VwGH Ra 2020/13/0088

VwGHRa 2020/13/008817.2.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie in 1010 Wien, Stubenbastei 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 8. September 2020, Zl. LVwG 80.34‑1749/2020‑3, betreffend Säumnisbeschwerde (Antrag auf Feststellung gemäß § 10 ALSAG) (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung; mitbeteiligte Parteien: 1. Bund, vertreten durch das Zollamt Graz in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorf‑Straße 14‑18, und 2. Ing. Z in H, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Muchargasse 30), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs2
B-VG Art130 Abs1 Z3
VwGG §33 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2
VwGG §42 Abs3
VwGVG 2014 §16 Abs1
VwGVG 2014 §16 Abs2
VwGVG 2014 §28 Abs2
VwGVG 2014 §28 Abs3
VwGVG 2014 §28 Abs7
VwGVG 2014 §8 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020130088.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 9. Oktober 2019 ‑ gerichtet an die belangte Behörde ‑ beantragte der Zweitmitbeteiligte die Feststellung gemäß § 10 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG), dass die Verwendung von „insgesamt ca. 36.000“ Tonnen an natürlichem Bodenaushubmaterial, für welches die Bestimmungen des Bundes‑Abfallwirtschaftsplans 2017 eingehalten würden, zur Errichtung eines Pferdehofes mit Flugdach und Geländeanpassung im Bereich H keine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des ALSAG darstelle.

2 Mit Verfügung vom 21. November 2019 räumte die belangte Behörde der erstmitbeteiligten Partei (Bund, vertreten durch das Zollamt) Parteiengehör zu diesem Antrag ein.

3 Das Zollamt teilte am 11. Dezember 2019 mit, der Baubeginn sei offenbar bereits vor dem Feststellungsantrag erfolgt. Eine konkrete Stellungnahme zu dem Projekt könne nicht abgegeben werden, da dem Zollamt keine Unterlagen vorlägen.

4 Die belangte Behörde forderte sodann den Zweitmitbeteiligten auf, Urkunden vorzulegen. Mit Eingabe vom 25. Februar 2020 legte der Zweitmitbeteiligte Urkunden vor.

5 Mit Eingabe vom 10. Juli 2020 ‑ gerichtet an die belangte Behörde ‑ erhob der Zweitmitbeteiligte Säumnisbeschwerde.

6 Die belangte Behörde legte die Säumnisbeschwerde am 27. Juli 2020 mit dem Entwurf eines Bescheides dem Verwaltungsgericht vor.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgericht „in Folge der zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde [der belangten Behörde] aufgetragen, den versäumten Bescheid binnen 8 Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu erlassen“. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig sei.

8 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, im vorgelegten Verfahrensakt befinde sich ein Bescheidkonzept; die belangte Behörde habe mitgeteilt, die Säumnisbeschwerde sei kurz vor Abfertigung des Bescheides eingelangt, der Bescheid sei nicht erlassen worden.

9 Die belangte Behörde habe als zuständige Behörde nicht innerhalb der Entscheidungsfrist des § 73 AVG sowie unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 1 Z 2 des „verwaltungsgerichtlichen COVID‑19‑Begleitgesetzes“ (COVID‑19‑VwBG) bis spätestens 2. Juli 2020 einen die Sache erledigenden Bescheid erlassen. Innerhalb der Entscheidungsfrist sei lediglich der Antrag des Zweitmitbeteiligten der Zollbehörde zur Kenntnis gebracht worden; weiters sei die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden. Hindernisse, die einer Entscheidung entgegenstünden, ergäben sich nicht aus dem vorliegenden Verfahrensakt. Die säumige Behörde habe daher ein überwiegendes Verschulden an der Verletzung ihrer Entscheidungspflicht zu verantworten. In Folge der zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde sei die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 Abs. 1 ALSAG auf das Verwaltungsgericht übergegangen.

10 Bei der Behandlung der Säumnisbeschwerde sei das Landesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG berechtigt, entweder in der Sache selbst zu entscheiden oder sich auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen zu beschränken und gleichzeitig das Verfahren an die Behörde mit dem Auftrag zurückzuverweisen, den ausstehenden Bescheid unter Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts innerhalb einer Frist von höchstens acht Wochen nachzuholen.

11 Die säumige Behörde werde daher aufgrund des Antrages des Zweitmitbeteiligten zu ermitteln haben, ob ein begründeter Zweifelsfall bzw. ein Antrag eines in Betracht kommenden Beitragsschuldners überhaupt vorliege. Bejahendenfalls werde die Behörde zu prüfen haben, ob gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 ALSAG eine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c ALSAG vorliege bzw. geplant sei, und in der Sache zu entscheiden haben. Im Hinblick darauf, dass im Verfahrensakt der belangten Behörde bereits ein Bescheidkonzept aufliege, erübrigten sich aus Sicht des Verwaltungsgerichtes nähere Ausführungen zur Rechtsansicht. Der Auftrag zur Nachholung des Bescheides durch die säumige Behörde binnen einer Frist von acht Wochen sei jedenfalls im Interesse der Raschheit geboten.

12 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die am 16. September 2020 zur Post gegebene (und am 18. September 2020 beim Verwaltungsgericht eingelangte) Revision der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe von der Möglichkeit des § 28 Abs. 7 erster Satz VwGVG Gebrauch gemacht, es habe jedoch ‑ entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ‑ im Spruch seines Erkenntnisses der belangten Behörde für die aufgetragene Bescheiderlassung keine Rechtsanschauung für die Entscheidung vorgegeben, sondern dieser nur aufgetragen, den Bescheid binnen acht Wochen zu erlassen.

13 Das Verwaltungsgericht verwies im Vorlagebericht darauf, dass die belangte Behörde mittlerweile (am 22. September 2020) den Bescheid erlassen habe. Gegen diesen Bescheid sei seit 2. Oktober 2020 ein Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgericht anhängig.

14 Nach Einleitung des Vorverfahrens haben die belangte Behörde und beide mitbeteiligten Parteien Revisionsbeantwortungen erstattet. Die belangte Behörde verwies darin auf den am 22. September 2020 erlassenen Bescheid. Auch der Zweitmitbeteiligte verwies auf diesen Bescheid und darauf, dass gegen diesen fristgerecht Beschwerde erhoben worden sei.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Die Revision ist zulässig und begründet.

17 Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) hat die Behörde (§ 21 ALSAG: Bezirksverwaltungsbehörde) in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen, ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt. Verfahrensparteien sind nach § 10 Abs. 3 ALSAG der Beitragsschuldner und der durch das Zollamt vertretene Bund als Abgabengläubiger.

18 Nach § 25a Abs. 2 ALSAG kann der Bundesminister für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (nunmehr: die Revisionswerberin) in den Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes gegen Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte wegen Rechtswidrigkeit Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben.

19 Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B‑VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

20 Die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird in Entscheidungsfristen mit Ausnahme von verfassungsgesetzlich festgelegten Höchstfristen nicht eingerechnet. Die jeweilige Entscheidungsfrist verlängert sich um sechs Wochen, wenn sie jedoch weniger als sechs Wochen beträgt, nur im Ausmaß der Entscheidungsfrist selbst (§ 2 Abs. 1 Z 2 COVID‑19‑VwBG, BGBl. I Nr. 16/2020 idF BGBl. I Nr. 24/2020; vgl. auch § 9 Abs. 6 COVID‑19‑VwBG idF BGBl. I Nr. 2/2021, wonach u.a. diese Bestimmung in anhängigen Verfahren weiterhin anzuwenden ist).

21 Nach § 16 Abs. 1 VwGVG kann die Behörde im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B‑VG innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen. Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, so hat sie gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

22 Gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG kann das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B‑VG sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

23 Anders als in § 73 Abs. 2 AVG wird im VwGVG nicht normiert, dass schon mit der Antragstellung die Zuständigkeit, die fragliche Sache zu erledigen, auf das angerufene Verwaltungsgericht übergeht. Vielmehr räumt § 16 Abs. 1 VwGVG der Verwaltungsbehörde die Möglichkeit ein, innerhalb einer Frist von drei Monaten den Bescheid zu erlassen (vgl. VwGH 27.5.2015, Ra 2015/19/0075, VwSlg. 19130/A). Aus welchem Grund im vorliegenden Fall die belangte Behörde den Bescheid nicht innerhalb dieser Frist erlassen hat, sondern dem Verwaltungsgericht den Verfahrensakt mit dem Hinweis vorgelegt hat, dass der Bescheidentwurf nicht mehr habe abgefertigt werden können, ist nicht erkennbar.

24 Mit der Vorlage der (hier unbestritten zulässigen und berechtigten) Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht ging - auch schon vor Ablauf der Frist von drei Monaten - die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Verwaltungsgericht über (vgl. VwGH 19.9.2017, Ro 2017/20/0001, mwN).

25 § 28 Abs. 7 VwGVG stellt es in das Ermessen des Verwaltungsgerichts, entweder in der Sache selbst zu entscheiden oder sich auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen zu beschränken und gleichzeitig das Verfahren an die Behörde mit dem Auftrag zurückzuverweisen, den ausstehenden Bescheid unter Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts innerhalb einer Frist von höchstens acht Wochen nachzuholen (vgl. z.B. VwGH 22.2.2018, Ra 2018/01/0032, mwN). Eine Grundsatzentscheidung im Säumnisbeschwerdeverfahren entfaltet im weiteren Verfahren Bindungswirkung, es sei denn es liegt der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage vor (vgl. VwGH 20.6.2017, Ra 2017/01/0029, mwN; 10.12.2018, Ra 2017/12/0078).

26 § 28 Abs. 7 VwGVG räumt dem Verwaltungsgericht eine „kondemnatorische Entscheidungsbefugnis“ ein, kraft derer es die belangte Behörde zum Erlass eines Bescheides „verurteilt“ (vgl. VwGH 4.7.2016, Ra 2014/04/0015, 0016, VwSlg. 19409/A). Damit kann das Verwaltungsgericht im Falle einer zulässigen Säumnisbeschwerde die Zuständigkeit in der Angelegenheit wieder auf die Behörde übertragen (vgl. VwGH 16.12.2014, Ra 2014/22/0106, VwSlg. 18998/A ; 15.3.2016, Ra 2015/01/0208, VwSlg. 19325/A).

27 Voraussetzung für eine Zurückverweisung des Verfahrens an die Behörde ist, dass das Verwaltungsgericht über einzelne maßgebliche Rechtsfragen der Angelegenheit entscheidet (vgl. neuerlich VwGH 22.2.2018, Ra 2018/01/0032; 3.10.2018, Ra 2018/12/0034), wobei diese Entscheidung im Spruch des Erkenntnisses zu erfolgen hat (vgl. VwGH 28.5.2019, Ra 2018/22/0060, mwN).

28 Eine derartige Entscheidung maßgeblicher Rechtsfragen erfolgte im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nicht. Damit erweist sich das angefochtene Erkenntnis als rechtswidrig.

29 Der Zweitmitbeteiligte macht in der Revisionsbeantwortung (unter Hinweis auf Rechtsprechung zur BAO) geltend, das Säumnisbeschwerdeverfahren sei als gegenstandslos zu erklären und einzustellen, wenn die Verwaltungsbehörde den Bescheid erlassen hat. Zutreffend ist, dass auch ein Säumnisbeschwerdeverfahren nach dem VwGVG bei Erlassung des Bescheides durch die zuvor säumige Behörde einzustellen ist (auch die Einstellung hat durch diese Behörde zu erfolgen), selbst wenn die Bescheiderlassung erst nach Ablauf der Frist des § 16 Abs. 1 VwGVG erfolgte (vgl. neuerlich VwGH 19.9.2017, Ro 2017/20/0001). Gegenstand der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist allerdings (zunächst) die Revision.

30 Entscheidet die Verwaltungsbehörde während eines Verfahrens über die Revision gegen einen Beschluss, mit dem eine Säumnisbeschwerde (nach dem VwGVG) zurückgewiesen wurde, über den Antrag, hinsichtlich dessen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes begehrt worden war, dann ist das Revisionsverfahren betreffend den Beschluss über die Zurückweisung der Säumnisbeschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nach Anhörung des Revisionswerbers als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen (vgl. VwGH 24.4.2018, Ra 2017/05/0113; 21.11.2018, Ro 2018/03/0004). Gleiches gilt für den Fall der Abweisung der Säumnisbeschwerde (nach dem VwGVG; vgl. VwGH 18.10.2019, Ra 2018/04/0102). Erfolgte die Entscheidung der Verwaltungsbehörde bereits vor Einbringung der Revision, so ist die Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 6.10.2017, Ra 2017/01/0239).

31 Mit diesen Verfahrenssituationen ist aber die vorliegende, bei der eine Säumnisbeschwerde nicht abgewiesen oder zurückgewiesen, sondern „in Stattgebung“ der Säumnisbeschwerde entschieden wurde, nicht zu vergleichen. Eine derartige Entscheidung bewirkt regelmäßig eine Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die damit entschiedenen maßgeblichen Rechtsfragen. Würde die Erlassung eines Bescheides durch die Verwaltungsbehörde ‑ in Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts ‑ zur Gegenstandslosigkeit der Revision führen, so könnte diese vom Verwaltungsgericht überbundene Rechtsansicht nicht überprüft werden.

32 Die Erlassung des Bescheides durch die Verwaltungsbehörde führt daher hier nicht zur Gegenstandslosigkeit der Revision (vgl. bereits ‑ implizit ‑ VwGH 16.12.2014, Ra 2014/22/0106, VwSlg. 18998/A). Ob dies auch ‑ im hier nicht vorliegenden Fall ‑ gilt, wenn der Bescheid der Verwaltungsbehörde unbekämpft in Rechtskraft erwächst, kann offen bleiben.

33 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

34 Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses (nach § 42 Abs. 2 VwGG) die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses bzw. Beschlusses befunden hat. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet nicht nur, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des aufgehobenen Erkenntnisses und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre, sondern hat auch zur Folge, dass allen Rechtsakten, die während der Geltung des sodann aufgehobenen Erkenntnisses auf dessen Basis gesetzt wurden, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde; solche Rechtsakte erweisen sich als rechtswidrig und gelten infolge der Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes mit diesem dann als beseitigt, wenn sie in derselben Rechtssache ergangen sind oder mit dem aufgehobenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes in einem unlösbaren rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl. VwGH 25.6.2020, Ra 2019/18/0237, 0336, mwN). Ein derartiger Fall (Entscheidung in derselben Rechtssache) liegt insbesondere dann vor, wenn ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts (§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG) vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wird; auf Basis der aufgehobenen Entscheidung gesetzte Rechtsakte treten damit außer Kraft (vgl. zB VwGH 9.9.2015, Ra 2014/04/0031, VwSlg. 19185/A). In gleicher Weise tritt auch ein Bescheid der Verwaltungsbehörde außer Kraft, der auf Basis der „kondemnatorischen“ Entscheidung des Verwaltungsgerichts erfolgte. Das Verwaltungsgericht wird daher nach Einstellung des Beschwerdeverfahrens über den nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden Bescheid der belangten Behörde funktional in erster Instanz im Rahmen des Säumnisbeschwerdeverfahrens in der Sache zu entscheiden haben.

Wien, am 17. Februar 2021

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