VwGH Ro 2014/10/0046

VwGHRo 2014/10/004621.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des T G in R, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Dezember 2013, Zl. N‑106321/21‑2013‑Ma/Gre, betreffend naturschutzbehördliche Feststellung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3
AVG §52
AVG §56
AVG §58 Abs2
AVG §60
NatSchG OÖ 2001 §1 Abs1
NatSchG OÖ 2001 §1 Abs2
NatSchG OÖ 2001 §1 Abs4
NatSchG OÖ 2001 §10 Abs1 Z2
NatSchG OÖ 2001 §10 Abs2 Z1
NatSchG OÖ 2001 §10 Abs2 Z2
NatSchG OÖ 2001 §3 Z2
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RO2014100046.J00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 15. März 2012 wurde ‑ einem Antrag des Revisionswerbers stattgebend ‑ festgestellt, dass durch die Errichtung der Wasserkraftanlage „Teichl“ samt einer Druckrohrleitung, einer Flutmulde, einer Brücke über die Flutmulde und einer Zufahrt auf näher bezeichneten Grundstücken im geschützten Bereich der Teichl und der Pießling (Flussbett und 50 m Uferschutzbereich) bei Einhaltung bestimmter Auflagen, Bedingungen und Befristungen solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt würden.

2 Mit dem angefochtenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Dezember 2013 wurde einer dagegen von der Oberösterreichischen Umweltanwaltschaft erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und der Antrag des Revisionswerbers auf naturschutzbehördliche Feststellung „für die Errichtung“ der Wasserkraftanlage „Teichl“ gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 iVm § 9 Abs. 2 des OÖ Natur‑ und Landschaftsschutzgesetzes 2001 (OÖ NSchG 2001) iVm § 1 Abs. 1 und Punkt 6.6.2. der Anlage der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen abgewiesen.

3 Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges - samt Wiedergabe u.a. der im Berufungsverfahren eingeholten naturschutzfachlichen und energiewirtschaftlichen Amtssachverständigengutachten - und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, das zur Genehmigung beantragte Vorhaben umfasse folgende Maßnahmen: Die Errichtung einer neuen Wehranlage mit Stauklappe in der Teichl ab der Mündung der Pießling; eine rechtsufrige raue Rampe als Organismenwanderhilfe; eine linksufrige Organismenwanderhilfe in Form einer „Vertical Slot“-Anlage; ein linksufriger Grundablass mit hydraulisch angetriebenem Grundablassschütz; die Errichtung einer linksufrigen Flutmulde zur Verbesserung der Hochwasserabfuhr; eine Wasserfassung mit Spülschutz und Spülgasse, Einlaufschütz und Rechenreiniger; die Errichtung einer ca. 300 m langen Druckrohrleitung DN 1900 von der geplanten Wehranlage zum bereits errichteten Krafthaus (Kaplanturbine, Schluckvermögen max. 4,8 m3/sec.) sowie die Errichtung von kiesgebundenen Zufahrtswegen zu den einzelnen Anlageteilen inkl. einer Brücke über die Flutmulde.

4 Der gegenständliche Projektsbereich befinde sich ca. 4,5 km nordwestlich von Windischgarsten im Gemeindegebiet von Roßleithen. Im Projektsgebiet durchfließe die Teichl einen ca. 800 bis 1000 m breiten Talboden, wobei sie unmittelbar von mehr oder weniger schmalen Auwaldgürteln gesäumt werde, an die Grünlandnutzung anschließe. Der gegenständliche Landschaftsraum werde von der Phyrnautobahn überprägt, die vom geplanten Standort der Wehranlage in Blickrichtung Süden dominierend in Erscheinung trete. Ausgehend von diesem Standort mit Blick Richtung Osten bzw. Norden biete allerdings die Teichl den Eindruck einer naturnahen Flusslandschaft ohne deutlich wahrnehmbare anthropogene Vorbelastung, wenn auch einige Uferverbauungen und Blocksteinsicherungen vorhanden seien. Der Abschnitt zwischen Pießlingmündung und Straßenbrücke über die Teichl zur Ortschaft Lengau sei geprägt von einer hohen Heterogenität an landschaftlichen Eindrücken und Biotoptypen wie Grobblöcke im Bachbett, Weißwasser, Steilufer, Schotterbänke, Totholz, Pioniervegetation, Hochwald etc. Diese natürlichen Landschaftselemente prägten den naturnahen Eindruck für den Betrachter, wenn auch zugestanden werde, dass es sich bei der Teichl nicht um einen völlig unberührten Fluss handle. Eine Beeinflussung des Landschaftsbildes in abträglicher Weise setze nicht voraus, dass der betreffende Bereich eine noch unberührte Landschaft darstelle. Dem Amtssachverständigen sei beizupflichten, dass die anthropogenen Vorbelastungen nur von bestimmten Blickpunkten aus wirksam seien, von vielen anderen Blickpunkten jedoch kaum bis gar nicht. Gehe man von der Definition des Begriffes Landschaftsbild als Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft aus, scheine es zulässig, die für die Prägung einer Landschaft bedeutenden Faktoren von unterschiedlichen Blickpunkten aus zu analysieren und zu bewerten. Wenn somit das Landschaftsbild sich von bestimmten Blickpunkten als naturnah darstelle, sei der Schluss des Amtssachverständigen nachvollziehbar, dass die technischen Anlagenteile wie Stauklappe, Einlaufbauwerk etc. eine negative Wirkung im Landschaftsbild entfalten könnten, weil diese aufgrund ihrer geometrischen Ausgestaltung in der ansonsten überwiegend durch natürliche Faktoren geprägten Flusslandschaft störend in Erscheinung treten würden.

5 Dagegen könne die Ansicht im vorgelegten Privatgutachten nicht geteilt werden, dass es sich bei der gegenständlichen Wehranlage samt den damit verbundenen Maßnahmen nur um einen kleinräumigen Eingriff handle. Immerhin würden die technisch wirksamen Elemente im unmittelbaren Wehrbereich inkl. Zufahrt, Einlaufbauwerk, Steinsicherungen im Ober- und Unterwasserbereich auf einer Länge von mehr als 40 m und einer Breite von mehr als 30 m dominierend in Erscheinung treten. Zudem könnten die optisch auffälligsten Elemente auch durch Bepflanzungen nicht kaschiert werden. Die Wehranlage selbst durchbreche die Teichl, die ansonsten als durchgehendes optisches Band wahrnehmbar sei. Damit werde die typische Erscheinungsform eines Wildflusses jedenfalls reduziert.

6 Eine weitere im Landschaftsbild sich manifestierende Veränderung stelle die Ausleitung dar. Die verbleibende Restwasserstrecke erfahre eine landschaftsästhetische Abwertung. Das Landschaftsbild einer Bach- bzw. Flusslandschaft werde maßgeblich von der natürlichen Wasserführung beeinflusst. Durch ihre dynamische Erscheinung trete die Teichl als landschaftsformendes und landschaftsgestaltendes Element ins Bewusstsein. Gerade im Projektsgebiet prägten vielfältige Strömungsmuster, Gischt, Wirbel, Weißwasser, Uferanbrüche, umgestürzte Bäume, grobblockige Schotter etc. das Landschaftsbild. Ruhige, glatte Wasseroberflächen wären ausgedehnter und deutlich häufiger und würden die dynamischen Erscheinungsformen ablösen. Außerdem käme es häufiger durch die projektierte Restwassermenge zu reduzierten Wassermengen. Demgegenüber würden natürlicher Weise Wasserstände, wie sie im Projekt vorgesehen seien, nur an sehr wenigen Tagen im Jahr auftreten (wahrscheinlich an weniger als 20 bis 30 Tagen im Jahr). Nach Projektsumsetzung wären Abflüsse im Bereich der Mindestdotation hingegen über lange Zeiträume gegeben, im Mittel im Laufe von acht Monaten. Damit verändere sich das Landschaftsbild gegenüber dem derzeitigen Zustand über einen großen Zeitraum des Jahres.

7 Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen sei zweifelsohne die beherrschende Eigenart des gegenständlichen Landschaftsbereiches zu erkennen, beschreibe er doch eindrücklich die verschiedenartigen Erscheinungen der gegenständlichen Flusslandschaft, wie sie sich derzeit darstellten, und stelle diese dem durch das Vorhaben zu erwartenden künftigen Erscheinungsbild gegenüber. Es liege zweifellos in einem hohen öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die dargestellte Eigenart und Vielfalt der derzeit vorhandenen Flusslandschaft zu bewahren. Den Darlegungen des Revisionswerbers bzw. des Privatgutachters, das Teichltal sei im gegenständlichen Abschnitt bereits so strakt anthropogen überformt, dass die Wirkung der Wehranlage sowie der Wasserausleitung auf das Landschaftsbild nur geringfügig seien, könne daher nicht beigepflichtet werden. Im Übrigen gestehe auch das Privatgutachten zu, dass es sich um einen naturnah geprägten Landschaftsraum handle. Die Bemühungen des Revisionswerbers, die Restwassermenge ausreichend abzugeben, würden nicht verkannt. Dennoch werde die Reduktion des Wasserabflusses die landschaftsprägenden Elemente einer natürlichen Wasserführung derart verändern, dass von einer wesentlichen Beeinträchtigung des natürlichen Gepräges der Landschaft gesprochen werden könne. Es sei daher den Ausführungen des Revisionswerbers nicht zu folgen, dass die Auswirkungen des Projektes auf das Landschaftsbild auf der Grundlage des Gutachtens des Amtssachverständigen nicht beurteilt werden könnten. Vielmehr habe dieser in seinem Gutachten die qualitativen und quantitativen Aspekte der Veränderung des Landschaftsbildes durch die Verringerung der Abflussmenge der Teichl ausreichend beschrieben. Die Ausführungen im Privatgutachten hätten diese Argumente nicht in Zweifel ziehen können, sodass die Berufungsbehörde ihre Schlussfolgerungen auf das Gutachten des Amtssachverständigen stützen habe können.

8 Neben dem Landschaftsbild sei auch geprüft worden, inwieweit das Projekt in den Naturhaushalt im Zusammenhang mit dem Abtrag und Austausch des gewachsenen Bodens, der Versiegelung des gewachsenen Bodens, der Anlage künstlicher Gewässer und insbesondere mit der Herstellung baulicher Maßnahmen zur Stabilisierung des Gewässerbettes sowie der Verrohrung von Fließgewässern eingreife. Ein Eingriff in den Naturhaushalt liege jedenfalls vor, wenn eine Maßnahme oder ein Vorhaben einen auch nur örtlichen Bestand seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- und Pflanzenarten gefährde oder vernichte, den Lebensraum oder die Lebensgemeinschaft von Tier- und Pflanzenarten wesentlich beeinträchtige oder vernichte bzw. eine völlige oder weitgehende Isolierung einzelner Bestände von Tier- und Pflanzenarten oder Lebensräumen oder eine wesentliche Beeinträchtigung der Vernetzung einzelner wertvoller Lebensräume eintreten lasse. Anhand dieser Parameter seien Eingriffe in den Naturhaushalt, die vom Projekt ausgingen, einer naturschutzrechtlichen Betrachtung zu unterziehen. Wenn vom Revisionswerber immer wieder auf den „guten ökologischen Zustand“ hingewiesen werde, der durch das Kraftwerksprojekt nicht beeinträchtigt werde, sei dem zu entgegnen, dass sich diese Aussagen auf wasserrechtliche Parameter bezögen, deren Beurteilung im Wasserrechtsverfahren erfolge.

9 Hinsichtlich der naturschutzrechtlich zu beurteilenden Faktoren sei festzustellen, dass durch den Aufstau im Ausmaß von ca. 90 bis 130 m Lebensraum für gewässertypische Fischarten (insbesondere Laich- und auch Juvenilhabitate) in qualitativer Hinsicht großteils verloren gingen, weil in gestauten Bereichen gut durchströmter und regelmäßig umgelagerter Schotter in der passenden Größenfraktion nicht vorhanden sei. Vor allem auf die Äsche werde sich das Fehlen unterschiedlicher Wasserführungen beeinträchtigend auswirken. Wenn im Privatgutachten darauf hingewiesen werde, dass die projektierte Restwassermenge sich am natürlichen mittleren Niederwasser orientiere, sei dazu gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen auszuführen, dass im Unterschied zum Auftreten der natürlicherweise vorkommenden Niederwasserstände nur an wenigen Tagen im Jahr bei Projektsumsetzung die Mindestdotation über einen Zeitraum von durchschnittlich acht Monaten vorherrsche. Diese zeitliche Komponente wirke sich zweifellos in einem nicht vernachlässigbaren Ausmaß auf den Lebensraum der Äsche aus, die nach der Rote‑Liste‑Einstufung ohnedies den Gefährdungsgrad „gefährdet“ aufweise. Außerdem komme es durch den Bau der Wehranlage zu Einschränkungen in der Vernetzung von Teillebensräumen. Auch die im Projekt vorgesehenen Organismenwanderhilfen könnten die Unterbrechung des Fließkontinuums nur partiell ausgleichen, wobei allerdings nicht schlüssig nachgewiesen habe werden können, ob damit wesentlich in die Bestände der Fischfauna eingegriffen werde.

10 Zu der im Zusammenhang mit der Typisierung des Gewässertyps der Teichl verursachten Diskussion der Sachverständigen sei festzustellen, dass es sich bei dieser hinsichtlich der Linienführung um einen gewundenen Flusstyp handle. Die Einschätzung hinsichtlich der Veränderung dieses Flusstyps werde von beiden Sachverständigen als unbedeutend bzw. nicht gegeben erkannt, wenngleich der Amtssachverständige eine Veränderung der Ausprägung durch den Entzug einer bestimmten Wassermenge als gegeben erachte, während das Privatgutachten dies nicht erkennen könne, da Flussbett und Umlandvegetation bis auf den punktuellen Eingriff durch die Wasserfassung nicht verändert würden. Eine Auswirkung der Kraftwerksanlage auf den Gewässertyp der Teichl könne daher nicht festgestellt werden. Zu den Veränderungen in der Gewässercharakteristik und damit des Landschaftsbildes hätten aber, wie dargelegt, ausreichende Feststellungen getroffen werden können.

11 Eine Beeinflussung von Tierarten, die sich hauptsächlich von Fischen ernähren (Fischotter, Gänsesäger, Eisvogel), sei zwar gegeben, das Ausmaß der Beeinträchtigung sei allerdings nicht gravierend. Wassergebundene Vogelarten wie Graureiher, Eisvogel, Wasseramsel, Gebirgsstelze, Bachstelze, Gänsesäger, Flussuferläufer, die im Projektsgebiet höchstwahrscheinlich vorkämen, würden nicht in einem erheblichen Ausmaß betroffen.

12 Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass die geplante Wasserkraftanlage mit ihren zugehörigen Anlagenteilen die öffentlichen Interessen sowohl an der Erhaltung des Landschaftsbildes als auch des Naturhaushaltes maßgeblich verletzten.

13 Der Beitrag zum Klimaschutz werde im Gutachten des energiewirtschaftlichen Sachverständigen mit 0,036 Promille am Gesamt‑CO2-Äquivalentaufkommen Oberösterreichs beziffert. Es werde im Gutachten darauf hingewiesen, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern zwar grundsätzlich eine Klimaschutzmaßnahme darstelle und zur Erreichung des Ziels zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energieträger beitrage, der Aspekt der Reduktion von Treibhausgasemissionen sich jedoch im Emissionshandelssystem (EST) abbilde und daher die staatliche Zielerreichung, die im Rahmen des Klimaschutzes verbindliche CO2-Reduktionen für das Segment „außerhalb des Emissionshandelssystems“ („non-EST“) festschreibe, nicht beeinflusse.

14 Insgesamt lasse sich aus dem energiewirtschaftlichen Gutachten der Schluss ableiten, dass das gegenständliche Kraftwerksprojekt zwar grundsätzlich dem Umwelt- und Klimaschutz diene, der Beitrag allerdings sehr gering sei, wie die angeführten Zahlen bestätigten. Wenn auch die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern durch das Wasserkraftprojekt am Teichlfluss der Deckung des inländischen Bedarfs diene, könne die mit dem Vorhaben zu erbringende Leistung von 1,9 GWh den Zuwachs an Strombedarf in Oberösterreich von nur wenigen Tagen abdecken. Dies sei als vernachlässigbar anzusehen. Im Übrigen könne dieser Strombedarf auch durch andere Erzeugungsformen bzw. durch Import von Strom gedeckt werden.

15 In Ansehung dieser Sachverhaltsfeststellungen gelange die Berufungsbehörde im Rahmen der durchzuführenden Interessenabwägung zum Schluss, dass gewichtige öffentliche Interessen an der Erhaltung eines naturnahen Fließgewässers, wie sie die Teichl mit all ihren landschaftsprägenden Elementen im gegenständlichen Abschnitt darstelle, gegeben seien. Außerdem liege es im Schutzinteresse des OÖ NSchG 2001, den Naturhaushalt so zu erhalten, dass der Lebensraum von Tieren und Pflanzen nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Dies wäre im gegenständlichen Fall jedenfalls für die Äsche gegeben, die nach der Roten Liste Österreichs ohnedies zu den gefährdeten Fischarten zähle. Dem gegenüber stehe das im Rahmen des Berufungsverfahrens erhobene öffentliche Interesse an der Erzeugung emmissionsneutraler elektrischer Energie. Entgegen der Ansicht der Erstbehörde komme die Berufungsbehörde zum Schluss, dass aufgrund der geringen Leistung der gegenständlichen Wasserkraftanlage das energiewirtschaftliche Interesse als vernachlässigbar zu bewerten sei. Ein besonderer Bedarf zur Stromversorgung aus einer Kraftwerksanlage an der Teichl bestehe nicht. Die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes und des Naturhaushaltes überwögen daher sowohl das betriebswirtschaftliche als auch das energiewirtschaftliche Interesse an der Errichtung der Kraftwerksanlage. Insgesamt betrachtet sei nach Abwägung dieser Interessen der Berufung stattzugeben und der Antrag auf eine begünstigende naturschutzbehördliche Feststellung für die Errichtung der Wasserkraftanlage abzuweisen gewesen.

16 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Übergangsrevision (§ 4 Abs. 1 erster Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Übergangsgesetz ‑ VwGbk‑ÜG).

17 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk‑ÜG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG sinngemäß weiter anzuwenden sind.

19 Das OÖ Natur‑ und Landschaftsschutzgesetzes 2001, LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl. Nr. 4/2013 (OÖ NSchG 2001), lautet auszugsweise:

§ 1

Zielsetzungen und Aufgaben

(1) Dieses Landesgesetz hat zum Ziel, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern (öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz).

(2) Durch dieses Landesgesetz werden insbesondere geschützt:

1. das ungestörte Wirkungsgefüge des Naturhaushaltes (Ablauf natürlicher Entwicklungen);

2. der Artenreichtum der heimischen Pflanzen-, Pilz- und Tierwelt (Artenschutz) sowie deren natürliche Lebensräume und Lebensgrundlagen (Biotopschutz);

3. die Vielfalt, Eigenart, Schönheit und der Erholungswert der Landschaft;

...

(4) Im Sinn des Abs. 1 sind Eingriffe in die Natur und Landschaft, wie insbesondere Schädigungen des Naturhaushaltes oder der Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten, Beeinträchtigungen des Erholungswertes der Landschaft und Störungen des Landschaftsbildes nach Maßgabe der näheren Bestimmungen dieses Landesgesetzes verboten. Wenn nach diesem Landesgesetz solche Maßnahmen zulässig sind, sind sie jedenfalls so durchzuführen, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

...

§ 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

...

2. Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert;

...

8. Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft;

...

10. Naturhaushalt: Beziehungs- und Wirkungsgefüge der biotischen und abiotischen Faktoren der Natur; das sind Geologie, Klima, Boden, Oberflächen- und Bodenwasser, Sickerwasser, Grundwasser, Vegetation und dgl.;

...

§ 9

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich von Seen

...

(2) Als Eingriffe in den Naturhaushalt im Sinn des Abs. 1 Z 2 gelten

...

3. der Abtrag und der Austausch des gewachsenen Bodens, es sei denn, die Maßnahmen erfolgen durch die zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden oder im Rahmen einer klein- und hausgärtnerischen Nutzung;

4. die Versiegelung des gewachsenen Bodens;

5. die Anlage künstlicher Gewässer;

...

8. bauliche Maßnahmen zur Stabilisierung des Gewässerbettes sowie

6. die Verrohrung von Fließgewässern.

...

§ 10

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich übriger Gewässer

(1) Der Natur- und Landschaftsschutz im Sinn dieser Bestimmungen gilt für folgende Bereiche:

...

2. für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind;

...

(2) In geschützten Bereichen gemäß Abs. 1 ist jeder Eingriff

1. in das Landschaftsbild und

2. im Grünland (§ 3 Z 6) in den Naturhaushalt

verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 31 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) vorhanden ist.

...

(4) § 9 Abs. 2, 3, 5, 6 und 7 gilt sinngemäß.“

20 Die Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20. Dezember 1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 idF LGBl. Nr. 4/1987, lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 1

(1) Der Landschaftsschutz im Sinne des § 6 des Oberösterreichischen Natur‑ und Landschaftsschutzgesetzes 1982 gilt für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 Meter breiten Geländestreifen.

...

Anlage zu § 1 Abs. 1

...

6.6.2. Teichl“

21 Der Revisionswerber macht zunächst geltend, die Annahme der belangten Behörde, ein maßgeblicher Eingriff in das Landschaftsbild liege vor, weil die tatsächlich vorhandenen anthropogenen Vorbelastungen des Landschaftsbildes von gewissen Blickpunkten nicht ersichtlich seien und daher von einem naturnahen Landschaftsbild und einer Beeinträchtigung durch das Projekt auszugehen sei, sei gesetzwidrig und verkenne den maßgeblichen Sachverhalt. Für die Beurteilung eines Eingriffes in das Landschaftsbild sei es relevant, wie sich ein Vorhaben in das vorgefundene, durch bereits vorhandene Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge einfüge. Dabei sei nach dem klaren Gesetzeswortlaut das gesamte Landschaftsbild von jedem möglichen Blickpunkt aus maßgeblich, dies sowohl für die Beurteilung der Ausgangsbasis, also das durch die vorhandenen Eingriffe bereits vorbelastete Wirkungsgefüge, als auch für die Beurteilung des Vorhabens bzw. des sich daraus ergebenden Bildes und die dadurch bedingten (nachteiligen) Veränderungen. Dabei könnten nicht einzelne Blickpunkte ausgeblendet und auf einen Zustand ohne (vor)belastete Sichtachsen abgestellt werden, weil das Landschaftsgefüge in seiner Gesamtheit maßgeblich sei. Würde man die Rechtsansicht der belangten Behörde teilen, würde sich das Landschaftsbild nie beurteilen lassen, weil einer „beeinträchtigten Sichtachse“ regelmäßig eine „ungestörte Sichtachse“ entgegengehalten werden könnte. Selbst bei größten Verunstaltungen könnte behauptet werden, dass diese bei einem Blick in die entgegengesetzte Richtung nicht sichtbar wären. Das naturnahe Landschaftsbild, welches die belangte Behörde ins Treffen führe, biete sich lediglich aus einer einzigen Sichtachse mit Standpunkt Rücken zur Phyrnautobahn, genau zwischen der Autobahn und jenem Teil des Flusses, der keine Verbauungen habe. Dies bilde aber genau nicht die Situation von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft ab, weil so die in der Natur tatsächlich bestehenden Vorbelastungen als Teil der tatsächlich gegebenen Situation durch den Blick in die entgegengesetzte Richtung - durch „Wegschauen“ - ausgeblendet würden.

22 Dem ist zu erwidern, dass für die Beurteilung, ob und in welchem Ausmaß ein Vorhaben eine Veränderung des Landschaftsbildes mit sich bringt, nicht einzelne Blickpunkte maßgeblich sind. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das „von jedem möglichen Blickpunkt“ aus ergebende Bild der Landschaft verändert. Für die Annahme eines „Eingriffes in das Landschaftsbild“ iSd § 3 Z. 2 OÖ NatSchG 2001 genügt bereits die maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes von einem möglichen Blickpunkt aus. Selbst wenn sich daher die beantragte Maßnahme von mehreren Blickpunkten aus gesehen harmonisch in das Landschaftsbild einfügen würde, so spricht das noch nicht gegen die Annahme, die Maßnahme würde von anderen Blickpunkten aus eine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes mit sich bringen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. 2011/10/0151, mwH).

23 Die belangte Behörde geht auf sachverständiger Grundlage davon aus, dass der gegenständliche Landschaftsraum von der Phyrnautobahn überprägt werde, die vom geplanten Standort der Wehranlage in Blickrichtung Süden dominierend in Erscheinung trete. Ausgehend von diesem Standort mit Blick Richtung Osten bzw. Norden biete allerdings die Teichl den Eindruck einer naturnahen Flusslandschaft ohne deutlich wahrnehmbare anthropogene Vorbelastung, wenn auch einige Uferverbauungen und Blocksteinsicherungen vorhanden seien. Diese Annahme wird mit dem oben wiedergegebenen Revisionsvorbringen nicht in Frage gestellt, wenn ausgeführt wird, ein derartiges Landschaftsbild einer naturnahen Flusslandschaft biete „sich aus einer einzigen Sichtachse“. Mit dem wiedergegebenen Revisionsvorbringen können daher die näher begründeten und nicht als unschlüssig zu erkennenden Ausführungen des Amtssachverständigen, auf die sich die belangte Behörde stützt, in ihrem Beweiswert nicht erschüttert werden. Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf Ausführungen im von ihm vorgelegten Privatgutachten verweist, wird auch damit nicht dargelegt, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einer maßgeblichen Veränderung des Landschaftsbildes einer naturnahen Flusslandschaft ohne deutlich wahrnehmbare anthropogene Vorbelastung, das sich aus bestimmten Blickpunkten ergebe, ausgegangen ist.

24 Der Revisionswerber bringt auch vor, die belangte Behörde habe eine unrichtige Beurteilung des Eingriffes in den Naturhaushalt vorgenommen. Sie hätte aufgrund der maßgeblichen Ermittlungsergebnisse zum Ergebnis gelangen müssen, dass durch das Vorhaben kein relevanter Eingriff in den Naturhaushalt gegeben sei bzw. kein erhebliches Interesse an der Erhaltung des Naturhaushaltes bestehe. Dabei hätte die belangte Behörde die den Ausführungen des im Berufungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen entgegenstehenden Äußerungen des in erster Instanz eingeschrittenen Amtssachverständigen und des Privatgutachters berücksichtigen müssen.

25 Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

26 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde bei Vorliegen einander widersprechender Gutachten auf Grund eigener Überlegungen mit entsprechender Begründung einem Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit bzw. Schlüssigkeit den Vorzug geben. Ist sie dazu nicht in der Lage, so kann sie den von ihr bestellten Sachverständigen auffordern, sich mit den Aussagen des (anderen, insbesondere des Privat‑) Sachverständigen - gegebenenfalls unter neuerlicher Gewährung von Parteiengehör - im Detail auseinanderzusetzen. Diesfalls kann die Sache (beispielsweise) erst dann im Sinne des § 56 AVG spruchreif sein, wenn die Behörde den beigezogenen Amtssachverständigen dazu veranlasst hat, die gegen sein Gutachten vorgetragene Kritik in jedem einzelnen Punkt in einer auch dem nicht fachkundigen Rechtsanwender einleuchtenden Weise zu widerlegen (oder sein Gutachten dementsprechend zu adaptieren) und den Bescheidverfasser damit in die Lage zu versetzen, die Einsichtigkeit der von der Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen in ebenso einleuchtender Weise detailliert darzustellen (vgl. etwa das hg.Erkenntnis vom 5. November 2015, Zl. 2013/06/0094, mwH).

27 Im vorliegenden Fall hat der im Berufungsverfahren beigezogene Amtssachverständige sowohl zu den vom Privatsachverständigen erhobenen Einwänden als auch zu den Annahmen des in erster Instanz beigezogenen Sachverständigen Stellung genommen. Er hat in seinem (im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen) ergänzenden Gutachten vom 16. Oktober 2012 u.a. ausgeführt, dass der fachliche Beurteilungsrahmen im naturschutzrechtlichen Verfahren nicht ident sei mit den Kriterien im wasserrechtlichen Verfahren. Die Parameter, mit denen die Veränderungen des Naturhaushaltes beurteilt würden, seien nicht deckungsgleich mit jenen des „guten ökologischen Zustandes“ im Sinne wasserrechtlicher Parameter. Sowohl in der Zahl der zu beachtenden Arten als auch in deren Gewichtung bestünden beträchtliche Unterschiede in der Bewertung, ebenso seien andere räumliche Maßstäbe anzulegen. Darin liege teilweise auch die im Vergleich zum in erster Instanz eingeholten Gutachten divergierende fachliche Einschätzung des Projekts begründet. Nehme der Sachverständige im erstinstanzlichen Verfahren über nicht unwesentliche Abschnitte Bezug auf wasserrechtliche Parameter, so konzentriere sich das Amtssachverständigengutachten im Berufungsverfahren auf die naturschutzfachlichen Kriterien. Es sei demnach für die naturschutzfachliche Bewertung beispielsweise - anders als vom Privatsachverständigen vorgebracht - irrelevant, ob es sich bei der Äsche um eine „seltene Begleitart in dieser Fischregion handelt, d.h. eine Art, von der per definitionem nur von einem sporadischen Vorkommen im Projektsgebiet auszugehen“ sei. Der Analogieschluss „guter ökologischer Zustand“ [laut wasserrechtlichen Parametern] ist gleich „kein wesentlicher Einfluss auf den Naturhaushalt“ sei aus fachlicher Sicht nicht zulässig. Grundsätzlich seien in vielen Fällen gerade die „seltenen Begleitarten“ diejenigen, die aus naturschutzfachlicher Sicht als besonders wertvoll zu beurteilen seien. Diese von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte naturschutzfachliche Beurteilung des Amtssachverständigen, warum den vom Revisionswerber erhobenen Einwänden keine Berechtigung zukommt, kann aber nicht als unschlüssig erkannt werden. Dass sich die belangte Behörde diesen Ausführungen angeschlossen hat, ist nicht rechtswidrig.

28 Der Revisionswerber wendet sich schließlich gegen die vorgenommene Interessenabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde verkenne „maßgebliche Ermittlungsergebnisse“ und lasse „relevante Vorzüge an der Verwirklichung des konkreten Projektes sowie an der Erzeugung elektrischer Energie aus Kleinwasserkraft in rechtswidriger Weise“ außer Acht. Den Ausführungen der belangten Behörde, wonach der Anlage im Rahmen des Klimaschutzgesetzes kein Einfluss auf die nationale Zielerreichung der Klimaschutzziele zukomme, sei entgegenzuhalten, dass im energiewirtschaftlichen Amtssachverständigengutachten ausdrücklich festgehalten sei, dass sich diese Aussage „aus der Systematik heraus durch die Abbildung über EU-weite Zertifikate“ ergebe und die Anlage dessen ungeachtet eine Klimaschutzmaßnahme darstelle. Die Beurteilung, dass der Anlage als Kleinkraftwerk wegen ihrer geringen Leistung bzw. ihres geringen Beitrages an der Stromproduktion kein wesentliches öffentliches Interesse zukomme, sei rechtswidrig und zeuge von einem mangelhaften Verfahren. Für die Beurteilung des öffentlichen Interesses an einer Kleinwasserkraftanlage komme es gerade nicht darauf an, wie groß deren Beitrag an der Energieproduktion in Österreich sei. Auch eine lokale oder regionale energiewirtschaftliche Bedeutung begründe ein öffentliches Interesse, wenn im Vergleich mit anderen Kleinwasserkraftwerken eine hohe Energieausbeute der Anlage gegeben sei. Aufgrund des energiewirtschaftlichen Amtssachverständigengutachtens hätte berücksichtigt werden müssen, dass die gegenständliche Anlage einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Erreichung der strategischen Zielsetzungen des Landes im Bereich Wasserkraftausbau erfülle, ein überdurchschnittlich hohes Ausnutzungspotential der verfügbaren Energiequelle aufweise und auch wegen der Lage unmittelbar an einer bestehenden 30 kV-Leitung als besonders vorteilhaft zu werten sei.

29 Die belangte Behörde hätte bei richtiger Beurteilung der Ermittlungsergebnisse erkennen müssen, dass den durch das gegenständliche Projekt bedingten „relativ geringen Eingriffen in das Landschaftsbild bzw. in den Naturhaushalt eine verhältnismäßig hohe volks- und (energie-)wirtschaftliche Bedeutung“ gegenüberstehe. Dabei wäre auch zu berücksichtigen gewesen, dass beim vorliegenden Projekt auf die naturschutzfachliche Wertigkeit besonders Rücksicht genommen werde und die Eingriffsintensität auf ein Mindestmaß reduziert sei. Auch hätte die belangte Behörde berücksichtigen müssen, dass die Anlage durch ihre Umsetzung im Gesamtvorhaben mit der bestehenden Anlage an der Pießling in besonderer Weise vorteilhaft sei. Zudem hätte auch berücksichtigt werden müssen, dass mit dem Projekt „durch die Arbeitsplatzsicherung und die Stärkung der Region dem Allgemeinwohl entsprochen“ werde.

30 Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

31 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht an der Erhöhung des Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie und der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit kostengünstiger, qualitativer hochwertiger Energie ebenso wie an den positiven Auswirkungen für den Klimaschutz ein langfristiges öffentliches Interesse. Der Umstand, dass es sich um ein kleineres Kraftwerk mit entsprechend geringerer Energieerzeugung handelt, führt für sich allein nicht zur Verneinung dieses langfristigen öffentlichen Interesses. Vielmehr kann je nachdem, inwieweit eine Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalles geeignet ist, zur Erreichung der genannten Ziele beizutragen, dem Interesse an ihrer Verwirklichung Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommen. Entscheidend ist dabei, welche Bedeutung die Verwirklichung der konkret beantragten Maßnahme für die genannten öffentlichen Interessen hat (wobei insbesondere die projektgemäß produzierte Strommenge maßgeblich ist) und wie gravierend die damit verbundenen Auswirkungen auf die naturschutzgesetzlich geschützten Rechtsgüter sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2010/10/0182, mwH).

32 Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kann nicht gesagt werden, dass die belangte Behörde von dieser Rechtsprechung abgewichen ist. Soweit die Revision eine mangelnde Berücksichtigung von Aussagen des energiewirtschaftlichen Amtssachverständigengutachtens behauptet, wird nicht aufgezeigt, dass die belangte Behörde insofern Ermittlungsergebnisse unberücksichtigt gelassen hätte. Die belangte Behörde nimmt nicht etwa den Standpunkt ein, dass die Anlage - weil dieser nach den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen des Klimaschutzgesetzes kein Einfluss auf die nationale Zielerreichung der Klimaschutzziele zukomme - keine Klimaschutzmaßnahme darstellen würde, diese bloß ein geringes Ausnutzungspotential der verfügbaren Energiequelle aufweise oder über keine vorteilhafte Netzanbindung verfügen würde. Sie geht vielmehr gestützt auf das genannte Gutachten davon aus, dass das beantragte Projekt zwar grundsätzlich dem Umwelt- und Klimaschutz diene, dessen Beitrag dazu auf Basis der projektgemäß produzierten Strommenge von 1,9 GWh (mit der rund 0,13 Promille des gesamten Bedarfs Oberösterreichs abgedeckt werden könnte) und des (rechnerisch) erzielbaren Reduktionsbeitrages am Gesamt‑CO2‑Äquivalentaufkommen Oberösterreichs von 0,036 Promille aber als sehr gering einzustufen sei.

33 Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist weder diese, auf sachverständiger Grundlage gewonnene Auffassung über die Bedeutung der beantragten Maßnahme für die genannten öffentlichen Interessen noch deren Abwägung mit den Auswirkungen auf die naturschutzgesetzlich geschützten Rechtsgüter als rechtswidrig zu erkennen. Soweit der Revisionswerber darauf hinweist, dass bei der Interessenabwägung berücksichtigt hätte werden müssen, dass mit dem Projekt „durch die Arbeitsplatzsicherung und die Stärkung der Region dem Allgemeinwohl entsprochen“ werde, so wird damit schon mangels jeglicher Darlegungen in der Revision, von welchen diesbezüglichen konkreten Auswirkungen des beantragten Projektes die belangte Behörde insoweit ausgehen hätte müssen, ein relevanter Verfahrensfehler nicht dargetan.

34 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

35 Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der (auf „Übergangsfälle“ gemäß § 4 iVm § 3 Z. 1 der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenen) VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. Dezember 2016

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