VwGH Ra 2020/14/0036

VwGHRa 2020/14/003619.2.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des A B in C, vertreten durch Mag.rer.soc.oec.Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. September 2019, W122 2199413- 1/13E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §45 Abs2
AVG §52

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140036.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 23. Jänner 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 28. Mai 2018 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 5. Dezember 2019, E 4139/2019-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe "in wesentlichen Punkten Ermittlungstätigkeiten unterlassen und Parteienvorbringen ignoriert". Bei Vermeidung entscheidungswesentlicher Begründungsmängel wäre das Verwaltungsgericht zu einem anderslautenden Ergebnis gelangt. Die Beweiswürdigung sei in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen worden. 9 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der gesonderten Zulassungsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften lediglich zu behaupten, sondern ist auch deren Relevanz in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 13.12.2019, Ra 2019/20/0571, mwN). Mit dem allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen, mit dem unsubstantiiert Verfahrensmängel geltend gemacht werden, wird diesen Anforderungen nicht entsprochen.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 18.12.2019, Ra 2019/14/0461, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nach Durchführung einer Verhandlung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, er sei von seinem Onkel als Tanzjunge missbraucht worden, auseinandergesetzt und ist im Rahmen einer nicht als unschlüssig zu wertenden Beweiswürdigung mit näherer Begründung zum Ergebnis gekommen, dass dieses Vorbringen unglaubwürdig sei. Der Revision gelingt es nicht, aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Unvertretbarkeit leiden würde.

11 Im Übrigen ist der Vollständigkeit halber in Bezug auf das - sich aber nur in den Revisionsgründen findende - Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht hätte ein Sachverständigengutachten einholen müssen, festzuzuhalten, dass die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Revisionswerbers zu den Gründen seiner Flucht nicht in das Aufgabengebiet eines Sachverständigen fällt, sondern dem Kernbereich der richterlichen Beweiswürdigung zuzurechnen ist (vgl. VwGH 28.1.2020, Ra 2020/20/0011; 13.12.2019, Ra 2019/20/0571, mwN). Inwieweit ein Sachverständigengutachten dazu im Rahmen der Beurteilung des gegenständlichen Einzelfalles konkret einen maßgeblichen Beitrag hätte leisten können, ist anhand der Ausführungen in der Revision nicht zu sehen. 12 Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob amtswegige Erhebungen erforderlich sind, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellt, weil es sich dabei um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 20.11.2019, Ra 2019/20/0286, mwN). Dass fallbezogen solche Umstände vorhanden gewesen wären, sodass das Bundesverwaltungsgericht von der Notwendigkeit weiterer amtswegiger Erhebungen hätte ausgehen müssen, wird in der Revision jedoch nicht aufgezeigt. 13 Schließlich ist in Bezug auf - sich allerdings ebenfalls nur in den Revisionsgründen findenden - Vorbringen zur vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorgenommenen Interessenabwägung darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine im Einzelfall vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 23.12.2019, Ra 2019/01/0479, mwN). Dass das Bundesverwaltungsgericht die Interessenabwägung in unvertretbarer Weise vorgenommen hätte, vermag die Revision, die im Übrigen ihren Ausführungen die unzutreffende Prämisse zugrunde legt, das Bundesverwaltungsgericht habe keine Gesamtabwägung vorgenommen und hätte anhand der in der Revision angeführten Umstände zu einem anderen Ergebnis kommen müssen, nicht darzutun.

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 19. Februar 2020

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