VwGH Ra 2022/06/0035

VwGHRa 2022/06/003524.6.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des J B in W, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in 2500 Baden, Schinzlgasse 3/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 16. Februar 2022, LVwG‑2021/33/2289‑6, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Straßengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Waidring; mitbeteiligte Parteien: 1. H H in W und 2. Straßeninteressentschaft M, vertreten durch die Obfrau A H in W; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §26 Abs1
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060035.L00

 

Spruch:

1. Die Revision wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird eingestellt.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol wurde unter anderem die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde W. vom 21. Juli 2021, mit welchem der Erstmitbeteiligte in eine näher bezeichnete Straßeninteressentschaft einbezogen worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 28. Februar 2022 außerordentliche Revision. Der Revisionsschriftsatz wurde ihm mit hg. Verfügung vom 8. März 2022 zur Verbesserung näher bezeichneter Mängel binnen zwei Wochen zurückgestellt. In der Folge wurde vom Revisionswerber mehrmals eine Verlängerung der Frist zur Verbesserung des betreffenden Schriftsatzes erbeten, welche schließlich mit Ablauf des 8. April 2022 geendet hat. Am 9. April 2022 wurde dem Verwaltungsgerichtshof ein verbesserter Revisionsschriftsatz übermittelt.

3 Mit am 22. April 2022 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangtem Schriftsatz stellte der Revisionswerber den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Revisionsverbesserung. Darin führte der Revisionswerber unter anderem aus, gleichzeitig auch das Versäumnis nachzuholen, dass im angeführten Verbesserungsschriftsatz nicht angeführt sei, in welchem Recht er verletzt sei (wird näher ausgeführt).

4 In dem am 9. April 2022 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten, verbesserten Revisionsschriftsatz wird unter der Überschrift „II. Rechtsverletzung“ ausgeführt, der Revisionswerber sei in seinen Rechten „in Anwendung des § 25 Tiroler Straßengesetzes verletzt sowie durch Verletzung der Vorschriften in den §§ 60, 37 und 58 AVG.“

5 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

6 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. etwa VwGH 14.11.2018, Ra 2017/06/0217 und 0218, mwN).

7 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich.

8 Zu den in der vorliegenden Revision geltend gemachten Rechten ist auszuführen, dass kein abstraktes Recht auf (richtige) Anwendunghttps://www.ris.bka.gv.at/MarkierteDokumente.wxe?Abfrage=Vwgh&Entscheidungsart=Beschluss&Sammlungsnummer=&Index=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=&VonDatum=&BisDatum=31.05.2021&Norm=§34 Abs1 VwGG&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=richtige* Anwend*&WxeFunctionToken=be14e3cb-2adb-4f1d-ae0b-ffcce9d2a045#hit3 von durch Paragraphenzahlen bezeichneten Bestimmungen besteht; dabei handelt es sich nicht um einen Revisionspunkt im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern um einen Revisionsgrund (vgl. etwa 29.1.2021, Ra 2020/05/0249, mwN). Ebenso handelt es sich bei den - ebenfalls bloß durch einen Verweis auf durch Paragraphenzahlen bezeichnete Bestimmungen - geltend gemachten Verfahrensfehlern nicht um Revisionspunkte im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern um Revisionsgründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können (vgl. dazu etwa VwGH 27.2.2020, Ra 2020/06/0068, mwN).

9 Nach dem Ende der Revisionsfrist kann ein ‑ unmissverständlich bezeichneter ‑ Revisionspunkt nicht mehr gegen einen anderen ausgewechselt werden (vgl. VwGH 21.9.2006, 2005/02/0069, VwGH 7.3.2022, Ra 2019/12/0064, und VwGH 17.3.2022, Ra 2020/12/0058, jeweils mwN). Das im Schriftsatz vom 22. April 2022 erstattete Vorbringen konnte daher nicht dazu führen, dass die bereits im verbesserten Revisionsschriftsatz enthaltene, unmissverständliche Umschreibung des Revisionspunktes modifiziert oder erweitert wäre, sodass darauf nicht weiter einzugehen war.

10 Die Revision erweist sich damit schon deshalb als unzulässig und war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

11 Angesichts dieses Ergebnisses kommt der Frage, ob dem vorliegenden Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzunghttps://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=2ee46643-cea9-4be2-881a-f1b14616b7dd&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Vwgh&Entscheidungsart=Undefined&Sammlungsnummer=&Index=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=&VonDatum=&BisDatum=01.06.2022&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=Wiedereinsetzung* erübrigt&Dokumentnummer=JWT_2021050038_20210625L00#hit4 in den vorigen Stand stattzugeben wäre, nur mehr theoretische Bedeutung zu, weshalb sich eine Entscheidung über diesen Antrag https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=2ee46643-cea9-4be2-881a-f1b14616b7dd&Position=1&SkipToDocumentPage=True&Abfrage=Vwgh&Entscheidungsart=Undefined&Sammlungsnummer=&Index=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=&VonDatum=&BisDatum=01.06.2022&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=Wiedereinsetzung * erübrigt&Dokumentnummer=JWT_2021050038_20210625L00#hit3erübrigt und das diesbezügliche Verfahren daher mangels rechtlichen Interesses des Revisionswerbers in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen war (vgl. dazu etwa VwGH 8.9.2014, Ra 2014/06/0016, VwGH 12.3.2021, Ra 2021/06/0043, oder VwGH 25.6.2021, Ra 2021/05/0038, jeweils mwN).

Wien, am 24. Juni 2022

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