VwGH Ro 2014/07/0079

VwGHRo 2014/07/007928.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision der O U in L, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. April 2014, Zl. W102 2000186- 1/6E, betreffend Zurückweisung einer Säumnisbeschwerde in einer Angelegenheit des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
B-VG Art133 Abs8;
UVPG 2000 §3 Abs7 idF 2013/I/095;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §48 Abs1;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §59 Abs2;
VwRallg;
AVG §8;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
B-VG Art133 Abs8;
UVPG 2000 §3 Abs7 idF 2013/I/095;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §48 Abs1;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §59 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Beschluss vom 10. April 2014 wies das Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin vom 13. Dezember 2013 betreffend die Feststellung, dass für die Vorhaben "Umsetzung von ökologischen Maßnahmen an der Donau im Raum X/Stauraum A" und Pumpspeicherkraftwerk "Energiespeicher R" als Gesamtvorhaben gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei, gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurück.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Devolutionsantrag der Revisionswerberin vom 13. Dezember 2013 betreffend das Feststellungsverfahren für das Vorhaben "Umsetzung von ökologischen Maßnahmen an der Donau im Raum X/Stauraum A" beim Umweltsenat eingebracht und von diesem mit Schreiben vom 30. Dezember 2013 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden sei.

Nach § 46 Abs. 24 Z. 4 UVP-G 2000 seien Verfahren, die mit Ablauf des 31. Dezember 2013 aufgrund eines Devolutionsantrages anhängig seien, vom Bundesverwaltungsgericht als Säumnisbeschwerdeverfahren weiterzuführen.

Der von der Revisionswerberin eingebrachte Devolutionsantrag beziehe sich inhaltlich auf den im Rahmen des Parteiengehörs zum UVP-Feststellungsverfahren "Organismenwanderhilfe X" wie folgt eingebrachten "Antrag" vom 16. Februar 2012:

"Die Abt. Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht beim Amt der Oö. Landesregierung als UVP-Behörde I. Instanz möge für das Gesamtvorhaben der Donaukraftwerk X AG mit Sitz in P

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 95/2013 hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereit zu stellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:

Auf Antrag der Projektwerberin stellte die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht mit Bescheid vom 1. Oktober 2010 rechtskräftig fest, dass für das Vorhaben "Energiespeicher R" keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist.

Aufgrund eines weiteren Antrages der Projektwerberin stellte die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht mit Bescheid vom 16. August 2012 fest, dass für das Vorhaben "Organismenwanderhilfe X" keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist. Dieser Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht wurde mit Bescheid des Umweltsenates vom 18. Dezember 2012 bestätigt. Dabei wurde die Berufung der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen.

Anlässlich des Feststellungsverfahrens zur "Organismenwanderhilfe X" vertrat die Revisionswerberin in einer Eingabe vom 16. Februar 2012 die Ansicht, dass dieses Vorhaben und das Vorhaben "Energiespeicher R" als ein Gesamtvorhaben anzusehen seien, welches der UVP-Pflicht unterliege. In diesem Zusammenhang hätten sich jene Umstände wesentlich geändert, die dem rechtskräftigen Feststellungsbescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 1. Oktober 2012 zugrunde gelegen wären. In dieser Eingabe beantragte die Revisionswerberin für das "gegenständliche Gesamtvorhaben" der Errichtung und des Betriebes des "Energiespeicher R" und der "Organismenwanderhilfe X" die Feststellung, dass gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei.

Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die vorliegende Revision als unzulässig zurückzuweisen. Sie begründet dies damit, dass gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 die Erhebung einer Revision durch den Umweltanwalt in einem Feststellungsverfahren nach dem UVP-G 2000 nicht zulässig sei.

Es ist zwar zutreffend, dass dem Umweltanwalt nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 - im Gegensatz zur Standortgemeinde - gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes keine Revisionsbefugnis an den Verwaltungsgerichtshof zukommt. Dies schließt indessen die Revisionsbefugnis des Umweltanwaltes in der vorliegenden Fallkonstellation aus nachstehenden Überlegungen nicht aus:

Die Stellung des Umweltanwaltes im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ist die einer Formalpartei (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 22. Juni 2011, Zl. 2009/04/0029, mwN).

In diesem Zusammenhang führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Antrag der Revisionswerberin vom 16. Februar 2012 keinen verfahrenseinleitenden Antrag darstelle. Er sei im Rahmen des Parteiengehörs als Einwendung geprüft und gemäß § 59 Abs. 1 AVG mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Umweltsenates vom 18. Dezember 2012 miterledigt worden. Einen Devolutionsantrag könnten Formalparteien nur in den Fällen stellen, in denen sie den verfahrenseinleitenden Antrag auf Feststellung gestellt hätten.

Der revisionswerbenden Partei kommen als Formalpartei zwar keine materiellen subjektiven Rechte zu. Mit der Bekämpfung der zurückweisenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes macht die revisionswerbende Partei aber die Verletzung ihrer prozessualen Rechte beim Verwaltungsgerichtshof geltend, die für sie subjektive Rechte darstellen. Dazu ist sie berechtigt. Der Formalpartei kommt daher zur Durchsetzung ihrer aus der durch Gesetz eingeräumten Stellung folgenden prozessualen Befugnisse auch Revisionslegitimation im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2015, Zl. Ro 2014/09/0066, mwN).

Die Revision erweist sich daher als zulässig.

Bezüglich der Eingabe der Revisionswerberin vom 16. Februar 2012 bleibt festzuhalten, dass sich der Umweltsenat in seinem Bescheid vom 18. Dezember 2012 in einem eigenen Begründungsabschnitt mit dem im Sinne des Vorhabensbegriffes nach § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 geforderten sachlichen Zusammenhang zwischen dem Vorhaben "Energiespeicher R" und dem Vorhaben "Organismenwanderhilfe X" auseinandersetzt und diesen mit näherer Begründung verneint.

Es kann dahinstehen, ob die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend und die Eingabe der Revisionswerberin vom 16. Februar 2012 als Einwendung anzusehen ist und als solche im Bescheid des Umweltsenates vom 18. Dezember 2012 miterledigt wurde. Denn selbst wenn man diese Eingabe der Revisionswerberin als eigenen Antrag ansehen würde, wäre für deren Rechtsstandpunkt nichts gewonnen. Auch dann wurde über diesen Antrag nämlich im Bescheid des Umweltsenates vom 18. Dezember 2012 mitentschieden. Damit wäre kein Antrag im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG mehr offen, dessen Erledigung mit Devolutionsantrag eingefordert werden könnte. Damit erweist sich dieser aber als unzulässig (vgl. die bei Hengstschläger - Leeb, AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz,

4. Teilband, 2009, unter Rz 25 zu § 73 AVG zitierte hg. Judikatur).

Gemäß § 46 Abs. 24 Z. 4 UVP-G 2000 war das mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Umweltsenat aufgrund eines Devolutionsantrages gemäß § 73 Abs. 2 AVG anhängige Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht als Säumnisbeschwerdeverfahren weiterzuführen.

Die Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin wurde im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen.

Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werde.

Rechtsträger der oberösterreichischen Umweltanwaltschaft wie auch der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde (oberösterreichische Landesregierung) ist das Land Oberösterreich. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt im Fall der Identität der Rechtsträger, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, ein Zuspruch von Kosten nicht in Betracht (vgl. den hg. Beschluss vom 31. Juli 2014, Zl. Ro 2014/02/0046, mwN).

Wien, am 28. Mai 2015

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