Normen
KFG 1967 §57a Abs2;
KFG 1967 §57a Abs2;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, vom 5. März 2014 war die dem Revisionswerber am 10. Juni 2005 erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 widerrufen worden. Dieser Entscheidung legte die belangte Behörde im Wesentlichen zugrunde, dass der Revisionswerber zwei Kaufvertragsurkunden über Gebrauchtwagenverkäufe dahingehend gefälscht habe, dass er "falsche Verkäuferinnen (Urkundenausstellerinnen) angegeben und diese mit fremden Namen unterschrieben" habe. Er habe daher den Tatbestand der Urkundenfälschung nach § 223 StGB verwirklicht. Da er im Rahmen seiner Begutachtungstätigkeit mit der Erstellung und Ausgabe öffentlicher Urkunden (Gutachten und Begutachtungsplaketten) betraut sei, sei seine Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben. Ein nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 Ermächtigter sei nämlich (nur) dann vertrauenswürdig, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, die Kraftfahrbehörden könnten sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes - der Gewährleistung, dass nur betriebstaugliche und verkehrssichere Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - ausüben werde. Es sei daher die Ermächtigung zu widerrufen gewesen.
2 Mit dem nun angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der der Revisionswerber und zwei in seinem Unternehmen Angestellte als Zeugen vernommen wurden - der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde keine Folge und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.
3 Das Verwaltungsgericht verneinte die iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 erforderliche Vertrauenswürdigkeit des Revisionswerbers, weil dieser zum einen regelmäßig Fahrzeuge, die aufgrund ihrer Mängel negativ zu begutachten wären, entweder nach Absprache mit dem Kunden repariere, um sodann letztlich ein positives Gutachten auszustellen, oder sie zurückstelle, ohne aber ein negatives Gutachten auszustellen. Zum anderen hätte der Revisionswerber im Kaufvertrag vom 30. April 2013 über das Fahrzeug Opel Corsa - selbst ausgehend von seinem eigenen Vorbringen, das Fahrzeug wäre ihm von der Voreigentümerin geschenkt worden - diese weder als Verkäuferin führen noch in deren Namen den Kaufvertrag fertigen dürfen. Der Kaufvertrag enthalte nämlich die Wendung "Das Fahrzeug ist zum Zeitpunkt der Übergabe in verkehrs- und betriebssicherem Zustand", wodurch der Revisionswerber der früheren Besitzerin des Fahrzeugs eine Garantieerklärung übertrage, welche diese in diesem Umfang nicht abgeben habe können, weil sie nach der negativen Begutachtung gewusst habe, dass sich das Fahrzeug nicht in einem solchen Zustand befinde.
4 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
9 Sie macht geltend, die Revision sei entgegen dem Zulässigkeitsausspruch des Verwaltungsgerichts doch zulässig, weil einerseits Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dazu fehle, ob das Nichtausstellen von - negativen - Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 mangelnde Vertrauenswürdigkeit begründen und die Entziehung der Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 rechtfertigen könne, und andererseits die Unterschriftsleistung durch den Revisionswerber auf dem Kaufvertrag vom 30. April 2013 keine Relevanz für die Aspekte der Betriebs- und Verkehrssicherheit von Fahrzeugen habe. Zudem fehle es an Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dazu, ob gemäß § 57a Abs. 4 KFG ein Annahmezwang zur Durchführung der vom Zulassungsbesitzer gewünschten Begutachtung bestehe.
10 Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die Entscheidung über die vorliegende Revision von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge:
11 § 57a Abs. 2 KFG 1967 verlangt für die Verleihung der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen nach Abs. 1, dass der Betreffende vertrauenswürdig ist; ist er dies nicht mehr, ist die Ermächtigung zu widerrufen.
12 Ein Gewerbetreibender ist dann als vertrauenswürdig iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 anzusehen, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - ausüben werde (ständige Judikatur; vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 1985, Zl. 85/11/0077, vom 27. März 1990, Zl. 89/11/0080, vom 2. Juli 1991, Zl. 91/11/0026, vom 22. November 1994, Zl. 94/11/0221, und vom 27. März 2008, Zl. 2005/11/0193).
13 Bei diesen Entscheidungen stand regelmäßig ein im Zusammenhang mit der Begutachtung gesetztes Fehlverhalten im Raum. So vertrat der Verwaltungsgerichtshof etwa die Ansicht, die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtige die nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 erforderliche Vertrauenswürdigkeit in hohem Maß, wobei unter besonderen Umständen bereits die Erstellung auch nur eines unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit erschüttern könne (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 91/11/0026). Auch die Unterfertigung von Blankogutachten durch das geeignete Personal und die daraufhin mögliche Verwendung derartiger Blankogutachten durch anderes Personal sei geeignet, die Vertrauenswürdigkeit zu erschüttern (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 89/11/0080).
14 Die Grundlage für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit ist aber nicht auf Fehlverhalten in Zusammenhang mit einer Begutachtungstätigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 beschränkt, was sich schon daraus ergibt, dass es bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit keinen Unterschied macht, ob über die erstmalige Erteilung oder den Widerruf einer bereits erteilten Ermächtigung zu entscheiden ist. Aus der gesetzlichen Formulierung, die sowohl hinsichtlich der Erteilung der Ermächtigung als auch hinsichtlich deren Widerrufs den Begriff "vertrauenswürdig" verwendet, folgt, dass in beiden Fällen von der Behörde derselbe Maßstab an die Vertrauenswürdigkeit anzulegen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2002, Zl. 2001/11/0061; in diesem Sinn auch das zitierte Erkenntnis Zl. 85/11/0077 und der hg. Beschluss vom 29. Jänner 2016, Zl. Ra 2016/11/0009).
15 Entscheidend ist vielmehr, ob jemand die spezifische Vertrauenswürdigkeit besitzt, die von ihm erwartet werden darf, wenn er über eine Ermächtigung iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfügt oder sie erlangen will, soll doch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der über die genannte Ermächtigung verfügenden Person gewährleisten. Wesentlich ist also, ob das bisherige Verhalten des Betreffenden auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - obliegt (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 2005/11/0193 mwN).
16 Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs. 2 KFG beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt (vgl. nur etwa das Urteil des OGH vom 28. April 2015, 8 Ob 8/15g), die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden (vgl. das Urteil des OGH vom 15. September 1999, 12 Os 71/99).
17 Vor diesem Hintergrund begründet das Fehlen von Judikatur zur Relevanz des regelmäßigen Nichtausstellens von "negativen" Prüfgutachten keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, weil es auf die Beantwortung dieser Frage im Revisionsfall nicht entscheidend ankommt: Das Verwaltungsgericht hat die Annahme des Fehlens der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit nämlich auch auf die Vorfälle bei Abschluss des Kaufvertrags vom 30. April 2013 gestützt hat. Danach hat der Revisionswerber, ohne von der Voreigentümerin dazu ermächtigt zu sein, den Kaufvertrag in deren Namen geschlossen, ihr damit rechtswidrig die Garantie des verkehrs- und betriebssicheren Zustands des Fahrzeugs übertragen und sie dadurch - nach der Aktenlage auch schlagend gewordenen - Gewährleistungsansprüchen des Erwerbers des Fahrzeugs ausgesetzt. Ausgehend von dem bei Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit anzulegenden strengen Maßstab (vgl. etwa die zitierten hg. Entscheidungen Zl. 85/11/0077 und Zl. Ra 2016/11/0009) und mit Blick auf die oben unter Rz 16 dargelegte besondere Stellung eines nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 Ermächtigten hat das Verwaltungsgericht die von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gezogenen Leitlinien nicht überschritten, wenn es die Auffassung vertreten hat, ein derartiges Verhalten erschüttere die Vertrauenswürdigkeit, zumal das Unterfertigen eines Schriftstückes mit fremdem Namen, liegt keine Ermächtigung zu einem solchen Unterzeichnen vor, eine falsche Urkunde bewirkt (vgl. das Urteil des OGH vom 6. Mai 1999, 15 Os 54/99).
18 Eine Relevanz der schließlich vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage nach dem Bestehen eines "Annahmezwangs" zur Durchführung von Begutachtungen ist nach dem Gesagten nicht ersichtlich.
19 Die Revision war daher zurückzuweisen.
20 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung. Wien, am 8. September 2016
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