VwGH Ra 2014/06/0055

VwGHRa 2014/06/005522.1.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision 1. der A, 2. des B, beide in D, beide vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Mag. Dr. Michael Pichlmair und Ing. MMag. Michael A. Gütlbauer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 27, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 9. Mai 2014, Zl. LVwG- 2014/36/0563-5, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: C GmbH in D, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Dr. Anneliese Lindorfer, Mag. Dr. Bernhard Feichtner, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Josef-Pirchl-Straße 9; vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeindevorstand der Gemeinde D; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauO Tir 2011 §26 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28;
VwGVG 2014 §9;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014060055.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde D vom 9. Oktober 2013 wurde der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für den Zubau einer Überdachung, den Einbau von Toren, Wand- und Deckenpaneelen sowie den Einbau eines Kühlraumes im Bereich der bestehenden Warenauslieferung auf Grst. Nr. 3338/3, KG D, erteilt. Die in der zuvor durchgeführten Bauverhandlung von den revisionswerbenden Parteien gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen - das gegenständliche Bauvorhaben stehe mit der Widmungsfestlegung im Widerspruch; der Flächenwidmungsplan sei gesetzwidrig; das gegenständliche Bauvorhaben bilde mit einem weiteren Bauvorhaben zur Errichtung eines Tiefkühllagers eine Einheit - wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Zusammengefasst wurde dazu in der Begründung des Bescheides ausgeführt, dass hinsichtlich der Widmungskategorie als "Sonderfläche" kein Immissionsschutz bestehe, der derzeit in Kraft stehende, aufsichtsbehördlich genehmigte Flächenwidmungsplan als gültige Verordnung zu berücksichtigen sei und die Einwendungen bezüglich eines einheitlichen Bauverfahrens nicht berücksichtigt werden könnten, zumal es sich um zwei getrennte Bauansuchen handle und die Einwendungen sich außerdem auf einen bereits rechtskräftigen Bescheid bezögen (Anmerkung: Damit ist der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde D vom 23. September 2013 angesprochen, mit dem der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für die Erweiterung des bestehenden Tiefkühllagers an der Südostseite sowie den Zubau eines Fischmarktes nordöstlich des Hauptausganges auf dem Grst. Nr. 3338/3 erteilt wurde.).

Eine Einwendung im Rechtssinn der Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) - so führte die erstinstanzliche Behörde weiter aus - liege nur dann vor, wenn der Nachbar im Baubewilligungsverfahren die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend mache. Im gegenständlichen Fall könne das Vorbringen "der Partei" nicht als Einwendung im Rechtssinn gedeutet werden. Daher sei die gegenständliche Erklärung der Nachbarn als unzulässig zurückzuweisen.

Die gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 9. Oktober 2013 von den revisionswerbenden Parteien erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde D vom 30. Dezember 2013 als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die Berufungsbehörde u.a. aus, sie gehe wie die Erstbehörde vom Verlust der Parteistellung der revisionswerbenden Parteien mangels Verletzung subjektiver Rechte aus.

Die von den revisionswerbenden Parteien gegen den Berufungsbescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) vom 9. Mai 2014 als unbegründet abgewiesen.

In seinen Erwägungen hielt das LVwG u.a. fest, dass die revisionswerbenden Parteien jeweils Hälfteeigentümer des Grst. Nr. 3328/3 KG D seien, dessen Grenzen innerhalb eines horizontalen Abstandes von 5 m zur gegenständlichen Bauplatzgrenze lägen. Sie seien sohin grundsätzlich berechtigt gewesen, die Einhaltung der in § 26 Abs. 3 TBO 2011 normierten Nachbarrechte geltend zu machen, soweit sie ihrem Schutz dienten.

Der Prüfgegenstand des Verwaltungsgerichtes sei zum einen darauf beschränkt, ob die von der Berufungsbehörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen gewesen sei oder nicht, und zum anderen sei der Prüfumfang auf das Beschwerdevorbringen eingeschränkt. Hinsichtlich der Zurückweisung durch die Berufungsentscheidung, die die belangte Behörde damit begründet habe, dass die revisionswerbenden Parteien mangels Erhebung zulässiger Einwendungen nach der TBO 2011 im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Parteistellung verloren hätten (Präklusion), sei in der Beschwerde keinerlei Vorbringen erstattet worden. Die Beschwerde sei daher bereits aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen gewesen.

Ergänzend hielt das LVwG - als nicht entscheidungsmaßgeblich bezeichnet - fest, dass es sich bei der gegenständlichen Widmungsfestlegung für das verfahrensgegenständliche Baugrundstück als "Sonderfläche für Einkaufszentren - Betriebstyp B - Höchstzulässiges Ausmaß der Kundenfläche 2450 m2, wobei auf der gesamten Kundenfläche Lebensmittel angeboten werden dürfen" nicht um eine solche Flächenwidmung handle, die im Sinne des § 26 Abs. 3 lit. a TBO 2011 mit einem Immissionsschutz verbunden sei. Ferner vertrat das LVwG mit näherer Begründung die Ansicht, dass aus baurechtlich relevanter Sicht die mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde D vom 23. September 2013 baurechtlich genehmigte Erweiterung des bestehenden Tiefkühllagers an der Südostseite und des Zubaus eines Fischmarktes nordöstlich des Hauptausganges mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Baugesuch keine bautechnische Einheit bilde. Weitere Ausführungen des LVwG betrafen die Widmungsfestlegung auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück.

Mit Beschluss vom 18. September 2014, E 709/2014-12, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von den revisionswerbenden Parteien gegen das Erkenntnis des LVwG vom 9. Mai 2014 erhobenen Beschwerde ab.

In weiterer Folge erhoben die revisionswerbenden Parteien gegen das genannte Erkenntnis des LVwG die vorliegende außerordentliche Revision.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3. Unter Punkt 1. der Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision legen die revisionswerbenden Parteien Folgendes dar (Hervorhebungen im Original):

"Das Landesverwaltungsgericht hat unsere Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, wir hätten uns im Beschwerdevorbringen nicht ausdrücklich dagegen gewendet, dass die Baubehörden zu Unrecht die Auffassung vertreten haben, dass wir keine zulässigen Einwendungen nach der TBO 2011 erhoben hätten.

Das Verwaltungsgericht begründet diese Rechtsansicht mit der Bestimmung des § 27 VwGVG. Für den konkreten Fall legt es diese Bestimmung derart aus, dass unsere Beschwerde auch ein ausdrückliches Vorbringen hätte enthalten müssen, dass auf Grund der Zulässigkeit unserer Einwendungen deren Zurückweisung nicht berechtigt war, sondern tatsächlich eine Parteistellung begründet wurde und die Zurückweisung der Berufung unberechtigt war.

Ob das VwG zur Zurückweisung der Beschwerde berechtigt war oder nicht, hängt somit von der Auslegung des § 27 VwGVG ab. Es mangelt aber an einer konkreten und gefestigten Rechtsprechung zu dieser Verfahrensbestimmung und liegen auch in der Literatur keine einhelligen Auffassungen vor:

a.) Anders als nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG ist im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht der Gegenstand des Verfahrens nicht durch die vom Revisionswerber geltend gemachten Beschwerdepunkte abgesteckt, sondern 'auf Grund der Beschwerde oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung'.

Maßgeblich für die Absteckung des Beschwerdegegenstandes ist nicht nur die Begründung der Beschwerde, sondern auch das gestellte Begehren. Eine Bindung des Verwaltungsgerichtes an die Beschwerdegründe ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil eine solche letztlich zu einem Neuerungsverbot führen würde, das aber im Verfahren vor dem VwG nicht vorgesehen ist. Offenkundige Rechtswidrigkeiten sind vom Verwaltungsgericht in jedem Fall auch dann aufzugreifen, wenn sie in den Beschwerdegründen nicht geltend gemacht wurden. Allfällige Zweifel über die Beschwerdegründe oder den Umfang der Anfechtung sind nach dem zu erforschenden Willen der Partei zu lösen (vgl Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 27 K7 ff).

Entgegen der im bekämpften Erkenntnis vertretenen Auffassung, besteht daher keine strenge Bindung an die Beschwerdegründe. Vielmehr ist der Umfang der Anfechtung nach dem zu erforschenden Parteiwillen zu lösen.

Diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, dass entgegen der Regierungsvorlage der Gesetzgeber im Verfassungsausschuss ausdrücklich festgehalten hat, dass die inhaltlichen Anforderungen des VwGVG jenen des § 63 Abs. 3 AVG entsprechen. Demnach muss der Wille des Beschwerdeführers erkennbar sein, im Beschwerdeverfahren ein für ihn vorteilhafteres Verfahrensergebnis zu erreichen.

b.) Demgegenüber wird von einem Teil der Literatur die Auffassung vertreten, dass der Prüfungsumfang des VwG durch die Bestimmung des § 17 VwGVG enger festgelegt ist, als für die bisherige Berufungsbehörde (Kolonovits/Mutzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 832f und Rz 727f).

c.) Soweit überblickbar, liegt noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 27 VwGVG vor. Lediglich im Erkenntnis Ra 2014/02/0053 vom 27.10.2014 nimmt der Gerichtshof auch Bezug auf die Bestimmung des § 27 VwGVG, begründet aber letztlich seine Entscheidung mit dem Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung zur Frage des Eintritts der Teilrechtskraft eines Straferkenntnisses, wenn der Berufungswerber lediglich den Ausspruch über die Strafe bekämpft hat. Für eine Konstellation wie im gegenständlichen Fall liegt jedoch noch keinerlei Rechtsprechung vor, weshalb die Revision schon aus diesem Grund zulässig ist."

Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. den hg. Beschluss vom 17. Dezember 2014, Zl. Ra 2014/03/0049).

Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die "Rechtmäßigkeit der Zurückweisung" (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Zlen. Ra 2014/07/0002, 0003).

Mit dem in den Ausführungen der revisionswerbenden Parteien zur Zulässigkeit der Revision genannten § 27 VwGVG hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Zl. Ro 2014/03/0066, ausführlich befasst. Er hat darin u. a. festgehalten, dass Parteibeschwerden im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG nur insoweit zu prüfen sind, als die Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten Gegenstand ist. Ferner wurde auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 9 VwGVG verwiesen, wonach den Parteien bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren besondere Achtsamkeit abverlangt werde, wobei (beispielsweise) herausgestrichen wird, dass die rechtzeitige Erhebung zulässiger, auf subjektive Rechte bezogener Einwendungen notwendig ist, um den Verlust der Parteistellung mit Blick auf § 42 Abs. 1 AVG zu vermeiden.

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis mit näherer Begründung ausgesprochen, es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Prüfungsumfang ausschließlich an das Vorbringen des jeweiligen Beschwerdeführers binden wollte. Darüber hinaus wurde festgehalten, dass das Amtswegigkeitsprinzip des § 39 Abs. 2 AVG für die Verwaltungsgerichte nicht bloß subsidiär zum Tragen kommt.

Für das Aufzeigen einer Rechtsfrage als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Frage abhängen sollte (vgl. die hg. Beschlüsse vom 24. Juni 2014, Zl. Ra 2014/05/0004, und vom 27. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/04/0061, mwN).

Der gesonderten Darstellung der Gründe im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, wird nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet, Genüge getan (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Juli 2014, Zl. Ra 2014/07/0033, mwN).

Die revisionswerbenden Parteien bringen in den oben zitierten Zulässigkeitsausführungen zwar grundsätzlich zutreffend vor, es bestehe entgegen der vom LVwG vertretenen Auffassung keine strenge Bindung an die Beschwerdegründe. Sie legen jedoch in ihren gemäß § 28 Abs. 3 VwGG in der Revision gesondert vorzubringenden Gründen, in deren Rahmen der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision zu prüfen hat, in keiner Weise dar, dass und weshalb die belangte Behörde und in weiterer Folge des LVwG zu Unrecht von einer Präklusion der revisionswerbenden Parteien und dem Verlust deren Parteistellung im vorliegenden Verfahren ausgegangen seien. So lassen es die revisionswerbenden Parteien darin offen, dass und aufgrund welchen im baubehördlichen Verfahren rechtzeitig erstatteten Vorbringens die Rechtsansicht, sie hätten ihre Parteistellung verloren, unzutreffend wäre. Die - im Sinne der zitierten Judikatur - rechtzeitige Erhebung zulässiger, auf subjektive Rechte bezogener Einwendungen zur Vermeidung des Verlustes der Parteistellung gemäß § 42 Abs. 1 AVG wird somit nicht konkret dargetan.

Schon deshalb ist nicht ersichtlich, inwieweit von der unter Pkt. 1. der Zulässigkeitsausführungen dargelegten Rechtsfrage das rechtliche Schicksal der Revision abhängen soll.

4. Unter Pkt. 2. ihrer Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision bringen die revisionswerbenden Parteien Folgendes vor (Hervorhebungen im Original):

"Vorsichtsweise stützen wir die Zulässigkeit der Revision auch darauf, dass das LVwG in seinem Erkenntnis auch ausgesprochen hat, der im hier gegenständlichen Verfahren behandelte Teil des Bauvorhabens bilde schon deshalb keine Einheit mit dem zweiten Teil des Bauvorhabens, weil es sich bei diesem Bauvorhaben um 'keine bautechnische Einheit' handeln würde. Dieser zweite Teil des Bauvorhabens besteht aus dem Fischmarkt und einer großvolumigen Tiefkühlhalle mit einer Nutzfläche von 267 m2 und der Lagermöglichkeit von 4 Paletten übereinander. Diese Projektteile schließen räumlich unmittelbar an jene Gebäudeteile an, die den Gegenstand dieses Verfahrens bilden. Sie gehören auch zu einem einheitlichen Betriebskonzept und wurden gemeinsam projektiert und bei der Gewerbebehörde eingereicht.

Nach ständiger Rechtsprechung darf ein einheitliches Bauvorhaben nicht willkürlich in mehrere Bauvorhaben zerlegt werden. Der Nachbar besitzt auf die Einhaltung des Grundsatzes der Unteilbarkeit des Bauvorhabens einen Rechtsanspruch (VwGH vom 25.03.2010, Zl. 2009/05/0043 u.a.). Dies wird grundsätzlich zwar auch vom VwG nicht bezweifelt. Bei der Beurteilung der Frage der Einheitlichkeit eines Bauvorhabens kommt es aber entgegen der Auffassung des VwG nicht bloß auf bautechnische Umstände an, insbesondere nicht darauf, ob es möglich wäre, einzelne Teile des Bauvorhabens bautechnisch vollständig abzutrennen. Maßgeblich für die Frage der Einheitlichkeit ist vielmehr der Umstand, ob das Vorhaben auf einem einheitlichen Bauwillen des Bauwerbers beruht (VwGH vom 29.01.2008, Zl. 2006/05/0297; vom 16.03.1989, Zl. 88/06/0084; für die Tiroler Bauordnung: VwGH v. 09.09.2008, Zl. 2008/06/0087).

Das angefochtene Erkenntnis weicht in diesem Punkt von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes hängt daher auch insoweit von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze hätten die Baubehörden und das Verwaltungsgericht auch jene Teile des Bauvorhabens in das Verfahren einbeziehen müssen, deren Bewilligung von der mitbeteiligten Partei in einem gesonderten Verfahren beantragt wurde, obwohl ein einheitliches Vorhaben vorliegt.

In Ansehung dieses von den Baubehörden im Verfahren nicht behandelten Teiles des Bauvorhabens konnte auch von vornherein keine Präklusion eintreten, zumal dieses noch gar nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde. Davon ausgehend wäre aber bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Bescheid der Baubehörde II. Instanz jedenfalls als rechtswidrig aufzuheben gewesen."

Mit Ausnahme des letzten zitierten Absatzes nehmen die revisionswerbenden Parteien mit diesen Ausführungen auf die vom LVwG ausdrücklich als nicht entscheidungswesentlich bezeichneten Erwägungen des angefochtenen Erkenntnisses Bezug.

Sie lassen insoweit im Ergebnis auch außer Acht, dass - wie bereits dargelegt - "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem LVwG ausschließlich die Frage der "Rechtmäßigkeit der Zurückweisung" war.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bauvorhaben grundsätzlich ein unteilbares Ganzes und es besitzt der Nachbar auf die Einhaltung des Grundsatzes der Unteilbarkeit des Bauvorhabens insoweit einen Rechtsanspruch, als damit eine Beeinträchtigung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte in Betracht kommt (vgl. etwa das auch von den revisionswerbenden Parteien zitierte, zur Oberösterreichischen Bauordnung ergangene Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/05/0043).

Bereits die erstinstanzliche Baubehörde hat in ihrem Bescheid vom 9. Oktober 2013 u.a. begründend dargelegt, eine Einwendung im Rechtssinn der TBO 2011 liege nur dann vor, wenn der Nachbar im Baubewilligungsverfahren die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend mache. Im gegenständlichen Fall könne das Vorbringen der Partei nicht als Einwendung im Rechtssinn gedeutet werden, daher sei die gegenständliche Erklärung der Nachbarn als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Die Baubehörden und das LVwG gingen von der Präklusion der revisionswerbenden Parteien aus.

Wenn die revisionswerbenden Parteien nun vorbringen, der Nachbar habe auf die Einhaltung des Grundsatzes der Unteilbarkeit des Bauvorhabens einen Rechtsanspruch und das angefochtene Erkenntnis weiche in diesem Punkt von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, so legen sie in ihren Ausführungen erneut nicht dar, die Beeinträchtigung welcher subjektiv-öffentlicher Rechte sie im baubehördlichen Verfahren im Zusammenhang mit der Unteilbarkeit des Bauvorhabens rechtzeitig geltend gemacht hätten, um die von den Baubehörden und dem LVwG insoweit angenommene Präklusion der revisionswerbenden Parteien hintanzuhalten. Die revisionswerbenden Parteien zeigen somit auch in diesem Zusammenhang nicht auf, inwieweit von der behaupteten Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen eines "einheitlichen Bauvorhabens" das rechtliche Schicksal der Revision abhängen soll.

Soweit die revisionswerbenden Partei schließlich ausführen, in Ansehung des in diesem Verfahren "nicht behandelten Teiles des Bauvorhabens" habe von vornherein keine Präklusion eintreten können, zumal dieses noch gar nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sei, argumentieren sie an der "Sache" des Verfahrens vorbei.

Es trifft zu, dass das dem Bescheid des Bürgermeisters vom 23. September 2013 zugrunde liegende Bauvorhaben für sich nicht Gegenstand der im vorliegenden Baubewilligungsverfahren in erster Instanz durchgeführten mündlichen Verhandlung war. Entscheidend ist jedoch, dass die Baubehörden und das LVwG vom Verlust der Parteistellung der revisionswerbenden Parteien (auch) hinsichtlich des Vorbringens, der im gegenständlichen Verfahren behandelte Teil des Bauvorhabens bilde eine Einheit mit dem zweiten Teil des Bauvorhabens, ausgingen.

Dass dies unzutreffend wäre und welches konkrete, eine Beeinträchtigung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend machende Vorbringen die revisionswerbenden Parteien im baubehördlichen Verfahren hinsichtlich des "einheitlichen Bauvorhabens" rechtzeitig zur Hintanhaltung des Verlustes ihrer Parteistellung erstattet hätten, wird in den Zulässigkeitsausführungen aber nicht dargelegt.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Jänner 2015

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