Normen
ORF-G 2001 §31 Abs10 idF 2011/I/126;
ORF-G 2001 §31 idF 2001/I/083;
ORF-G 2001 §31 Abs10 idF 2011/I/126;
ORF-G 2001 §31 idF 2001/I/083;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht die von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 15. Mai 2013 ab, mit dem u.a. die Zahlung einer Abgabe nach dem NÖ Rundfunkabgabegesetz in Höhe von 64,46 EUR für den Zeitraum 1. Jänner 2012 bis 31. Mai 2013 vorgeschrieben worden war.
Begründend wird im angefochtenen Erkenntnis ausgeführt, es sei unstrittig, dass die Revisionswerberin an einem bestimmten in Niederösterreich gelegenen Standort Radio- und Fernsehempfangsanlagen betreibe. An diesem Standort sei kein DVB-T Gerät vorhanden; auch eine ORF Digital SAT Karte sei für den Standort nicht registriert. Der verfahrensgegenständliche Standort werde jedoch mit Programmen des Österreichischen Rundfunks digitalterrestrisch versorgt; ein Empfang sei mittels Zimmerantenne möglich.
Gemäß § 1 Abs. 1 des NÖ Rundfunkabgabegesetzes, LGBl. 3610-1, hätten Gebührenpflichtige nach den §§ 2 und 3 RGG, BGBl. I Nr. 159/1999 idF BGBl. I Nr. 71/2003, an das Land eine Abgabe zu entrichten, wenn der Standort der Rundfunkempfangsanlage in Niederösterreich liege. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpfe das Entstehen der Gebührenpflicht nach § 2 Abs. 1 RGG ausschließlich an den Betrieb einer Rundfunkempfangsanlage in einem Gebäude an (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2008, 2006/17/0039, und vom 27. Februar 2013, 2010/17/0022).
Entscheidend sei im gegenständlichen Fall daher nur, ob die Revisionswerberin im Zeitraum vom 1. Jänner 2012 bis 31. Mai 2013 an dem im angefochtenen Bescheid genannten Standort Rundfunkempfangseinrichtungen betrieben oder zum Betrieb bereitgehalten habe.
Wie bereits in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. Juni 2014 festgestellt worden sei, habe die Revisionswerberin zu keiner Zeit im gesamten Verfahrensverlauf bestritten, Rundfunkempfangseinrichtungen am genannten Standort tatsächlich zu betreiben. Wie aus diesen - im angefochtenen Erkenntnis auszugsweise wiedergegebenen - Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes zum ORF-Programmentgelt hervorgehe, unterliege die Revisionswerberin der Verpflichtung zur Zahlung des Programmentgelts und damit auch der Verpflichtung zur Entrichtung der Landesabgabe nach § 2 NÖ Rundfunkabgabesetz.
Das Verwaltungsgericht hat weiters gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ausgesprochen, dass die Revision zulässig sei, weil eine einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum NÖ Rundfunkabgabegesetz fehle.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, worin sie die kostenpflichtige Zurück- oder Abweisung der Revision beantragt.
Über die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten vorgelegte Revision hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Revisionswerberin wendet sich gegen die Bemessung der Landesabgabe nach dem Programmentgelt.
Im streitgegenständlichen Bemessungszeitraum von Jänner 2012 bis Mai 2013 stand § 2 NÖ Rundfunkabgabegesetz idF LGBl. 3610-1 in Kraft, dessen Abs. 1 wie folgt lautete:
"Die Abgabe beträgt je Monat 24,5 %
o der monatlich zu entrichtenden Rundfunkgebühren nach dem RGG und
o des monatlichen Programmentgelts nach dem ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984, in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2004.
Die Umsatzsteuer und der Kunstförderungsbeitrag des Bundes gehören nicht zur Bemessungsgrundlage."
Aus der wiedergegebenen Verweisung folgt, dass sich die Verpflichtung zur Leistung der NÖ Rundfunkabgabe von 24,5 % des monatlichen Programmentgelts nach Maßgabe des ORF-Gesetzes idF BGBl. I Nr. 97/2004 bestimmt.
In der Fassung BGBl. I Nr. 97/2004 hatte § 31 ORF-Gesetz folgenden (ihm durch das BGBl. I Nr. 83/2001 verliehenen) - auszugsweise samt Überschrift wiedergegebenen - Wortlaut:
"Programmentgelt
§ 31. (1) Jedermann ist zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt. Die Höhe des Programmentgelts wird vom Stiftungsrat festgesetzt, wobei dafür zu sorgen ist, dass unter Zugrundelegung einer sparsamen Verwaltung die gesetzmäßigen Aufgaben des Rundfunks kostendeckend erfüllt werden können; hierbei ist auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Bedacht zu nehmen.
(2) Der Beschluss, mit dem die Höhe des Programmentgelts festgesetzt wird, bedarf der Genehmigung des Publikumsrates. (...)
(3) Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften.
(4) Das Programmentgelt ist gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben; eine andere Art der Zahlung tilgt die Schuld nicht.
(...)"
Im Erkenntnis vom 4. September 2008, 2008/17/0059, hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 31 ORF-G in der wiedergegebenen Fassung ausgesprochen, dass schon die Überschrift vor § 31 leg. cit. ("Programmentgelt") nahe legt, dass eine Austauschbeziehung zwischen dem Empfang der Programme des ORF und dem dafür zu leistenden Entgelt besteht. Näheres ergibt sich aus § 31 Abs. 1 erster Satz ORF-G, wonach jedermann zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des ORF gegen fortlaufendes Programmentgelt berechtigt ist. Dieses Programmentgelt ist gemäß § 31 Abs. 3 erster Satz ORF-G unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen. Ein Programmentgelt ist nach diesem Gesetz (in der angeführten Fassung) nur bei einem Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des ORF zu entrichten. Der Verweis des ORF-G auf das RGG bedeutet, dass für die Zwecke des Programmentgelts eine betriebsbereite Rundfunkempfangsanlage nur dann vorliegt, wenn diese Anlage die Programme des ORF empfangen kann.
An dieser Voraussetzung fehlt es nach den unstrittigen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes aber, sodass sich das Erkenntnis insoweit als rechtswidrig erweist, als damit eine Landesabgabe auch vom monatlichen Programmentgelt nach dem ORF-G vorgeschrieben wurde.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. November 2014, Ro 2014/15/0040, ausgeführt hat, besteht erst seit der mit BGBl. I Nr. 126/2011 eingetretenen Gesetzesänderung die Pflicht zur Zahlung des Programmentgelts schon dann, wenn ein Rundfunkteilnehmer - wie im Revisionsfall - an seinem Standort mit den Programmen des österreichischen Rundfunks terrestrisch versorgt wird. Mit BGBl. I Nr. 126/2011 wurde § 31 Abs. 10 wie folgt neu gefasst:
"Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§ 2 Abs. 1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß § 3 Abs. 1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften."
Entsprechend diesem Gesetzeswortlaut ist das Programmentgelt nach der durch das BGBl. I Nr. 126/2011 geschaffenen Rechtslage - anders als nach der Rechtslage, die im Erkenntnis 2008/17/0059 der Beurteilung zu Grunde zu legen war - kein Äquivalent mehr für den Empfang der Programme des Österreichischen Rundfunks, sondern für die Bereitstellung der Programme durch den Österreichischen Rundfunk, also für die Versorgung des Standortes mit diesen Programmen. Damit kehrte der Gesetzgeber zur ursprünglichen Konzeption des Programmentgelts zurück, wonach schon die Möglichkeit des Empfanges von ORF-Programmen (nunmehr unter der weiteren Voraussetzung, dass sich die Empfangsmöglichkeit ohne größeren Aufwand herstellen lasse) die Pflicht zur Leistung des Programmentgelts begründet.
Der Landesgesetzgeber hat das NÖ Rundfunkabgabegesetz erst mit LGBl. 3610-2, ausgegeben am 5. Dezember 2013, an die geänderte bundesgesetzliche Regelung angepasst, indem der am Tag nach Kundmachung in Kraft getretene § 2 Abs. 1 NÖ Rundfunkabgabegesetz folgende Fassung erhielt:
"Die Abgabe beträgt je Monat 24,5 %
o der monatlich zu entrichtenden Rundfunkgebühren nach
dem RGG und
o des monatlichen Programmentgelts nach dem ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984, in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2012.
Die Umsatzsteuer und der Kunstförderungsbeitrag des Bundes gehören nicht zur Bemessungsgrundlage."
Bei dieser Sach- und Rechtslage erwies sich im Fall der Revisionswerberin zwar die Vorschreibung des Programmentgelts nach § 31 ORF-G in der seit dem BGBl. I Nr. 126/2011 geänderten Fassung (somit ab dem 1. Jänner 2012) als rechtmäßig (vgl. auch den dieselbe Revisionswerberin betreffenden hg. Beschluss vom 29. Jänner 2015, Ro 2014/15/0038). Die Vorschreibung der NÖ Rundfunkabgabe vom ORF-Programmentgelt stellt sich hingegen als rechtswidrig dar.
Die Revision ist - entgegen dem Vorbringen der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde in der Revisionsbeantwortung -
daher nicht nur zulässig, weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum NÖ Rundfunkabgabegesetz, LGBl. Nr. 3610-1, fehlt. Sie ist nach dem Gesagten auch berechtigt, sodass das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 30. April 2015
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