VwGH Ra 2018/11/0111

VwGHRa 2018/11/011125.2.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des E H in L, vertreten durch Dr. Harald Bösch, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Am Stein 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 22. März 2018, Zl. LVwG-1-39/2018, betreffend Übertretung des LSD-BG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
LSD-BG 2016 §21 Abs3
LSD-BG 2016 §22 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018110111.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 14. Dezember 2017 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe hinsichtlich jeweils zweier Arbeitnehmer als inländischer Beschäftigter

I. Sozialversicherungsdokumente entgegen § 21 Abs. 3 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) nicht bereitgehalten,

II. ZKO 4 Meldungen entgegen § 21 Abs. 3 LSD-BG nicht bereitgehalten,

III. Lohnunterlagen entgegen § 22 Abs. 2 LSD-BG nicht bereitgehalten,

IV. A1 Versicherungsdokumente entgegen § 12 Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt sowie

V. Lohnunterlagen entgegen § 22 Abs. 2 LSD-BG nicht übermittelt.

Hierfür wurden

zu I. gemäß § 26 Abs. 2 iVm § 21 Abs. 3 Z 1 LSD-BG, zu II. gemäß § 26 Abs. 2 iVm § 21 Abs. 3 Z 2 LSD-BG, zu III. gemäß § 28 Z 3 iVm § 22 Abs. 2 LSD-BG, zu IV. gemäß § 27 Abs. 1 iVm § 12 Abs. 1 Z 3 und § 21 Abs. 1 Z 1 LSD-BG sowie

zu V. gemäß § 27 Abs. 1 iVm § 12 Abs. 1 Z 3 und § 22 LSD-BG jeweils Geldstrafen und für den Fall der Uneinbringlichkeit

Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Der Revisionswerber wurde zu einem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. 2 Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er zusammengefasst vorbrachte, dass keine Arbeitskräfteüberlassung vorliege, sondern die Arbeitnehmer von der U Kft. entsendet worden seien, weswegen das Strafverfahren gegen ihn hätte eingestellt werden müssen.

3 Mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassenen angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. des Straferkenntnisses mit der Maßgabe ab, dass es die Beschäftigungszeiträume einschränkte und die Übertretungsnormen im Spruchpunkt III. um § 22 Abs. 1 LSD-BG ergänzte. Hinsichtlich der Spruchpunkte IV. und V. gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde Folge, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Strafverfahren ein. Weiters sprach es aus, dass eine Revision nicht zulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber ein Fleischergewerbe in L betreibe. Da er keine weiteren Fleischer für seinen Betrieb habe finden können, habe er die ihm von der Firma U KFt. überlassenen Arbeitnehmer SG im Zeitraum von 22. Mai 2017 bis zum 7. Juni 2017 und KB im Zeitraum von 2. Mai 2017 bis zum 7. Juni 2017 beschäftigt. Anlässlich einer Kontrolle der Finanzpolizei habe der Revisionswerber hinsichtlich beider überlassenen Arbeitnehmer 1. die Unterlagen über die Anmeldung zur Sozialversicherung (E 101 oder A1), 2. die ZKO- 4 Meldungen und 3. die Lohnunterlagen nicht bereitgehalten oder in elektronischer Form zugänglich gemacht.

Dass Arbeitskräfteüberlassung und nicht, wie vom Revisionswerber behauptet, eine Entsendung vorliege, begründete das Verwaltungsgericht zunächst damit, dass der Revisionswerber "über die Zahl der Arbeitnehmer bestimmen konnte", da er nach seinen Angaben die jeweils benötigten Personen von der U KFt. anfordere. Auch habe der Revisionswerber anlässlich der Kontrolle vom 7. Juni 2017 angegeben, er erteile die Arbeitsanweisungen an die von ihm so bezeichneten "Leasingarbeiter", beaufsichtige sie und kontrolliere ihre Arbeit; sie seien in seinen Betrieb eingegliedert und hätten sich an die Betriebszeiten zu halten; bei der U KFt., von der er "Personen anfordere", handle es sich um eine "reine Leasingfirma" und keinen Fleischbearbeitungsbetrieb. Den von diesen Angaben abweichenden Aussagen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung schenkte das Verwaltungsgericht (mit näherer Begründung) keinen Glauben. Es führte rechtlich aus, für das Vorliegen von Arbeitskräfteüberlassung spreche auch, dass der Revisionswerber den ungarischen Arbeitnehmern sowohl die Unterkunft als auch den Arbeitsraum und die Arbeitsgeräte zur Verfügung gestellt und ihre Arbeitskleidung gereinigt habe. Auch wenn davon auszugehen wäre, dass mit der U KFt. ein gewährleistungstauglicher Erfolg vereinbart worden wäre, was aufgrund des schriftlichen Vertrags nicht festgestellt werden könne, sei im Rahmen einer rechtlichen Gesamtbeurteilung (Hinweis auf VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068, und EuGH 18.5.2015, C-586/13 , Martin Meat) das Vorliegen einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung zu bejahen.

5 Die vorliegende Revision richtet sich ausschließlich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. bis III. des zugrundeliegenden Straferkenntnisses. Zur (Amts‑)Revision, die sich gegen Aufhebung der Spruchpunkte IV. und V. des Straferkenntnisses richtet, sei auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2018/11/0110, verwiesen.

Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig abzuweisen. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN). 7 Soweit in der Revision zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht sei bei der Beurteilung, ob gegenständlich mit der U KFt. eine Arbeitskräfteüberlassung oder eine Entsendung vereinbart worden sei, von der hg. Judikatur abgewichen, wird das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt. Das Verwaltungsgericht hat nämlich, wie dargestellt, zur Beurteilung des Inhalts der Vereinbarung zwischen dem Revisionswerber und der U KFt. auf die nach der hg. Rechtsprechung (VwGH 22.8.2017, Ra 2017/11/0068 mit Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 18.6.2015, C-586/13 , Martin Meat) maßgebenden Kriterien im Rahmen einer Gesamtbeurteilung abgestellt, bei der einzelnen dieser Kriterien ein höheres, anderen aber ein geringeres Gewicht beigemessen wurde. Dem (vertretbaren) Ergebnis dieser Beurteilung kommt deshalb nur einzelfallbezogene Bedeutung zu, es ist daher nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 4.2.2019, Ra 2018/11/0106). 8 Vor diesem Hintergrund lässt aber das weitere Zulässigkeitsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe keine ausreichenden Feststellungen zur Vereinbarung eines gewährleistungstauglichen Erfolgs zwischen dem Revisionswerber und der U KFt. getroffen, eine Konkretisierung vermissen. 9 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Da der Verwaltungsgerichtshof weder verpflichtet ist, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt ist, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 20.2.2018, Ra 2018/11/0010, 0011), war die Revision zurückzuweisen.

10 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. Februar 2020

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