Normen
BesoldungsreformG 2015;
DienstrechtsNov 2015;
GehG 1956 §12 Abs5;
GehG 1956 §169c;
GehG 1956 §169d Abs6;
RStDG §211a Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017120105.L00
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber wurde am 1. März 2013 zum Richteramtsanwärter ernannt, wodurch erstmals ein öffentlichrechtliches Dienstverhältnis desselben zum Bund begründet wurde.
2 Aus diesem Anlass wurde mit Bescheid vom 9. August 2013 der Vorrückungsstichtag des Revisionswerbers festgestellt.
3 Mit Bescheid vom 5. April 2016 sprach der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz aus, dass dem Revisionswerber gemäß § 12 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), 1 Jahr 11 Monate und 16 Tage als für die Vorrückung wirksame Dienstzeit bei Ermittlung der Einstufung angerechnet werden.
4 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, in welcher er sich gegen die Nichtanrechnung der ersten fünf Monate seiner Gerichtspraxis, seines über neun Monate hinaus geleisteten Zivildienstes sowie näher genannter Praktika als Vordienstzeiten wendete.
5 Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das ihm mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30. Juni 2017, W128 2148285-1/2Z (Anmerkung: zur Rechtssache C-396/17 , Martin Leitner), vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen aus. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
6 Die Beantwortung der in dem genannten Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen sei für das vorliegende Beschwerdeverfahren präjudiziell, zumal auch dem vorliegenden Verfahren ein Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags bzw. Feststellung der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung zugrunde liege.
7 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sowie damit, dass keine Zweifel an der Präjudizialität der Vorlagefragen für das gegenständliche Verfahren stünden.
8 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Die vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde nahm in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand.
9 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit seiner Revision aus, dass dem vorliegenden Verfahren nicht wie vom Bundesverwaltungsgericht angenommen ein Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung zugrunde liege. Vielmehr betreffe der vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochtene Bescheid vom 5. April 2016 die Festsetzung seines Besoldungsdienstalters. Die im gegenständlichen Verfahren zu klärenden Rechtsfragen beträfen die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Bescheides, die Gleichheitswidrigkeit bei der Anrechnung des Gerichtspraktikums sowie des Zivildienstes und die Qualifizierung von Vordienstzeiten als "einschlägig" im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG. Die in dem zitierten Vorabentscheidungsersuchen aufgeworfenen Fragen an den Europäischen Gerichtshof seien für die gegenständlich zu treffende Entscheidung nicht relevant. Dort gehe es um Fragen der Altersdiskriminierung im Sinn der Richtlinie 2000/78/EG und die Überleitung in ein neues Besoldungssystem. Aus dem beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren könnten keine rechtlichen Schlüsse für das gegenständliche Verfahren gezogen werden. Es liege daher mangels Präjudizialität kein Anwendungsfall des § 38 AVG vor. Die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens stelle daher einen Verstoß gegen das Gesetz und die (im Einzelnen angeführte) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
10 Die Revision ist aus den aufgezeigten Gründen zulässig; sie auch berechtigt:
11 Da der Revisionswerber vor seiner Ernennung zum Richteramtsanwärter noch nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stand, hat er "noch nie ein Gehalt bezogen, für das sein Vorrückungsstichtag maßgebend war". Es ist daher die in § 211a Abs. 1 erster Satz RStDG verwiesene Bestimmung des § 169d Abs. 6 vorletzter und letzter Satz GehG maßgebend. Demnach hat eine pauschale Überleitung nach § 169c GehG zu unterbleiben und eine individuelle Überleitung unter Zugrundelegung von Neurecht zu erfolgen (vgl. VwGH 27.6.2017, Ra 2017/12/0042, Rz 24).
12 Wie der Revisionswerber - auch unter Beachtung des Vorgesagten - zutreffend ausführt, lag dem Beschwerdeverfahren kein Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags bzw. Feststellung der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung zugrunde, wie das Bundesverwaltungsgericht annahm, sondern eine (erstmalige) Festsetzung des Besoldungsdienstalters und die Beurteilung der voranzustellenden Zeiten. Dies hat ausschließlich im neuen System zu erfolgen, ohne dass Fragen des im Altsystem ermittelten Vorrückungsstichtages eine Rolle spielten (vgl. VwGH 13.9.2017, Ra 2017/12/0071, Rz 6). Die von den Vorlagefragen angesprochene Möglichkeit einer Altersdiskriminierung im Zusammenhang mit den "pauschal" nach § 169c GehG übergeleiteten Beamten stellt sich im vorliegenden Fall daher von vornherein nicht. Eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit der die "pauschale" Überleitung von Bestandsbeamten gemäß § 169c GehG regelnden Bestimmungen hätte demnach keine Auswirkung auf die vom Bundesverwaltungsgericht hier zu entscheidende erstmalige Festsetzung des Besoldungsdienstalters des Revisionswerbers auf Basis der auch für neu eintretende Beamten maßgeblichen Rechtslage.
13 Vor diesem Hintergrund gleicht der vorliegende Revisionsfall jenem, welcher dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2017/12/0119, zugrunde lag. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
14 Aus den in dem zitierten Erkenntnis dargelegten Gründen erweist sich auch die vorliegende Revision als zulässig und berechtigt. Der angefochtene Beschluss war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 20. Dezember 2017
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