VwGH Ra 2018/09/0192

VwGHRa 2018/09/019225.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision der A G GmbH in G, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hafferlstraße 7, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 10. August 2018, LVwG- 2-7/2018-R1, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37
AVG §39 Abs2
AVG §8
B-VG Art130 Abs1 Z1
B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art130 Abs2
B-VG Art133 Abs6 Z1
GSpG 1989 §56a
GSpG 1989 §56a Abs3
GSpG 1989 §56a Abs6
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §24 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §35
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090192.L00

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg die Maßnahmenbeschwerde der revisionswerbenden Partei vom 26. Februar 2018 gegen das im Zuge einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 20. Februar 2018 vorgenommene Anbringen von Amtssiegeln an der Eingangstüre des Lokals V in F - ohne Durchführung der von der revisionswerbenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung - mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurück. Es verpflichtete die revisionswerbende Partei zum Ersatz der mit EUR 426,20 (Vorlage- und Schriftsatzaufwand) bestimmten Kosten an den Bund. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die revisionswerbende Partei weder Betreiberin noch Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Lokals gewesen sei und auch nicht die faktische Verfügungsgewalt über dieses innegehabt habe. Sie sei daher nicht Adressatin der von ihr bekämpften verwaltungsbehördlichen Maßnahme (Versiegelung der Eingangstüre durch amtliche Siegel) und könne durch diese nicht in ihren Rechten verletzt sein, weshalb ihre Beschwerde mangels Aktivlegitimation zurückzuweisen sei.

3 Den Entfall der beantragten mündlichen Verhandlung stützte das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Zurückweisung der Beschwerde auf § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG.

4 Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die Revision ist aus den in der Revision vorgebrachten Gründen angesichts der das Verwaltungsgericht treffenden Pflicht, von Amts wegen den relevanten Sachverhalt zu ermitteln, zulässig und auch begründet.

6 Der im vorliegenden Fall zu beurteilende Sachverhalt und die relevanten Rechtsfragen gleichen den im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 2019, Ra 2017/17/0829, behandelten, auf dessen Begründung daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, insofern, als zwar die mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen kann, wenn die Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation zurückzuweisen ist, es aber nicht Sache der Partei ist, die Voraussetzungen ihrer Parteistellung unter Beweis zu stellen, sondern es dem Verwaltungsgericht obliegt, die Frage der Parteistellung von Amts wegen zu prüfen.

7 Gerade im vorliegenden Fall, bei dem die Frage der Parteistellung durch die strittige Auslegung von Urkunden und die beantragte Einvernahme von Personen zu klären gewesen wäre, hätte das Landesverwaltungsgericht daher eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt.

8 An einer deshalb durch den Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Aufhebung hat die revisionswerbende Partei im konkreten Fall, trotz Außerkrafttretens der Verfügung gemäß § 56a Abs. 3 Glücksspielgesetz für den Fall des - von der revisionswerbenden Partei vorgebrachten - Unterbleibens einer Zustellung eines schriftlichen Bescheids an sie binnen Monatsfrist bzw. Aufhebung des dieses Lokal betreffenden Bescheids mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 24. Oktober 2018, LVwG-440-8/2018-R16 (VwGH 17.5.2019, Ra 2018/17/0227), auch noch ein rechtliches Interesse, wäre in diesem Fall - die Legitimation der revisionswerbenden Partei vorausgesetzt - das Verfahren über die Maßnahmenbeschwerde doch ohne Kostenzuspruch an den Bund einzustellen gewesen (VwGH 21.11.2018, Ra 2017/17/0840; siehe auch VfGH 26.11.2018, A 12/2018).

9 Der angefochtene Beschluss war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

10 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

11 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, 25. September 2019

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