VwGH 85/11/0077

VwGH85/11/007718.12.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Dorner, Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerde der prot. Firma A (Alleininhaber: Dr. JS) in W, vertreten durch Dr. Gerhard Blasche, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 25. Jänner 1985, Zl. 99.628/1-IV-7/84, betreffend Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §57a Abs2;
KFG 1967 §57a Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. Oktober 1984 wurde die Ermächtigung des Beschwerdeführers zur wiederkehrenden Begutachtung näher bezeichneter Kraftfahrzeuge gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 widerrufen. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 die aufschiebende Wirkung aberkannt. Zur Begründung wurde auf, bei einer am 26. September 1984 durchgeführten Revision der Betriebestätte des Beschwerdeführers festgestellte, näher genannte Mängel verwiesen, die die erforderliche Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben erscheinen ließen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und mitgeteilt, dass von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen werde; sie beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

Der Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 hat der Landeshauptmann für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag u.a. zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen des ermächtigten Gewerbetreibenden erkennbar gemacht sein müssen. Der ermächtigte Gewerbetreibende hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der ermächtigte Gewerbetreibende nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt oder seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen. Durch Verordnung ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung erforderlich sind. Die zuletzt genannten Verordnungsbestimmungen sind im § 28a KDV 1967 enthalten.

Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften führt der Beschwerdeführer der Sache nach aus, dass ihm vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Ergebnissen der Revision vom 26. September 1984 gegeben worden sei. Auch die Behörde zweiter Instanz habe ihm keine derartige Gelegenheit gegeben und habe die beantragten Beweise nicht durchgeführt.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass der Behörde erster Instanz zwar eine Verletzung des Parteiengehörs unterlaufen sei; der Beschwerdeführer habe aber durch den erstinstanzlichen Bescheid detaillierte Kenntnis von den gegen ihn erhobenen Vorhaltungen erhalten, die Gelegenheit gehabt, dazu in seiner Berufung Stellung zu nehmen, und von dieser Gelegenheit auch Gebrauch gemacht; die der Behörde erster Instanz unterlaufenen Verfahrensmängel seien damit als geheilt zu betrachten.

Mit diesen Ausführungen ist die belangte Behörde im Recht. Der Beschwerdeführer hat zwar in der Berufung zu Recht eine Verletzung seines Rechtes auf Parteiengehör gerügt, hat aber durch den erstinstanzlichen Bescheid von dem maßgeblichen von der Behörde erster Instanz angenommenen Sachverhalt Kenntnis erlangt. Er hatte in seiner Berufung die Gelegenheit, zu den Feststellungen der Behörde erster Instanz Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat er auch Gebrauch gemacht. Es bleibt allerdings zu prüfen, ob sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers in ausreichender Weise auseinander gesetzt hat.

Zu den Feststellungen der Behörde erster Instanz hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung sachverhaltsbezogen ausgeführt, dass - abgesehen von einer von der belangten Behörde zugestandenen Unrichtigkeit in Bezug auf das im Betrieb des Beschwerdeführers vorhandene Bremsprüfgerät - es nicht richtig sei, dass "das Ausscheiden der genehmigt gewesenen Meister" nicht der Behörde bekannt gegeben worden sei. Im übrigen wird darauf verwiesen, dass der - inzwischen entlassene - Werkmeister des Betriebes des Beschwerdeführers das Bestehen der gerügten Begutachtungsmängel "mit aller Entschiedenheit bestritten" habe. Eine allfällige Vertrauensunwürdigkeit des Werkmeisters treffe diesen und nicht den Beschwerdeführer. Es sei auch elf Jahre hindurch zu keinen Beanstandungen gekommen, sodass von ordungsgemäß erfolgten Begutachtungen durch diesen Werkmeister hatte ausgegangen werden können.

Bei Prüfung der Frage, ob die belangte Behörde die Verfahrensvorschriften eingehalten hat, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid insbesondere auch die Vernehmung des Werkmeisters als Zeugen beantragt hat. Dieser Beweisantrag ist in Verbindung mit dem geschilderten Berufungsvorbringen, wonach der Werkmeister die Ergebnisse der Revision der Werkstätte des Beschwerdeführers bestritten habe, als Bestreitung der Richtigkeit dieser Ergebnisse durch den Beschwerdeführer anzusehen. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, darauf einzugehen und den Zeugen zu vernehmen, sowie allenfalls noch weitere Beweise zu dem Thema aufzunehmen, ob die bei der Revision festgestellten Mängel tatsächlich vorgelegen seien. Die belangte Behörde ist aber in der Begründung ihres Bescheides auf den erwähnten Beweisantrag überhaupt nicht eingegangen. Sie hat ohne weitere Begründung die Richtigkeit der Revisionsergebnisse als erwiesen angenommen. Dieser Verfahrensmangel ist wesentlich, da dann, wenn sich herausstellen sollte, dass die Mängel zur Gänze oder teilweise nicht vorgelegen seien, nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3

lit. c VwGG aufzuheben.

Für das fortzusetzende Verfahren sei bemerkt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Begriff der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 ausgeführt, dass ein Gewerbetreibender dann vertrauenswürdig sei, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörden könnten sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes - der Gewährleistung, dass nur betriebstaugliche und verkehrssichere Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - ausüben werde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Zl. 83/11/0167). Insbesondere die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtigt die Vertrauenswürdigkeit im hohen Maße.

Wenn auch Mängel unmittelbar von dem Werkmeister verschuldet worden sein sollten, so hat es der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen an jeglicher Kontrolle gegenüber dem Werkmeister fehlen lassen. Seinen Ausführungen lässt sich vielmehr entnehmen, dass er den Standpunkt vertritt, es genüge, eine geeignete Person im Sinne des Gesetzes (in Verbindung mit der KDV 1967) anzustellen und dann die weitere Überwachung des Betriebes der Behörde zu überlassen. Er meint offensichtlich, dass sich eine Verpflichtung zum Tätigwerden für ihn nur auf Grund von Mängeln ergeben könnte, die von der Behörde festgestellt und ihm mitgeteilt worden seien. Damit verkennt der Beschwerdeführer das Wesen der ihm vom Gesetz auferlegten Pflichten. Die belangte Behörde hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass bei Beurteilung der Ermächtigungsvoraussetzungen, insbesondere bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit des Betriebsinhabers, jedenfalls ein strenger Maßstab anzulegen ist. Sie hat im übrigen -

ebenfalls zu Recht - auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass ein Widerruf der Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 nicht zeitlich unbegrenzt wirksam ist.

Hinsichtlich der zitierten Entscheidung wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da Stempelgebühren nur in dem Ausmaß ersetzt werden können in dem sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entrichten waren.

Wien, am 18. Dezember 1985

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