VwGH Ra 2014/05/0004

VwGHRa 2014/05/000424.6.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die außerordentliche Revision des Mag. Dr. J S in W, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27. Februar 2014, Zl. VGW-111/075/20279/2014-12, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: W GmbH in W; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs1 Z1 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 idF 2012/I/051;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §500;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Dem in § 28 Abs. 3 VwGG normierten Erfordernis, wonach die Revision auch gesondert die Gründe zu enthalten hat, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber als verletzt erachtet, Genüge getan (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001, mwN).

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren soll (vgl. dazu RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Der Verwaltungsgerichtshof ist daher als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung hat (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 24. April 2014, Zl. Ra 2014/01/0010, mwN).

Von diesen Grundsätzen ausgehend werden in der vorliegenden Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

1. Zum Revisionsvorbringen, dass die geplante Gartenterrasse in die Abstandsflächen rage und dadurch das subjektiv-öffentliche Recht des Revisionswerbers auf Freihaltung einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche gemäß § 134a Abs. 1 der Bauordnung für Wien (BO) verletzt sei:

Die Revision ist zwar insoweit mit ihrer Auffassung im Recht, dass nach der hg. Judikatur die Anordnung der gärtnerischen Ausgestaltung dem Schutz des Nachbarn unabhängig davon dient, wo seine Liegenschaft situiert ist (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 14. Dezember 2007, Zl. 2006/05/0192, und vom 23. Juli 2013, Zl. 2010/05/0217), sodass das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht mit seiner Auffassung, dass die behauptete Rechtsverletzung auf Grund der Gartenterrasse auch deshalb nicht vorliege, weil diese nicht die der Liegenschaft des Revisionswerbers zugekehrte Front betreffe, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Damit ist jedoch für die Revision nichts gewonnen, weil eine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 29. April 2014, Zl. Ra 2014/04/0003, mwN). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang nämlich überdies die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Terrasse um ein gemäß § 62a Abs. 1 Z. 16 BO bewilligungsfreies Bauvorhaben handle, sodass sich die gegenständliche Baubewilligung nicht auf die Terrasse, insofern sie in den Bauplänen dargestellt sei, erstrecke. Diese Beurteilung steht mit dem Gesetz im Einklang, handelt es sich doch gemäß § 62a Abs. 1 Z. 16 leg. cit. bei der Errichtung von Gartenterrassen um bewilligungsfreie Bauvorhaben und erstreckt sich gemäß § 62a Abs. 7 leg. cit., wenn Anlagen nach § 62a Abs. 1 leg. cit. im Zusammenhang mit bewilligungs- oder anzeigepflichtigen Bauvorhaben in Bauplänen dargestellt werden, die für diese Pläne erwirkte Baubewilligung oder Bauanzeige nicht auf sie. Mit ihrem Vorbringen zu den Gründen im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG, dass auf Grund der konkreten baulichen Gestaltung der Terrasse diese aber auch als bewilligungspflichtiger Zubau qualifiziert werden "kann" und das Verwaltungsgericht bei entsprechenden Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass es sich bei der Terrasse um eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage handle, legt die Revision nicht dar, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

2. Dem weiteren Revisionsvorbringen, das Verwaltungsgericht sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die gemäß § 81 BO vorgeschriebene Gebäudehöhe von 10,5 m auf der der Liegenschaft des Revisionswerbers zugewandten Seite nicht über 75 % der Länge überschritten werden dürfe, ist zu erwidern, dass dieses Vorbringen - abgesehen davon, dass die Revision die Nennung diesbezüglicher Belegstellen für diese Rechtsauffassung schuldig bleibt - in der hg. Judikatur keine Deckung findet. Im Übrigen steht die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass die zulässige Gebäudehöhe von 10,50 m an der der Liegenschaft des Revisionswerbers zugewandten Front um bis zu 1,5 m überschritten werden darf, mit den Bebauungsvorschriften und der BO im Einklang, was auch die Revision einräumt. Wenn sie in diesem Zusammenhang weiters vorbringt, es müsse unerheblich sein, dass sich die zulässige Gebäudehöhe bei der Fassadenabwicklung wieder ausgehe, verkennt sie die Rechtslage und die diesbezügliche hg. Rechtsprechung (vgl. dazu etwa die in Moritz, BauO Wien4, zu § 134a Abs. 1 auf Seite 351 zitierte Judikatur, wonach die "Fassadenabwicklung" eine rechnerische Einheit darstellt und dieser Umstand nichts daran ändert, dass der Nachbar hinsichtlich der Gebäudehöhe nur deren Einhaltung an der seiner Liegenschaft zugekehrten Front geltend machen kann; ferner in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis vom 5. März 2014, Zl. 2011/05/0135). Mit ihrem Vorbringen, "es ist nicht ausgeschlossen, ob die Geländeaufschüttung und die damit verbundene Gebäudehöhe negative Auswirkungen auf die Nachbarn des Bauführers haben", legt die Revision nicht dar, inwieweit im angefochtenen Erkenntnis eine für die Entscheidung über die Revision präjudizielle Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Widerspruch zur hg. Judikatur gelöst worden sei (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 16. März 2012, Zl. 2009/05/0037, mwN).

3. Zum Revisionsvorbringen, es existiere keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob eine Aktenwidrigkeit als zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Rechtsfrage wahrzunehmen sei:

Im oben genannten Beschluss, Zl. Ra 2014/04/0001, wurde bereits ausgeführt, dass für die Geltendmachung einer Aktenwidrigkeit als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzulegen ist, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Frage abhängen sollte. Der Revisionswerber bringt dazu vor, die Ausführung im angefochtenen Erkenntnis, dass die "Baufluchtlinie, die seiner Liegenschaft zugekehrt ist, (...) durch das Bauvorhaben nicht überschritten" werde, "wie dies auch in der mündlichen Verhandlung anhand der Pläne besprochen und aufgezeigt wurde", decke sich nicht mit dem Akteninhalt bzw. dem Protokoll. Auch verweise das Verwaltungsgericht auf das "Protokoll", wonach "einvernehmlich festgehalten werden konnte", dass keine Mauer, sondern eine Stützmauer errichtet werden solle. Hätte das Verwaltungsgericht die aktenwidrige Feststellung nicht getroffen, wäre es zum Ergebnis gelangt, dass die Baufluchtlinie überschritten werde sowie die Mauer bewilligungspflichtig sei und überdies den Durchblick verhindere, weshalb das subjektivöffentliche Recht des Revisionswerbers verletzt worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis (vgl. dort auf Seite 12) ausgeführt, dass in der Bauverhandlung eine Einwendung im Sinn des § 134a Abs. 1 lit. d BO vom Revisionswerber nicht erhoben worden sei, sodass er insoweit mit seinem Beschwerdevorbringen präkludiert sei. Auf die Beurteilung des Eintritts der Präklusion geht die Revision mit ihrem Vorbringen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG zur relevierten Aktenwidrigkeit nicht ein. Schon deshalb ist nicht ersichtlich, inwieweit von der behaupteten Aktenwidrigkeit das rechtliche Schicksal der Revision abhängen soll.

Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof, wie bereits dargelegt, zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen und kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung hat. Schon im Hinblick darauf zeigt die Revision mit ihrem Vorbringen, dass die von ihr genannte Mauer bewilligungspflichtig sei und den Durchblick verhindere, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Dies gilt auch in Bezug auf das Revisionsvorbringen, wonach das Verwaltungsgericht ausschließlich "dislozierte Feststellungen" getroffen habe, und auf das weitere Vorbringen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG, mit dem die Revision die Verhandlungsführung und die Beweiswürdigung der Richterin des Verwaltungsgerichtes angreift.

4. Soweit sich die Revision gegen die Bewilligung der Abweichungen gemäß § 69 BO mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 18. Bezirk vom 17. Oktober 2013 wendet, ist dieses Vorbringen bereits deshalb nicht zielführend, weil der Revisionswerber laut dem vorgelegten Protokoll über die Beschwerdeverhandlung vom 25. Februar 2014 und den damit übereinstimmenden Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis (vgl. dort auf Seite 19) in dieser Verhandlung erklärt hat, die Ausführungen hinsichtlich der Bekämpfung des Bescheides gemäß § 69 BO nicht mehr aufrechtzuerhalten und zurückzuziehen, sodass die in diesem Zusammenhang nunmehr relevierte Rechtsfrage nicht Entscheidungsgegenstand des angefochtenen Erkenntnisses ist (vgl. in diesem Zusammenhang § 7 Abs. 2 und § 27 VwGVG).

Da somit in der vorliegenden außerordentlichen Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, war die Revision zurückzuweisen.

Wien, am 24. Juni 2014

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