Normen
B-VG Art135 Abs2;
LBedG NÖ 2006 §15;
LVwGG NÖ 2014 §7 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird in seinem Spruchpunkt 2. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte wird auch auf VwGH 9.9.2016, Ra 2016/12/0002, und 24.5.2016, Ra 2016/09/0012, betreffend Leistungsfeststellung und Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses, verwiesen.
2 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. September 2014 war das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis der Revisionswerberin unter Einhaltung der Kündigungsfrist von drei Kalendermonaten ab Zustellung dieses Bescheides aufgelöst worden.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin war mit Spruchpunkt 2. eines (durch Mag. A als Vorsitzenden sowie Mag. B und Mag. C als fachkundige Laienrichterinnen ergangenen) Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 30. September 2015 als unbegründet abgewiesen worden.
4 Mit dem vorzitierten hg. Beschluss vom 9. September 2016 wurde die von der Revisionswerberin gegen den Spruchpunkt 2. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 30. September 2015 erhobene Revision mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückgewiesen. Die Zustellung dieses Beschlusses an die Revisionswerberin erfolgte am 27. September 2016.
5 Mit Antrag vom 11. Oktober 2016 begehrte die Revisionswerberin die Wiederaufnahme u.a. des mit Spruchpunkt 2. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 30. September 2015 abgeschlossenen Verfahrens betreffend Auflösung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses.
6 Dieser Antrag wurde mit Spruchpunkt 2. des (durch den Vorsitzenden Mag. A sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. B und den fachkundigen Laienrichter Mag. D gefassten) angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen. Es wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
7 Begründend vertrat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich im Wesentlichen die Auffassung, die Revisionswerberin habe die Wiederaufnahmefrist des § 32 Abs. 2 VwGVG versäumt.
8 Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof. In ihrer abgesonderten Zulassungsbegründung macht die Revisionswerberin (u.a.) geltend, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich über den Wiederaufnahmeantrag rechtens in derselben Senatszusammensetzung zu entscheiden gehabt hätte, in welcher das im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangenen Erkenntnis vom 30. September 2015 beschlossen worden sei. Die Revisionswerberin beantragt den angefochtenen Beschluss aufzuheben und (hilfsweise) in der Sache selbst im Sinne der Stattgebung ihres Wiederaufnahmeantrages zu erkennen.
9 Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie die Zurückweisung der Revision, hilfsweise deren Abweisung als unbegründet beantragt.
10 Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes erstattete das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine Stellungnahme zur Zusammensetzung des erkennenden Senates, in welcher ausgeführt wird, dass sich diese aus der Geschäftsverteilung für das Jahr 2016, gültig ab 13. Juni 2016 (im Folgenden: GV), ergebe, wonach die Zuweisung an die "6. Zuweisungsgruppe DR - Dienstrecht; Untergruppe Landesbedienstete - Senatsverfahren (DR-LB-Sen)" zu erfolgen gehabt habe. Konkret seien - mangels eines Vertretungsfalles - die beiden dort erstgenannten Laienrichter herangezogen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 2 des Niederösterreichischen Landesverwaltungsgerichtsgesetzes, LGBl. 0015 (im Folgenden: LVwGG), gehört zu den Leitungsgeschäften die Zuweisung der anfallenden Geschäftsfälle entsprechend der Geschäftsverteilung.
12 § 1 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz, § 9 sowie Z. 6 des Besonderen Teiles der GV lauten:
"Allgemeiner Teil
§ 1 Zuweisung von Geschäftsfällen
(1) Alle an einem Kalendertag einlangenden Geschäftsfälle werden, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, am nächstfolgenden Tag mit Amtsstunden zugewiesen. Dabei werden Geschäftsfälle, die an Kalendertagen ohne Amtsstunden eingelangt sind, gemeinsam mit den Geschäftsfällen des letzten Kalendertags mit Amtsstunden zugewiesen.
(2) Bei der täglichen Zuweisung werden die eingelangten Geschäftsfälle zunächst nach den einzelnen Zuweisungsgruppen und Untergruppen (laut Besonderem Teil) geordnet und innerhalb jeder Zuweisungsgruppe und Untergruppe alphabetisch gereiht. ...
...
§ 9 Annexzuständigkeiten
Nach der Zuständigkeit in der Hauptsache richtet sich die Zuweisung nachstehend aufgezählter Geschäftsfälle:
- verfahrensrechtliche Anträge (insb. Anträge auf
Verfahrenshilfe, Anträge auf Zu- oder Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, Anträge auf Wiedereinsetzung in oder Wiederaufnahme eines LVwG-Verfahrens, Anträge auf Zu-/Aberkennung der Parteistellung oder auf Zustellung einer Entscheidung);
- Geschäftsfälle hinsichtlich Beschwerden gegen Ordnungs-
und Mutwillensstrafen;
- Amts- und Rechtshilfeersuchen an und durch das
Landesverwaltungsgericht.
Derartige Geschäftsfälle werden jeweils dem in der Hauptsache zuständigen oder zuständig gewesenen Richter zugewiesen. Ist jedoch keine Hauptsache anhängig oder anhängig gewesen, werden derartige Geschäftsfälle nach der jeweils zu Grunde liegenden Zuweisungsgruppe unter Anrechnung auf die Zuweisungsreihenfolge zugewiesen und, soweit dies § 3 vorsieht, gewertet. Im letztgenannten Fall wird ein nachfolgender Geschäftsfall in der Hauptsache ohne weitere Anrechnung auf die Zuweisungsreihenfolge jenem Richter zugewiesen und gewertet, bei dem bereits ein inhaltlich zusammenhängender Annexgeschäftsfall anhängig ist.
...
Besonderer Teil - Zuweisungsgruppen und Untergruppen
...
6. Zuweisungsgruppe DR - Dienstrecht
Untergruppe Landesbedienstete - Senatsverfahren (DR-LB-Sen)
Alle einlangenden Geschäftsfälle aus dem NÖ Landes-Bedienstetengesetz (dies gilt gemäß § 172 DPL 1972 auch für Geschäftsfälle nach der Dienstpragmatik der Landesbediensteten 1972) sind nachstehend genanntem Senat zuzuweisen:
Senatsvorsitzender: Mag. A
(Vertreter in dieser Reihenfolge: Dr. X, Mag. Y, Dr. Z)
Fachkundiger Laienrichter-Dienstgeber: Mag. D
(Vertreter in dieser Reihenfolge: Dr. U, Mag. C)
Fachkundige Laienrichterin-Landespersonalvertretung: Mag. B (Vertreter in dieser Reihenfolge: Mag. S, Mag. T)" 13 Mit dem in der Begründung der Revision auch ausgeführten
oben wiedergegebenen Zulassungsgrund zeigt die Revisionswerberin die Zulässigkeit und die inhaltliche Berechtigung ihrer Revision auf, weil das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich infolge Verkennung des § 9 GV in einem unrichtig zusammengesetzten Senat entschieden hat:
14 Gemäß § 9 erster Satz GV richtet sich die Zuweisung u. a. von Anträgen auf Wiederaufnahme eines "LVwG-Verfahrens" nach der "Zuständigkeit in der Hauptsache". Nach dem zweiten Satz des § 9 GV werden derartige Geschäftsfälle jeweils "dem in der Hauptsache zuständig gewesenen Richter" zugewiesen. Für die hier maßgebliche "Hauptsache" (Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses) bestand Senatszuständigkeit. Diesfalls ist unter dem "zuständig gewesenen Richter" ein Senat in jener Zusammensetzung zu verstehen, wie er über die Beschwerde in der Hauptsache zu erkennen hatte, hier also - in Ermangelung von Hinweisen auf eine Unzuständigkeit des seinerzeit zusammengesetzten Senates - ein aus Mag. A als Vorsitzenden sowie aus Mag. B und Mag. C als fachkundige Laienrichterinnen zusammengesetzter Senat. Auf Grund der Bestimmung des § 9 zweiter Satz GV, welche - wie sich aus dem dritten Satz leg. cit. klar ergibt - den allgemeinen Zuweisungsregeln des § 1 GV in Verbindung mit dem Besonderen Teil der GV als lex specialis vorgeht, hätte eine dem § 7 Abs. 2 Z. 2 LVwGG entsprechende Zuweisung an diesen Senat erfolgen müssen. In Ermangelung zwischenzeitiger Geschäftsverteilungsänderungen, welche eine Neuzuteilung anordnen würden, und von Hinweisen auf einen sonstigen Vertretungsfall hätte der Senat in der genannten Zusammensetzung auch über den Wiederaufnahmeantrag zu befinden gehabt.
15 Für die Aufteilung der von dem Verwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte "auf die Einzelrichter und Senate" gilt der Grundsatz der festen Geschäftsverteilung (Art. 135 Abs. 2 B-VG). Erkennt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (auf Grund einer dem § 7 Abs. 2 Z. 2 LVwGG widersprechenden Zuweisung) in einer nach der GV unrichtigen Senatsbesetzung, verstößt es gegen den Grundsatz der festen Geschäftsverteilung und bewirkt damit seine Unzuständigkeit (vgl. hiezu auch VwGH 26.4.2017, Ra 2016/19/0221).
16 Da sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Entscheidung in der Sache selbst nicht veranlasst sieht, war das angefochtene Erkenntnis aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013. Neben dem Pauschalbetrag für den Ersatz von Schriftsatzaufwand besteht keine Rechtsgrundlage für die Zuerkennung von Kosten aus dem Titel der Umsatzsteuer.
Wien, am 20. Dezember 2017
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