VwGH Ro 2015/07/0005

VwGHRo 2015/07/000530.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Zusammenlegungsgemeinschaft S in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Grohmann, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 20. Mai 2014, Zl. LVwG-AV-427/006-2014, betreffend Zusammenlegungsverfahren S (mitbeteiligte Partei: Ing. K in A, vertreten durch die Proksch & Fritsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Nibelungengasse 11; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
VwGVG 2014 §28;

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Schreiben des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Juli 2011 wurde die belangte Behörde im Zusammenlegungsverfahren S beauftragt, die Problematik der Neuerlassung der Zusammenlegungsplans der mitbeteiligten Partei wie folgt zu lösen:

"2. Befund

Der NÖ Landesagrarsenat beschloss in seiner Sitzung vom 28. Juni 2011, die NÖ Agrarbezirksbehörde möge einen ergänzenden Plan der Gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen in der Form erlassen, dass eine Anschüttung auf Neugrundstück 1941, KG S, die Bonität soweit verbessert, dass durch die Vergrößerung der rübenfähigen Anbaufläche ein gesetzmäßiger Zusammenlegungsplan erlassen werden kann.

In der Folge bewertete die NÖ Agrarbezirksbehörde am 3. 10.2011 und am 6. 10.2011 das Grundstück 1941 neu, indem abschnittsweise Bodenproben mit dem Erdbohrer gezogen wurden. Die Erhebung ergab ein relativ einheitliches Bild mit überwiegend stark sandigem Lehm im Oberboden und teils ebensolchem, stellenweise leicht schottrigem Unterboden. Grundsätzlich ging die Agrarbehörde davon aus, dass die Ackerfläche die Standortansprüche der Zuckerrübe hinsichtlich Gründigkeit und Bodenart trotz etwas hohem Sandanteil weitgehend erfüllt, solange durch entsprechende Düngung und Bodenbearbeitung eine ausreichende Wasser- und Nährstoffversorgung sichergestellt ist. Im nordöstlichen Teil des Grundstücks im Randbereich eines Böschungsfußes erschien es dem landwirtschaftlichen Gutachter sinnvoll, durch Aufschüttung von Erdreich den Boden auf einer Fläche von ca. 800 m2 zu verbessern, da in diesem Bereich ein Mangel an humosem Oberboden festgestellt wurde. Im bekämpften Bescheid wurde diese Fläche dargestellt und eine Schüttung von ca. 25 cm angeordnet.

3. Gutachten

Der neuerlichen Bewertung im Oktober 2011 steht der rechtskräftige Bewertungsplan entgegen.

Flächenausdehnung der Bodenverbesserung

Die nunmehr erhobene Fläche schlechterer Qualität stimmt teilweise nicht mit den im rechtskräftigen Bewertungsplan dargestellten Flächen der 6. und 7. Klasse überein, die sich zum Teil zwar an ungefähr gleicher Stelle befinden, aber über zwei voneinander getrennte Flächen von insgesamt 2578 m2 statt 800 m2 erstrecken. Da im rechtskräftigen Mustergrundverzeichnis die Klassen 6 und 7 als ‚nicht rübenfähig' bezeichnet wurden, müssten diese Flächen durch eine gemeinsame Maßnahme verbessert werden, um das ganze Grundstück ‚rübenfähig'zu machen.

Der Plan der Gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, 7. Teilplan, sieht nun die Aufschüttung auf den ca. 800 m2 laut Skizze vor. Eine Aufschüttung an dieser Stelle würde jedoch die Flächen mit 6. und 7. Klasse nur zu einem Drittel der Fläche verbessern.

Die Höhe der Aufschüttung

Die Höhe der Aufschüttung kann, um die Kosten möglichst gering zu halten, vorerst mit ca. 15 cm angenommen werden. Danach müsste eine Nachbonitierung durchgeführt werden, auf Grund der Aussagen über weitere fällige Maßnahmen getroffen werden können.

...

5. Zusammenfassung

Um das gesamte Grundstück 1941, KG S, als rübenfähig einstufen zu können, müssten die Flächen, die im rechtskräftigen Bewertungsplan mit 6. und 7. Klasse bewertet wurden, durch eine Aufschüttung von Erdreich guter Qualität verbessert werden. Der bekämpfte Bescheid sieht zwar eine Aufschüttung vor, die zu verbessernde Fläche stimmt jedoch nicht mit der ursprünglichen rechtskräftigen Bewertung nicht ausreichend überein."

8 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 20. Mai 2014 wurde in Spruchpunkt 1. der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. In Spruchpunkt 2. wurde eine ordentliche Revision gegen diesen Beschluss für zulässig erklärt.

9 In der Begründung dieses Beschlusses führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aus, dass der mitbeteiligten Partei bis dato keine gesetzmäßige Grundabfindung zugeteilt habe werden können. Mehrere Versuche, dies durch Umverteilungen zu erreichen, seien im Wesentlichen letztendlich an den verschiedenen, dem Rechtsbestand angehörenden Methoden bei der Berechnung der Rübenfähigkeit der Böden im Alt- sowie im Neustand gescheitert. Somit verbleibe schlussendlich als letzte Möglichkeit zur Lösung des Problems die Verbesserung vorhandener Abfindungsgrundstücke der mitbeteiligten Partei, was durch den nunmehr von der belangten Behörde erlassenen Bescheid erreicht werden sollte.

10 Durch das dem Rechtsbestand angehörende Erkenntnis des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 3. März 1982 sei es nicht erforderlich, die Gesamtfläche des betreffenden Abfindungsgrundstückes rübenfähig zu machen; vielmehr reiche zur Erzielung eines gesetzmäßigen Zusammenlegungsplans die Mehrzuteilung einer für den Rübenanbau günstig ausgeformten zusammenhängenden Fläche zwischen 2 und 3,5 ha. Dies sei Ausfluss der Einbeziehung einer größeren Teilfläche eines Abfindungsgrundstückes der mitbeteiligten Partei in die Bilanz "rübenfähige Flächen neu". Begründet würde das Abgehen von der Wertung nur ganzer Abfindungsgrundstücke als rübenfähig oder nichtrübenfähig mit der doch etwas kleinlichen Ermittlungsmethode der betreffenden Flächen im Altstand, wo jeweils rübenfähige Flächen von Grundstücken ab 20 ar aufsummiert in die Bilanz miteinbezogen würden. Andernfalls hätten die beiden Bewertungskriterien de facto zur Vernichtung von rübenfähigem Boden im Neustand geführt.

11 Wie die mitbeteiligte Partei selbst erkenne, habe die belangte Behörde als Ausgangsbasis für die Verbesserung des Abfindungsgrundstückes 1941 nicht das Ergebnis des rechtskräftigen Bewertungsplanes verwendet; vielmehr seien Bodenproben gezogen worden, die teilweise zu anderen Resultaten führten. Auf dieser Basis sei schlussendlich die Örtlichkeit der Humusaufbringung bestimmt worden.

12 Allerdings fehle für diese Vorgangsweise eine rechtliche Grundlage. Nachbewertungen könnten nur dann bescheidmäßig verarbeitet werden, wenn Ertragswertänderungen durch die Umsetzung gemeinsamer Maßnahmen oder Anlagen verursacht würden. Auch die Voraussetzungen für eine Neubewertung lägen nicht vor.

13 Für den vorliegenden Fall bedeute dies, dass, ausgehend vom Ergebnis des rechtskräftigen Bewertungsplans, ein neuerlicher Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen erforderlich sei. Dabei werde zusätzlich zu beachten sein, dass den Erfordernissen des oben erwähnten Erkenntnisses des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft Rechnung getragen werde und durch die Humusaufbringung eine Teilfläche des Abfindungsgrundstückes 1941 im Ausmaß zwischen 2 und 3,5 ha Rübenanbaufähigkeit erlange. Diese Teilfläche müsse weiters von ihrer Ausformung her für den Rübenanbau geeignet sein.

14 In weiterer Folge werde nach Umsetzung dieses Teilplans eine Nachbewertung durchzuführen sein, welche den geänderten Ertragswert der von dieser gemeinsamen Maßnahme betroffenen Teilfläche des Abfindungsgrundstücks zu verarbeiten habe. Letztendlich müsse auf diesem Grundstück ein entsprechendes Ausmaß an den laut Mustergrundverzeichnis rübenfähigen Klassen 1 bis 4 erreicht werden. Erst damit könne die Erlassung eines gesetzmäßigen Zusammenlegungsplans ermöglicht werden.

15 Wenngleich das Verwaltungsgericht nach Art. 130 Abs. 4 B-VG bzw. § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden habe, gelte dies bei Ergänzungsbedürftigkeit des Ermittlungsverfahrens nicht schlechthin. Vielmehr bestehe in derartigen Fällen aufgrund der genannten Bestimmungen in Zusammenschau mit § 28 Abs. 3 VwGVG eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zu einer solchen Ergänzung und einer darauf folgenden Sachentscheidung nur dann, wenn dies im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden sei, also das Verfahren insgesamt schneller oder kostengünstiger zu einem Abschluss gebracht werden könne. Davon könne jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn die belangte Behörde wie im vorliegenden Fall nicht auf dem Ergebnis des rechtskräftigen Bewertungsplans aufbaue und zusätzlich Sachverhaltsermittlungen erforderlich seien, die klären sollten, ob die beabsichtigte Vorgangsweise zur Erzielung eines gesetzmäßigen Zusammenlegungsplans in der oben angesprochenen Form umsetzbar sei. In derartigen Fällen bestehe keine Verpflichtung des Gerichts zur Sachentscheidung und es könne sich auf eine Behebung und Zurückverweisung der Sache zurückziehen.

16 Untermauert werde dies durch das Wesen der Verwaltungsgerichte als zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit, nicht jedoch zur Führung der Verwaltung berufene Einrichtungen. Mit diesem sei es nämlich - nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt der Gewaltentrennung - unvereinbar, dass es sich beim Verwaltungsgericht um jene Behörde handle, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt - wenn auch nur in einem Teilaspekt - ermittle und einer Beurteilung unterziehe. Demgemäß statuiere die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 in Angelegenheiten der Bodenreform ein eingliedriges Administrativverfahren mit nachgeordneter Kontrolle durch Verwaltungsgerichte und schließlich durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, wobei es der Verwaltungsbehörde - im gegenständlichen Fall also der belangten Behörde - zukomme, den gesamten für die Entscheidung relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Dieses System würde aber völlig unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens bei der belangten Behörde zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens - wenn auch nur zu einem wesentlichen Teilaspekt wie im gegenständlichen Fall der Möglichkeit der Zuteilung einer gesetzmäßigen Grundabfindung - vor das Verwaltungsgericht käme und die Einrichtung der Administrativinstanz damit zur "bloßen Formsache" würde. Hinzu trete der Umstand, dass sowohl die belangte Behörde einschließlich ihrer Amtssachverständigen als auch die anderen Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - im Gegensatz zum Verwaltungsgericht - mit den örtlichen Gegebenheiten und der Sache vertraut und in der Regel ständig vor Ort seien.

17 Demnach ließen sich die erforderlichen Ermittlungsschritte durch die belangte Behörde nicht nur schneller sondern auch kostengünstiger durchführen, als dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen der Fall wäre.

18 Aufgrund der Behebung des bekämpften Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde erübrige sich ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeargumente.

19 Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Landesverwaltungsgericht wie folgt:

"Zur Zulassung der ordentlichen Revision ist zu bemerken, dass zur Anwendung der Kassationsregeln im § 28 VwGVG noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vorliegt. Gerade die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte war im Zuge der Entstehungsgeschichte dieser Gesetzesbestimmung Gegenstand intensiver Diskussionen (vgl. dazu die bei Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, zitierte Literatur zu § 28) und stellt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar. Aus diesem Grund war die ordentliche Revision zuzulassen."

20 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

21 Die revisionswerbende Partei begründet die Zulässigkeit der Revision unter einem weiteren Aspekt und führt dazu aus:

"Darüber hinaus fehlt eine Rechtsprechung zur Frage der Wirksamkeit der Rechtskraft eines Bewertungsplanes gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen in der Natur, wenn der Bewertungsplan vor mehr als 37(!) Jahren erlassen wurde bzw. zur Frage, ob die seinerzeit getroffenen Feststellungen ohne Berücksichtigung nachträglicher nicht in Rechtskraft erwachsener Nachbewertungen taugliche Basis für die Anordnung einer gemeinsamen Maßnahme gemäß § 13 Abs. 1 NÖ FLG sein können."

22 Die mitbeteiligte Partei erstattet eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, der Revision unter Zuspruch von Kostenersatz "den Erfolg zu versagen".

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

23 Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

24 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

25 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden.

26 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Februar 2015, Ro 2014/07/0092, mwN).

27 Unter diesem Aspekt erweist sich die Revision als zulässig und begründet. Zur vom Landesverwaltungsgericht formulierten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung betreffend die "Anwendung der Kassationsregeln in § 28 VwGVG" ist zwar seit Erlassung des angefochtenen Beschlusses vom 20. Mai 2014 Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergangen. Von dieser Judikatur weicht das Landesverwaltungsgericht in seinem angefochtenen Beschluss vom 20. Mai 2014 jedoch ab.

28 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt seit seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu § 28 VwGVG - unter Hinweis auf die einschlägigen Gesetzesmaterialien - die Auffassung, dass in dieser Bestimmung ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert ist, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2016, Ra 2015/01/0123, mwN).

29 Selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, können die Zurückverweisung nicht rechtfertigen, wenn brauchbare allenfalls in der Verhandlung zu ergänzende Ermittlungsergebnisse vorliegen. Auch die Notwendigkeit der Einholung eines (weiteren) Gutachtens sowie die erforderliche Durchführung von Vernehmungen rechtfertigen im Allgemeinen nicht die Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2017, Ro 2014/08/0082).

30 Im vorliegenden Revisionsfall hatte das Landesverwaltungsgericht bereits die nichtamtliche Sachverständige DI V. bestellt. Diese führt in ihrem Gutachten aus, dass sich die im Bescheid der belangten Behörde zur Verbesserung dargestellten Flächen nicht mit denen bei Feststellung anhand des rechtskräftigen Bewertungsplanes deckten. Diese Feststellung war nur möglich, weil - wie die revisionswerbende Partei zutreffend ausführt - die nichtamtliche Sachverständige eine eigene Erhebung des Verbesserungsbedarfes aufgrund planlicher Unterlagen vorgenommen hat. Das Landesverwaltungsgericht hält ausgehend vom Ergebnis des rechtskräftigen Bewertungsplanes einen neuerlichen Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen für erforderlich. Dabei werde zusätzlich zu beachten sein, dass den Erfordernissen des Erkenntnisses des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 3. März 1982 Rechnung getragen werde und durch die Humusaufbringung eine Teilfläche des Abfindungsgrundstückes 1941 im Ausmaß zwischen 2 und 3,5 ha Rübenanbaufähigkeit erlange. Diese Teilfläche müsse weiters von ihrer Ausformung her für den Rübenanbau geeignet sein. Die Ermittlung einer derartigen Fläche durch die nichtamtliche Sachverständige wäre im Beschwerdeverfahren leicht möglich gewesen. Eine solche Ergänzung des Gutachtens der nichtamtlichen Sachverständigen rechtfertigt keinesfalls die Behebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG.

31 Bestätigt wird dies durch eine ergänzende Stellungnahme des Landesverwaltungsgerichtes anlässlich der Vorlage der ordentlichen Revision. Dort wird die Behebung und Zurückverweisung mit der Beantwortung der Frage gerechtfertigt, "ob eine einfache Schüttung bei den vorhandenen Neigungsverhältnissen nachhaltig sein kann, oder ob eine Verbindung mit dem Unterboden und somit eine dauerhafte Auswirkung der Verbesserung zusätzlich Schubarbeiten zur Verminderung von Gefällsverhältnissen in Teilbereichen des Grundstücks erfordert, wodurch erst die erforderliche Verbindung von Schüttmaterial und vorhandenem Boden ermöglicht wird. Andernfalls könnte bei zu großem Gefälle das neu aufzubringende Material wieder abgeschwemmt werden. Eine völlige Abwälzung dieser erstmalig vorzunehmenden Sachverhaltsermittlungen auf das Landesverwaltungsgericht scheint nicht zulässig zu sein."

32 Gerade ein solches Vorbringen vermag im Lichte der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Behebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde unter keinen Umständen zu rechtfertigen. Diese ergänzenden Sachverhaltsermittlungen wären von der bereits bestellten nichtamtlichen Sachverständigen DI V. im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht vorzunehmen und einer sachverständigen Beurteilung zu unterziehen gewesen.

33 Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Beschluss als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Es erübrigt sich, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.

34 Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Barauslagen für die Herstellung von Fotokopien im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, 97/07/0114, mwN).

Wien, am 30. Mai 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte