VwGH Ra 2016/12/0059

VwGHRa 2016/12/00593.8.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revisionen des DI GR in T, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen die Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten

1. vom 31. März 2016, Zl. KLVwG-2390/4/2015, betreffend Wiederaufnahme i.A. Einstellung von Zulagen (Ra 2016/12/0059), und

2. vom 24. März 2016, Zl. KLVwG-2391/4/2015, betreffend Wiederaufnahme i.A. Versetzung (Ra 2016/12/0068),

(vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten belangte Behörde jeweils: Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z2;
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z2;
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Die angefochtenen Beschlüsse werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.692,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auch auf das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2016, Zlen. Ra 2015/12/0032 und Ra 2015/12/0033, verwiesen.

2 Folgende Umstände sind hier hervorzukehren:

3 Mit einem in Erledigung einer Beschwerde des Revisionswerbers ergangenen Erkenntnis vom 10. Juni 2015 stellte das Landesverwaltungsgericht Kärnten fest, dass

1. eine an den Revisionswerber ergangene (Abberufungs‑)Weisung vom 4. Februar 2014 rechtswidrig gewesen sei.

2. eine an den Revisionswerber ergangene (Versetzungs‑)Weisung vom 8. April 2014 rechtswidrig gewesen sei,

und wies

3. den Antrag des Revisionswerbers, eine weitere gegen ihn ergangene (Versetzungs‑)Weisung vom 7. Juli 2014 für rechtswidrig zu erklären, als unbegründet ab.

4 In Ansehung der unter 3. genannten Feststellung stützte sich das Landesverwaltungsgericht Kärnten auch auf sein Erkenntnis vom 9. Jänner 2015, mit welchem gegen den Revisionswerber eine Disziplinarstrafe verhängt worden war. Die dieser Verurteilung zugrunde liegende Tat rechtfertige neben anderen Umständen die Annahme eines Abberufungsinteresses, weshalb die Versetzungsweisung vom 7. Juli 2014 nicht rechtswidrig sei.

5 Mit einem weiteren Erkenntnis vom 15. Juni 2015 verfügte das Landesverwaltungsgericht Kärnten in Erledigung einer Beschwerde des Revisionswerbers die Einstellung näher genannter Geldleistungen an ihn mit Ablauf des 31. Juli 2014.

6 Gegen das oben erstzitierte Erkenntnis richtete sich die zu Ra 2015/12/0032 protokollierte außerordentliche Revision des Revisionswerbers.

7 Gegen das oben zweitzitierte Erkenntnis richtete sich die zu Ra 2015/12/0033 protokollierte außerordentliche Revision des Revisionswerbers.

8 Nach Erhebung dieser Revisionen beantragte der Revisionswerber am 9. Oktober 2015 die Wiederaufnahme der den beiden vorzitierten Erkenntnissen zugrunde liegenden Verfahren, wobei er sich jeweils auf den Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 Z 3 VwGVG, hilfsweise auf jenen des § 32 Abs. 1 Z 2 leg. cit. stützte. Der Verfassungsgerichtshof habe das erwähnte Disziplinarerkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 9. Jänner 2015 zwischenzeitig aufgehoben.

9 Mit dem zweitangefochtenen Beschluss vom 24. März 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten den Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 10. Juni 2015 abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

10 Mit dem erstangefochtenen Beschluss vom 31. März 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten den Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 15. Juni 2015 abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

11 Begründend vertrat das Landesverwaltungsgericht Kärnten die Auffassung, die in § 32 Abs. 1 zweiter Halbsatz VwGVG umschriebene Voraussetzung, wonach "eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig" sein dürfe, fehle vorliegendenfalls im Hinblick auf die Anhängigkeit der gegen die vorzitierten Erkenntnisse erhobenen außerordentlichen Revisionen.

12 Eine grundsätzliche Rechtsfrage liege nicht vor, da sich der vorliegende Fall klar aus dem Gesetz lösen lasse.

13 Gegen den erstangefochtenen Beschluss richtet sich die zu Ra 2016/12/0059, gegen den zweitangefochtenen Beschluss die zu Ra 2016/12/0068 protokollierte außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof.

14 Als grundsätzliche Rechtsfrage wird jeweils ins Treffen geführt, ob das Landesverwaltungsgericht Kärnten vorliegendenfalls zur Zurückweisung der Wiederaufnahmeanträge berechtigt gewesen sei, wiewohl der Revisionswerber aus dem Grunde des § 32 Abs. 2 VwGVG zur Stellung des Wiederaufnahmeantrages während der Anhängigkeit des Revisionsverfahrens gezwungen gewesen sei.

15 Der Revisionswerber macht jeweils Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit dem Antrag geltend, den jeweils angefochtenen Beschluss aus diesem Grunde aufzuheben.

16 Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 2016 Ra 2015/12/0032 und Ra 2015/12/0033 wurden die Revisionen gegen die Erkenntnisse vom 10. und 15. Juni 2015 teils zurück- und teils abgewiesen.

17 Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in dieser Entscheidung u. a. die Auffassung, dass die auch im dortigen Revisionsverfahren vorgebrachte Aufhebung des Disziplinarerkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 9. Jänner 2015 deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage aufwirft, weil auch in Ermangelung der diesem Disziplinarerkenntnis zu Grunde liegenden Vorwürfe wegen des sonst festgestellten Fehlverhaltens des Revisionswerbers vertretbarerweise von einem Abberufungsinteresse ausgegangen werden durfte.

18 In den hier gegenständlichen Revisionsverfahren erstattete die Kärntner Landesregierung eine Revisionsbeantwortung, in welcher die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Revisionen beantragt wird. Die Kärntner Landesregierung verweist in ihrer Revisionsbeantwortung auf die eben wiedergegebenen Ausführungen in der vorzitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 2016.

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, rechtlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Revisionen in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

20 Die Revisionen sind entgegen den den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden Aussprüchen des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten zulässig. Die oben wiedergegebene Zulassungsbegründung weist eine grundsätzliche Rechtsfrage auf, zumal die angefochtenen Beschlüsse sich auf keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnten und im Übrigen dem zwischenzeitig ergangenen hg. Erkenntnis vom 28. April 2016, Ro 2016/12/0007, widersprechen.

21 Aus den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 erster Satz VwGG verwiesen wird, folgt, dass auch die hier angefochtenen Beschlüsse, welche die vorliegenden Wiederaufnahmeanträge allein mit der oben wiedergegebenen Begründung als unzulässig zurückgewiesen haben, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sind.

22 Die in der Revisionsbeantwortung angestellten Erwägungen zur Relevanz der als Wiederaufnahmegründe ins Treffen geführten Umstände für den Verfahrensausgang, wie sie von § 32 Abs. 1 Z 2 und 3 VwGVG gefordert wird, betreffen nicht die hier vom Landesverwaltungsgericht Kärnten zu Unrecht verneinte Zulässigkeit der Anträge, sondern deren inhaltliche Berechtigung. Die damit aufgeworfene Frage zählt somit nicht zur "Sache" der hier angefochtenen Zurückweisungsbeschlüsse.

23 Aus diesen Erwägungen waren die angefochtenen Beschlüsse gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

24 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 3. August 2016

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