Normen
EStG §16 Abs1;
EStG §20 Abs1 Z1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG §20 Abs1 Z2 litd;
EStG §33 Abs1;
EStG §34 Abs1;
EStG §34 Abs2;
EStG §35;
EStG §4 Abs4;
EStG §16 Abs1;
EStG §20 Abs1 Z1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG §20 Abs1 Z2 litd;
EStG §33 Abs1;
EStG §34 Abs1;
EStG §34 Abs2;
EStG §35;
EStG §4 Abs4;
Spruch:
I.
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Die Erstbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II.
Der angefochtene Bescheid wird in Stattgebung der Beschwerde des zweitbeschwerdeführenden Finanzamtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Die seit einem Unfall im Jahr 2008 querschnittsgelähmte Erstbeschwerdeführerin erzielte im Streitjahr 2011 als Steuerberaterin steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 machte die Erstbeschwerdeführerin aufgrund ihrer Behinderung außergewöhnliche Belastungen in Höhe von EUR 15.652,84 geltend. Davon entfielen EUR 4.640,-- auf die Differenz zwischen dem Mietzins für die vor dem Unfall bewohnte Wohnung in der B-Gasse und dem Mietzins für die nach dem Unfall angemietete Wohnung in der C-Gasse. Ergänzend brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, diese Ausgaben seien außergewöhnlich, weil die den existenziellen Wohnbedarf abdeckende Wohnung für ihre Familie - mangels Erreichbarkeit mittels Rollstuhls - aufgrund ihrer Querschnittslähmung unbewohnbar geworden sei. Die Ausgaben seien auch zwangsläufig erwachsen, habe sich die alte Wohnung doch in einem denkmalgeschützten Biedermeierhaus befunden, an dem keine Umbaumaßnahmen vorgenommen hätten werden können. Die neue Wohnung sei bautechnisch rollstuhlgerecht adaptierbar gewesen und liege - was für ihre Berufstätigkeit und die Schulpflicht ihres Sohnes wichtig sei - im alten Umfeld der Familie. Die Ausgaben würden die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Erstbeschwerdeführerin wesentlich beeinträchtigen, "verschlinge" doch die erhöhte Miete ihr gesamtes Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
2 Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 berücksichtigte das Finanzamt den Mehrbetrag an jährlichen Mietaufwendungen in Höhe von EUR 4.640,-- nicht als außergewöhnliche Belastung. Wohnungskosten seien von der Mehrzahl der Steuerpflichtigen zu tragen und es fehle diesen grundsätzlich das Element der Außergewöhnlichkeit. Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung der Wohnung seien ohnedies bei der Veranlagung für das Jahr 2008 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden.
3 In der dagegen erhobenen Berufung vom 1. Juni 2012 brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, aufgrund ihres Unfalls am 13. August 2008 sei die von ihrer Familie bis dahin bewohnte (zweigeschossige) Mansardenwohnung, die über keinen Lift verfüge, nicht mehr benützbar gewesen, sodass innerhalb weniger Wochen eine neue Wohnung habe gefunden werden müssen, die barrierefrei erreichbar und behindertengerecht adaptierbar gewesen sei. Da ihr außerdem - wie vom Bundessozialamt bestätigt - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich bzw. nicht zumutbar sei, habe die neue Wohnung - wie auch die frühere Wohnung - in unmittelbarer Nähe zu ihrem Arbeitsplatz gelegen sein müssen, da sie diesen sonst verloren hätte. Aufgrund dieser Umstände habe sich die Wohnungssuche entsprechend schwierig gestaltet und es sei deshalb nicht möglich gewesen, eine billigere Wohnung als Zwischenlösung zu suchen oder auf eine günstigere Wohnung zu warten. Bereits Anfang Dezember, somit wenige Wochen nach der Anmietung der Wohnung, habe sie gelegentlich aus dem Rehabilitationszentrum nach Hause kommen können. Am 13. März 2009 sei sie endgültig aus dem Rehabilitationszentrum entlassen worden. Sie habe bereits am 20. März 2009 ihre Arbeit wieder aufgenommen. Wenn das Finanzamt die Mietzinsdifferenz nicht als außergewöhnliche Belastung anerkenne, verweigere es jede Auseinandersetzung mit den für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung entscheidenden Umständen. Bei der geltend gemachten Mietzinsdifferenz handle es sich um Mehrkosten aufgrund ihrer Behinderung. Die Ansicht des Finanzamts, wonach Mietkosten von vornherein keine außergewöhnliche Belastung darstellten, sei verfehlt, kämen Mietkosten nach § 107 EStG 1988 doch ausdrücklich als außergewöhnliche Belastung in Betracht. So seien beispielsweise auch Pkw-Kosten ausdrücklich als außergewöhnliche Belastung anerkannt, obwohl sie genauso anderen Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse erwachsen würden. Im Übrigen sei der Verlust der kostengünstigeren Wohnung als Folge ihres Unfalls einem Katastrophenschaden gleichzuhalten.
4 In ihrer Berufungsergänzung vom 24. Juni 2012 änderte die Erstbeschwerdeführerin ihr Berufungsbegehren insoweit ab, als sie primär die Berücksichtigung der Mietzinsdifferenz als Werbungskosten begehrte und nur ersatzweise die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung geltend machte. Der Abzug der Mietzinsdifferenz als Werbungskosten ergebe sich daraus, dass sie die erhöhten Mietkosten auch zur Erhaltung ihres Arbeitsplatzes habe in Kauf nehmen müssen. Es sei insbesondere ein Entgegenkommen ihres Arbeitgebers gewesen, dass sie hinsichtlich ihrer Arbeitszeit weitgehend freie Hand gehabt habe. Ohne dieses Entgegenkommen wäre sie mit größter Wahrscheinlichkeit arbeitslos oder müsste sie eine Berufsunfähigkeitspension beziehen.
5 In Beantwortung eines Vorhalts der belangten Behörde vom 22. März 2013 erläuterte die Erstbeschwerdeführerin u.a. ihre körperlichen Beschwerden, verwies nochmals darauf, dass die frühere Wohnung aufgrund der Behinderung nicht mehr benützbar gewesen sei und sich die neue Wohnung im Nahebereich ihres damaligen Arbeitsplatzes habe befinden müssen, um diesen behalten zu können. Sie gelange mit dem Rollstuhl zu ihrer Arbeitsstätte. Bei gelegentlichen Terminen außerhalb des Büros bringe sie ihr Mann mit dem Auto zur entsprechenden Adresse. Das Bundessozialamt habe ihr amtlich bestätigt, dass ihr das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Außerdem sei, täglich mit dem Taxi zu fahren, eine Kostenfrage. Sie überweise ihrem Mann monatlich die Hälfte der Miete, darin enthalten sei die Mietzinsdifferenz zur früheren Miete. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien auch die Wohnkosten in einem Behindertenheim als außergewöhnliche Belastung absetzbar.
6 Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. April 2013 gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und berücksichtigte die Hälfte der geltend gemachten Mietzinsdifferenz (EUR 2.320,--) als Werbungskosten. Der verbleibende Betrag von EUR 2.320,-- an Mehraufwendungen fand weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung.
7 Die belangte Behörde stellte fest, es sei aktenkundig, dass sich die neue Wohnung im räumlichen Nahebezug zum damaligen Arbeitsplatz der Erstbeschwerdeführerin befunden habe. Zwar seien Aufwendungen für die Wohnung eines Steuerpflichtigen als typische Haushaltsausgaben grundsätzlich nicht abzugsfähig, jedoch erfahre diese Beurteilung eine Ausnahme, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Berufsausübung höhere Kosten entstünden, als sie ihm sonst erwachsen würden. So seien die Kosten der doppelten Haushaltsführung bei beruflicher Veranlassung abzugsfähig. Im Beschwerdefall liege ein ausreichend bestimmter, objektiver Zusammenhang zwischen der Anmietung der Wohnung in der C-Gasse und der Berufstätigkeit der Erstbeschwerdeführerin vor. So habe die Erstbeschwerdeführerin nachvollziehbar angegeben, die neue Wohnung auch wegen des unbestritten gegebenen Nahebezugs zum Ort der Erwerbstätigkeit gewählt zu haben und werde dies durch die unmittelbare Aufnahme der Berufstätigkeit nach der Entlassung aus dem Rehabilitationszentrum bestätigt. Das Hauptaugenmerk der Beschwerdeführerin sei daher nicht nur darauf gerichtet gewesen, sich im Bereich der privaten Lebensführung auf die neue Situation einzustellen, sondern auch im Berufsleben rasch wieder Fuß zu fassen. Der von der Erstbeschwerdeführerin vor ihrem Unfall ausgeübte Aufgabenbereich als Steuerberaterin beschränke sich nicht auf Tätigkeitsabläufe, die sich typischerweise in Heimarbeit erledigen ließen. Vielmehr seien der persönliche Umgang mit Klienten und die Anwesenheit an einem zugeordneten Arbeitsplatz in der Kanzlei erforderlich. Der erwerbsbezogene Veranlassungszusammenhang ergebe sich nicht nur daraus, dass der Erstbeschwerdeführerin seitens ihres Arbeitgebers kein ausreichend behindertengerechtes Büro habe zur Verfügung gestellt werden können, sondern auch aus dem Umstand, dass eine Ausübung der Tätigkeit als Steuerberaterin überhaupt nur möglich gewesen sei, weil auf die mit der Querschnittslähmung verbundenen körperlichen Einschränkungen bei der Gestaltung des täglichen Arbeitsablaufs habe Bedacht genommen werden können. Die jederzeitige, zeitnahe und möglichst barrierefreie Erreichbarkeit der behindertengerecht hergerichteten Wohnung sei dazu notwendige Voraussetzung gewesen. Die Erstbeschwerdeführerin habe selbständig und ohne kostenintensive Inanspruchnahme täglicher Taxifahrten zum Arbeitsplatz gelangen müssen. Aufgrund der Mitbenützung der Wohnung durch die weiteren Familienmitglieder werde nur die Hälfte der Mietzinsdifferenz als durch die Berufstätigkeit der Erstbeschwerdeführerin verursacht angesehen und als Werbungskosten anerkannt. Die darüber hinausgehenden Kosten seien aus privaten Gründen angefallen und als nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung nach § 20 EStG 1988 zu qualifizieren.
8 Eine Berücksichtigung der anderen Hälfte der Mietzinsdifferenz als außergewöhnliche Belastung komme nicht in Betracht. Bereits in der Berufungsentscheidung vom 27. März 2012 betreffend die Einkommensteuer der Erstbeschwerdeführerin für das Jahr 2010 sei die Berücksichtigung der Mietzinsdifferenz als außergewöhnliche Belastung verneint worden. Dies gelte auch für das Streitjahr 2011. So habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es für die Beurteilung der Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen nicht darauf ankomme, ob das den Aufwand auslösende Ereignis selbst außergewöhnlich sei. Daher habe die - zweifellos ein die Mehrzahl der Steuerpflichtigen nicht treffendes außergewöhnliches Ereignis darstellende - Querschnittslähmung der Erstbeschwerdeführerin mit der Folge der Erforderlichkeit eines Wohnsitzwechsels bei der Beurteilung der Außergewöhnlichkeit unberücksichtigt zu bleiben. Auch sei die Außergewöhnlichkeit zu verneinen, wenn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen den betreffenden Aufwand nicht unüblich erscheinen ließen. Der für die Wohnung zu entrichtende Mietzins von EUR 1.270,-- monatlich stelle sich in Anbetracht der Einkommenssituation der Ehegatten keinesfalls als unüblich dar. Da der Wohnungsaufwand ca. 35% des Nettoeinkommens der Ehegatten betrage, sei diesbezüglich nicht von einem außergewöhnlichen Aufwand auszugehen, den die Mehrzahl der Steuerpflichtigen nicht zu tragen hätte. Zwar könne die Zwangsläufigkeit dem Grunde nach nicht bezweifelt werden, da der Wohnungswechsel nach Eintritt der Körperbehinderung zwingend notwendig gewesen sei. Jedoch könne die Zwangsläufigkeit der Höhe nach nicht allein deshalb angenommen werden, weil eine rollstuhlgerecht adaptierbare Wohnung unter Zeitdruck habe gefunden werden müssen. Gegen die Zwangsläufigkeit der Höhe nach spreche auch der Umstand, dass beide Ehegatten Mieter der neuen Wohnung seien, sodass die Geltendmachung der gesamten Mietzinsdifferenz als außergewöhnliche Belastung - so wie im Jahr 2010 beantragt - auf keinen Fall gerechtfertigt sei.
9 Gegen diesen Bescheid richtet sich die Parteibeschwerde wegen Nichtanerkennung der (weiteren) Mehrkosten an Mietaufwendungen in Höhe von EUR 2.320,-- als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastung. Die Amtsbeschwerde richtet sich gegen die Anerkennung der Mietzinsdifferenz in Höhe von EUR 2.320,-- als Werbungskosten.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres Sachzusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und nach Aktenvorlage und Erstattung einer mit einer Replik beantworteten Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie nach Erstattung einer Gegenschrift zur Amtsbeschwerde durch die Erstbeschwerdeführerin als Mitbeteiligte erwogen:
11 Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs. 2), zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4), wobei sie nicht bereits Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben sein darf.
12 Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
13 Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen und seine Lebensführung nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Das gilt für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung selbst dann, wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (so genanntes "Aufteilungsverbot", vgl. z.B. das Erkenntnis vom 27. Juni 2012, 2008/13/0156, VwSlg. 8730/F).
14 Die Regelungen des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 erfassen zunächst insbesondere Ernährung, bürgerliche Kleidung, Wohnung (zur Sonderregelung für häusliche Arbeitszimmer siehe § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988) und Gegenstände des höchstpersönlichen Bedarfs (Brille, Prothese, etc.). Derartige Aufwendungen sind von vornherein vom Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten ausgeschlossen. Damit korrespondiert die tarifliche Steuerfreistellung des pauschalen Existenzminimums durch § 33 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2010/15/0197, VwSlg. 8613/F, mwN).
15 Die organisatorische Gestaltung der privaten Sphäre gehört auch dann zur Einkommensverwendung, wenn dadurch eine Erwerbstätigkeit erst ermöglicht oder erleichtert wird (vgl. Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 13, mwN). Auch Aufwendungen für die Beschaffung einer Wohnung - selbst zwecks Wohnsitznahme am Beschäftigungsort - fallen unter das Abzugsverbot. Nur dann, wenn unvermeidbare Kosten einem Steuerpflichtigen dadurch entstehen, dass er am Arbeits- (Tätigkeits-)ort wohnen muss und ihm die Verlegung des (Familien‑)Wohnsitzes an diesen Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum (Familien‑)Wohnsitz, können diese nach der zur so genannten "doppelten Haushaltsführung" entwickelten Judikatur als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abgezogen werden, bei der sie erwachsen sind (vgl. zur diesbezüglichen Abgrenzung das bereits erwähnte Erkenntnis vom 27. Juni 2012, 2008/13/0156, VwSlg. 8730/f).
16 Ausgehend von diesen Grundsätzen standen auch im Beschwerdefall die erwähnten Abzugsverbote des § 20 Abs. 1 EStG 19888 dem von der belangten Behörde vorgenommenen Werbungskostenabzug in Höhe der Hälfte der Mietzinsdifferenz entgegen. Bei den in Rede stehenden Mehraufwendungen handelte es sich nämlich um Aufwendungen für die (einzige) Wohnung der mitbeteiligten Erstbeschwerdeführerin, wobei aus einer Krankheit oder Behinderung resultierende Folgekosten der organisatorischen Gestaltung der privaten Sphäre zuzurechnen sind.
17 Der Amtsbeschwerde kommt damit Berechtigung zu, sodass der angefochtene Bescheid deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist.
18 Nach § 20 Abs. 3 zweiter Satz EStG 1988 können die bei den einzelnen Einkünften nicht abzugsfähigen Aufwendungen und Ausgaben u. a. nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 leg. cit. bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden.
19 Zu der in der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin angestrebten Berücksichtigung der Wohnungs-(Mehr‑)Kosten als außergewöhnliche Belastung nach § 34 EStG 1988 ist davon auszugehen, dass Wohnungskosten nach ständiger Judikatur schon das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit nicht erfüllen, sind solche doch von der Mehrzahl der Steuerpflichtigen zu tragen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 22. Februar 1995, 94/13/0271 und 0272, VwSlg. 6974/F, vom 15. Juli 1998, 95/13/0270, und vom 21. Oktober 2015, Ro 2014/13/0038). Dass bei den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Erstbeschwerdeführerin entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid der strittige Wohnungsaufwand unüblich gewesen wäre, wird in der Beschwerde an sich auch nicht behauptet.
20 Soweit sich die Erstbeschwerdeführerin auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 2012, 2008/13/0185, stützt, ist daraus für den Beschwerdefall nichts zu gewinnen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis zum Ausdruck gebracht (vgl. in diesem Sinne etwa schon das Erkenntnis vom 30. Juni 2010, 2008/13/0145, VwSlg. 8564/F), dass es einem behinderten Steuerpflichtigen im Sinne des § 35 EStG 1988, der - behinderungsbedingt - nicht mehr in der Lage ist, den Haushalt selbst zu führen und daher auf eine Betreuung, wie sie in einem Alters- oder Pflegeheim typisch ist, angewiesen ist, freisteht, die tatsächlichen Kosten einer Heimunterbringung (auch in der Form der Unterkunft und Verpflegung, soweit diese Kosten über die Haushaltsersparnis hinausgehen) als außergewöhnliche Belastung geltend zu machen. Eine solche Berücksichtigung behinderungsbedingter Mehraufwendungen erfordert allerdings einen unmittelbaren (spezifischen) Zusammenhang der Mehraufwendungen mit einem notwendigen Pflege- oder Betreuungsbedarf (weswegen die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim geboten ist). Ein solcher Zusammenhang ist bei allein mit Rücksicht auf eine Behinderung erfolgter (allgemeiner) Wohnsitznahme noch nicht gegeben.
21 Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin erweist sich daher als unbegründet. Sie war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
22 Aufgrund der Amtsbeschwerde des Finanzamtes war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
24 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 30. März 2016
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