Normen
AIDSG 1993 §5;
AIDSG 1993 §9 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVG §78 Abs1;
BVwAbgV 1983 §1 Abs1;
GeschlKrG §11 Abs2;
GeschlKrG §8;
Gesundheitliche Überwachung von Prostituierten 1974 §1;
Gesundheitliche Überwachung von Prostituierten 1974 §7;
StGB §178;
StGB §179;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin war in der Vergangenheit als Prostituierte tätig und hatte sich deshalb - jedenfalls am 14. Mai 2012, 21. Mai 2012, 20. Juni 2012, 16. Juni 2014 und 23. Juni 2014 - den (damals wöchentlichen) amtsärztlichen Untersuchungen im Sinne des § 11 Abs 2 des Geschlechtskrankheitengesetzes iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl Nr 314/1974, unterzogen. Dafür hatte die belangte Behörde jeweils eine "Gebühr" in Höhe von EUR 35,-- eingehoben.
2 Mit einem an die belangte Behörde gerichteten Schriftsatz vom 20. Juni 2014 beantragte die Revisionswerberin (anwaltlich vertreten) - neben weiteren Antragstellern - die Rückzahlung der von der belangten Behörde eingehobenen Beträge. In eventu (soweit es sich bei den eingehobenen Gebühren bzw Abgaben um solche handeln sollte, auf welche die BAO Anwendung finde) wurde die Rückzahlung dieser Beträge gemäß § 241 Abs 1 BAO beantragt; mit einem weiteren Eventualantrag wurde die "bescheidmäßige Festsetzung" der von der belangten Behörde bereits eingehobenen Gebühren beantragt. Schließlich wurden die Anträge im Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 um einen weiteren Eventualantrag (auf "bescheidmäßige Erledigung des Antrages") ergänzt.
3 Begründend wurde (zusammengefasst) Folgendes ausgeführt:
Mit einem Erlass der belangten Behörde (Abteilung Gesundheitswesen) vom 20. Mai 2010 sei die Vorschreibung von Verwaltungsgebühren für die Vorsorgeuntersuchung für Prostituierte verfügt und in weiterer Folge ein "Pauschalbetrag pro Untersuchung für Verwaltungsabgabe, Bundesgebühren und Kostenersatz mit EUR 35,-
-" festgesetzt worden. Dieser Betrag setze sich zusammen aus EUR 13,20 für die Ausstellung eines amtsärztlichen Zeugnisses nach § 14 TP 14 Abs 1 des Gebührengesetzes 1957 (iF auch: GG), EUR 2,10 für die Ausstellung einer wesentlich im Privatinteresse der Partei gelegenen Bescheinigung nach TP A Z 3 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 (iF auch: BVwAbgV) und EUR 19,70 für Amtssachaufwand. Diese Beträge seien von der belangten Behörde jeweils bar eingehoben und die Bezahlung mit Sammelrechnungen (adressiert an einen Verein, in dem die Revisionswerberin Mitglied sei) quittiert worden. Eine Rechtsgrundlage für die Einhebung der Gebühren bestehe nicht, weil die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, praktisch ausschließlich im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit vor übertragbaren Geschlechtskrankheiten liege und damit dem öffentlichen Interesse diene. Es sei daher der dafür erforderliche Personal- und Amtssachaufwand von der vollziehenden Behörde selbst zu tragen. Unzulässig sei es, gestützt auf § 78 Abs 1 erster Satz AVG den Betroffenen Bundesverwaltungsabgaben aufzuerlegen, zumal die betreffende Amtshandlung der Behörde (amtsärztliche Untersuchung) nicht wesentlich im Privatinteresse der betroffenen Prostituierten liege.
4 Mit Bescheid vom 5. November 2015 wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 13 Abs 3 AVG zurück. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die Antragsteller hätten dem mit Verfügung vom 16. Dezember 2014 erteilten Verbesserungsauftrag zur Vorlage der Gesundheitsbücher oder sonstiger Nachweise über die bezahlten Untersuchungen nicht Folge geleistet, weshalb die Anträge zurückzuweisen gewesen seien, zumal die Antragsteller auch ausdrücklich auf die Rechtsfolge der Zurückweisung bei ungenutztem Verstreichen der Frist hingewiesen worden seien.
5 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde mit dem Antrag, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid aufzuheben und dem Antrag auf Rückzahlung stattzugeben, in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu ihn aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Sachverhaltsfeststellung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
6 Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren schränkte die Revisionswerberin die Beschwerde um die Rückerstattung der festen Gebühren nach § 14 TP 14 Abs 1 GG ein, weil diesbezüglich eine Zuständigkeit des Finanzamts für Gebühren und Verkehrssteuern gegeben sei.
7 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis entschied das Verwaltungsgericht über die Beschwerde der Revisionswerberin betreffend die Rückzahlung der für die fünf genannten Untersuchungstage (14. Mai 2012, 21. Mai 2012, 20. Juni 2012, 16. Juni 2014 und 23. Juni 2014) geleisteten Beträge für Bundesverwaltungsabgaben und Amtssachaufwand: Der Antrag der Revisionswerberin auf Rückersatz von Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von EUR 10,50 wurde gemäß §§ 1 Abs 1 und 2 Abs 2 BVwAbgV iVm § 78 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen, der Antrag auf Rückersatz des geleisteten "Amtssachaufwands" in Höhe von "maximal EUR 98,50" wurde gemäß § 6 AVG wegen Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen. Unter einem wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig sei.
8 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen Folgendes aus: Die belangte Behörde habe für an Prostituierten vorgenommene amtsärztliche Untersuchungen wie die im Spruch genannten über Jahre hinweg eine Gebühr von jeweils EUR 35,-- eingehoben, die sich zunächst wie folgt zusammengesetzt habe:
EUR 13,20 (bzw in der Folge EUR 14,30) an festen Gebühren gemäß § 14 TP 14 Abs 1 GG für die Ausstellung eines Zeugnisses; EUR 2,10 Bundesverwaltungsabgabe gemäß Tarif A Z 3 BVwAbgV für die Ausstellung eines Zeugnisses; EUR 19,70 (bzw ab Erhöhung der festen Gebühren EUR 18,60) als "Amtssachaufwand". Auf Grund einer an die belangte Behörde erteilten schriftlichen Weisung vom 18. Juni 2014 seien die Beträge für Amtssachaufwand nicht mehr eingehoben worden, wobei dahingestellt bleiben könne, ob für die Untersuchung vom 23. Juni 2014 noch eine Einhebung erfolgt sei. Für die im Spruch genannten Untersuchungstermine könne höchstens ein Gesamtbetrag von EUR 98,50 an "Amtssachaufwand" angefallen sein.
9 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht einleitend aus, die Rechtsauffassung der belangten Behörde, die davon ausgegangen sei, es handle sich hinsichtlich der nicht erbrachten Nachweise für geleistete Untersuchungen um nicht verbesserte Formalmängel, sei insofern unzutreffend, als die Durchführung von Untersuchungen - ausgehend von einem entsprechend konkretisierten Antrag, wie er nunmehr (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) für die im Spruch genannten Untersuchungen vorliege - in welcher Form immer im Ermittlungsverfahren festzustellen sei. Die Revisionswerberin habe für die fünf konkret angeführten Tage nicht nur diese benannt, sondern auch Nachweise in Form von Gesundheitsbüchern vorgelegt, weshalb jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein ausreichend konkretisierter und ausreichend belegter, somit einer inhaltlichen Entscheidung zugänglicher Antrag vorgelegen sei. Da das Verwaltungsgericht die Angelegenheit zu entscheiden habe, die von der Behörde zu erledigen war bzw gewesen wäre, sei darüber auch materiell abzusprechen gewesen (Hinweis auf VwGH vom 12. Jänner 2016, Ra 2014/08/0028).
10 Der rechtlichen Beurteilung sei also zu Grunde zu legen, dass die Revisionswerberin für die fünf genannten Untersuchungen Bundesverwaltungsabgaben in Höhe von EUR 2,10 pro Untersuchung, insgesamt also EUR 10,50 gemäß Tarif A Z 3 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung für die Ausstellung eines Zeugnisses, entrichtet habe.
11 Gemäß § 78 Abs 1 AVG könnten den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegenden Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt sei. Das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben sei - abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen - nach Abs 2 des § 78 AVG durch Verordnung festzulegen, wobei die Abgaben mit festen Ansätzen, die nach objektiven Merkmalen abgestuft sein könnten, bis zum Höchstbetrag von EUR 1.090,-- im einzelnen Fall festzusetzen seien.
12 Nach § 1 Abs 1 der gestützt auf § 78 AVG erlassenen Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 seien von den Parteien für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten. Nach § 2 Abs 1 der zitierten Verordnung trete die Pflicht zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe in dem Zeitpunkt ein, in dem die Berechtigung rechtskräftig verliehen sei oder die Amtshandlung vorgenommen werde. Nach § 2 Abs 2 der zitierten Verordnung seien hierauf entrichtete Beträge zu erstatten, soweit eine Abgabenschuld nicht bestehe oder nachträglich weggefallen sei. Ergehe gemäß § 3 Abs 1 der zitierten Verordnung im Zusammenhang mit der Verleihung einer Berechtigung oder einer sonstigen Amtshandlung, für die eine Verwaltungsabgabe zu entrichten sei, ein Bescheid, sei die Vorschreibung der Verwaltungsabgabe in dessen Spruch aufzunehmen. Ansonsten sei die Verwaltungsabgabe durch einen abgesonderten Bescheid nach § 57 AVG vorzuschreiben.
13 Gemäß § 11 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz könne der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres Vorschriften über gesundheitliche Vorkehrungen und zur Überwachung jener Personen erlassen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen.
14 Nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen der auf dieser Basis erlassenen Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl Nr 591/1983 idF BGBl II Nr 198/2015 (iF auch: Geschlechtskrankheitenverordnung), führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es sei zu prüfen, ob es sich bei der Vornahme der in den genannten Bestimmungen näher bezeichneten Untersuchung, für die es eine Bestätigung iSd § 1 Abs 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung auszustellen galt, um eine wesentlich im Privatinteresse der Revisionswerberin liegende Amtshandlung handle oder um eine solche, für die dies nicht zutrifft. Nur im letzteren Fall wäre ein Rückerstattungsanspruch gegeben, weil nur dann davon auszugehen wäre, dass die Verwaltungsabgabenschuld im Sinne des § 2 Abs 2 BVwAbgV zu den Zeitpunkten der Durchführung der Untersuchungen nicht bestanden hätte.
15 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts liege die Durchführung der amtsärztlichen Untersuchungen nach der Geschlechtskrankheitenverordnung - entgegen der Meinung der mit dieser Frage bereits befassten Ministerien - wesentlich im privaten Interessen der Revisionswerberin: Hätte sie nämlich die wöchentlichen Untersuchungen nicht durchführen lassen, hätte sie bei sonstiger verwaltungsstrafrechtlicher Ahndung der Prostitution nicht nachgehen dürfen. Dass die - wohl ausschließlich zur Erzielung eines Einkommens vorgenommene - Prostitution im Wesentlichen im Privatinteresse der Revisionswerberin gelegen sei, liege auf der Hand. Dies müsse konsequenterweise auch für die vorgeschriebene Untersuchung gelten, ohne deren Vornahme die Revisionswerberin der Prostitution nicht rechtskonform nachgehen hätte können. An dieser Beurteilung ändere der Umstand nichts, dass die verpflichtende Durchführung periodischer Untersuchungen zur Hintanhaltung der Übertragung von Geschlechtskrankheiten naturgemäß (auch) im öffentlichen Interesse liege, weil der Hauptgrund der Untersuchung darin liege, der Revisionswerberin die Ausübung entgeltlicher sexueller Handlungen zu ermöglichen (Hinweis auf VwGH vom 28. Jänner 2014, 2002/04/0193, und vom 19. Dezember 2013, 2013/03/0125, in welchen Entscheidungen der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen eines wesentlichen Parteiinteresses auch bei - zusätzlichem - Bestand eines öffentlichen Interesses an der Vornahme einer Amtshandlung bejaht habe). Ausgehend davon habe der auf Rückerstattung der bezahlten Bundesverwaltungsabgaben gerichteten Beschwerde kein Erfolg beschieden sein können.
16 Zur beantragten Rückerstattung des "Amtssachaufwandes" führte das Verwaltungsgericht aus, mangels entsprechender Regelungen in verwaltungs(verfahrens)rechtlichen Bestimmungen fehle eine Rechtsgrundlage für einen Abspruch über dieses Rückersatzbegehren, weshalb insoweit keine behördliche und in der Folge verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit gegeben sei. Vielmehr unterfalle der Abspruch über einen solchen Rückersatzanspruch dem Art 137 B-VG, weshalb eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes vorliege (Verweis auf VfGH vom 6. Oktober 2010, A15/09, und VwGH vom 26. April 2005, 2003/06/0194). Eine auf Art 137 B-VG gestützte Klage sei dann zulässig, wenn eine Partei einen Anspruch geltend mache, über den nicht die ordentlichen Gerichte zu entscheiden hätten, weil er ausschließlich dem öffentlichen Recht zuzuordnen sei und über den auch nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde abzusprechen sei. Mangels Erkennbarkeit einer verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit, die es der Behörde gestatten würde, über den Anspruch auf Rückersatz eines für Amtssachaufwand eingehobenen Pauschalbetrages zu entscheiden, und mit Blick auf die Grundlage der Leistung der nunmehr zurückgeforderten Beträge ausschließlich im öffentlichen Recht, liege eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes iSd Art 137 B-VG vor. Von einer bloßen Verweisung der Revisionswerberin gemäß § 6 AVG an den Verfassungsgerichtshof sei Abstand zu nehmen gewesen, weil die Revisionswerberin auf ihrer Rechtsauffassung beharrte, dass die Rückforderung des Amtssachaufwands nicht dem Art 137 B-VG zu unterstellen sei, und damit auch eine Entscheidung verlangt habe.
17 Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die vor allem bedeutsame Rechtsfrage, wann eine Entscheidung im wesentlichen Interesse einer Partei liege, durch die zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs hinreichend und nicht widersprüchlich geklärt sei. Gleiches gelte für die Frage der verwaltungsbehördlichen Unzuständigkeit für dem Art 137 B-VG unterfallende Sachverhalte. Im Übrigen seien keine Rechtsfragen hervorgekommen, deren Untersuchung eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe.
18 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, vom Verwaltungsgericht gemeinsam mit den Verfahrensakten vorgelegte (außerordentliche) Revision.
19 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurückweisung, in eventu auf Abweisung der Revision erstattet.
20 Die Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung ua (zusammengefasst) geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der im Revisionsfall entscheidenden Frage, ob amtsärztliche Untersuchungen nach § 1 der Geschlechtskrankheitenverordnung, wie sie an der Revisionswerberin durchgeführt wurden, wesentlich im Privatinteresse der Betroffenen liegen und dafür iSd § 78 Abs 1 AVG und der BVwAbgV Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden dürfen; die vom Verwaltungsgericht ins Treffen geführte Judikatur sei - aus näher dargelegten Gründen - mit dem vorliegend zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar.
21 Die Revision ist aus dem dargelegten Grund zulässig. Sie ist auch - im Ergebnis - begründet.
22 Die Revisionswerberin hatte - wie auch die weiteren Antragstellerinnen - im verfahrenseinleitenden Sachantrag primär die Rückzahlung von durch die belangte Behörde anlässlich der Untersuchungen eingehobenen Beträgen beantragt; in eventu wurde die bescheidmäßige Erledigung bzw die bescheidmäßige Festsetzung der bereits eingehobenen Beträge beantragt. Mit dem behördlichen Bescheid vom 5. November 2011 war der (gesamte) Antrag gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen worden, weil die Antragsteller einem näher genannten Verbesserungsauftrag nicht Folge geleistet hätten.
23 Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht insofern inhaltlich über die Anträge entschieden, als der Antrag auf Rückzahlung der geleisteten Bundesverwaltungsabgaben abgewiesen und der Antrag auf Rückzahlung des Amtssachaufwands gemäß § 6 AVG wegen Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen wurde.
24 Mit dieser Entscheidung hat das Verwaltungsgericht die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten: Wenn die belangte Behörde - wie hier - einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (vgl VwGH vom 18. Dezember 2014, Ra 2014/07/0002, 0003, vom 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0152, vom 23. Juni 2015, Ra 2015/22/0040, vom 16. September 2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084, vom 12. Oktober 2015, Ra 2015/22/0115, vom 13. Oktober 2015, Ra 2015/03/0057, und vom 19. Oktober 2016, Ro 2016/12/0009; nichts anderes ist auch dem vom Verwaltungsgericht angesprochenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Jänner 2016, Ra 2014/08/0029, zu entnehmen).
25 Mit dem behördlichen Bescheid war der Antrag gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen worden. Über die dagegen erhobene Beschwerde hatte das Verwaltungsgericht zu entscheiden, wobei "Sache" des Beschwerdeverfahrens allein die Frage war, ob die Entscheidung der Behörde dem § 13 Abs 3 AVG entsprach, ob also der Sachantrag zu Recht - wegen eines trotz Aufforderung nicht verbesserten Mangels - zurückgewiesen wurde. Vor diesem Hintergrund durfte das Verwaltungsgericht weder inhaltlich über den Sachantrag entscheiden (durch Abweisung des die Bundesverwaltungsabgaben betreffenden Rückersatzantrags) noch erstmals - verneinend - über die sachliche Zuständigkeit der belangten Behörde absprechen (durch Zurückweisung des den "Amtssachaufwand" betreffenden Rückersatzantrags).
26 Durch Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens hat das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
27 Es erübrigt sich daher, auf das weitere Vorbringen der Revisionswerberin einzugehen.
28 Ergänzend wird für das fortgesetzte Verfahren auf Folgendes hingewiesen:
29 Das Verwaltungsgericht hat, wie dargestellt, die Auffassung vertreten, bei den in Rede stehenden amtsärztlichen Untersuchungen, für welche seitens der belangten Behörde "Gebühren" eingehoben wurden, habe es sich um wesentlich im Privatinteresse der Betroffenen liegende Amtshandlungen iSd § 78 Abs 1 AVG gehandelt, weshalb es zulässig gewesen sei, dafür Bundesverwaltungsabgaben einzuheben.
30 Demgegenüber steht die Revisionswerberin auf dem Standpunkt, diese Untersuchungen dienten ausschließlich öffentlichen Interessen. Es handle sich dabei um Amtshandlungen zum Vollzug des Geschlechtskrankheitengesetzes, das - ebensowenig wie seine Vorgängerbestimmungen - den Zweck habe, eine Berufsberechtigung (zur Ausübung der Prostitution) zu verleihen, sondern nur der Überwachung der "Volksgesundheit" und damit rein öffentlichen Interessen - an der Verhinderung der Ausbreitung und zumindest an der Kontrolle des Auftretens übertragbarer Geschlechtskrankheiten - diene. Es sei deshalb unzulässig, dafür gestützt auf § 78 AVG Verwaltungsabgaben einzuheben.
31 Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
32 Gemäß § 75 Abs 1 AVG sind, sofern sich aus den §§ 76 bis 78 AVG nicht anderes ergibt, die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.
Die Heranziehung der Beteiligten zu anderen als den in den §§ 76 bis 78 AVG vorgesehenen Leistungen, unter welchem Titel immer, ist unzulässig (§ 75 Abs 2 AVG).
Gemäß § 76 Abs 1 AVG hat dann, wenn der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen erwachsen, (sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind) die Partei dafür aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat.
33 § 78 AVG lautet auszugsweise:
"§ 78. (1) Den Parteien können in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. ...
(2) Für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben sind, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend, in denen die Abgaben mit festen Ansätzen, die nach objektiven Merkmalen abgestuft sein können, bis zum Höchstbetrag von 1 090 Euro im einzelnen Fall festzusetzen sind.
...
(4) Die Bundesverwaltungsabgaben sind von der in der Sache in erster Instanz zuständigen Behörde einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand dieser Behörde zu tragen hat.
(5) Die Art der Einhebung ist für die Bundesbehörden durch Verordnung der Bundesregierung, für die Behörden der Länder und Gemeinden durch Verordnung der Landesregierung zu regeln."
34 Gestützt auf § 78 AVG wurde die Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr 24/1983 (BVwAbgV), erlassen. Diese lautet (idF BGBl I Nr 5/2008) auszugsweise:
"I. Allgemeine Bestimmungen
§ 1. (1) Die Parteien haben für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, die von Behörden im Sinne des Art. VI Abs. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen oder infolge Säumnis einer solchen Behörde vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommen wurden, in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung - abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen - die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten.
...
§ 2. (1) Die Pflicht zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem die Berechtigung rechtskräftig verliehen ist oder die Amtshandlung vorgenommen wird.
(2) Soweit eine Verwaltungsabgabenschuld nicht besteht oder nachträglich weggefallen ist, sind hierauf entrichtete Beträge zu erstatten.
§ 3. (1) Ergeht im Zusammenhang mit der Verleihung einer Berechtigung oder mit einer sonstigen Amtshandlung, für die eine Verwaltungsabgabe zu entrichten ist, ein Bescheid nach § 56 oder § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950, so ist die Vorschreibung der Verwaltungsabgabe in dessen Spruch aufzunehmen. Dies gilt auch für Bescheide der Berufungsbehörden, wenn der Anlaß für die Entrichtung der Verwaltungsabgabe erst durch ihren Bescheid gegeben wird.
(2) Liegt der Fall des Abs. 1 nicht vor, so ist die Verwaltungsabgabe, wenn sie nicht ohne weiteres entrichtet wird, durch einen abgesonderten Bescheid nach § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 vorzuschreiben. Wird gegen einen solchen Bescheid Vorstellung erhoben und darauf ein neuer Bescheid gemäß § 56 erlassen, so richtet sich der Instanzenzug - unbeschadet der Bestimmungen des Art. 3 des Verwaltungsentlastungsgesetzes, BGBl. Nr. 277/1925, - nach den für die betreffende Angelegenheit geltenden Vorschriften. II. Ausmaß der Verwaltungsabgaben
§ 4. Für das Ausmaß der Verwaltungsabgaben ist der angeschlossene, einen Bestandteil dieser Verordnung bildende Tarif maßgebend.
...
III. Art der Einhebung der Verwaltungsabgaben bei den Bundesbehörden
§ 6. Die Verwaltungsabgaben sind bei den Bundesbehörden durch Barzahlung, durch Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomat- oder Kreditkarte oder durch andere bargeldlose elektronische
Zahlungsformen zu entrichten. ... Die Behörde hat die Höhe der
entrichteten Verwaltungsabgaben im bezughabenden Verwaltungsakt in nachprüfbarer Weise festzuhalten.
...
TARIF
über das Ausmaß der Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten
der Bundesverwaltung
A. Allgemeiner Teil
| Euro |
1. Bescheide, durch die auf Parteiansuchen eine Berechtigung verliehen oder eine Bewilligung erteilt oder eine Berechtigung oder Bewilligung verlängert wird, sofern die Amtshandlung nicht unter eine andere Tarifpost des besonderen Teiles dieses Tarifes fällt | 6,50 |
2. Sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung findet | 6,50 |
3. Ausstellung von Bescheinigungen, Legitimationen, Zeugnissen und sonstigen Bestätigungen (jedoch nicht auch von einfachen kanzleimäßigen Übernahmsbestätigungen, wie Präsentationsrubriken oder dergleichen), sofern die Amtshandlung wesentlich im Privatinteresse der Partei gelegen ist und nicht unter eine andere Tarifpost fällt | 2,10 |
..."
35 § 78 Abs 1 AVG erlaubt, den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben aufzuerlegen, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgelegt ist. Für die Höhe der Bundesverwaltungsabgabe ist gegebenenfalls der in der BVwAbgV enthaltene Tarif maßgeblich.
36 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Beurteilung der Frage, ob und allenfalls in wessen Privatinteresse eine Amtshandlung lag, die einzelne Amtshandlung nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang jenes Verfahrens zu sehen, dessen Teil sie bildet. Dabei ist auf das jeweilige Verfahrensziel abzustellen (vgl VwGH vom 28. Jänner 2004, 2002/04/0193, mwN). In dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Beschwerdefall war zu beurteilen, ob ein Zuverlässigkeitsprüfungsverfahren nach § 255 GewO 1994 wesentlich im Privatinteresse der Parteien liegt, was es rechtfertige, für die von der Behörde vorgenommene Zuverlässigkeitsprüfung iSd § 78 Abs 1 AVG iVm § 1 BVwAbgV Bundesverwaltungsabgaben vorzuschreiben. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Frage unter Hinweis darauf bejaht, dass das Verfahrensziel der Zuverlässigkeitsprüfung in der Einhaltung der Verpflichtung des § 255 Abs 1 GewO 1994 liegt, wonach Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Bewachungsgewerbes berechtigt sind, zur Ausübung der Tätigkeiten dieses Gewerbes nur Arbeitnehmer verwenden dürfen, die ua die für diese Verwendung erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Das Tätigwerden der Sicherheitsbehörde im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung liegt daher im überwiegenden Privatinteresse des Gewerbetreibenden, weil sie Voraussetzung dafür ist, dass er die Einhaltung der ihn treffenden Verpflichtung des § 255 Abs 1 GewO 1994 mit Hilfe der Sicherheitsbehörde erfüllen kann. An dieser Beurteilung ändere nichts, dass die Zuverlässigkeitsüberprüfung auch im öffentlichen Interesse liegt.
37 Die in Rede stehenden amtsärztlichen Untersuchungen dienten unmittelbar der Erfüllung der die Revisionswerberin, die als Prostituierte tätig war, nach § 1 der Geschlechtskrankheitenverordnung, BGBl Nr 314/1974, treffenden Pflichten: Danach haben Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, sich vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von (bezogen auf den im Revisionsfall maßgeblichen Zeitraum) einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.
Der betreffenden Person ist, wenn sie bei der erstmaligen Untersuchung frei von Geschlechtskrankheiten befunden wird, von der Bezirksverwaltungsbehörde ein mit einem Lichtbild versehener Ausweis auszustellen (§ 2 der genannten Verordnung), in dem die erfolgte Vornahme der weiteren Untersuchungen gegebenenfalls zu bestätigen ist (§ 3 leg cit). Der Ausweis ist von der Behörde einzuziehen, wenn die betreffende Person anlässlich der Untersuchung als erkrankt befunden wird (§ 4 leg cit).
§ 5 leg cit verpflichtet Prostituierte, den Ausweis bei Ausübung ihrer Tätigkeit bei sich zu führen und den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde und des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.
§ 7 leg cit bestimmt, dass Personen, die den Bestimmungen dieser Verordnung zuwider handeln, nach § 12 Abs 2 des Geschlechtskrankheitengesetzes (StGBl Nr 152/1945 idF BGBl I Nr 98/2001) zu bestrafen sind.
38 Dieses Gesetz, das in seinem § 11 Abs 2 den Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres zur Erlassung von Vorschriften über gesundheitliche Vorkehrungen und zur Überwachung jener Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, ermächtigt und damit die Basis für die eben genannte Verordnung bildet, normiert in § 2 eine allgemeine Behandlungspflicht für Geschlechtskranke: Die betreffende Person ist verpflichtet, sich während der Dauer der Übertragbarkeit der Krankheit einer Behandlung durch einen Arzt zu unterziehen (Abs 1) und gegebenenfalls der Sanitätsbehörde einen Behandlungsnachweis zu erbringen.
Der untersuchende bzw behandelnde Arzt ist nach § 8 leg cit zu einer eingehenden persönlichen Aufklärung und Beratung, insbesondere über die Infektionsmöglichkeiten sowie über die Verhaltensregeln zur Vermeidung einer solchen Infektion, verpflichtet.
39 Vergleichbare Verpflichtungen werden auch durch das AIDS-Gesetz 1993, BGBl Nr 728/1993 idF BGBl I Nr 98/2001, auferlegt:
Gemäß § 4 Abs 1 leg cit ist es Personen, bei denen eine Infektion mit einem HIV nachgewiesen wurde oder das Ergebnis einer Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion nicht eindeutig negativ ist, verboten, die Prostitution auszuüben. Eine Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion ist vor der Aufnahme einer solchen Tätigkeit und danach periodisch mindestens in dreimonatlichen Abständen vorzunehmen (Abs 2).
Der Ausweis nach § 2 der Geschlechtskrankheitenverordnung ist von der Bezirksverwaltungsbehörde auch dann nicht auszustellen bzw einzuziehen, wenn eine HIV-Infektion vorliegt, wenn das Ergebnis der Untersuchung nach § 4 Abs 2 AIDS-Gesetz nicht eindeutig negativ ist oder wenn eine solche Untersuchung verweigert wird (§ 4 Abs 3 AIDS-Gesetz).
§ 5 AIDS-Gesetz verpflichtet den untersuchenden Arzt, bei Nachweis einer HIV-Infektion dies der betreffenden Person im Rahmen einer eingehenden persönlichen Aufklärung und Beratung mitzuteilen (Abs 1), und sie über die Arten der Infektionsmöglichkeiten sowie über die Verhaltensregeln zur Vermeidung einer solchen Infektion zu belehren (Abs 2).
Nach § 9 Abs 1 AIDS-Gesetz begeht (sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet) eine Verwaltungsübertretung, wer entgegen § 4 Abs 1 leg cit gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper duldet oder solche Handlungen an anderen vornimmt (Z 1) oder wer gewerbsmäßig solche Handlungen vornimmt, ohne sich der nach § 4 Abs 2 leg cit erforderlichen Untersuchung unterzogen zu haben (Z 2).
40 Hinzuweisen ist zudem auf die Strafbestimmungen nach §§ 178 und 179 StGB: Danach ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wer (vorsätzlich) eine Handlung begeht, die geeignet ist, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen, wenn die Krankheit ihrer Art nach zu den wenn auch nur beschränkt anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört; im Fall der fahrlässigen Begehung besteht diesfalls eine Strafdrohung von Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen.
41 Mit der Vornahme der in Rede stehenden Untersuchungen erfüllte die Revisionswerberin also eine eigene, sie nach § 1 der Geschlechtskrankheitenverordnung treffende Verpflichtung, ohne deren Erfüllung sie der Gefahr strafgerichtlicher bzw verwaltungsbehördlicher Verfolgung ausgesetzt wäre; die (regelmäßige) Durchführung dieser Untersuchungen bildete eine Voraussetzung dafür, (rechtskonform) ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen zu können.
42 Durch die Untersuchung sollen gegebenenfalls übertragbare Geschlechtskrankheiten festgestellt und ihre weitere Übertragung vermieden werden. Der untersuchende Arzt ist zur eingehenden persönlichen Aufklärung und Beratung, insbesondere über Infektionsmöglichkeiten und Maßnahmen zu deren Vermeidung, verpflichtet (vgl § 8 Geschlechtskrankheitengesetz und § 5 AIDS-Gesetz).
43 Vor dem genannten Hintergrund trifft die Auffassung der Revisionswerberin, die Amtshandlung (amtsärztliche Untersuchung) diene nur öffentlichen Interessen, nicht zu. Vielmehr lag die Vornahme der genannten Untersuchungen aus den oben dargelegten Gründen wie vom Verwaltungsgericht insofern zutreffend erkannt (jedenfalls auch) im wesentlichen Privatinteresse der Revisionswerberin.
44 Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
45 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 1. September 2017
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