VwGH 2005/11/0193

VwGH2005/11/019327.3.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der H KFZ GmbH in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. September 2005, Zl. uvs-2004/K7/004-2, betreffend Widerruf der Ermächtigung gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967, zu Recht erkannt.

Normen

AVG §56;
KFG 1967 §57a Abs2 idF 2004/I/175;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §56;
KFG 1967 §57a Abs2 idF 2004/I/175;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Dezember 1990 wurde der beschwerdeführenden Partei die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung näher bezeichneter Fahrzeugarten gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 erteilt.

Darin heißt es (auszugsweise) wie folgt (Schreibweise wie im Original):

"BESCHEID

Der Landeshauptmann von Tirol erteilt (der beschwerdeführenden Partei) gemäß § 57 a Abs. 2 KFG 1967 i. V.m. § 28a KDV 1967 die Ermächtigung, in der Prüfstelle in (...)

nachstehend angeführte Fahrzeugarten wiederkehrend zu begutachten:

a) Krafträder (Motorräder, Kleinmotorräder, Motorfahrräder, Motorräder mit Beiwagen und Motordreiräder);

  1. b) Personenkraftwagen;
  2. c) Kombinationskraftwagen;
  3. d) leichte Anhänger, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf und die

    aa) nur eine Achse oder zwei Achsen mit einem Radstand bis zu 1 m haben und deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht 1.700 kg. nicht überschreitet,

  1. bb) landwirtschaftliche Anhänger sind oder
  2. cc) dazu bestimmt sind, mit Krafträdern, ausgenommen Motorfahrrädern, gezogen zu werden;

    ..."

    Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17. August 2004 wurde die Ermächtigung gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen mangels Vertrauenswürdigkeit der beschwerdeführenden Partei widerrufen (die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung wurde nicht aberkannt). Zur Begründung stützte sich der Landeshauptmann insbesondere auf den Bericht des Amtssachverständigen Ing. R. vom 19. April 2004 über die am 13. April 2004 in der Prüfstelle der beschwerdeführenden Partei unangekündigt stattgefundene Revision, welcher (auszugsweise) wie folgt lautet (Schreibweise wie im Original):

"Mängel in der Ausführung

* Der Ausdruck der Trübungsmessung wurde nicht dem

Gutachten beigefügt.

* Die Gutachten werden nicht getrennt nach weiß und

grün abgelegt.

* Auf den Gutachten für Motorräder fehlt jeglicher

Hinweis über die Betriebsbremse (Wirksamkeit laut Mängelkatalog

fehlt).

* Bei der Abgasmessung für die Motorräder werden die

Herstellerangaben für die Leerlaufdrehzahl nicht beachtet

(...).

* Auf den Gutachten für O wurde bewusst die

entsprechende Kategorie (O2) nicht angegeben, weil mindestens 23 Anhänger O2 überprüft wurden.

* Es wurden mindestens 20 gebremste Anhänger O2 positiv überprüft, obwohl keine erforderliche Prüfeinrichtung (Bremsenprüfstand) zur Verfügung stand.

* Die Lamda-Werte werden auf den Gutachten oft nur einstellig mit 1 angegeben.

* Weiters wurden am selben Tag am 18. 02. 2004 für das Kennzeichen (...) zwei Ersatz-Begutachtungsplaketten ausgegeben mit verschiedenen Zulassungsdatum 1 x 2/1999 und 1 x 12/1999, obwohl dieses Kennzeichen bereits seit 1999 in der Kundendatei (EBV) gespeichert ist. (...)

* Es wurden 16 Kraftfahrzeuge der Klasse N1 bis mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht über 2,5 to (Einschränkung wegen Hebebühne auf 2,5 to) positiv überprüft, obwohl keine Ermächtigung vorlag.

* Es wurden 4 Kraftfahrzeuge N1 mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht (Anm.: von über 2,8 t) überprüft, obwohl die Ermächtigung dazu fehlt und die erforderlichen Prüfeinrichtungen (Hebebühne, Pedalkraftmesser und Spieldetektor) fehlen.

...

* Bei 17 Kraftahrzeugen mit Kat. wurde unzulässige CO-Werte von mehr als 0,3 - 0,34 % angegeben. ..."

In der auf Grund der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes vom 17. August 2004 erhobenen Berufung am 10. Februar 2005 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (UVS) ergänzte der Amtssachverständige Ing. R. sein Gutachten insbesondere dahin, dass sich die Revision vom 13. April 2004 auf einen Zeitraum der Begutachtungstätigkeit der beschwerdeführenden Partei von 12 Monaten bezogen habe.

Anlässlich dieser mündlichen Verhandlung räumte J. H., Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei, insbesondere ein, dass durch diese Anhänger der Klasse O2 und Kraftfahrzeuge mit einer Masse von über 2,5 t überprüft worden seien. In Hinblick auf die Ausführungen des Amtssachverständigen Ing. R. habe sich gezeigt, dass der beschwerdeführenden Partei Fehler unterlaufen seien. Sie nehme Überprüfungen von Kraftfahrzeugen mit einer Masse von über 2,5 t nunmehr nicht mehr vor.

Mit Bescheid des UVS vom 5. September 2005 zugestellt am 21. September 2005, wurde die Berufung abgewiesen. Begründend stützte sich der UVS im Wesentlichen auf den Bericht des Amtssachverständigen Ing. R. vom 19. April 2004 und auf dessen ergänzende Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2005.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgebende Bestimmung des § 57a Abs. 2 KFG 1967 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 175/2004 lautet (auszugsweise):

"V. Abschnitt

Überprüfung und Begutachtung der Kraftfahrzeuge und Anhänger

...

Wiederkehrende Begutachtung

§ 57a.

...

(2) Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. ... Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der ermächtigte Ziviltechniker, Verein oder Gewerbetreibende nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt oder seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen. ... "

2.1. Die beschwerdeführende Partei bringt u.a. vor, sie führe im Hinblick auf die begrenzte Tragfähigkeit der in ihrer Prüfstelle befindlichen Hebebühne (2,5 t) keine Begutachtungen von über diese Masse hinausgehenden Fahrzeugen mehr durch. Ferner nehme sie in Hinblick auf die Ausführungen des Amtssachverständigen Ing. R. in der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2005 auch von der Begutachtung von Anhängern der Klasse O2 Abstand.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Gewerbetreibender dann als vertrauenswürdig im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 anzusehen, wenn ausreichend Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - ausüben werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2002, Zl. 2001/11/0061, mwN).

Der Widerruf einer nach § 57a Abs. 2 leg. cit. erteilten Ermächtigung darf nur dann ausgesprochen werden, wenn eine Vertrauensunwürdigkeit des Betreffenden im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides (noch) gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1984, VwSlg. 11.527/A).

Die belangte Behörde hat zwar den angefochtenen Bescheid auf die Annahme gestützt, es mangle der beschwerdeführenden Partei an Vertrauenswürdigkeit, der Bescheidbegründung ist aber nicht zu entnehmen, aus welchen Erwägungen die Behörde trotz Verstreichens eines Zeitraumes von mehr als 17 Monaten zwischen der Durchführung der Revision am 13. April 2004 und der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 21. September 2005, in dem die beschwerdeführende Partei mangels Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung an der Ausübung ihrer Prüfungs- und Begutachtungstätigkeit nicht gehindert war, von einer weiterhin vorliegenden Vertrauensunwürdigkeit der beschwerdeführenden Partei ausgegangen ist. In dieser Hinsicht ist von Bedeutung, dass der den angefochtenen Bescheid tragende Bericht des Amtssachverständigen Ing. R. vom 19. April 2004 über die Revision vom 13. April 2004 der beschwerdeführenden Partei zwar diverse Mängel in der Begutachtungstätigkeit anlastet, nicht aber darlegt, zu welchen Zeitpunkten innerhalb des Revisionszeitraumes von 12 Monaten sich die einzelnen Vorfälle ereignet haben.

Auch weil sich die belangte Behörde ferner nicht mit dem in der mündlichen Verhandlung erstatteten, für das Wohlverhalten seit der Beanstandung relevanten, Vorbringen der beschwerdeführenden Partei auseinander gesetzt hat, sie führe keine Begutachtungen von die Masse von 2,5 t übersteigenden Fahrzeugen mehr durch, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel.

Da der Sachverhalt in wesentlichen Punkten, insbesondere dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei seit der Revision, einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer und des Einheitssatzes nicht zusteht.

Wien, am 27. März 2008

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