VwGH Ro 2018/10/0022

VwGHRo 2018/10/002221.11.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien 1.) B G in W, 2.) N Ö in W, 3.) N V in

D und 4.) W S in S, alle vertreten durch Dr. Andreas Fussenegger, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, sowie 5.) H K und

6.) E K, beide in D, beide vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 30. April 2018, Zlen. LVwG-327-10/2016-R1, LVwG-322-1/2015-R1, LVwG-414-14/2016- R1, LVwG-435-7/2016-R1, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Bregenz; mitbeteiligte Partei: R S e.U. in F, vertreten durch Heinzle - Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8
B-VG Art133 Abs4
NatSchG Vlbg 1997 §26 Abs5
NatSchG Vlbg 1997 §35 Abs5
NatSchV Vlbg 1998 §15
VwGG §34 Abs1
VwRallg
32005D0370 AarhusKonvention

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018100022.J00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die erst- bis viertrevisionswerbenden Parteien einerseits sowie die fünft- bis sechstrevisionswerbenden Parteien andererseits haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von je EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit - im vorliegenden Revisionsverfahren maßgeblichen - Spruchpunkt A/I. des Bescheides vom 30. Juni 2016 erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 35 iVm 24, 26 und 33 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. Nr. 22/1997 idgF (in der Folge: GNL), und § 15 iVm §§ 4, 5, 7, 9 und 12 der Verordnung der Landesregierung über das Naturschutzgebiet "Rheindelta" in Fußach, Gaißau, Hard, Höchst und im Bodensee, LGBl. Nr. 57/1992 idgF (in der Folge: RheindeltaVO), sowie § 15 der Verordnung der Landesregierung zur Durchführung des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. Nr. 8/1998 idgF (in der Folge: NaturschutzVO), die "naturschutzrechtlichen Bewilligungen" für die Veränderungen durch den Neubau und Betrieb eines Multifunktionsgebäudes mit Gastronomieeinrichtungen, Außenanlagen, einer PKW-Tiefgarage und Veränderungen der PKW-Stellplatz- und Campingplatzflächen, der Hafenzufahrt sowie Geländeveränderungen im Bereich des Polderdammes unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen auf näher genannten Grundstücken der KG Fußach.

2 Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien - die dem Verfahren vor der belangten Behörde nicht als Parteien beigezogen worden waren - jeweils Beschwerde (die erst- bis viertrevisionswerbenden Parteien unter Hinweis darauf, dass sie von der Bescheiderlassung "aus den Medien erfahren" hätten, die fünft- bis sechstrevisionswerbenden Parteien, nachdem ihnen der Bescheid zugestellt worden war).

3 Im Verfahren vor dem LVwG wurden die revisionswerbenden Parteien der mündlichen Verhandlung beigezogen und ihnen Parteiengehör sowie sonstige Parteienrechte (insbesondere durch Erörterung eines von ihnen vorgelegten naturschutzfachlichen Privatgutachtens) eingeräumt.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde den Beschwerden keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid nach Maßgabe des festgestellten Sachverhaltes bestätigt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für zulässig erklärt.

5 Begründend führte das LVwG aus, der Standort des geplanten Vorhabens liege im Zentrum eines Natur- und Europaschutzgebietes (Natura 2000 Gebietes) am Bodensee.

6 Bei den erst- bis viertrevisionswerbenden Parteien handle es sich um gemäß § 19 Abs. 7 UVP-Gesetz 2000 anerkannte Umweltorganisationen.

7 Die belangte Behörde habe eine Verträglichkeitsabschätzung im Sinne des § 15 Abs. 1 NaturschutzVO durchgeführt. 8 Den Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsentwicklung zufolge seien während der Bauphase des Projektes grundsätzlich Beeinträchtigungen der Schutzinhalte des Natura 2000-Gebietes möglich. Diese möglichen Beeinträchtigungen könnten durch die Erteilung von Bedingungen und Auflagen - wie diese im bekämpften Bescheid auferlegt worden seien - verhindert bzw. wesentlich reduziert werden. Durch das geplante Projekt komme es bei exakter Umsetzung zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen des Natura 2000 Gebietes, weshalb keine Naturschutzverträglichkeits prüfung im Sinne des § 15 Abs. 5 und 6 NaturschutzVO durchzuführen sei.

9 Alle revisionswerbenden Parteien zählten zur "betroffenen Öffentlichkeit" im Sinne von Art. 2 Abs. 5 des Aarhus-Übereinkommens. Die "betroffene Öffentlichkeit" müsse zwingend die nationalen Rechtsvorschriften, die die Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt umsetzten, sowie die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Umweltrechts der Union geltend machen können. Zu diesen Rechten gehörten die aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL) hervorgegangenen nationalen Rechtsvorschriften. Entscheidungen, die von den nationalen Behörden im Rahmen dieser Bestimmung erlassen würden, fielen in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 des Aarhus-Übereinkommens; es handle sich dabei um Rechte, die die betroffene Öffentlichkeit mittels eines wirksamen Rechtsbehelfs vor Gericht geltend machen können müsste (Hinweis auf EuGH 8.11.2016, Lesoochranarske zoskupenie VLK II, C-243/15 ). Aus diesem Grund komme den revisionswerbenden Parteien Parteistellung in Bezug auf die Verträglichkeitsabschätzung bzw. eine allfällige Verträglichkeitsprüfung im Sinne des § 15 NaturschutzVO zu. 10 Soweit für das gegenständliche Vorhaben Bewilligungstatbestände nach nationalem Recht, welche nicht Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt umsetzten, maßgeblich seien, komme der betroffenen Öffentlichkeit keine Parteistellung zu. Im gegenständlichen Fall seien dies die Bewilligungstatbestände, die sich aus den §§ 24, 26 und 33 GNL bzw. aus der nach § 26 GNL erlassenen RheindeltaVO ergäben. 11 Mit Spruchpunkt A/I. des angefochtenen Bescheides seien unter anderem Bewilligungen hinsichtlich der Tatbestände der §§ 24 und 33 GNL sowie hinsichtlich des § 15 der Rheindelta-VO erteilt worden, die (infolge Zurückziehung der von der mitbeteiligten Partei gegen die Vorschreibung von Auflagen erhobenen Beschwerde) in Rechtskraft erwachsen seien. Das gegenständliche Verfahren sei daher lediglich insofern "offen", als es die Bewilligung nach § 35 Abs. 5 GNL iVm § 15 NaturschutzVO betreffe. In diesem Rahmen seien die Beschwerdevorbringen zu prüfen.

12 Für das Projekt seien durch Auflagen Schutzmaßnahmen betreffend die Erhaltungsziele des gegenständlichen Natura 2000 Gebietes vorgesehen. Aus dem Umstand, dass unter Spruchpunkt A/I. natur- und landschaftsschutzrechtliche Auflagen vorgeschrieben worden seien, könne nicht geschlossen werden, dass diese Auflagen lediglich vor dem Hintergrund der Verträglichkeitsabschätzung vorgeschrieben worden seien; vielmehr seien sie im Zuge der hier nicht mehr gegenständlichen Bewilligungen aufgrund nationaler Vorschriften vorgeschrieben worden. Es könne daher der belangten Behörde nicht

entgegengetreten werden, wenn sie die beantragten sowie vorgeschriebenen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung im Zuge der Verträglichkeitsabschätzung berücksichtigt habe. Diese Auflagen seien daher Teil des gemäß § 15 NaturschutzVO zu beurteilenden Projekts.

13 Doch selbst wenn man sich der (gegenteiligen) Ansicht der revisionswerbenden Parteien anschließen würde, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Gehe man von der Annahme aus, dass das gegenständliche Projekt die Erhaltungsziele des Natura 2000 Gebietes erheblich beeinträchtigen könnte (§ 15 Abs. 2 NaturschutzVO), bedürften die Maßnahmen einer Bewilligung nach dem GNL mit den in § 15 Abs. 5 NaturschutzVO festgelegten Abweichungen. § 15 Abs. 5 NaturschutzVO normiere, dass nach Abs. 2 bewilligungspflichtige Projekte auf ihre Verträglichkeit mit den für das Natura 2000 Gebiet geltenden Erhaltungszielen zu prüfen seien (Verträglichkeitsprüfung). Unstrittig sei, dass die "Methodik-Leitlinien" (zur Erfüllung der Vorgaben des Artikels 6 Abs. 3 und 4 der Habitat-Richtlinie 92/42/EWG ) die Berücksichtigung schadensbegrenzender Maßnahmen in diesem Verfahrensstadium zuließen. Nach § 15 Abs. 6 lit. a) NaturschutzVO sei für die nach Abs. 2 bewilligungspflichtigen Projekte die Bewilligung nach dem GNL, soweit die Verträglichkeit mit den für das Natura 2000 Gebiet geltenden Erhaltungszielen in Frage stehe, zu erteilen, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergebe, dass das Natura 2000 Gebiet im Hinblick auf die Erhaltungsziele nicht beeinträchtigt werde. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe, würden durch die gegenständlich vorgesehenen Maßnahmen die Erhaltungsziele des gegenständlichen Natura 2000 Gebietes unter Einhaltung der schadensbegrenzenden Maßnahmen nicht beeinträchtigt. Somit sei auch in diesem Falle die beantragte Bewilligung nach dem GNL zu erteilen.

14 Die Revision ließ das LVwG mit folgender Begründung zu:

"Die Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im konkreten Fall fehlt. Es fehlt an einer Rechtsprechung dazu, wer außer den anerkannten Naturschutzorganisationen der betroffenen Öffentlichkeit zuzurechnen ist und in welchem Umfang der betroffenen Öffentlichkeit Parteistellung im Bewilligungsverfahren nach Verfahren nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung zukommt. Zudem fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob im Rahmen einer Verträglichkeitsabschätzung nach § 15 Abs. 2 Naturschutzverordnung schadensbegrenzende Maßnahmen zu berücksichtigen sind oder nicht."

15 Gegen dieses Erkenntnis brachten die erst- bis viertrevisionswerbenden Parteien die zu den hg. Zahlen Ro 2018/10/0022 bis 0025 protokollierte Revision und die fünftbis sechsrevisionswerbenden Parteien die zu den hg. Zahlen Ro 2018/10/0026 bis 0027 protokollierte Revision ein. 16 Die Revisionen bejahen in den (gesonderten) Zulässigkeitsausführungen das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung jeweils mit der Begründung, dass "eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur 'betroffenen Öffentlichkeit', zu den Rechten der betroffenen Öffentlichkeit sowie zur Verträglichkeitsabschätzung (nach § 15 Abs. 2 Vlbg. Naturschutzverordnung im Hinblick auf schadensbegrenzende Maßnahmen) fehlt."

17 Das LVwG legte - nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem sowohl die anwaltlich vertretene mitbeteiligte Partei als auch die belangte Behörde jeweils Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag auf Kostenersatz erstatteten - die Verfahrensakten vor. 18 Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegenständlichen Verfahren infolge ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden. 19 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

20 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 21 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. 22 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

23 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 8.8.2018, Ro 2017/10/0002). Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzun gen einer Revision (vgl. VwGH 22.10.2019, Ro 2018/10/0044, mwN). Die Beurteilung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 29.5.2019, Ro 2018/11/0009, mwN).

24 Die Zulässigkeit der Revision setzt zudem voraus, dass das Schicksal der Revision von der geltend gemachten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 29.3.2017, Ro 2016/10/0041, mwN). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen nicht zuständig (vgl. auch dazu VwGH Ro 2016/10/0041 sowie etwa VwGH 8.8.2019, Ro 2017/04/0014, jeweils mwN).

25 Ausgehend davon erweisen sich die Revisionen als unzulässig.

26 Mit der Frage, welche (natürlichen oder juristischen) Personen "neben den anerkannten Naturschutzorganisationen" zur betroffenen Öffentlichkeit zu zählen sind, spricht das LVwG eine für die Entscheidung über die vorliegenden Revisionen nicht relevante und daher lediglich abstrakte Rechtsfrage an, zumal die Eigenschaft der revisionswerbenden Parteien als "betroffene Öffentlichkeit" (im Sinne des Aarhus-Übereinkommens) im vorliegenden Revisionsfall vom LVwG ohnehin angenommen wurde. 27 Auch die vom LVwG aufgeworfene Frage, in welchem Umfang der betroffenen Öffentlichkeit Parteistellung "in Verfahren nach dem GNL" zukommt, stellt sich schon infolge ihrer allgemeinen, auf die Frage möglicher Parteistellungen der betroffenen Öffentlichkeit in sämtlichen nach dem GNL in Betracht kommenden Bewilligungsverfahren abzielenden, Formulierung als abstrakte Rechtsfrage dar, zumal das LVwG - von den Zulässigkeitsausführungen

der Revisionen unwidersprochen - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren lediglich eine "noch offene" Bewilligungspflicht nach § 35 Abs. 5 GNL iVm § 15 NaturschutzVO geprüft hat. 28 Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf Folgendes hinzuweisen:

29 Die vom LVwG angesprochene Frage bezieht sich auf die Parteistellung in "Bewilligungsverfahren" nach dem GNL. 30 Im vorliegenden Fall wurde von der belangten Behörde in einem ersten Schritt - dem konkreten Bewilligungsverfahren nach dem GNL vorgelagert - ein Verträglichkeitsabschätzungsverfahren gemäß § 15 Abs. 1 iVm Abs. 4 NaturschutzVO durchgeführt. Das LVwG hat die Parteistellung der revisionswerbenden Parteien in diesem Verfahren nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie sowie unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 8.11.2016, C 243/15 , bejaht. Diese Frage wird in den Zulässigkeitsbegründungen auch nicht weiter angesprochen.

31 Zur Frage der Parteistellung der revisionswerbenden Parteien im naturschutzbehördlichen Bewilligungsverfahren ist festzuhalten, dass die Bestimmungen des GNL eine Parteistellung der betroffenen Öffentlichkeit bzw. von anerkannten Umweltorganisationen in den in diesem Gesetz geregelten Bewilligungsverfahren nicht vorsehen.

32 Damit ist die Ausübung von Parteirechten der betroffenen Öffentlichkeit aber insoweit nicht ausgeschlossen, als Bewilligungstatbestände zur Anwendung kommen, die in Durchführung unionsrechtlicher Bestimmungen geregelt wurden.

33 Die letztgenannte Voraussetzung trifft auf den Bewilligungstatbestand des § 35 Abs. 5 GNL insofern zu, als er gegebenenfalls strengere als in den vorangegangenen Absätzen enthaltene Bewilligungsvoraussetzungen für die nach Maßgabe des § 26 Abs. 5 GNL durch Verordnung zu Europaschutzgebieten (Natura 2000 Gebieten) erklärten Gebiete vorsieht.

34 Das verfahrensgegenständliche Projekt liegt in einem Europaschutzgebiet (Natura 2000 Gebiet); es unterliegt unstrittig dem Anwendungsbereich des Aarhus-Übereinkommens.

35 Für derartige Fälle hat der Verwaltungsgerichtshof - im Gefolge des Urteils des EuGH vom 20. Dezember 2017, C-664/15 , Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation - mit Erkenntnissen vom 28. März 2018, Ra 2015/07/0055 und 2015/07/0152, die Parteistellung von Umweltorganisationen in Bewilligungsverfahren sowohl im Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 (dh. für den Fall, dass ein Projekt "erhebliche Auswirkungen" auf die Umwelt hätte) als auch des Art. 9 Abs. 3 (dh. für den Fall, dass von vornherein nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen wäre) des Aarhus-Übereinkommens bejaht und die Reichweite der Parteistellung diesbezüglich klargestellt.

36 Insoweit ist die vom LVwG aufgeworfene Rechtsfrage geklärt.

37 Die Revisionen bringen in der (allein maßgeblichen)

gesonderten Zulassungsbegründung indes nicht vor, dass bzw. in welchen Punkten das LVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen sei. 38 Schließlich wird auch mit der vom LVwG angesprochenen Frage, ob im Rahmen einer Verträglichkeitsabschätzung nach § 15 Abs. 2 NaturschutzVO schadensbegrenzende Maßnahmen zu berücksichtigen seien, eine vom Verwaltungsgerichtshof fallbezogen zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage nicht aufgezeigt. 39 Die Bewilligungsfähigkeit des vorliegenden Projekts wurde vom LVwG auch mit der unter Rz 13 wiedergegebenen Alternativbegründung bejaht. Demnach wäre unter der - von den revisionswerbenden Parteien vertretenen - Annahme, dass das vorliegende Projekt die Erhaltungsziele des Natura 2000 Gebietes erheblich beeinträchtigen könnte, eine Verträglichkeitsprüfung gemäß § 15 Abs. 2 iVm Abs. 5 NaturschutzVO durchzuführen, in deren Rahmen die Berücksichtigung schadensbegrenzender Maßnahmen aber "unstrittig" zulässig sei. Auch in diesem Fall wäre daher (gemäß § 5 Abs. 6 lit. a) NaturschutzVO) die beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung zu erteilen, weil durch das gegenständliche Projekt (bei Einhaltung der schadensbegrenzenden Maßnahmen) die Erhaltungsziele des Natura 2000 Gebietes nicht beeinträchtigt würden.

40 Nach diesen Erwägungen kommt es aber auf die Frage, ob im Rahmen einer Verträglichkeitsabschätzung "schadensbegrenzende Maßnahmen" zu berücksichtigen sind, fallbezogen nicht an. Die Revisionen sind diesen Erwägungen in den Zulässigkeitsausführungen nicht entgegen getreten. Beruht ein angefochtenes Erkenntnis jedoch auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, so ist die Revision unzulässig (vgl. etwa VwGH 28.5.2019, Ra 2019/10/0049, mwN).

41 Weder in der Zulassungsbegründung des LVwG noch in den Revisionen werden sohin Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

42 Von der Durchführung der von den revisionswerbenden Parteien beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

43 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 21. November 2019

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