VwGH Ra 2019/17/0013

VwGHRa 2019/17/001316.6.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des M L G in E, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 5. November 2018, 405‑10/495/1/16‑2018, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VStG §24
VwGVG 2014 §38
VwGVG 2014 §50 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019170013.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Salzburg vom 31. Jänner 2018 wurde der Revisionswerber der neunfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz ‑ GSpG schuldig erkannt und es wurden über ihn neun Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000 (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Er habe es zu verantworten, dass vom 15. August 2017 bis 10. November 2017 in dem von ihm betriebenen Lokal W in S näher genannte verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht worden seien. Er habe gegen Entgelt die Veranstaltung der verbotenen Ausspielungen in seinem Lokal geduldet sowie an der Auszahlung der erzielten Spielgewinne und an der erneuten Bereitstellung der Geräte für den nächsten Spieler („Nullstellen“) mitgewirkt bzw. seinen Mitarbeiter angewiesen, dies zu tun.

2 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) wies mit dem angefochtenen Erkenntnis ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass es die Angabe der Strafbemessungsnorm jeweils um „dritter Strafrahmen“ ergänzte (Spruchpunkt I.). Das LVwG schrieb dem Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor (Spruchpunkt II.) und erklärte eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).

3 Begründend stellte das LVwG u.a. fest, der Revisionswerber sei „Eigentümer der Geräte und Betreiber des Lokals“ gewesen. Er allein habe das „Geschäftsrisiko, Gewinn und Verlust“, getragen. Er habe Ausspielungen ermöglicht und die Geräte zugänglich gemacht (durch das Auf- und Zusperren des Lokals und Einschalten der Geräte). Es sei daher davon auszugehen, dass der Revisionswerber „als Lokalinhaber im angeführten Tatzeitraum verbotene Ausspielungen .... unternehmerisch zugänglich gemacht hat (dritte Tatvariante des § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz“.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die vorliegende Revision erweist sich im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weil die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf das angelastete Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG einen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung aufweise, als zulässig. Die Revision ist auch berechtigt.

6 § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG stellt sowohl das Veranstalten (1. Tatbild) als auch das unternehmerisch Zugänglichmachen (3. Tatbild) von (zur Teilnahme vom Inland aus) verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unter Strafe.

7 Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verbotene Ausspielungen veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt (vgl. VwGH 14.7.2017, Ra 2016/17/0264, mwN).

8 Das unternehmerisch Zugänglichmachen einer verbotenen Ausspielung iSd dritten Tatbilds des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verwirklicht eine Person, die etwa ein Glücksspielgerät in ihrer Gewahrsame hat und damit Spielern die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen ermöglicht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Wirt die Aufstellung eines solchen Glücksspielgerätes durch einen Dritten duldet, weil er dafür eine Miete erhält oder sich zumindest durch das Vorhandensein dieses Gerätes in seinem Lokal eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft (vgl. VwGH 26.9.2018, Ra 2017/17/0474, 0475; 24.9.2018, Ra 2017/17/0950).

9 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

10 Bescheide sind nach § 58 Abs. 2 AVG zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Dies gilt nach § 38 VwGVG iVm § 24 VStG auch für Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts, welches nach § 50 Abs. 1 VwGVG ‑ außer in den Fällen der Zurückweisung der Beschwerde oder der Einstellung des Verfahrens ‑ in der Sache selbst zu entscheiden hat.

11 Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung handelt, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. etwa VwGH 22.3.2021, Ra 2021/17/0019, 0020, mwN).

12 Im Revisionsfall wurden dem Revisionswerber zwei unterschiedliche Tathandlungen vorgeworfen:

13 Im (vom LVwG übernommenen Spruch des Straferkenntnisses) wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, in seinem Lokal gegen Entgelt die Veranstaltung verbotener Ausspielungen mit näher genannten Glücksspielgeräten (lediglich) geduldet und damit iSd dritten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht zu haben.

14 In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Erkenntnisses stellte das LVwG jedoch fest, dass der Revisionswerber nicht nur der Lokalbetreiber, sondern auch der Eigentümer der gegenständlichen Glücksspielgeräte gewesen sei und alleine das Geschäftsrisiko, Gewinn und Verlust, getragen habe. Bei Zutreffen dieser Feststellungen wäre der Revisionswerber aber für die Übertretung des ersten und nicht des dritten Tatbilds des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu belangen gewesen. In einem Fall, in dem ein Lokalinhaber Glücksspielgeräte Spielern unternehmerisch zugänglich macht und überdies die Geräte auf eigene Rechnung und Gefahr betreibt, ist dieser nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (ausschließlich) wegen Übertretung des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu bestrafen (vgl. VwGH 15.6.2020, Ra 2019/17/0064, mwN).

15 Abgesehen davon, dass sich die rechtliche Beurteilung in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses als unrichtig erweist, ergibt sich damit auch ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, wodurch es mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist.

16 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 16. Juni 2021

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