VwGH Ra 2016/22/0041

VwGHRa 2016/22/004113.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag.a Ortner, in der Revisionssache 1. des A J (prot. zu hg. Ra 2016/22/0041), 2. der O J (prot. zu hg. Ra 2016/22/0042),

3. der Z J, geboren am 16. Mai 2004 (prot. zu hg. Ra 2016/22/0043), 4. der M J, geboren am 19. August 2005 (prot. zu hg. Ra 2016/22/0044), 5. des I J, geboren am 16. April 2008 (prot. zu hg. Ra 2016/22/0045), und 6. der T J, geboren am 8. August 2009 (prot. zu hg. Ra 2016/22/0046), alle vertreten durch Mag. Matthias Zezula, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 17. März 2016, Zlen. LVwG 26.7-5990/2014-11, LVwG 27.7-5991/2014-11, LVwG 27.7-5992/2014-11, LVwG 27.7- 6003/2014-11, LVwG 27.7-6004/2014-11, und LVwG 27.7-6005/2014-11, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Steiermark), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
MRK Art8;
NAG 2005 §41a Abs9;
VwRallg;
AVG §56;
MRK Art8;
NAG 2005 §41a Abs9;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet, die Dritt- bis Sechstrevisionswerber sind deren minderjährige Kinder. Alle sind russische Staatsangehörige und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig. Sie reisten gemeinsam im Februar 2010 illegal nach Österreich ein und stellten hier Anträge auf internationalen Schutz.

2 Das Verwaltungsgericht stellte in Übereinstimmung mit dem Revisionsvorbringen fest, dass für die Zweit- bis Sechstrevisionswerber am 2. Februar 2011 und für den Erstrevisionswerber am 26. April 2011 negative Asylentscheidungen ergangen seien.

3 Mit Bescheid vom 24. Oktober 2014 wurden die im Jahr 2012 gestellten Anträge auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 (vgl. § 81 Abs. 23 NAG in der geltenden Fassung) abgewiesen. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. den hg. Beschluss vom 10. Februar 2015, Ra 2015/02/0016, uva.).

5 Die Revision führt in ihrer Zulassungsbegründung aus, dass nicht abschließend geklärt sei, inwieweit bei einer Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Antragstellung in Österreich geborene Kinder von dem nach Art. 8 EMRK zu berücksichtigenden Kindeswohl mitumfasst seien.

6 Dazu ist auszuführen, dass in Verfahren betreffend die Erteilung von Aufenthaltstiteln für die Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK jener Sachverhalt zu beurteilen ist, wie er zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vorliegt (vgl. aus letzter Zeit das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 2016, Ra 2015/22/0158) und bei dieser Beurteilung eines Eingriffes in das Familienleben auch auf nach Antragstellung geborene Kinder Rücksicht zu nehmen ist.

7 Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgte - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. den hg. Beschluss vom 19. April 2016, Ra 2016/22/0003 und 0004, uva.).

8 Die Revision legt nicht dar, dass die - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und unter Berücksichtigung, dass die Zweitrevisionswerberin neben den Dritt- bis Sechstrevisionswerbern drei weitere Kinder (in den Jahren 2011, 2012, und 2014) zur Welt gebracht hat - erfolgte Interessenabwägung des Verwaltungsgerichtes im Sinn des Art. 8 EMRK nicht im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen war.

Wien, am 13. September 2016

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