VwGH Ra 2016/02/0015

VwGHRa 2016/02/001514.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Mag. Dr. Köller, sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des W in G, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 20. November 2015, Zl. LVwG-1-468/R7-2015-6, betreffend Übertretung des Vorarlberger Wettengesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
VStG §2 Abs2;
VStG §22;
VStG §24;
VStG §27 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwGVG 2014 §38;
VwRallg;
WettenG Vlbg 2003 §15 Abs1 litb;
WettenG Vlbg 2003 §3 Abs6;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016020015.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 15. Juni 2015 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "C GmbH" mit Firmensitz in G als Bewilligungsinhaberin für die Tätigkeit eines Wettunternehmens ohne Wetterminals an bestimmten Betriebsstätten in Vorarlberg für schuldig erkannt, er habe zu verantworten, dass die Bescheidauflage I.3. des im Straferkenntnis angeführten Bewilligungsbescheides des Amtes der Vorarlberger Landesregierung über die Bewilligung der genannten Gesellschaft zur Ausübung der Tätigkeit eines Wettunternehmers missachtet worden sei, weil der Behörde die Hinzunahme eines Geschäftsführers nicht unverzüglich angezeigt worden sei. Anlässlich einer Zuverlässigkeitsprüfung sei festgestellt worden, dass das Unternehmen von einer im Straferkenntnis namentlich näher genannten Person seit dem 25. August 2014 als Geschäftsführer vertreten werde. Über den Revisionswerber wurde wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 lit. b iVm § 3 Abs. 6 Vorarlberger Wettengesetz iVm Auflagenpunkt I.3. des Bewilligungsbescheides des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 18. Oktober 2012 eine Geldstrafe samt Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und dieser zum Kostenersatz im Verwaltungsstrafverfahren verpflichtet; als Tatort wurde im Straferkenntnis "G, VStr. 9, C GmbH", als Tatzeit "25.08.2014, 8.2.2015" angeführt.

2 Mit Erkenntnis vom 20. November 2015 gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der Beschwerde des Revisionswerbers gegen dieses Straferkenntnis keine Folge, verpflichtete den Revisionswerber zum Kostenersatz im Beschwerdeverfahren und erklärte die ordentliche Revision für unzulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, dieses unter Kostenzuspruch aufzuheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen, in eventu, das angefochtene Erkenntnis unter Kostenzuspruch aufzuheben und die Sache zum Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig abzuweisen; der Revisionswerber erstattete eine Replik.

 

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die Revision ist zulässig und auch begründet. 6 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung

seiner Revision unter anderem geltend, das Verwaltungsgericht sei insofern von der (näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, als es die fehlerhafte Angabe des Tatorts im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist richtig gestellt habe, bzw. nach Ablauf derselben das Straferkenntnis nicht aufgehoben und das Verfahren eingestellt habe.

7 Bereits dieses Vorbringen führt die Revision zum Erfolg:

8 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist bei der Prüfung der Frage, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen, stets auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen (vgl. z.B. VwGH vom 17. Oktober 2012, 2010/08/0012, mwN).

9 Der vorliegenden Bestrafung liegt der Tatvorwurf zu Grunde, der Revisionswerber habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer des bezeichneten Wettunternehmens zu verantworten, dass entgegen der Bescheidauflage I.3. des Bewilligungsbescheides des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 18. Oktober 2012 der Behörde die Hinzunahme eines Geschäftsführers nicht unverzüglich angezeigt worden sei. Tatbildlich ist somit die Unterlassung der unverzüglichen Anzeige der Hinzunahme eines Geschäftsführers gemäß der genannten Bescheidauflage.

10 Entscheidend für die Erfüllung der gegenständlichen Anzeigeverpflichtung wäre gewesen, dass die entsprechende Anzeige bei jener Behörde, welche den Bewilligungsbescheid erlassen hat - im vorliegenden Fall dem Amt der Vorarlberger Landesregierung - eingelangt wäre. Erfüllungsort für diese Verpflichtung ist demnach der Sitz dieser Behörde, der damit der Tatort der Unterlassung einer ("unverzüglichen") Anzeige ist (vgl. zur Frage des Tatortes bei Verstößen gegen Melde- und Anzeigepflichten z.B. VwGH vom 18. Dezember 2012, Zl. 2011/07/0171, mwN).

11 Im vorliegenden Fall wurde - entgegen der hg. Rechtsprechung zur Frage des Tatortes bei Verstößen gegen eine Anzeigepflicht - dem Revisionswerber die in Rede stehende Verwaltungsübertretung in dem mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz am Tatort "G, VStr. 9, C GmbH" (zum Tatzeitpunkt "25.08.2014, 8.2.2015") vorgeworfen.

12 Dadurch, dass das Verwaltungsgericht den Tatort nicht vom - von der Strafbehörde rechtsirrig als Tatort herangezogenen - Firmensitz auf den Sitz der Behörde abänderte, bei welcher die Anzeige zu erstatten gewesen wäre (nämlich dem Amt der Vorarlberger Landesregierung), belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

13 Im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen zur Frage des Eintritts der Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:

14 Wenn der Revisionswerber vorbringt, im gegenständlichen Fall sei die Tatzeit unrichtig angelastet worden, weil nicht nachvollziehbar sei, "ob dem Revisionswerber der 25.08.2014 und/oder der 08.02.2015 als Tatzeitpunkt, oder gar ein Tatzeitraum vom 25.08.2014 bis zum 08.02.2015 vorgeworfen wurde", so ist dazu festzuhalten, dass es sich beim gegenständlichen Delikt der unterlassenen Anzeige eines weiteren Geschäftsführers gemäß § 15 Abs. 1 lit. b iVm § 3 Abs. 6

Vorarlberger Wettengesetz iVm Auflagenpunkt I.3. des Bewilligungsbescheides des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 18. Oktober 2012 um ein Dauerdelikt handelt (vgl. z.B. VwGH vom 17. Dezember 1999, 98/02/0078, oder vom 29. September 2000, 98/02/0449). Bei Dauerdelikten sind Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen (z.B. VwGH vom 10. Juli 1998, 97/02/0528); die Verjährungsfrist beginnt von dem Zeitpunkt an zu laufen, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (z.B. VwGH vom 29. Juni 1995, 94/07/0181).

15 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - ungeachtet des Umstands, dass das Fehlen der essentiellen Tatumstände im Spruch durch die Begründung nicht ersetzt werden kann - die Begründung zur Auslegung eines unklaren Spruches heranzuziehen; auf die Bescheidbegründung (hier: auf die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses) kann daher zur Deutung des Spruches zurückgegriffen werden (vgl. dazu VwGH vom 29. Oktober 2015, Ra 2015/07/0097, mwN).

16 Im vorliegenden Fall findet sich in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses eine genaue Umschreibung eines Tatzeitraumes ("25.08.2014 bis einschließlich 08.02.2015"), woraus sich ohne Zweifel ergibt, dass nach der Feststellung des Verwaltungsgerichtes das strafbare Verhalten bis einschließlich 8. Februar 2015 angedauert hat. Im Hinblick darauf, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung bei Vorliegen eines Dauerdeliktes die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt an zu laufen beginnt, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat, war jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses die Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG noch nicht abgelaufen.

17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 14. Februar 2017

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