Normen
AVG §1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
BBG 1990 §45 Abs2 ;
BBG 1990 §45;
Behindertenpässe Ausstellung 2014;
B-VG Art102 Abs2;
B-VG Art11 Abs1 Z4;
B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art135 Abs1;
B-VG Art135 Abs2;
BVwGG 2014 §6;
BVwGG 2014 §7 Abs2;
StVO 1960 §29b Abs1 idF 2013/I/039;
StVO 1960 §29b Abs1;
StVO 1960 §29b Abs1a idF 2013/I/039;
StVO 1960 §29b;
StVONov 20te;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §2;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017020019.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Aufgrund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 15. Dezember 2015 steht rechtskräftig fest, dass der Revisionswerber die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses gemäß den §§ 40 ff Bundesbehindertengesetz (BBG) nicht mehr erfüllt.
2 Mit Bescheid vom 27. November 2014 stellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (belangte Behörde) fest, dass der dem Revisionswerber gemäß § 29b StVO ausgefolgte Parkausweis wegen Wegfalls der Voraussetzungen einzuziehen sei.
3 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das BVwG in der Besetzung eines Senates unter Mitwirkung einer fachkundigen Laienrichterin mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab.
4 In rechtlicher Hinsicht ging das BVwG - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Relevanz - davon aus, dass § 45 Abs. 3 und 4 BBG, der eine Senatsbesetzung unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter in Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 BBG (Ausstellung eines Behindertenpasses, Vornahme einer Zusatzeintragung, Einschätzung des Grades der Behinderung) vorsieht, in Verfahren nach § 29b StVO analog anzuwenden sei. Zumal der Revisionswerber die Voraussetzungen für die Ausstellung des Behindertenpasses nach den §§ 40 ff BBG nicht mehr erfülle, lägen auch die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht mehr vor.
5 Das BVwG ließ die Revision mit folgender Begründung zu:
"Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehlt, ob Einzelrichter- oder Senatszuständigkeit vorliegt, somit ob § 45 Abs. 3 BBG analog auf Verfahren nach § 29b StVO 1960 anzuwenden ist. Eine klare Rechtslage liegt nach Ansicht des erkennenden Senates nicht vor."
6 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 23. Februar 2017, E 791/2016-12, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
7 In weiterer Folge erhob der Revisionswerber ordentliche Revision gegen das angefochtene Erkenntnis, mit dem Antrag dieses kostenpflichtig aufzuheben. Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
12 Das BVwG ließ die ordentliche Revision zu, weil keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Gerichtsbesetzung in Verfahren nach § 29b StVO vorliege.
13 In der Revision des Revisionswerbers wird zu deren Zulässigkeit auf die vom BVwG aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG Bezug genommen.
14 Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch begründet.
15 Gegenständlich ist fraglich, ob das BVwG in Angelegenheiten nach § 29b StVO in der Besetzung eines Einzelrichters oder eines Senates mit oder ohne Mitwirkung fachkundiger Laienrichter als Beisitzer entscheidet.
16 Die hier in den Blick zu nehmenden Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) lauten auszugsweise:
"(...)
Artikel 131. (1) Soweit sich aus Abs. 2 und 3 nicht anderes ergibt, erkennen über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 die Verwaltungsgerichte der Länder.
(2) Soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. (...)
(...)
Artikel 135. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen durch Einzelrichter. Im Gesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte oder in Bundes- oder Landesgesetzen kann vorgesehen werden, dass die Verwaltungsgerichte durch Senate entscheiden. (...)
(2) Die vom Verwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte sind durch die Vollversammlung oder einen aus ihrer Mitte zu wählenden Ausschuss, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und einer gesetzlich zu bestimmenden Zahl von sonstigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes zu bestehen hat, auf die Einzelrichter und die Senate für die gesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen. (...)
(...)
Artikel 150. (1) (...)
(2) Gesetze, die erst einer neuen Fassung bundesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen entsprechen, dürfen von der Kundmachung des die Änderung bewirkenden Bundesverfassungsgesetzes an erlassen werden. Sie dürfen jedoch nicht vor dem Inkrafttreten der neuen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen in Kraft treten, soweit sie nicht lediglich Maßnahmen vorsehen, die für ihre mit dem Inkrafttreten der neuen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen beginnende Vollziehung erforderlich sind.
Artikel 151. (1) (...)
(...)
(51) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 51/2012 geänderten oder eingefügten Bestimmungen oder für das Außerkrafttreten der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Bestimmungen sowie für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt Folgendes:
(...)
6. (...) die Art. 129 bis 136 (...) treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft; (...).
(...)"
17 § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:
"Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit
§ 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger)."
18 Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 lauten auszugsweise:
"(...)
Senate
§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.
(2) Ist in Bundes- oder Landesgesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.
(...)
Zuweisung und Abnahme von Rechtssachen
§ 17. (1) Jede im Bundesverwaltungsgericht anfallende Rechtssache wird dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter oder Senat zugewiesen.
(...)"
19 Die einschlägigen Bestimmungen der StVO in der Fassung
BGBl. I Nr. 39/2013 lauten auszugsweise:
"(...)
Menschen mit Behinderungen
§ 29b. (1) Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen.
(1a) (Verfassungsbestimmung) Die Ausfolgung und Einziehung eines Ausweises gemäß Abs. 1 kann unmittelbar durch Bundesbehörden besorgt werden.
(...)
(6) Ausweise, die vor dem 1. Jänner 2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 16. November 1976, BGBl. Nr. 655/1976, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 80/1990, entsprechen, verlieren ihre Gültigkeit mit 31. Dezember 2015. Ausweise, die nach dem 1. Jänner 2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen (Gehbehindertenausweisverordnung), BGBl. II Nr. 252/2000, entsprechen, bleiben weiterhin gültig.
(...)
§ 103. Inkrafttreten und Aufhebung.
(1) (...)
(...)
(14) (Verfassungsbestimmung) § 29b Abs. 1a und § 105 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 39/2013 treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.
(...)
§ 105. Vollziehung
(1) (...)
(5) (Verfassungsbestimmung) Mit der Vollziehung des § 29b Abs. 1a ist die Bundesregierung betraut.
(...)"
20 § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2014 lautet auszugsweise:
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpassses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkundige im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(...)"
21 Die Ausstellung des Parkausweises nach § 29b StVO 1960 ist inhaltlich als straßenpolizeiliche Tätigkeit zu qualifizieren (vgl. ErläutRV 2109 BlgNR XXIV. GP 4).
22 Die Vollziehung der Straßenpolizei fällt in die Kompetenz der Länder (Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG).
23 Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Ausfolgung und Einziehung des Parkausweises ist daher ausschließlich durch die Verfassungsbestimmung des §§ 29b Abs. 1a StVO begründet.
24 Die Ausfolgung des Parkausweises wird gemäß § 29b Abs. 1 StVO bei der belangten Behörde, also einer Bundesbehörde, beantragt.
25 Die Zuständigkeit des BVwG gemäß Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG knüpft daran, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob die betreffende Angelegenheit in Art. 102 Abs. 2 B-VG selbst genannt ist oder sich ihre Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung aus anderen verfassungsgesetzlichen Bestimmungen ergibt (vgl. VwGH 20.3.2018, Ko 2018/03/0001, mwN).
26 Die Entscheidung über eine Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde in einer Angelegenheit des § 29b StVO kommt daher gemäß Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG dem BVwG zu.
27 Grundsätzlich entscheiden die Verwaltungsgerichte durch Einzelrichter; Senatszuständigkeiten bilden die Ausnahme. Solche Senatszuständigkeiten können durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen werden. Der Bundes- und Landesgesetzgebung wird zudem die Kompetenz eingeräumt, eine Mitwirkung von fachkundigen Laienrichtern an der Rechtsprechung vorzusehen (vgl. Art. 135 Abs. 1 B-VG; ErläutRV 1618 BlgNR XXIV. GP 18; § 2 VwGVG; § 7 Abs. 2 erster Satz BVwGG).
28 In der StVO ist eine Senatszuständigkeit mit oder ohne Mitwirkung fachkundiger Laienrichter als Beisitzer in Angelegenheiten des § 29b StVO nicht vorgesehen.
29 Im angefochtenen Erkenntnis begründet das BVwG die analoge Anwendung der für Verfahren nach § 45 Abs. 1 BBG vorgesehenen Senatszuständigkeit unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter (vgl. § 45 Abs. 3 und 4 BBG) mit dem Umstand, dass der Parkausweis gemäß § 29b StVO seit 1. Jänner 2014 als Anlage zum Behindertenpass gemäß § 45 BBG auszustellen ist (vgl. § 103 Abs. 14 StVO; ErläutRV 2109 BlgNR XXIV. GP 4).
30 Dabei übersieht das BVwG, dass die Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b Abs. 1 StVO einen in Rechtskraft erwachsenen Behindertenpass (diesem kommt nach § 45 Abs. 2 letzter Satz BBG Bescheidcharakter zu) mit der genannten Zusatzeintragung voraussetzt. Es handelt sich somit um zwei voneinander getrennte Verfahren, wobei jenes nach § 29b StVO jenem nach § 45 BBG nachgeschaltet ist.
31 Materienspezifische Besonderheiten, denen durch die Mitwirkung von fachkundigen Laienrichtern Rechnung getragen werden soll (vgl. ErläutRV 1618 BlgNR XXIV. GP 13), werden somit ausschließlich und abschließend im Verfahren betreffend die Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme einer Zusatzeintragung nach § 45 BBG geprüft. Im Verfahren betreffend die Ausfolgung des Parkausweises nach § 29b StVO ist die belangte Behörde an die (rechtskräftige) Entscheidung nach § 45 BBG gebunden. Überlegungen, die eine Mitwirkung fachkundiger Laienrichter sinnvoll machen könnten, sind im Verfahren nach § 29b StVO nicht mehr anzustellen.
32 Vor dem Hintergrund, dass Senatszuständigkeiten die Ausnahme bilden, § 45 Abs. 1 BBG jene Fälle, in denen eine Senatszuständigkeit besteht, abschließend aufzählt und die Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b StVO einen rechtskräftigen Behindertenpass (Bescheid) mit der genannten Zusatzeintragung, der allenfalls durch das BVwG in einer Senatsbesetzung unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter überprüft wurde, voraussetzt, liegt eine eindeutige Regelung vor.
33 Durch die Neufassung des § 29b Abs. 1 StVO mit BGBl. I Nr. 39/2013 ist zudem die Verpflichtung entfallen, Ausweise, die nach der Gehbehindertenausweisverordnung oder davor ausgestellt worden waren, bei Wegfall der dauernd starken Gehbehinderung bei der Behörde abzuliefern; ebenso ist die - erst durch die 20. StVO-Novelle geschaffene (vgl. hierzu auch VwGH 24.1.2006, 2005/02/0256) - Möglichkeit entfallen, derartige Ausweise zu entziehen (vgl. auch § 29b Abs. 1 StVO in der Fassung vor dem 1. Jänner 2014).
34 § 29b StVO 1960 bietet somit keine gesetzliche Grundlage für die Einziehung des Parkausweises. Folglich enthält auch die (u.a.) aufgrund des § 29b Abs. 1 StVO erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF keine Bestimmungen für die Einziehung des Parkausweises (vgl. auch Pürstl, StVO14 (2015) § 29b Anm 4b und 8).
35 Eine analoge Anwendung der Bestimmungen des BBG über die Gerichtsbesetzung scheidet aus obigen Erwägungen auch im Hinblick auf die in der StVO und der genannten Verordnung nicht vorgesehene Möglichkeit der Einziehung des Parkausweises bzw. der vom BVwG anzustellenden Beurteilung der Unzulässigkeit der von der belangten Behörde verfügten Einziehung des Parkausweises aus. Auch in diesem Fall entscheidet das BVwG durch einen Einzelrichter.
36 Erkennt das BVwG durch Senat (unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter), obwohl eine solche Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, bewirkt es damit seine Unzuständigkeit (vgl. auch VwGH 7.9.2017, Ra 2017/08/0065; 20.12.2017, Ra 2017/12/0055).
37 Die Übergangsbestimmungen in § 29b Abs. 6 StVO sehen vor, dass Parkausweise, die seit dem 1. Jänner 2001 ausgestellt wurden, weiterhin gültig bleiben. Davor ausgestellte Parkausweise, das sind jene, die noch nicht den EU-Vorgaben entsprechen, verlieren mit 31. Dezember 2015 ihre Gültigkeit (vgl. ErläutRV 2109 BlgNR XXIV. GP 4).
38 Im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Verfahren nicht geklärt ist, ob der in Rede stehende Parkausweis dem Revisionswerber vor dem 1. Jänner 2001 ausgestellt wurde, kann auch auf Grund der vorliegenden Verfahrensergebnisse nicht davon ausgegangen werden, dass dieser seine Gültigkeit nach § 29b Abs. 6 StVO mit 31. Dezember 2015 verloren hat.
39 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufzuheben.
40 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das auf Ersatz von "ERV-Gebühr" und von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil der durch die Verordnung pauschaliert festgesetzte Schriftsatzaufwand auch diese abdeckt (vgl. etwa VwGH 30.6.2016, Ra 2016/07/0034; 25.10.2017, Ro 2017/07/0002, mwN).
Wien, am 21. September 2018
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