VwGH 2010/17/0022

VwGH2010/17/002227.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler, Dr. Mairinger sowie Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des H B in Wien, vertreten durch Mag. Michael Lang, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zedlitzgasse 3, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien, nunmehr: Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, vom 17. Dezember 2009, Zl. GIS 0235/09, betreffend Rückzahlung von Rundfunkgebühren u.a., zu Recht erkannt:

Normen

KulturförderungsbeitragsG Wr 2000 §6 Abs1
KunstförderungsbeitragsG 1981 §1 Abs2 idF 2005/I/034
ORF-G 2001 §31 Abs4
RGG 1999 §2 Abs3
RGG 1999 §4 Abs1 idF 2003/I/071
RGG 1999 §6 Abs1 idF 2003/I/071
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2010170022.X00

 

Spruch:

Soweit der angefochtene Bescheid einen Abspruch über den Wiener Kulturförderungsbeitrag enthält, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufgehoben.

Im Übrigen wird der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 22. Dezember 2008 begehrte der Beschwerdeführer bei der GIS Gebühren Info Service GmbH (in der Folge: GIS) unter Angabe seiner eigenen Teilnehmernummer und der Teilnehmernummer seiner ehemaligen Ehefrau eine Überprüfung einer Doppelmeldung am Standort der vormals gemeinsamen ehelichen Wohnung ein. Seit 1. September 1992 bestehe eine eigenständige Meldung seitens seiner ehemaligen Ehefrau am Standort. Vor 13 Jahren sei er zudem zu seiner Lebensgefährtin Frau GG verzogen, an deren Adresse er seit 29. August 1995 gemeldet sei. Er wolle "die Gebühren" daher rückerstattet bekommen.

Seitens der GIS wurde dem Beschwerdeführer darauf hin unter Hinweis auf § 2 Abs. 3 RGG mitgeteilt, die Gebührenpflicht ende rechtlich erst mit Ende des Monats, in dem der GIS eine schriftliche Abmeldung vorliege. Aus Kulanzgründen könne man jedoch eine Abmeldung für drei Jahre rückwirkend durchführen.

Mit Schreiben der Bank vom 12. Jänner 2009 wurde die GIS von der Löschung des Abbuchungsauftrages durch den Beschwerdeführer verständigt.

Mit anwaltlichem Schreiben forderte der Beschwerdeführer schließlich die GIS auf, die seit dem 1. September 1992 vom Konto eingezogenen Beträge abzüglich des zuletzt bereits anerkannten und refundierten Betrages zur Anweisung zu bringen.

Mit Bescheid vom 10. März 2009 sprach die GIS daraufhin aus, dass die Rundfunkgebühren und sonstigen damit verbundenen Abgaben und Entgelte für eine Radio- und Fernsehmeldung zu Recht vorgeschrieben worden seien, und erledigte damit den Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers abweisend. Begründend verwies sie darauf, dass ein Nachweis einer Abmeldung im Sinne einer Meldung gemäß § 2 Abs. 3 Rundfunkgebührengesetz im Zeitraum vor Dezember 2008 nicht beigebracht worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers ab. Begründend führte sie aus, es liege in der individuellen Sphäre und Verantwortung des Beschwerdeführers, die Gebührenpflicht von sich aus zu beenden. Rechtlich entscheidend sei, dass im zeitlichen Anwendungsbereich der Rundfunkverordnung (bis Ende 1999) nur eine nachweislich beim Postamt eingelangte Anzeige, im Anwendungsbereich des Rundfunkgebührengesetzes (ab 2000) nur eine nachweislich bei der GIS eingelangte Abmeldung die Rundfunkgebührenpflicht für auf einem Standort nicht mehr in Betrieb stehende oder in Betriebsbereitschaft gehaltene Rundfunkgeräte beende.

Bei der GIS seien die Meldungen des Beschwerdeführers (Beginn 1. Jänner 1985) und seiner Ehefrau (Beginn 1. September 1992) aufgelegen, aus denen für die GIS die Doppelmeldung nicht ersichtlich gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe zweifellos laufend Gebühren, Entgelte und Abgaben an die GIS abgeführt, zu deren Entrichtung er möglicherweise nicht verpflichtet gewesen sei. Die GIS habe diese in Unkenntnis dessen, dass sie ihr möglicherweise nicht rechtmäßig zugestanden seien, eingehoben. Eine Schuld sei der GIS in keinster Weise zuzurechnen, vielmehr komme es auf eine Abmeldung durch den Abgabepflichtigen an.

In Analogie zu einem Steuerpflichtigen, der, wenn er nach mehr als 10 Jahren nach Erlassung eines Einkommensteuerbescheides bemerke, dass ihm infolge eines Irrtumes des Finanzamtes oder Unkenntnis desselben von entscheidungswesentlichen Tatsachen zu viel Einkommensteuer vorgeschrieben worden sei, keine Möglichkeit mehr habe, die bezahlte Steuer zurückzubekommen, könne der Beschwerdeführer für die fast 10 Jahre möglicherweise zu Unrecht eingezogenen Rundfunkgebühren auf Basis des verwaltungsrechtlichen Verfahrens - keine Rückerstattung fordern.

Der bestehende Abbuchungsauftrag sei durch den Beschwerdeführer erst am 12. Jänner 2009 widerrufen worden. Diesbezüglich komme die belangte Behörde zu der Auffassung, dass die individuelle Sorgfaltspflicht betreffend die eigene Finanzgebarung nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen worden sei. Die Nachlässigkeit in der Handlungsweise des Beschwerdeführers sei auch darin begründet zu sehen, dass dieser innerhalb von 14 Tagen nach Ergehen des Scheidungsurteils aus der ehelichen Wohnung habe ausziehen müssen, jedoch eine ZMR-Abmeldung von diesem Standort erst mit 9/1995, also fünf Jahre nach Ergehen des Scheidungsurteils, aus welchen Gründen auch immer, erfolgt sei. Er habe es daher seiner eigenen mangelnden Sorgfalts- und Obsorgepflicht zuzuschreiben, dass ihm möglicherweise ohne einen tatsächlichen rechtlichen Grund über einen längeren Zeitraum laufend kleinere Beträge regelmäßig auf Grund eines selbst eingerichteten Einziehungs- oder Dauerauftrages abgebucht worden seien.

Des Weiteren sei auf die Bestimmungen der Verjährung (§ 1451 ABGB) zu verweisen. Dabei würden unter die dreijährige Frist insbesondere auch Geldforderungen aus Geschäften des täglichen Lebens und jede Art von Geschäften betreffend Lieferung und Leistung von Waren oder Ausführen von Arbeiten fallen. Das Gesetz zähle diesbezüglich die wiederkehrenden Leistungen, die der kurzen Verjährungsfrist unterlägen, nicht erschöpfend auf. Darunter seien jedoch auch Leistungen zu verstehen, die insbesondere der GIS zugrunde lägen, nämlich die Einhebung von Entgelten für den Konsum von Rundfunksendungen jeglicher Art im Zusammenhang mit laufend erbrachten Leistungen.

Die belangte Behörde halte daher die Entscheidung der GIS, die vor mehr als drei Jahren (möglicher Weise zu Unrecht) eingehobenen Beträge nicht rückzuerstatten, für richtig und begrüße die von der GIS dennoch aus Kulanzgründen gewählte Vorgangsweise der Rückzahlung von Beträgen im Kulanzweg.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

 

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen lauten in der zum Zeitpunkt der Stellung des Rückzahlungsantrages durch den Beschwerdeführer bestehenden Fassung auszugsweise wie folgt:

2.1.1. Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz - RGG), BGBl. I Nr. 159/1999, idF BGBl. I Nr. 71/2003:

"Gebührenpflicht, Meldepflicht

§ 2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.

(2) Die Gebührenpflicht nach § 1 besteht nicht, wenn

1. dem Rundfunkteilnehmer eine Befreiung (§ 3 Abs. 5) erteilt wurde oder

2. für den Standort bereits die Gebühren nach § 3 entrichtet werden.

Standort ist die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird.

(3) Das Entstehen oder die Beendigung der Gebührenpflicht sowie die Änderung des Standorts (Abs. 2) oder Namens ist vom Rundfunkteilnehmer dem mit der Einbringung der Gebühren betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) unverzüglich in der von diesem festgelegten Form zu melden. Die Meldung hat zu umfassen: Namen (insbesondere Vor- und Familiennamen, Firma, Namen juristischer Personen), Geschlecht und Geburtsdatum des Rundfunkteilnehmers, genaue Adresse des Standorts, Datum des Beginns/Endes des Betriebes und die Art der Rundfunkempfangseinrichtungen (Radio und/oder Fernsehen) sowie deren Anzahl, wenn sie für die Gebührenbemessung nach § 3 von Bedeutung ist.

(4) Die Entrichtung von Gebühren ist von dem mit deren Einbringung betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) zu registrieren; dem Rundfunkteilnehmer ist die Teilnehmernummer mitzuteilen.

(5) Liegt für eine Wohnung oder sonstige Räumlichkeit keine Meldung (Abs. 3) vor, so haben jene, die dort ihren Wohnsitz haben oder die Räumlichkeit zu anderen als Wohnzwecken nutzen, dem mit der Einbringung der Gebühren beauftragten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) auf dessen Anfrage mitzuteilen, ob sie Rundfunkempfangseinrichtungen an diesem Standort betreiben und zutreffendenfalls alle für die Gebührenbemessung nötigen Angaben zu machen. (…)

Einbringung der Gebühren

§ 4. (1) Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge (§ 3 Abs. 5) obliegt der 'GIS Gebühren Info Service GmbH' (Gesellschaft). (…)

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft als Abgabenbehörde 1. Instanz; über Berufungen gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide hat die örtlich zuständige Finanzlandesdirektion als Abgabenbehörde 2. Instanz zu entscheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist. Das AVG ist anzuwenden. (…)

(3) Rückständige Gebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte sind im Verwaltungsweg hereinzubringen; zur Deckung des dadurch entstehenden Aufwandes kann die Gesellschaft einen Säumniszuschlag von 10% des rückständigen Betrages vorschreiben. Die Gesellschaft ist zur Ausstellung von Rückstandsausweisen berechtigt."

2.1.2. Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G) StF: BGBl. Nr. 379/1984 (WV), idF BGBl. I Nr. 102/2007:

"6. Abschnitt

Programmentgelt

§ 31. (1) Jedermann ist zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt. Die Höhe des Programmentgelts wird vom Stiftungsrat festgesetzt, wobei dafür zu sorgen ist, dass unter Zugrundelegung einer sparsamen Verwaltung die gesetzmäßigen Aufgaben des Rundfunks kostendeckend erfüllt werden können; hierbei ist auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Bedacht zu nehmen.

(2) Der Beschluss, mit dem die Höhe des Programmentgelts festgesetzt wird, bedarf der Genehmigung des Publikumsrates. Wird innerhalb von acht Wochen nach der Beschlussfassung im Stiftungsrat vom Publikumsrat kein begründeter Einspruch erhoben, so gilt die Genehmigung als erteilt. Wird jedoch innerhalb dieser Frist vom Publikumsrat die Genehmigung ausdrücklich versagt, so wird der Beschluss des Stiftungsrates nur dann wirksam, wenn er einen Beharrungsbeschluss fasst.

(3) Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften.

(4) Das Programmentgelt ist gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben; eine andere Art der Zahlung tilgt die Schuld nicht.

(5) Rückständige Programmentgelte können zu Gunsten des Österreichischen Rundfunks von dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren beauftragten Rechtsträger in gleicher Weise wie rückständige Rundfunkgebühren im Verwaltungsweg hereingebracht werden.

(6) Das Tarifwerk des Werbefunks sowie die Höhe der Programmentgelte sind im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' bekannt zu machen. Das Tarifwerk hat Bestimmungen über Preis, Leistung, Skonti und Rabatte aller Werbeaufträge zu enthalten. Entgeltliche oder tauschähnliche Gegengeschäfte sind nur unter genauen Bedingungen zulässig und gesondert auszuweisen."

2.1.3. Bundesgesetz vom 9. Dezember 1981 über den Kunstförderungsbeitrag (Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981), BGBl. Nr. 573/1981, idF BGBl. I Nr. 34/2005:

"§ 1. (1) Nach diesem Gesetz sind folgende Abgaben zu entrichten:

1. vom Rundfunkteilnehmer zu jeder gemäß § 3 Rundfunkgebührengesetz, BGBl. I Nr. 159/1999, für Radio-Empfangseinrichtungen zu entrichtenden Gebühr monatlich ein Beitrag von 0,48 Euro (Kunstförderungsbeitrag); (…)

(2) Die Einhebung und zwangsweise Einbringung sowie die Befreiung von dieser Abgabe gemäß Abs. 1 Z 1 obliegt dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren betrauten Rechtsträger nach denselben Vorschriften, die für die Rundfunkgebühren gelten; (…)"

2.1.4. Gesetz über den Kulturförderungsbeitrag (Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000), LGBl. Nr. 23/2000 idF LGBl. Nr. 31/2006:

"Gegenstand der Abgabe

§ 1. Der Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung (§§ 1 und 2 Rundfunkgebührengesetz) in Wien unterliegt einer Abgabe (Kulturförderungsbeitrag).

Einhebung der Abgabe

§ 6. (1) Die Einbringung der Abgabe obliegt der 'GIS Gebühren Info Service GmbH' (im Folgenden kurz 'Gesellschaft'); die Einhebung der Abgabe erfolgt jeweils für jenen Zeitraum, für den die Rundfunkgebühren (§§ 2 und 3 Rundfunkgebührengesetz) eingehoben werden. Die Gesellschaft hat alle Abgabepflichtigen zu erfassen. Der § 4 Abs. 3 des Rundfunkgebührengesetzes ist dabei sinngemäß anzuwenden. (…)

Mitteilungspflicht

§ 7. Der Abgabepflichtige hat alle für das Entstehen bzw. die Endigung der Abgabepflicht wesentlichen Umstände bzw. jede Änderung dieser Umstände unverzüglich der Gesellschaft mitzuteilen; eine Meldung nach § 2 Abs. 3 Rundfunkgebührengesetz gilt als Mitteilung im Sinne dieser Regelung. § 2 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetz gilt sinngemäß.

Behörden und Verfahren

§ 8. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 6 Abs. 1 obliegt in erster Instanz der Gesellschaft;

Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist die Abgabenberufungskommission. Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 ist anzuwenden."

2.2. Die zum Zeitpunkt der Antragstellung des Beschwerdeführers bereits außer Kraft getretene Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 23. November 1965 über die Errichtung und den Betrieb von Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen, BGBl Nr. 333 idF der Verordnungen BGBl. 1967/371, 1968/76, 1968/420 und 1969/14 sowie der Bundesgesetze BGBl. 1972/267, 1977/345 und 1978/388 (vgl. dazu Twaroch/Buchner, Rundfunkrecht in Österreich4, 1992, 209ff) lautet auszugsweise:

"Bewilligungen

§ 2. (1) Zur Errichtung und zum Betrieb einer Rundfunk-Empfangsanlage oder einer Fernsehrundfunk-Empfangsanlage ist, sofern nicht die Bestimmungen des § 4 anzuwenden sind, eine Bewilligung erforderlich.

(2) Es gibt folgende Arten von Bewilligungen:

a) Hauptbewilligungen (§ 7): die Rundfunk-Hauptbewilligung und die Fernsehrundfunk-Hauptbewilligung,

b) Zusatzbewilligungen (§ 9): die Rundfunk-Zusatzbewilligung und die Fernsehrundfunk-Zusatzbewilligung.

(3) Die Hauptbewilligungen können unbefristet oder auf längstens drei Monate befristet sein. Die Zusatzbewilligungen dürfen nur unbefristet sein. (…)

ABSCHNITT IV

Erwerb der Bewilligungen

Antrag

§ 10. (1) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist bei einem Postamt schriftlich einzubringen. (…)

Entscheidung über den Antrag

§ 11. (1) Über den Antrag auf Erteilung einer Hauptbewilligung hat die Fernmeldebehörde 1. Instanz zu entscheiden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Standort der Empfangsanlage liegt. (…)

Veränderungen

§ 14. (1) Der für die Bewilligungserteilung zuständigen Fernmeldebehörde sind unverzüglich anzuzeigen:

a) eine Verlegung des Standortes der Empfangsanlage oder des (Wohn ) Sitzes des Bewilligungsinhabers,

b) eine Änderung des Namens des Bewilligungsinhabers,

c) eine Übernahme der Bewilligung nach dem Tod des Bewilligungsinhabers durch eine Person, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(2) Die Anzeige nach Abs. 1 ist bei einem Postamt schriftlich einzubringen; ihr ist die Bewilligungsurkunde beizufügen. Hiebei ist im Falle der lit. c der Tod des Bewilligungsinhabers nachzuweisen und das Leben im gemeinsamen Haushalt glaubhaft zu machen.

(3) Nach Abänderung hat die Bewilligungsbehörde die Bewilligungsurkunde wieder auszufolgen. (…)

ABSCHNITT V

Erlöschen der Bewilligungen

Allgemeines

§ 16. (1) Die Bewilligungen erlöschen:

a) durch Verzicht des Bewilligungsinhabers oder durch Ablauf des Bewilligungszeitraumes,

b) durch Tod des Bewilligungsinhabers, wenn die Bewilligungen nicht übernommen werden (§ 14 Abs. 1 lit. c),

c) durch Widerruf seitens der für die Bewilligungserteilung zuständigen Fernmeldebehörde.

ABSCHNITT VII

Bewilligungsgebühren

§ 25. (1) Für die Bewilligungen nach § 2 Abs. 2 sind die in der jeweils geltenden Gebührenvorschrift festgelegten Gebühren zu entrichten.

(2) Die Bewilligungen nach § 2 Abs. 4 sind gebührenfrei.

§ 26. Über die Entrichtung der Gebühr (§ 25 Abs. 1) ist eine Bestätigung (Gebührenbestätigung) auszufertigen."

2.3. Im Beschwerdefall ist allein strittig, ob der Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers betreffend der Zeiträume, in denen für ein und denselben Standort doppelt Rundfunkgebühren und verbundene Abgaben und Entgelte bezahlt worden sind, an eine Abmeldung gebunden ist sowie ob ein allfälliger Rückzahlungsanspruch an zeitliche oder inhaltliche Voraussetzungen wie etwa an ein fehlendes Verschulden des Antragstellers gebunden ist.

2.4. Die Lösung der Frage nach einer möglichen Rückzahlung und ihrer Grenzen kann nicht für alle betroffenen Abgaben und Entgelte mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wie sie die belangte Behörde streckenweise referiert, gefunden werden.

Dazu ist zu beachten, dass der Rückzahlungsantrag vier verschiedene Abgaben bzw. Entgelte beinhaltet, für die unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen zur Anwendung kommen könnten. Die Abgaben und Entgelte sind daher hinsichtlich ihrer Rückzahlbarkeit einzeln zu prüfen. Ohne diesbezügliche gesetzliche Anordnung sind Fragen eines fehlenden Verschuldens der GIS oder einer Verletzung des Sorgfaltsmaßstabs durch den Beschwerdeführer unerheblich.

Da die GIS für die "Einbringung" bzw. "Einhebung" der betroffenen Abgaben und Entgelte zuständig ist (vgl. §§ 4 Abs. 1 iVm 6 Abs. 1 RGG, 31 Abs. 4 ORF-G, 1 Abs. 2 Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 sowie 6 Abs. 1 Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000) und dies auch allfällige Rückzahlungsanträge einschließt (vgl. etwa den Umfang des 6. Abschnitts der BAO, betreffend die "Einhebung der Abgaben"), war die GIS auch für die Entscheidung über den Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers zuständig.

1) Rundfunkgebühren, Programmentgelt und Kunstförderungsbeitrag

2.5. Die Verwaltungsbehörden haben ihre antragsabweisende Entscheidung u.a. auf das Vorliegen von Verjährung gestützt. Für die Rundfunkgebühren kommt gemäß § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz das AVG als Verfahrensordnung zur Anwendung.

Gemäß § 31 Abs. 4 ORF-Gesetz ist das Programmentgelt "gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben". Es kommen daher für das Programmentgelt kraft gesetzlicher Anordnung dieselben verfahrensrechtlichen Regelungen zur Anwendung wie für die Rundfunkgebühren.

Das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 regelt u.a., dass vom Rundfunkteilnehmer zu jeder gemäß § 3 Rundfunkgebührengesetz für Radio-Empfangseinrichtungen zu entrichtenden Gebühr monatlich ein Beitrag von 0,48 Euro als Kunstförderungsbeitrag zu entrichten ist.

Gemäß § 1 Abs. 2 Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 obliegt die Einhebung und zwangsweise Einbringung sowie die Befreiung von dieser Abgabe der GIS "nach denselben Vorschriften, die für die Rundfunkgebühren gelten".

Sohin ist nicht nur auf die Rundfunkgebühren, sondern auf alle drei Abgabenarten das AVG als Verfahrensordnung anwendbar, das - anders als insbesondere die Bundesabgabenordnung - keine Verjährungsregeln kennt.

Die Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geht davon aus, dass die Verjährung keine allgemeine, der österreichischen Rechtsordnung zugehörige Institution ist und im öffentlichen Recht daher nur dort besteht, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht (vgl. Sutter, in Holoubek/M Lang, Organhaftung und Staatshaftung in Steuersachen, 2002, 349 f).

Diese Judikatur hat der Verfassungsgerichtshof beispielsweise in seinem Erkenntnis vom 27. November 1989, A 3/88, Slg. 12197 folgendermaßen zusammengefasst:

"Der Verfassungsgerichtshof vertritt nämlich (dem Verwaltungsgerichtshof folgend, s. dazu etwa VwSlg. 2342 A/1951, 3729 A/1955, 4061 A/1956, 6173 A/1963, 7134 A/1967, 10.907 A/1982) in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die Verjährung keine allgemeine, der österreichischen Rechtsordnung zugehörige Institution ist (s. etwa die Erkenntnisse VfSlg. 6337/1970, 7617/1975, 7735/1976, 8043/1977, 10.889/1986). Im öffentlichen Recht besteht die Institution der Verjährung nur dort, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht (so auch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. etwa VwSlg. 6173 A/1963, 10.907 A/1982; VwGH 19.11.1964, 2111/63; 22.6.1978, 397/78). Bei den Verjährungsvorschriften des ABGB handelt es sich um Rechtsgrundsätze des Privatrechtes, die sich nicht ohne weiteres auf das öffentliche Recht übertragen lassen (s. etwa auch VwGH 12.3.1968, 449/67). Nur dann, wenn Vorschriften des öffentlichen Rechtes ausdrücklich Verjährungsbestimmungen enthalten, darf bei Bedachtnahme auf § 7 ABGB ergänzungsweise auf die Verjährungsvorschriften des ABGB zurückgegriffen werden (vgl. auch VwSlg. 4860 A/1959). Sieht aber die anzuwendende Vorschrift des öffentlichen Rechtes dem Grunde nach eine Verjährung nicht vor, so ist eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften des ABGB unzulässig (s. etwa auch VwGH 25.11.1969, 550/560/69; 10.3.1972, 1747/70)."

Die diesbezügliche Rechtsprechung wurde kürzlich wieder bekräftigt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. April 2010, A 24/07, Slg. 19.034, oder das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 98/06/0164).

Für den Beschwerdefall ergibt sich daraus, dass hinsichtlich der Rundfunkgebühren, des Programmentgelts und des Kunstförderungsbeitrages dem Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers keine Verjährung entgegensteht. Soweit die belangte Behörde von einer Verjährung ausgegangen ist, hat sie daher die Rechtslage verkannt.

2.6. Davon unabhängig ist zu erörtern, ob die Rückzahlung an eine Abmeldung des Abgabepflichtigen gebunden ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2006/17/0039, für das Rundfunkgebührengesetz ausgeführt hat, sind das Entstehen und die Beendigung der Gebührenpflicht von einer Meldung iSd § 2 Abs. 3 Rundfunkgebührengesetz unabhängig. Entscheidend für das Bestehen der Gebührenpflicht ist ausschließlich, ob in einer Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben oder zum Betrieb bereitgehalten wird.

Dies ergibt sich daraus, dass das Entstehen der Gebührenpflicht nach § 2 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz ausschließlich an den Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung in einem Gebäude anknüpft und nach § 2 Abs. 3 Rundfunkgebührengesetz das Entstehen oder die Beendigung der Gebührenpflicht sowie die Änderung des Standorts oder des Namens vom Rundfunkteilnehmer der GIS zu melden ist. Diese Meldeverpflichtung setzt aber nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 Rundfunkgebührengesetz die vorherige Entstehung oder Beendigung der Gebührenpflicht bereits voraus.

Die belangte Behörde hat daher gleichfalls die Rechtslage verkannt, wenn sie für die Zeiträume der Anwendbarkeit der Rundfunkgebührengesetzes für die Beendigung der Gebührenpflicht von einer notwendigen konstitutiven Abmeldung ausgegangen ist.

Anders ist dies für die Zeiträume der Anwendbarkeit der Rundfunkverordnung, die noch Gebühren für die vormals erforderlichen "Bewilligungen" zur Errichtung und zum Betrieb einer Rundfunk-Empfangsanlage vorgesehen hat (§ 25 leg. cit.).

Diese Bewilligungen wurden behördlich erteilt und sind nur nach den in § 16 leg. cit. normierten Tatbeständen erloschen, nämlich durch Verzicht des Bewilligungsinhabers oder durch Ablauf des Bewilligungszeitraumes, durch Tod des Bewilligungsinhabers oder durch Widerruf seitens der für die Bewilligungserteilung zuständigen Fernmeldebehörde.

Da diese Erlöschensgründe nach den Feststellungen der belangten Behörde gegenständlich nicht vorlagen und der Beschwerdeführer offensichtlich über eine aufrechte Bewilligung verfügte, bestand während der Zeit der Anwendbarkeit der Rundfunkverordnung auch seine Abgabenpflicht fort.

2) Wiener Kulturförderungsbeitrag

2.7. Gemäß § 1 Wiener Kulturförderungsbeitraggesetz 2000 unterliegt der Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung (§§ 1 und 2 Rundfunkgebührengesetz) in Wien einer Abgabe (Kulturförderungsbeitrag).

Gemäß § 6 Abs. 1 Wiener Kulturförderungsbeitraggesetz 2000 obliegt die Einbringung der Abgabe der GIS, Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist jedoch die Abgabenberufungskommission.

Indem die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Rückzahlungsantrages insgesamt abgewiesen hat, hat sie auch über den Wiener Kulturförderungsbeitrag abgesprochen und insofern eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukam. Der angefochtene Bescheid war somit insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

2.8. Im Übrigen war der Bescheid aus den dargestellten Gründen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde eindeutige Feststellungen zu den ohne Rechtgrund geleisteten Beträgen zu treffen haben - im angefochtenen Bescheid wird teilweise von "(möglicher Weise zu Unrecht) eingehobenen Beträge(n)" gesprochen - und auf deren Grundlage nach den einzelnen Beitragsarten getrennt die Rückzahlung jeweils zu prüfen und bescheidmäßig auszusprechen haben.

2.9. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

 

Wien, am 27. Februar 2013

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