Fahrschulaktivitäten in T stattgefunden hätten, obwohl dafür keine Bewilligung vorgelegen sei. Darüber hinaus seien sämtliche Aufzeichnungen und Unterlagen der Fahrschule am Standort in T und nicht in W aufbewahrt worden. Es seien von der Behörde auch Fahrschülerbefragungen durchgeführt worden, bei denen angegeben worden sei, dass der Theorieunterricht sowohl in T als auch in W stattgefunden habe, obwohl laut Kurslisten keine B‑Kurse in W abgehalten worden seien. Es habe auch ein Shuttle‑Service zwischen den Standorten gegeben, das seit der Änderung der Kursorte bestanden habe. Das vormals als faktischer Standort geführte Außenkurslokal in T werde nach wie vor mit den gleichen Öffnungszeiten betrieben, wobei im nunmehrigen Infopoint Informationen an Fahrschüler erteilt und sämtliche Daten zur Ausbildung der Fahrschüler dort registriert würden. Dies seien Vorgänge, die typischerweise im Rahmen eines bewilligungspflichtigen Fahrschulbetriebs erfolgten. Insgesamt sei der ehemalige Außenkursstandort in T daher weiterhin in vollem Umfang betrieben worden, obwohl dafür keine Bewilligung vorgelegen sei.

b) Verwaltungsstrafen:

Der Revisionswerber habe Verwaltungsübertretungen begangen, die besonders kritisch zu betrachten seien, weil alle Verstöße mit Fahrschulfahrzeugen ‑ teilweise während Ausbildungsfahrten ‑ stattgefunden hätten. Das Fehlverhalten des Ausbilders oder Leiters der Fahrschule habe eine erhebliche negative Wirkung auf die Fahrschüler.

Der Revisionswerber habe am 22. April 2017 gegen § 103 Abs. 1 Z 2 lit. a und lit. b KFG 1967 verstoßen (das mitgeführte Verbandzeug sei aufgerissen und seit 2001 abgelaufen gewesen, und die Warneinrichtung sei nicht im Fahrschulauto mitgeführt worden). Am 26. Juli 2017 habe der Revisionswerber gegen § 19 Abs. 5 FSG (Lenken eines Fahrschulfahrzeugs mit Probefahrtkennzeichen durch einen Fahrschüler während einer Ausbildungsfahrt) sowie gegen § 45 Abs. 2 KFG 1967 (vorschriftswidrige Verwendung von Probefahrtkennzeichen) verstoßen. Weiters habe er wegen Nichterteilung einer Lenkerauskunft gegen § 103 Abs. 2 KFG 1967 verstoßen. Am 11. Jänner 2018 habe der Revisionswerber gegen § 2 Abs. 1 Z 2 Kurzparkzonen‑Überwachungsverordnung verstoßen, weil er die erlaubte Parkdauer von 60 Minuten um 58 Minuten überschritten habe. Dabei habe die Polizei in ihrer Anzeige an die Behörde ausgeführt, dass Fahrzeuge der Fahrschule K bereits des Öfteren mittels Organstrafverfügungen beanstandet worden seien und dies offensichtlich ignoriert werde. Schließlich sei mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 14. Juli 2020 eine wegen Übertretung des Bundesstraßen‑Mautgesetzes 2002 über den Revisionswerber verhängte Verwaltungsstrafe bestätigt worden. Dieser habe als Lenker eines Fahrschulfahrzeuges am 20. März 2018 die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet.

Die vorliegenden, mit Fahrschulfahrzeugen und teilweise während Ausbildungsfahrten begangenen Verwaltungsübertretungen ließen jegliche Vorbildwirkung im positiven Sinn vermissen und seien deshalb als in hohem Maße relevant für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Revisionswerbers zu bewerten. Der Revisionswerber sei durch die wiederholten Verstöße im Rahmen seines Lehrbetriebs dem öffentlichen Interesse an einer fundierten und insbesondere jungen Fahrschülern, welche sich diesbezüglich in einem „kritischen“ Alter befänden, Achtung vor den in Österreich geltenden Verkehrsregeln vermittelnden Fahrschulausbildung nicht gerecht worden.

c) „Führerscheintourismus“:

Die Rolle des Revisionswerbers bei den Aktivitäten rund um den sogenannten Führerscheintourismus, organisiert von Herrn H, sei angesichts der dahinterstehenden Motive als besonders gravierend zu werten. So habe die Fahrschule K im Jahr 2017 u.a. deutschen Staatsangehörigen dabei verholfen, in Österreich einen Führerschein zu erlangen, indem sie ihren Wohnsitz vorübergehend nach Österreich verlegt hätten. Dadurch habe man versucht, die in Deutschland geltenden Rechtsvorschriften für den Führerscheinerwerb zu umgehen. Diese Praxis sei mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12. Juni 2018 als Verstoß gegen das Meldegesetz gewertet worden.

Deutsche Staatsangehörige seien zum Schein an den Adressen des Bruders bzw. der Schwester des Revisionswerbers sowie an einer anderen Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet worden. Die Anzahl dieser Personen sei durch die Überprüfung von Führerscheinanträgen von Fahrschülern der Fahrschule K bei der Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land ermittelt worden. Bei der mündlichen Verhandlung habe der Zeuge H angegeben, die Behörden hätten festgestellt, dass einige dieser Personen entweder die medizinisch‑psychologische Untersuchung in Deutschland nicht bestanden hätten oder Vorstrafen vorlägen. Der Bruder des Revisionswerbers sei über die Scheinanmeldungen deutscher Staatsangehöriger informiert gewesen. Der Revisionswerber habe aber angegeben, nicht zu wissen, warum H ihn kontaktiert habe oder wie dessen Geschäftsmodell funktioniere. Diese Aussagen seien ‑ insbesondere angesichts der „offensiven“ Internetwerbung des H ‑ als unglaubwürdig einzustufen. Auch die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Revisionswerbers und seiner Frau seien angezweifelt worden, insbesondere da alle angemeldeten Fahrschüler an den Wohnadressen von Mitgliedern der Familie K gemeldet gewesen seien und dies hätte auffallen müssen. Die Tatsache, dass die Anträge der Fahrschüler kurz vor oder nach der Wohnsitzanmeldung gestellt worden seien, deute auch darauf hin, dass diese Anmeldungen nur zum Schein erfolgt seien, um die Voraussetzungen für den Führerscheinerwerb in Österreich zu erfüllen. Zusätzlich sei ein Video als Beweis vorgelegt worden, in dem H offen über das Geschäftsmodell spreche und deutlich mache, dass die deutschen Fahrschüler sich nur für kurze Zeit in Österreich aufhalten müssten, um dann wieder zurückzukehren und später für die Prüfung wiederzukommen. Es sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber über dieses Vorgehen informiert gewesen sei und somit auch über die Umgehung der deutschen Gesetze zur Führerscheinerlangung in Österreich Bescheid gewusst habe.

5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 29. September 2021, E 6/2021‑7, ablehnte und diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 19. November 2021, E 6/2021‑9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 Der Revisionswerber erhob daraufhin die vorliegende (außerordentliche) Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag einbrachte, die Revision kostenpflichtig zurück‑ bzw. abzuweisen.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

8 Die maßgeblichen Bestimmungen des KFG 1967, BGBl. Nr. 267, idF BGBl. I Nr. 19/2019, lauten auszugsweise:

„Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern

Ausbildung in Fahrschulen

§ 108. ...

(2) Bewerber um eine Lenkberechtigung und Besitzer einer Lenkberechtigung dürfen im Rahmen des Betriebes einer Fahrschule nur durch deren Besitzer, sofern er die Voraussetzungen des § 109 erfüllt, durch einen Leiter (§ 113 Abs. 2 bis 4), durch Fahrschullehrer (§ 116) und durch Fahrlehrer (§ 117) ausgebildet oder weitergebildet werden

(3) Die Errichtung einer Fahrschule und die Verlegung ihres Standortes bedürfen der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde; die Verlegung des Standortes ist nur innerhalb desselben Bundeslandes zulässig. Der Betrieb der Fahrschule darf erst aufgenommen werden, wenn die Bezirksverwaltungsbehörde die Genehmigung hiezu erteilt hat (§ 112 Abs. 1). In der Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule ist anzuführen, für welche Klassen von Kraftfahrzeugen gemäß § 2 Abs. 1 und 2 FSG Lenker ausgebildet werden dürfen. Die Fahrschulbewilligung und die Betriebsgenehmigung (§ 112 Abs. 1) gelten nach dem Tod ihres Besitzers auch für einen hinterbliebenen Ehegatten und für Nachkommen ersten Grades bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres. ...

...

Persönliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung

§ 109. (1) Eine Fahrschulbewilligung (§ 108 Abs. 3) darf nur natürlichen Personen und nur Personen erteilt werden, die

a) österreichische Staatsbürger sind und das 27. Lebensjahr vollendet haben, wobei Angehörige einer Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind,

b) vertrauenswürdig sind,

c) die Leistungsfähigkeit der Fahrschule gewährleisten können,

...

g) seit mindestens drei Jahren eine Lenkberechtigung für die Klassen von Kraftfahrzeugen besitzen für die Lenker ausgebildet werden sollen und glaubhaft machen, dass sie mindestens ein Jahr lang Fahrzeuge dieser Klassen tatsächlich gelenkt haben und je ein Lehrplanseminar pro Klasse bei den zur Ausbildung von Fahrschullehrern ermächtigten Einrichtungen absolviert haben. Dieses Lehrplanseminar ist nicht erforderlich für die Klasse F und bei Personen, die bereits über eine Fahrpraxis von mindestens drei Jahren mit den jeweils in Frage kommenden Fahrzeugen verfügen. Sie dürfen nicht wegen schwerer Verstöße gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden sein. ...

...

Sachliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung

§ 110. (1) Die Fahrschulbewilligung (§ 108 Abs. 3) darf nur erteilt werden, wenn die für die theoretische und praktische Ausbildung von Fahrschülern erforderlichen Räume, ein geeigneter Übungsplatz und die Mittel für Lehrpersonen, Lehrbehelfe und Schulfahrzeuge sichergestellt sind.

...

Verfahren bei der Erteilung einer Fahrschulbewilligung und bei der Bewilligung einer Standortverlegung

§ 111. (1) Für jeden Fahrschulstandort ist eine Fahrschulbewilligung (§ 110) erforderlich. Ein Bewilligungsinhaber kann zwei Fahrschulstandorte leiten, sofern diese nicht mehr als 50 km Luftlinie voneinander entfernt sind. Ein Fahrschulinhaber, außer im Falle eines Fortbetriebes gemäß § 108 Abs. 3 vierter Satz, kann auch für weitere Fahrschulstandorte eine Fahrschulbewilligung erhalten, wenn er sich eines entsprechend qualifizierten Fahrschulleiters (§ 113) bedient. Ein Fahrschulleiter kann bis zu zwei Fahrschulstandorte leiten, sofern diese nicht mehr als 50 km Luftlinie voneinander entfernt sind.

(2) Im Bescheid über die Fahrschulbewilligung ist anzuführen, an welchem Standort die Fahrschule errichtet werden darf.

(3) Für die Bewilligung der Verlegung des Standortes einer Fahrschule gelten Abs. 2 sowie § 110 sinngemäß.

...

Genehmigung des Betriebes einer Fahrschule

§ 112. (1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Genehmigung für den Betrieb einer Fahrschule zu erteilen, wenn die erforderlichen Räume, Lehrbehelfe und Schulfahrzeuge vorhanden sind und diese und die Bezeichnung der Fahrschule den Bestimmungen des Abs. 3 entsprechen. Vor der Erteilung dieser Betriebsgenehmigung sind die Schulräume, Schulfahrzeuge und Lehrbehelfe zu überprüfen.

...

Leitung der Fahrschule

§ 113. (1) Der Fahrschulbesitzer hat den Betrieb seiner Fahrschule außer in den im Abs. 2 und hinsichtlich weiterer Standorte in § 111 Abs. 1 angeführten Fällen selbst zu leiten; dies erfordert für die sich aus diesem Bundesgesetz und aus den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ergebenden Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung, die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule. Der Fahrschulbesitzer darf sich zur Erfüllung dieser Pflichten nur in den Fällen des Abs. 2 und hinsichtlich weiterer Standorte des § 111 Abs. 1 durch einen verantwortlichen Leiter, den Fahrschulleiter, vertreten lassen. Wird ein Fahrschulleiter bestellt, so kommt diesem dieselbe verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung zu, wie dem Fahrschulbesitzer.

...

Betrieb der Fahrschule

§ 114. ...

(7) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Leistung der Fahrschule und den ordnungsgemäßen Zustand ihrer Räume, Lehrbehelfe, Übungsplatzes und Schulfahrzeuge zu überwachen und kann jederzeit überprüfen, ob beim Fahrschulbesitzer oder Fahrschulleiter die Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrschulbewilligung und bei den Fahrschullehrern und Fahrlehrern die Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrschullehrer- oder Fahrlehrerberechtigung noch gegeben sind. Der Fahrschulbesitzer oder der Fahrschulleiter haben dafür zu sorgen, dass bei ihrer Abwesenheit eine in der Fahrschule anwesende Person den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde, die mit der Fahrschulinspektion betraut sind, die Besichtigung ermöglicht, sie auf deren Verlangen begleitet, die erforderlichen Auskünfte erteilt sowie Einsicht in Unterlagen gewährt. Die Bezirksverwaltungsbehörde ist befugt, Ablichtungen, Abschriften oder Auszüge von Unterlagen, die im Rahmen der Fahrschulinspektion zu überprüfen sind, anzufertigen oder sich vom Fahrschulbesitzer oder Fahrschulleiter übermitteln zu lassen. Sie kann anordnen, dass in den Schulräumen bestimmte Bekanntmachungen anzuschlagen sind. Sie kann ferner Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen der Bezirksverwaltungsbehörde ist unverzüglich zu entsprechen. Fahrschulinspektionen sind regelmäßig und in jeder Fahrschule zumindest einmal alle drei Jahre durchzuführen. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie kann die Verwendung einheitlicher Arbeitshilfsmittel wie Unterlagen, Checklisten, Berichtsmuster oder Datenbank, die vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zur Verfügung gestellt werden, angeordnet werden.

...

Entziehung der Fahrschulbewilligung und Verbot des Fahrschulbetriebes

§ 115. (1) Die Fahrschulbewilligung (§ 108 Abs. 3) ist zu entziehen, wenn der Fahrschulbetrieb mehr als ein Jahr nach der Erteilung der Fahrschulbewilligung nicht begonnen oder mehr als sechs Monate ununterbrochen geruht hat.

(2) Die Fahrschulbewilligung ist ganz oder nur hinsichtlich bestimmter Klassen zu entziehen, wenn

a) ihr Besitzer die im § 109 angeführten persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrschulbewilligung nicht mehr erfüllt; die Entziehung seiner Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist jedoch nicht allein als Grund für die Entziehung der Fahrschulbewilligung ausreichend,

b) die im § 110 Abs. 1 lit. a angeführten sachlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind,

...“

9 Der bis 30. Juni 2019 in Geltung gestandene, nunmehr durch § 111 KFG 1967, BGBl. I Nr. 19/2019, ersetzte § 114 KFG 1967, lautete auszugsweise:

„Betrieb der Fahrschule und Fahrschulkurse außerhalb des Standortes

§ 114. ...

(5) Das Abhalten eines Fahrschulkurses außerhalb des Standortes der Fahrschule ist nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde zulässig. Die Bewilligung darf nur für einen Fahrschulkurs von bestimmter Dauer und nur dann erteilt werden, wenn

a) der Fahrschulkurs im selben Bundesland abgehalten werden soll,

b) die im § 110 Abs. 1 lit. a angeführten sachlichen Voraussetzungen für den Fahrschulbetrieb auch für den abzuhaltenden Fahrschulkurs gegeben sind,

c) die unmittelbare persönliche Leitung des abzuhaltenden Fahrschulkurses durch den Fahrschulbesitzer oder Fahrschulleiter zu erwarten ist und ...

...“

10 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit zunächst aus, es fehle hg. Rechtsprechung zur Frage, ob für die Bewilligung eines zweiten Fahrschulstandortes gemäß § 111 KFG 1967 nur die sachlichen (§ 110 KFG 1967) oder auch die persönlichen Voraussetzungen (§ 109 KFG 1967) zu prüfen seien, obwohl in § 111 KFG 1967 lediglich auf § 110 leg. cit. verwiesen werde. Zudem sei in § 111 KFG 1967 die Rede vom Bewilligungsinhaber, was darauf hindeute, dass eine bereits bestehende Fahrschulbewilligung als unmittelbare Grundlage für den Antrag auf einen zweiten Fahrschulstandort gelte und die persönlichen Voraussetzungen nicht weiter zu prüfen seien.

11 Die Revision ist zur Klärung der Frage zulässig, ob die Vertrauenswürdigkeit nach § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 im Rahmen eines Verfahrens über die Bewilligung eines zweiten Fahrschulstandortes nach § 111 KFG 1967 zu prüfen ist. Sie ist aber nicht begründet.

12 Entgegen dem Revisionsvorbringen gilt die bei Erteilung der Bewilligung für den ersten Fahrschulstandort getroffene Annahme der Vertrauenswürdigkeit nach § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 im Verfahren über die Bewilligung eines zweiten Fahrschulstandortes aus folgenden Gründen nicht ungeprüft weiter:

13 Gemäß § 108 Abs. 3 erster Satz KFG 1967 bedarf die Errichtung einer Fahrschule der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde. § 109 KFG 1967 statuiert die persönlichen und § 110 KFG 1967 die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung. Zu den persönlichen Voraussetzungen nach § 109 Abs. 1 KFG 1967 gehören unter anderem die österreichische Staatsbürgerschaft, die Vollendung des 27. Lebensjahres, die Vertrauenswürdigkeit und die Gewährleistung der Leistungsfähigkeit der Fahrschule durch den Antragsteller (lit. a bis c leg. cit.).

14 Mit der 36. KFG‑Novelle, BGBl. I Nr. 19/2019, wurde die Beschränkung auf nur eine Fahrschule pro Person aufgegeben. In den Erläuterungen zu § 111 KFG 1967 wird ausgeführt, dass in Zukunft mehrere Fahrschulbewilligungen für eine Person möglich seien. Dafür entfielen die sogenannten Außenkursbewilligungen. In § 111 Abs. 1 KFG 1967 wurde, so die Materialien, ausdrücklich klargestellt, dass für jeden Standort eine Fahrschulbewilligung erforderlich sei und „die Voraussetzungen“ erfüllt sein müssten (vgl. RV 471 BlgNR 26. GP , 1, 6).

15 In den §§ 109, 110 und 115 KFG 1967 wird bei Erwähnung der „Fahrschulbewilligung“ jeweils auf § 108 Abs. 3 leg. cit. Bezug genommen, während lediglich in § 111 KFG 1967 auf § 110 leg. cit. verwiesen wird. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber keine Prüfung der persönlichen Voraussetzungen bei der Bewilligung eines zweiten Fahrschulstandorts vorsehen wollte. Die belangte Behörde weist in ihrer Revisionsbeantwortung zu Recht darauf hin, dass sich § 110 KFG 1967 ohnehin auf § 108 Abs. 3 leg. cit. bezieht und eine Fahrschulbewilligung nach dieser Bestimmung nur bei Erfüllung u.a. der persönlichen Voraussetzungen des § 109 leg. cit. erteilt werden darf. Somit ergibt sich aus dem Verweis des § 111 KFG 1967 auf § 110 iVm. § 108 Abs. 3 leg. cit., dass nur bei Vorliegen auch der persönlichen Voraussetzungen eine (weitere) Standortbewilligung zu erteilen ist. Auch die Erläuterungen zu § 111 Abs. 1 leg. cit. (aaO, 6), in denen es heißt, „die Voraussetzungen“ müssten erfüllt werden, bestätigen diese Sichtweise.

16 Wie schon die Überschrift des § 111 KFG 1967, „Verfahren bei der Erteilung einer Fahrschulbewilligung und bei der Bewilligung einer Standortverlegung“, zeigt, regelt diese Bestimmung nicht nur das Verfahren für die Bewilligung eines weiteren, sondern jedes ‑ somit auch des ersten ‑ Fahrschulstandorts. Da sich, anders als bei den Außenkursen nach § 114 Abs. 5 KFG 1967 aF, aus § 111 KFG 1967 auch nicht ergibt, dass die Bewilligung eines zweiten Fahrschulstandortes von einer „Erstbewilligung“ abgeleitet würde, ist davon auszugehen, dass für die Bewilligung jedes einzelnen Fahrschulstandortes nach § 111 KFG 1967 von der jeweiligen Standortbehörde sämtliche, also sowohl die persönlichen als auch die sachlichen Voraussetzungen nach den §§ 109 und 110 KFG 1967 zu prüfen sind. Bei Nichterfüllung einer dieser Voraussetzungen hat die Behörde beziehungsweise das Verwaltungsgericht die Bewilligung zu versagen. Die Erwähnung des § 110 KFG 1967 in § 111 leg. cit. verdeutlicht lediglich, dass für jeden Fahrschulstandort die sachlichen Voraussetzungen im Hinblick auf die jeweiligen standortbezogenen Gegebenheiten einer gesonderten Prüfung zu unterziehen sind.

17 Dazu kommt, dass die jeweils zuständige Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 114 Abs. 7 KFG 1967 jederzeit befugt ist zu überprüfen, ob beim Fahrschulbesitzer die Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrschulbewilligung noch vorliegen. Nach § 115 Abs. 2 lit. a KFG 1967 ist die Fahrschulbewilligung zu entziehen, wenn ihr Inhaber die in § 109 KFG 1967 angeführten persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrschulbewilligung nicht mehr erfüllt. Dass die Bezirksverwaltungsbehörde gezwungen wäre, bei Erfüllung der sachlichen Voraussetzungen zunächst ohne Prüfung der persönlichen Voraussetzungen eine zweite Fahrschulbewilligung zu erteilen, nur um sie in einem weiteren Schritt nach entsprechender Prüfung aufgrund mangelnder Vertrauenswürdigkeit von Amts wegen wieder zu entziehen, kann dem Gesetzgeber nicht ernsthaft zugesonnen werden.

18 Der Revisionswerber bringt weiters vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 abgewichen.

19 Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt dargelegt hat, ist bei dem im § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 verwendeten Begriff der „Vertrauenswürdigkeit“ ‑ da weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien Aussagen zur näheren Bestimmung dieses Begriffes enthalten ‑ von der Bedeutung auszugehen, die diesem Ausdruck im allgemeinen Sprachgebrauch zukommt. Dem Wort „vertrauen“ kommt demnach inhaltlich die gleiche Bedeutung zu wie einem „sich verlassen“. Verlässlich ist eine Person dann, wenn sie nach ihrer gesamten Geisteshaltung und Sinnesart ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das bei Berücksichtigung aller für das Gemeinschaftsleben belangreichen Richtungen ein in sie gesetztes Vertrauen zu rechtfertigen vermag (vgl. etwa VwGH 23.5.1984, 83/11/0168; 28.2.2023, Ra 2023/11/0021, jeweils mwN).

20 Die Behörde muss sich im Hinblick auf die ‑ aus dem Gesamtverhalten der betreffenden Person hervorleuchtende ‑ Persönlichkeit darauf verlassen können, dass sie ihren gesetzlichen Verpflichtungen als Fahrschulleiter nachkommen wird. Dabei steht die den Fahrschulen übertragene, im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe, die Ausbildung künftiger Kraftfahrzeuglenker und die Weiterbildung von Besitzern einer Lenkberechtigung durchzuführen, im Vordergrund (vgl. VwGH 19.5.1992, 91/11/0132).

21 Der Revisionswerber bestreitet, dass er sein Außenkurslokal als Fahrschulstandort ohne Bewilligung geführt habe. Alle Außenkurse seien behördlich bewilligt worden, und gemäß § 114 Abs. 5 KFG 1967 aF könne einem solchen Außenkurs nicht die Eigenschaft eines Standortes zukommen. Das Verwaltungsgericht behaupte auch nicht, dass der Revisionswerber Außenkurse ohne Bewilligung abgehalten habe. Die „Indizien“, die das Verwaltungsgericht zur Qualifikation des Außenkurslokals anführe, seien substanzlos. Vielmehr beruhten diese auf rein ökonomischen und administrativen Faktoren, die nicht die rechtlichen Verpflichtungen des Fahrschulinhabers beträfen. Die Ermittlungsergebnisse seien einseitig interpretiert worden. So seien aufgrund des Einzugsgebiets in T die Kurse regelmäßiger besucht worden, und hier habe sich nachvollziehbar der geschäftsmäßige Schwerpunkt der Fahrschule entwickelt. Dies habe eine entsprechende Büroorganisation erfordert. Es sei daher aufgrund des großen Interesses in T ein „Infopoint“ eingerichtet worden, wo jedenfalls kein Unterricht abgehalten worden sei und Interessenten sich auch nicht zu Fahrstunden hätten anmelden können. Nach näher bezeichneter Judikatur des Obersten Gerichtshofes verstoße die Einrichtung eines solchen Informationsbüros nicht gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften. Die Ausbildung von deutschen Staatsangehörigen sei im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt, und seit Dezember 2017 habe der Revisionswerber freiwillig keine deutschen Staatsangehörigen mehr ausgebildet. Die Verwaltungsübertretungen, die das Verwaltungsgericht anführe, stellten keinen schweren Verstoß gemäß § 109 Abs. 1 lit. g KFG 1967 dar, insbesondere da sie bereits einige Jahre zurücklägen. Alle anderen Vorwürfe bezögen sich ebenfalls auf vergangene Vorfälle, und es seien keine Missstände im Fahrschulbetrieb oder bei der Ausbildung von Fahrschülern festgestellt worden.

Die Revision bestreitet aber nicht mit konkretem Vorbringen die eingehenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Mitwirkung des Revisionswerbers am „Führerscheintourismus“ deutscher Staatsangehöriger.

22 Der Begriff der Vertrauenswürdigkeit iSd. § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 ist viel umfassender als die in lit. g leg. cit. genannten Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung. Es kommt allein darauf an, dass durch das Verhalten des Antragstellers ein ordnungsgemäßer Betrieb seiner Fahrschule iSd. Gesetzes (§ 113 Abs. 1 KFG 1967) gewährleistet ist (vgl. erneut VwGH 19.5.1992, 91/11/0132). Das diesbezügliche, auf § 109 Abs. 1 lit. g KFG 1967 gestützte Revisionsvorbringen geht daher schon deshalb ins Leere.

23 Abgesehen davon betrifft das Vorbringen die (vom Verwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung vorgenommene) Beweiswürdigung. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nur in beschränktem Maße, nämlich nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit, nicht aber hinsichtlich ihrer Richtigkeit, einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegt (vgl. aus vielen etwa VwGH 16.12.2022, Ro 2021/04/0017, Rn. 23, mwN). Dass die vorliegend vom Verwaltungsgericht vorgenommene und eingehend begründete Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würde, vermag der Revisionswerber mit seinem diesbezüglich nicht näher substantiierten Vorbringen allerdings nicht aufzuzeigen.

24 Vor dem Hintergrund der eingangs dargestellten umfassenden beweiswürdigenden Erwägungen ist es nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht aus dem Verhalten des Revisionswerbers ‑ insbesondere im Hinblick auf seine vom Verwaltungsgericht mängelfrei festgestellte wiederholte Mitwirkung am „Führerscheintourismus“, der zur bewussten Umgehung führerscheinrechtlicher Bestimmungen eines anderen EU‑Mitgliedstaats betrieben wurde ‑ auf eine Geisteshaltung schloss, die trotz zwischenzeitiger Beendigung dieser Aktivitäten immer noch einen Mangel der Vertrauenswürdigkeit des Revisionswerbers im Sinne des § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 zu begründen vermochte.

25 Die Revision erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

26 Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

27 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. April 2024

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