Normen
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §7 Abs1;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §7 Abs2;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §7 Abs4;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §7 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030017.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Rechtsanwaltskammer Vorarlberg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheiden vom 11. Juni 2013 und vom 30. Juli 2013 wurde dem Revisionswerber wegen einer depressiven Erkrankung eine Berufsunfähigkeitsrente gemäß § 7 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer bzw. gemäß § 4 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B (Zusatzpension) der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer ab 1. Juni 2013 befristet bis 30. November 2013 bewilligt. Gleichzeitig wurde dem Revisionswerber die Auflage erteilt, einen Nachweis über die medikamentöse, psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung seiner Erkrankung zu erbringen, wobei die Behandlung nachhaltig weiter zu führen sei und die entsprechenden Nachweise hierüber im Abstand von zwei Monaten vorzulegen seien, ansonsten der Anspruch ruhe.
2 Am 31. Oktober 2013 stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Weitergewährung der Berufsunfähigkeitspension, weil sich sein Zustand nicht gebessert habe. Dieser Antrag wurde vom Gesamtausschuss der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer mit Vorstellungsbescheid vom 14. Jänner 2014, im Beschwerdeverfahren bestätigt mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (LVwG) vom 7. November 2014, rechtskräftig abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Revisionswerber habe keine Nachweise für die Behandlung seiner Erkrankung erbracht und somit gegen die oben angeführte Auflage verstoßen. Die gegen das verwaltungsgerichtliche Erkenntnis erhobene Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. April 2015, Ra 2015/03/0024, als verspätet zurück.
3 Mit Schriftsatz vom 28. April 2014 stellte der Revisionswerber unter Vorlage zweier ärztlicher Bestätigungen den "Antrag auf Weitergewährung einer Berufsunfähigkeitsrente" ab 1. Mai 2014. Dazu brachte er im Wesentlichen vor, den beigelegten Bestätigungen sei zu entnehmen, dass er die psychotherapeutische Therapie regelmäßig besuche und sich auch medikamentieren lasse.
4 Mit Bescheid vom 11. März 2015 wies die Abteilung 2 der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer diesen Antrag ab. Der dagegen erhobenen Vorstellung des Revisionswerbers gab der Gesamtausschuss der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 20. April 2015 keine Folge.
5 Gegen den letztgenannten Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das LVwG, die mit dem angefochtenen Erkenntnis abgewiesen wurde. Die Revision erklärte das LVwG für unzulässig. Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, es folge dem beigezogenen Sachverständigen Dr. M., dass der Revisionswerber seit seiner Antragstellung (Ende April 2014) aufgrund einer diagnostizierten Depression unfähig sei, den Beruf als Rechtsanwalt auszuüben. Eine medikamentöse Behandlung der Erkrankung, die nach Auffassung des Gutachters indiziert gewesen wäre, habe er aber bis dato nicht konsequent verfolgt. Dass ihm der behandelnde Arzt keine Medikamente verschrieben habe, entlaste den Revisionswerber nicht, weil er von der Möglichkeit eines Arztwechsels nicht Gebrauch gemacht habe. Auch wäre es ihm nach Auffassung des LVwG zumutbar gewesen, der erteilten rechtskräftigen Auflage, regelmäßige Nachweise über die medikamentöse, psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung zu erbringen, zu entsprechen. Wegen Nichteinhaltung dieser Auflage werde davon ausgegangen, dass der Revisionswerber eine zur Beseitigung der Berufsunfähigkeit dienliche und zumutbare Heilbehandlung verweigert habe. Dies habe zur Folge, dass der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nach § 7 Abs. 5 letzter Satz der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer geendet habe (und somit kein Anspruch auf eine diesbezügliche Rente mehr bestehe). Dies gelte auch für die Zusatzpension nach § 4 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B. Die Nichtzulassung der Revision begründete das LVwG damit, dass es mit seiner Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche noch eine solche fehle. Weiters sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen und es lägen auch sonst keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
6 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit im Wesentlichen geltend gemacht wird, die Entscheidung des LVwG sei durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gedeckt. Die Satzung der Versorgungseinrichtung der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer sehe im Zusammenhang mit der gegenständlichen Rente nur die Mitwirkung des Antragstellers zur Ermittlung des Gesundheitszustandes nach Antragstellung vor, nicht aber eine Verpflichtung zur Heilbehandlung vor und während des Verfahrens auf Rentenbewilligung. Soweit sich das LVwG in diesem Zusammenhang auf die mit Bescheid vom 11. Juni 2013 erteilte Auflage berufe, übersehe es, dass die Auflage den Revisionswerber nur für die mit diesem Bescheid gewährte Rente für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2013 gebunden habe. Darüber hinausgehende Wirkung habe diese Auflage nicht entfaltet, weshalb sie auch nicht zur Begründung der Abweisung des gegenständlichen Antrags herangezogen werden dürfe.
7 Der Gesamtausschuss der Rechtsanwaltskammer Vorarlberg hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der er mit näherer Begründung beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, sie abzuweisen. Auch der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der er sich den Argumenten der erstgenannten Revisionsbeantwortung anschloss.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Das LVwG hat die Unzulässigkeit der Revision damit begründet, dass keine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch nicht abweiche und eine solche nicht fehle. Gleichzeitig hat das LVwG jedoch an keiner Stelle seiner Entscheidung Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zitiert, die sich mit den fallbezogenen Rechtsfragen beschäftigt hätte und die zum Beleg der vom Verwaltungsgericht eingenommen Rechtsposition angeführt werden könnte. Solche Rechtsprechung liegt auch nicht vor. Die Rechtslage ist auch nicht so eindeutig, dass sie höchstgerichtlicher Leitlinien zur Auslegung nicht erfordert. Entgegen der Rechtsansicht des LVwG liegen daher im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vor und es gelingt der Revision in ihrer Zulassungsbegründung - entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung - hinreichend darzulegen, dass ihre Lösung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die Revision ist daher zulässig.
10 In der Sache ist sie auch begründet.
11 Gemäß § 50 Abs. 1 RAO, RGBl. Nr. 96/1868 in der Fassung BGBl. I Nr. 159/2013, hat jeder Rechtsanwalt bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf (u.a.) Berufsunfähigkeitsversorgung. Gemäß § 50 Abs. 2 RAO ist dieser Anspruch in den Satzungen der Versorgungseinrichtungen nach festen Regeln festzusetzen, wobei näher genannte Grundsätze zu beachten sind.
12 Die im Revisionsfall maßgeblichen Vorschriften der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer (in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung vom 15. Oktober 2014) lauten (auszugsweise):
"§ 7 Berufsunfähigkeitsrente
(1) Bedingung für den Anspruch auf Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente ist:
a) Der Erwerb eines Beitragsmonats bei dieser
Rechtsanwaltskammer sowie die Zurücklegung der Wartezeit im Zeitpunkt der Antragstellung und die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte einer Rechtsanwaltskammer oder eine Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte oder in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter einer Rechtsanwaltskammer im Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit,
b) bei Rechtsanwälten und niedergelassenen europäischen
Rechtsanwälten eine infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen voraussichtlich mehr als 3 Monate andauernde Unfähigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs, bei Rechtsanwaltsanwärtern eine infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen voraussichtlich mehr als 3 Monate andauernde Unfähigkeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, ...
c) der Verzicht auf die Eintragung in die Verteidigerliste
und auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft/Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter wo immer für die Dauer der Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente und
d) bei Rechtsanwälten gemäß § 1 Abs 1 RAO der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer der Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente, wobei die Abgabe der Verzichtserklärung unter der Bedingung der Zuerkennung der Berufsunfähigkeitsrente zulässig ist;
e) bei niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten oder
Rechtsanwälten, die den Beruf als Rechtsanwalt unter einer der in der Anlage zum EIRAG, Art I BGBl I Nr. 27/2000, in der jeweils geltenden Fassung angeführten Bezeichnungen in einem der dort genannten Staaten berechtigt ausüben, der Nachweis der Beendigung der Zugehörigkeit des Rechtsanwaltes zu diesem Beruf durch Bescheinigung der im Herkunftsstaat zuständigen Stelle oder der Beendigung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Ländern, die eine Eintragung als Rechtsanwalt bei einer Standes- oder Registrierungsbehörde nicht vorsehen und die Streichung aus allen Listen der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte; wobei der Nachweis einer durch die Zuerkennung der Berufsunfähigkeitsrente bedingten Beendigung der Zugehörigkeit zu diesem Beruf zulässig ist, soferne das Recht des Heimatlandes dies zulässt;
f) dass der Beitragspflichtige im Zeitpunkt der
Antragstellung nicht das für ihn gemäß § 6 Abs 1 lit b)
maßgebliche Alter für die Inanspruchnahme der Altersrente erfüllt,
g) die Antragstellung innerhalb von längstens einem Jahr
ab Beendigung der Tätigkeit (lit c bis e);
h) dass sich der Beitragspflichtige den von der
Rechtsanwaltskammer angeordneten Untersuchungen zur Feststellung der Voraussetzungen der lit b durch einen allgemeinen beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen unterzieht.
(2) Die Berufsunfähigkeitsrente ist bei Vorliegen aller in § 7 Abs 1 genannten Voraussetzungen für die Dauer der Berufsunfähigkeit, maximal jedoch für 12 Monate zuzuerkennen.
Nach Ablauf der Frist, für welche die Berufsunfähigkeitsrente
zuerkannt wurde, ist über Antrag,
a) sofern die ursprüngliche oder verlängerte Zuerkennung
für weniger als insgesamt 12 Monate erfolgte, über eine
Verlängerung der Zuerkennung auf bis zu 12 Monate,
b) sofern die Zuerkennung für die Höchstfrist von
12 Monaten erfolgte oder in Anwendung des lit a) auf 12 Monate erstreckt wurde, über die dauernde Zuerkennung der Berufsunfähigkeitsrente jeweils auf Grundlage der Ergebnisse einer Kontrolluntersuchung zu entscheiden.
...
Bis zur endgültigen Entscheidung über die dauernde Zuerkennung der Berufsunfähigkeitsrente ist die befristet zuerkannte Berufsunfähigkeitsrente als - unabhängig vom Inhalt der endgültigen Entscheidung - nicht rückforderbare Zahlung zu leisten. Über das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit entscheidet der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer, insbesondere unter Bedachtnahme auf von ihm eingeholte Gutachten. Die Kosten solcher Gutachten sind von der Rechtsanwaltskammer zu tragen.
(3) Der Bezieher einer Berufsunfähigkeitsrente ist bis zur Erreichung der für ihn gemäß § 6 Abs 2 lit a) maßgeblichen untersten Altersgrenze verpflichtet, sich auf Verlangen und Kosten der Rechtsanwaltskammer einer Kontrolluntersuchung durch Sachverständige zu unterziehen.
Wenn und solange eine solche Untersuchung verweigert wird, ruht der Anspruch auf den Rentenbezug.
(4) Der Anspruch auf Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente beginnt bei Vorliegen und Nachweis aller hiefür erforderlichen Voraussetzungen mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten, im Falle des Verzichtes auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft/Rechtsanwaltsanwärterschaft unter der Bedingung der Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente mit dem auf die Bescheiderlassung folgenden Monatsersten.
(5) Der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente endet:
a) durch Ablauf des Zeitraumes der Zuerkennung,
b) Verzicht seitens des Beitragspflichtigen,
c) durch Wegfall der Berufsunfähigkeit,
d) durch die Ausübung einer Tätigkeit, welche in den
beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten
(§ 8 RAO)/Rechtsanwaltsanwärtern fällt, wo auch immer,
e) durch den Tod des Rentenbeziehers.
Der Anspruch auf Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente endet mit dem Ende jenes Monats, in welchem die Bedingung für den Wegfall des Anspruches eingetreten ist. Dem Wegfall der Berufsunfähigkeit gleichgestellt ist eine Verweigerung der Inanspruchnahme einer zur Beseitigung der Berufsunfähigkeit dienlichen und zumutbaren Heilbehandlung.
..."
13 Die Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B (Zusatzpension) der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer (in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung vom 15. Oktober 2015), die Zusatzleistungen als ergänzende Versorgungseinrichtung zur Grundleistung nach Teil A der Satzung der Versorgungseinrichtung festlegt, lautet (auszugsweise):
"§ 4 - Berufsunfähigkeitsrente
(1) Berufsunfähigkeitsrenten werden bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen gemäß § 5 Abs 3 und 4 sowie § 7 Abs 1 bis 5 Satzung Teil A jenen Rechtsanwälten gewährt, die infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufes unfähig sind, sofern und solange sie auf die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes verzichtet haben. Die Abgabe der Verzichtserklärung mit Wirksamkeit für den Fall der Feststellung der Berufsunfähigkeit ist möglich.
(1a) Rechtsanwälte haben Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nach Abs 1 weiter nur unter der Voraussetzung, dass weder im Zeitpunkt des Eintrittes der Berufsunfähigkeit noch im Zeitpunkt der Antragstellung die Befreiung nach § 12 Abs 6 in Anspruch genommen worden ist. Diese Bestimmung geht der Bestimmung des Abs 5 vor.
(2) Über das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit entscheidet die Rechtsanwaltskammer, allenfalls unter Bedachtnahme auf von ihr eingeholte Gutachten von ihr bestellter Vertrauensärzte. Die Kosten der Begutachtung sind von der Rechtsanwaltskammer zu tragen.
(3) Der Bezieher einer Berufsunfähigkeitsrente ist verpflichtet, sich auf Verlangen und Kosten der Rechtsanwaltskammer einer Kontrolluntersuchung durch den Vertrauensarzt zu unterziehen. Wenn und solange eine solche Untersuchung verweigert wird, ruht der Anspruch auf den Rentenbezug. Ebenso ist vorzugehen, wenn sich der Bezieher einer Berufsunfähigkeitsrente der Kontrolluntersuchung auf andere Weise entzieht.
(4) Ein gleichzeitiger Bezug einer Altersrente und einer Berufsunfähigkeitsrente ist unzulässig.
(5) Die Berufsunfähigkeitsrente errechnet sich wie folgt: ..."
14 § 7 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A legt in seinem Abs. 1 Voraussetzungen für den Anspruch auf Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente fest. § 4 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B sieht dazu - unter bestimmten Voraussetzungen - ergänzende Versorgungsleistungen vor.
15 Für den gegenständlichen Fall genügt es darauf hinzuweisen, dass § 7 Abs. 1 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A als Bedingung für den Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente u.a. eine infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen voraussichtlich mehr als drei Monate andauernde Unfähigkeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit vorsieht. Dass eine solche beim Revisionswerber sowohl im Zeitpunkt der Zuerkennung der Berufsunfähigkeitsrente im Jahr 2013 als auch im verfahrensgegenständlich relevanten Zeitraum ab Beantragung der Weitergewährung der Rente im April 2014 vorlag, wird vom LVwG nicht in Zweifel gezogen; die Berufsunfähigkeit des Revisionswerbers im Sinne der zitierten Vorschrift steht somit fest.
16 Strittig ist, ob der Anspruch des Revisionswerbers auf die Berufsunfähigkeitsrente ungeachtet der vorhandenen Berufsunfähigkeit deshalb nicht gegeben ist, weil er die Inanspruchnahme einer zur Beseitigung der Berufsunfähigkeit dienlichen und zumutbaren Heilbehandlung verweigert und der Rechtsanwaltskammer Vorarlberg entgegen der mit Bescheid vom 11. Juni 2013 erteilten Auflage keine regelmäßigen Nachweise für die medikamentöse, psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung vorgelegt hat.
17 § 7 Abs. 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A sieht vor, dass der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente endet, wenn die Berufsunfähigkeit wegfällt. Dem Wegfall der Berufsunfähigkeit gleichgestellt ist eine Verweigerung der Inanspruchnahme einer zur Beseitigung der Berufsunfähigkeit dienlichen und zumutbaren Heilbehandlung.
18 Von einer "Verweigerung" im Sinne dieser Norm kann schon nach dem Wortverständnis nur ausgegangen werden, wenn der berufsunfähige Rechtsanwalt sich konkreten Vorgaben für eine dienliche und zumutbare Heilbehandlung zu Beseitigung der Berufsunfähigkeit schuldhaft und damit vorwerfbar widersetzt.
19 Dass dem Revisionswerber dieser Vorwurf gemacht werden könnte, vermag das LVwG nicht nachvollziehbar zu begründen. Der Revisionswerber befindet sich in fachärztlicher Behandlung und hat sich der vom behandelnden Arzt empfohlenen Heilbehandlung unterzogen. Die vom LVwG vermisste medikamentöse Behandlung seiner Erkrankung wurde vom Revisionswerber zwar begonnen, im Einverständnis mit dem behandelnden Arzt aber wieder abgesetzt und nicht wieder aufgenommen. Es trifft zwar zu, dass der Sachverständige im gegenständlichen Verfahren eine begleitende medikamentöse Heilbehandlung - anders als der behandelnde Arzt - für dienlich erachtet hat. Allerdings hat er auch ausdrücklich angeführt, es könne dem Revisionswerber aus seiner Sicht nicht vorgeworfen werden, eine vom behandelnden Arzt abgelehnte medikamentöse Behandlung nicht eingefordert zu haben. Trotzdem lastet das LVwG dem Revisionswerber die unterlassene Heilbehandlung mit Medikamenten an, und zwar mit der Begründung, der Revisionswerber wäre gehalten gewesen, den behandelnden Arzt zu wechseln. Im unterlassenen Wechsel des Arztes kann aber keine schuldhafte Verweigerung einer Heilbehandlung durch den Kranken gesehen werden, und zwar jedenfalls solange nicht, als diesem keine konkreten Vorgaben für die erforderliche Heilbehandlung gemacht worden sind und er sich diesen schuldhaft widersetzt. Dass Derartiges im vorliegenden Fall geschehen wäre, lässt sich der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen.
20 Daran vermag auch die Auflage im Bescheid des Gesamtausschusses der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer vom 11. Juni 2013, auf die das LVwG die Nichtzuerkennung der Rente tragend stützt, nichts zu ändern, und zwar schon deshalb nicht, weil die Auflage keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der durchzuführenden Heilbehandlung enthalten hat.
21 Im Übrigen stand die Auflage, wie die Revision zutreffend ausführt, im Zusammenhang mit der bis 30. November 2013 befristet gewährten Berufsunfähigkeitsrente und entfaltete somit nur für diese bindende Wirkung. Die Nichteinhaltung der Auflage hätte daher dazu führen können, die bescheidmäßig zuerkannten Rentenzahlungen einzustellen (oder zu Unrecht bezogene Beträge zurückzuverlangen). Sie bedeutete aber nicht, dass der Revisionswerber wegen unterbliebener Vorlage der aufgetragenen Nachweise auch für die Zukunft, also die Zeit nach Ablauf der befristeten Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente, von der Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente ausgeschlossen war.
22 Somit war es nicht gerechtfertigt, den neuen Antrag des Revisionswerbers auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente vom 28. April 2014, dem auch entsprechende Behandlungsnachweise angeschlossen waren, unter Hinweis auf die unterbliebene Vorlage von Behandlungsnachweisen in der Vergangenheit abzuweisen.
23 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
24 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil vor dem LVwG bereits eine Verhandlung stattgefunden hat und die Schriftsätze der Parteien sowie die Akten des Verfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
25 Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Die vom Revisionswerber verzeichneten Mehrkosten finden in diesen Vorschriften keine Deckung.
Wien, am 24. April 2018
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