VwGH Ra 2017/01/0409

VwGHRa 2017/01/040930.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Fasching und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des S M in N, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Prager Straße 5/1/11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 25. Oktober 2017, Zl. LVwG-S-1495/001-2017, betreffend Übertretung des Pyrotechnikgesetzes 2010 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn), den Beschluss gefasst:

Normen

PyrotechnikG 2010 §28 Abs1;
PyrotechnikG 2010 §40 Abs1 Z3;
VStG §44a Z1;
VwGVG 2014 §50;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017010409.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 5. Juli 2016 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, am 1. Jänner 2016, 00.15 Uhr, an einem näher genannten Ort pyrotechnische Gegenstände der Kategorie 3 (59 Blitzknallkörper, 11 Römische Kerzen, 15 Raketen) "besessen und verwendet" zu haben, ohne die dafür erforderliche behördliche Bewilligung zu besitzen. Er habe dadurch § 28 Abs. 1 PyroTG 2010 verletzt, weshalb gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 leg. cit. eine Geldstrafe in Höhe von EUR 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt werde.

2 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht - mit der Maßgabe abgewiesen, dass in der Tatumschreibung die Wortfolge "und verwendet" entfalle. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen sei, dass der Revisionswerber die gegenständlichen pyrotechnischen Gegenstände zur Tatzeit nicht verwendet, sondern lediglich besessen habe.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Gemäß § 28 Abs. 1 PyroTG 2010 sind der Besitz und die Verwendung ua. pyrotechnischer Gegenstände der Kategorie F 3 nur aufgrund einer behördlichen Bewilligung erlaubt. Gemäß § 40 Z 3 leg. cit. ist die Missachtung dieser Bestimmung mit einer Geldstrafe bis zu EUR 3.600,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen. Pönalisiert ist demnach sowohl der "Besitz" als auch die "Verwendung" der genannten Gegenstände, sofern hiefür keine behördliche Bewilligung vorliegt.

7 Der Revisionswerber bestreitet den unerlaubten Besitz der erwähnten pyrotechnischen Gegenstände nicht.

8 In den Zulässigkeitsausführungen wird zunächst vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe das "Konkretisierungsgebot" des § 44a Z 1 VStG verletzt.

9 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

10 Eine nicht ausreichende Umschreibung der Tat im Sinne des § 44a Z 1 VStG berechtigt das Verwaltungsgericht nicht, das Straferkenntnis zu beheben. Es ist vielmehr verpflichtet, in der Sache selbst zu entscheiden und dabei die Tat in einer dem § 44a Z 1 VStG entsprechenden Weise zu präzisieren, darf aber dabei die Tat nicht auswechseln (vgl. VwGH 11.4.1984, 83/11/0024; vgl. auch VwGH 23.12.1991, 88/17/0010).

11 Ein unzulässiges Austauschen des Tatvorwurfs stellt nach den Grundsätzen der hg. Judikatur eine im Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. die Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts dar (vgl. VwGH 8.3.2017, Ra 2016/02/0226).

12 Indem das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall den Tatvorwurf auf das - ebenso wie das "Verwenden" - tatbestandsmäßige "Besitzen" von pyrotechnischen Gegenständen eingeschränkt hat, hat es gegen diese Grundsätze nicht verstoßen. Das Verwaltungsgericht hat den Tatvorwurf fallbezogen vielmehr in zulässiger Weise präzisiert.

13 In den Zulässigkeitsgründen wird weiters ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH 30.6.1994, 94/09/0049; 7.10.2013, 2013/17/0274) zum Kumulationsprinzip des § 22 Abs. 2 VStG behauptet; es sei unzulässiger Weise eine "Gesamtstrafe" verhängt worden.

14 Dem ist entgegen zu halten, dass den in der Revision angeführten Erkenntnissen Konstellationen zu Grunde lagen, in denen über einen Beschuldigten wegen des Vorwurfs, durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen zu haben (illegales Beschäftigen mehrerer Ausländer, Betreiben mehrerer Spielautomaten), entgegen der Vorschrift des § 22 Abs. 2 VStG nicht mehrere Strafen nebeneinander, sondern eine (einzige) "Gesamtstrafe" verhängt wurde. Diese Konstellation liegt gegenständlich aber nicht vor, zumal die Umstände des vorliegenden Einzelfalles klar erkennen lassen, dass dem Revisionswerber - ungeachtet der Formulierung ("besessen und verwendet") - unter Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Strafbescheides nicht mehrere selbstständige Tathandlungen angelastet wurden.

15 Demnach geht aber auch der in der Revision in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe durch Bestätigung einer "Gesamtstrafe" insofern gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen, ins Leere.

16 Ein Abweichen des Verwaltungsgerichts von der in der Revision genannten hg. Judikatur liegt nicht vor.

17 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. Jänner 2018

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