VwGH Ro 2014/05/0097

VwGHRo 2014/05/009724.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Revision der A SpA in U, vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. August 2014, Zl. W104 2000178- 1/63E, betreffend Versagung einer Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (mitbeteiligte Parteien:

1. Bürgerinitiative P in K, 2. Gemeinde D im G und 3. A K in D, alle vertreten durch Dr. Josef Unterweger, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, 4. Marktgemeinde K, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/7, 5. ÖVerein in I, 6. KBeirat in K, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, und 7. H Gesellschaft mbH in K, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/7; weitere Partei:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art18 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs7;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art18 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §9 Abs7;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der erst-, zweit- und drittmitbeteiligten Partei zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 sowie der viert-, sechst- und siebtmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Revisionswerberin beabsichtigt die Errichtung einer 220 kV-Starkstromfreileitung zwischen Weidenburg, der Gemeinde Kötschach-Mauthen und Somplago (Region Friaul-Julisch Venetien, Italien).

Mit Bescheid des Umweltsenates vom 3. März 2010 wurde festgestellt, dass für dieses Vorhaben, soweit dieses den in Österreich gelegenen Teil des Gesamtprojektes umfasst, eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000 (im Folgenden: UVP-G) durchzuführen ist.

Am 30. April 2010 stellte die Revisionswerberin an die Kärntner Landesregierung einen Genehmigungsantrag für dieses Projekt nach dem UVP-G.

Mit dem angefochtenen, im Devolutionsweg ergangenen Erkenntnis wurde der Genehmigungsantrag der Revisionswerberin abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht prüfte in seinem Erkenntnis die materiellen naturschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen und vertrat nach Durchführung einer naturschutzrechtlichen Interessenabwägung die Auffassung, dass die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Charakters eines näher bezeichneten Landschaftsraumes und am Natur- und Landschaftsschutz höher zu bewerten seien als das gegenläufige ins Treffen geführte öffentliche Interesse an der Errichtung der Starkstromfreileitung.

Ferner sprach das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, und begründete diesen Ausspruch im Wesentlichen damit, dass die Revisionswerberin, die aufgrund der Untätigkeit der Behörde bereits eine erhebliche Verzögerung der Entscheidung über ihren Antrag habe in Kauf nehmen müssen, durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes an Stelle der Behörde (gemeint: Verwaltungsbehörde) eine gerichtliche Überprüfungsinstanz verliere. Das Rechtsstaatsprinzip in der in der Bundesverfassung normierten Ausprägung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit gebiete wie das Erfordernis eines wirksamen Rechtsbehelfes gemäß Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), gegen Erkenntnisse in der Sache in Säumnisbeschwerdeverfahren jedenfalls die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zuzulassen. Insofern könne gesagt werden, dass der Möglichkeit der Revision, unabhängig von den darin aufgeworfenen Fragen, grundsätzliche Bedeutung zukomme, weshalb diese zuzulassen sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Erst-, die Zweit- und der Drittmitbeteiligte erstatteten eine gemeinsame Revisionsbeantwortung.

Die Viert-, der Sechst- und die Siebtmitbeteiligte sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft brachten jeweils gesondert eine Revisionsbeantwortung ein.

Vom Fünftmitbeteiligten und von den übrigen Personen, die vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 4 VwGG zur Einbringung einer Revisionsbeantwortung aufgefordert worden waren, wurde keine Revisionsbeantwortung vorgelegt.

II.

Gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 leg. cit. gebunden.

Der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes, dass es das Rechtsstaatsprinzip in der verfassungsgesetzlichen Ausprägung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit ebenso wie Art. 47 GRC erfordere, die Revision zuzulassen, kann nicht gefolgt werden. Weder das im B-VG verankerte Rechtsstaatsprinzip noch Art. 47 GRC gebietet die Zulassung einer (ordentlichen) Revision gegen das vorliegende Erkenntnis in jedem Fall, unabhängig davon, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG klärungsbedürftig erschien; dies nämlich bereits deshalb, weil auch dann, wenn das Bundesverwaltungsgericht die (ordentliche) Revision gegen sein Erkenntnis nicht zugelassen hätte, die Revisionswerberin die Möglichkeit hatte, gegen das Erkenntnis eine außerordentliche Revision zu erheben. Abgesehen davon kann aus Art. 47 GRC nicht abgeleitet werden, dass es mehrere gerichtliche Instanzen (iS eines gerichtlichen Rechtsmittelverfahrens) geben müsse (vgl. N. Raschauer/Sander/Schlögl in Holoubek/Lienbacher, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, GRC-Kommentar Art 47 Rz 18).

Nach der hg. Judikatur (vgl. den Beschluss vom 28. November 2014, Ro 2014/06/0077) hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet.

Hinsichtlich der Zulässigkeit der Revision und des Vorliegens von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung bringt die Revision (vgl. darin Punkt 3. iVm Punkt 4.1.10) Folgendes vor:

Die Revisionswerberin sei der Ansicht, dass die ordentliche Revision nicht nur, wie vom Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, deshalb zulässig sei, weil eine höchstgerichtliche Überprüfung der im Säumnisbeschwerdeverfahren getroffenen Sachentscheidung erforderlich sei. Vielmehr lägen mehrere Rechtsfragen vor, die im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung hätten:

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