VwGH 2013/11/0152

VwGH2013/11/015227.1.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des G V in P, vertreten durch Heinzle - Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 5. Juli 2013, Zl. 11.1/440-2013, betreffend Ladung, zu Recht erkannt:

Normen

32006L0126 Führerschein-RL Art11;
32006L0126 Führerschein-RL Art12;
32006L0126 Führerschein-RL Art2 Abs1;
32006L0126 Führerschein-RL Art2;
32006L0126 Führerschein-RL Art7;
61997CJ0212 Centros VORAB;
62006CJ0329 Wiedemann und Funk VORAB;
62007CJ0321 Schwarz VORAB;
62008CO0445 Wierer VORAB;
62010CJ0184 Grasser VORAB;
62010CJ0467 Akyüz VORAB;
AVG §19 Abs3;
AVG §19;
EURallg;
FSG 1997 §1 Abs3;
FSG 1997 §1 Abs4;
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs4;
FSG 1997 §30 Abs2;
FSG 1997 §5 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nachdem der Beschwerdeführer einer Ladung für den 4. Juli 2013 nicht Folge geleistet hatte, wurde er mit dem nun angefochtenen inhaltlich gleichlautenden Ladungsbescheid vom 5. Juli 2013 für den 18. Juli 2013 zur Behörde vorgeladen. Als zu bearbeitende Angelegenheit, an der der Beschwerdeführer "als PARTEI" mitzuwirken ersucht wurde, ist auf dem Bescheidformular "Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach dem FSG, zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von KFZ, Erwerb einer Lenkberechtigung in Tschechien" angegeben. Es wurde ihm mitgeteilt, dass er persönlich kommen solle, und ihm für den Fall der Nichtbeachtung der Ladung die zwangsweise Vorführung angedroht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde erstattet. Der Beschwerdeführer hat weitere Schriftsätze eingebracht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. § 19 AVG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung vor der Novelle durch BGBl. I Nr. 33/2013 lautet (auszugsweise):

"§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. ...

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; ...

(4) Gegen die Ladung oder die Vorführung ist kein Rechtsmittel zulässig."

1.2. Im Hinblick auf die in der angefochtenen Erledigung enthaltene Androhung der Vorführung für den Fall des Nichterscheinens vor der Behörde zum angegebenen Zeitpunkt besteht kein Zweifel, dass es sich um einen Ladungsbescheid im Sinne des § 19 AVG handelt. Gemäß § 19 Abs. 4 AVG war dagegen kein Rechtsmittel zulässig, weshalb die vorliegende Beschwerde zulässig ist.

2. Der Beschwerdeführer macht gegen den angefochtenen Ladungsbescheid - zusammengefasst - Folgendes geltend:

Der Gegenstand der Ladung sei nicht ausreichend deutlich bezeichnet. Allfällige Bedenken an der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen seien nicht substantiiert und könnten zudem allenfalls einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs. 4 FSG rechtfertigen, nicht aber den gegenständlichen Ladungsbescheid nach § 19 AVG. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine nach Art. 2 Abs. 1 der Führerscheinrichtlinie schließlich verbiete der Behörde die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu den näheren Umständen des Führerscheinerwerbs in Tschechien.

3. Die belangte Behörde verweist in der Gegenschrift auf frühere Entziehungsverfahren gegen den Beschwerdeführer, die letztlich in eine Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für die Dauer dessen gesundheitlicher Nichteignung gemündet hätten (in Rechtskraft erwachsener Bescheid vom 3. November 1998). Die gesundheitliche Nichteignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und

B sei seither aktenkundig.

Ein Bericht des Stadtpolizeikommandos Graz vom 14. Juni 2013, wonach der Beschwerdeführer sich anlässlich einer Fahrzeugkontrolle mit einem am 4. März 2010 ausgestellten tschechischen Führerschein ausgewiesen habe, sei Anlass des gegenständlichen Ermittlungsverfahren nach dem FSG - Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie des Erwerbs einer Lenkberechtigung in Tschechien - gewesen. Die im Ladungsbescheid derart umschriebenen Themen seien ausreichend deutlich, um dem Geladenen eine Vorbereitung zu ermöglichen.

Da seit dem aktenkundigen negativen amtsärztlichen Gutachten über die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers bis dato kein Nachweis eingelangt sei, dass dieser zwischenzeitlich über die gesetzlich geforderte gesundheitliche Eignung verfüge, sei zu erheben gewesen, ob dieser Umstand beim Führerscheinerwerb in Tschechien angegeben und überprüft worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 28. April 2011, Zl. 2009/11/0089, eine dementsprechende Ladung zwecks Befragung zur "Art und Weise der gesundheitlichen Untersuchung" für rechtmäßig erkannt. Dies müsse auch dann zulässig sein, wenn noch kein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG ergangen sei.

Da der Beschwerdeführer laut Auszug aus dem zentralen Melderegister seit 1976 durchgehend seinen Wohnsitz in Österreich begründet habe, für den Fall aber, dass eine Person eine Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates zu einem Zeitpunkt erworben habe, zu dem sie ihren Wohnsitz in Österreich und nicht im Ausstellungsstaat des Führerscheins hatte, gemäß § 30 Abs. 2 letzter Satz FSG die Entziehung der Lenkberechtigung auszusprechen sei, sei die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ein Ermittlungsverfahren nach dem FSG einzuleiten und den Beschwerdeführer zu den Umständen zu befragen, die zur Erlangung des tschechischen Führerscheines geführt hätten. Der Ladungsbescheid habe damit den Erfordernissen nach § 30 Abs. 2 letzter Satz FSG entsprochen.

4. Die Beschwerde ist begründet.

4.1. Unabhängig davon, ob der angefochtene Ladungsbescheid den Anforderungen des § 19 AVG, den Gegenstand der Amtshandlung kurz und deutlich zu bezeichnen, entspricht (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Juni 2008, Zl. 2007/11/0189 und vom 19. Dezember 2011, Zl. 2011/11/0186, jeweils mwN), ist er jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die mit seiner Erlassung seitens der belangten Behörde verfolgten Zwecke keinen Ladungsbescheid nach § 19 AVG rechtfertigten:

4.2. Für den Fall, dass gegründete Bedenken an der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen bestehen, hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 4 FSG mit Bescheid aufzufordern, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen. Es ist aber unzulässig, den Besitzer einer Lenkberechtigung mittels Ladungsbescheid zur Klärung seiner gesundheitlichen Eignung zur Behörde zu laden, weil der Gesetzgeber dafür als lex specialis das Rechtsinstitut der bescheidmäßigen Aufforderung mit der Sanktion der Entziehung der Lenkberechtigung geschaffen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. März 2011, Zl. 2009/11/0019, und vom 19. Dezember 2011, Zl. 2011/11/0186, jeweils mwN).

Von dieser Rechtsprechung abzuweichen besteht kein Anlass, ist doch ein Vorgehen nach § 24 Abs. 4 FSG im Unterschied zum Ladungsbescheid gemäß § 19 AVG vom Vorliegen - begründeter - Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen abhängig, außerdem mit der Möglichkeit verbunden, dagegen Berufung (nunmehr: Beschwerde) zu erheben, und führt schließlich bei Zuwiderhandeln zur Rechtsfolge der Formalentziehung der Lenkberechtigung anstelle der zwangsweisen Vorführung vor die Behörde (vgl. wiederum das zitierte Erkenntnis vom 19. Dezember 2011), womit dem Anliegen der Wahrung der Verkehrssicherheit durch Ausschluss von Lenkern, deren gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in Zweifel steht, von der Teilnahme am Straßenverkehr Rechnung getragen wird.

Das von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierte hg. Erkenntnis vom 28. April 2011, Zl. 2009/11/0089, kann den Rechtsstandpunkt der belangten Behörde schon deshalb nicht stützen, weil sich der dort zu Grunde liegende Sachverhalt entscheidend vom gegenständlichen unterscheidet: Dem dort angefochtenen Ladungsbescheid nach § 19 AVG war ein im Mandatsweg erlassener, auf begründete Bedenken an der gesundheitlichen Eignung des Betroffenen gestützter Aufforderungsbescheid der Behörde nach § 24 Abs. 4 FSG vorangegangen, gegen den der Betroffene Vorstellung erhoben hatte. Aufgrund des darin erstatteten Vorbringens hatte für die Behörde die Notwendigkeit bestanden, abzuklären, ob die Bedenken an der gesundheitlichen Eignung damit ausgeräumt waren (vgl. die Ausführungen im zitierten Erkenntnis):

"Im vorliegenden Fall sollte somit durch ein Ermittlungsverfahren geklärt werden, ob die durch das Vorstellungsvorbringen erschütterten Bedenken der belangten Behörde gegen die gesundheitliche Lenkeignung des Beschwerdeführers nach wie vor begründet waren und sie daher berechtigten, einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs. 4 FSG zu erlassen. Damit unterscheidet sich diese Konstellation wesentlich von dem mit Erkenntnis vom 29. März 2011, Zl. 2009/11/0019, entschiedenen Fall, in dem ein Ladungsbescheid (auch) zu dem Zweck ergangen war, den Gesundheitszustand des Geladenen zu beurteilen, bevor noch begründete Bedenken gegen dessen gesundheitliche Eignung im Sinne des FSG bestanden hatten."

Allfällige Bedenken an der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen rechtfertigen den angefochtenen Ladungsbescheid nach § 19 AVG daher nicht.

Aus prozessökonomischen Erwägungen ist der Vollständigkeit halber im gegebenen Zusammenhang Folgendes klarzustellen:

Die Entziehung oder Einschränkung einer Lenkberechtigung nach § 24 Abs. 1 FSG setzt ebenso wie die Erlassung eines Aufforderungsbescheids nach § 24 Abs. 4 FSG die Änderung von für die Beurteilung der geistigen oder körperlichen Eignung des Inhabers einer Lenkberechtigung entscheidenden Umständen seit Erteilung der Lenkberechtigung voraus (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. September 2009, Zl. 99/11/0279, vom 23. Jänner 2001, Zl. 2001/11/0272, vom 20. April 2004, Zl. 2003/11/0189, vom 17. Oktober 2006, Zl. 2003/11/0302, und vom 16. April 2009, Zl. 2009/11/0020).

Ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs. 4 FSG ist also nur dann zulässig, wenn Grund zur Annahme besteht, dass seit der Erteilung der Lenkberechtigung eine der für die Erteilung maßgeblichen Eignungsvoraussetzungen weggefallen ist; Umstände hingegen, die vor dem Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung lagen, sind nicht geeignet, begründete Bedenken im Sinne des § 24 Abs. 4 FSG hervorzurufen.

Nichts anderes gilt im Fall des Beschwerdeführers, der sich auf eine tschechische Lenkberechtigung beruft, ist doch nach § 1 Abs. 4 erster Satz FSG eine von einer zuständigen Behörde eines EWR-Staates erteilte Lenkberechtigung einer (österreichischen) Lenkberechtigung gemäß § 1 Abs. 3 FSG gleichgestellt und es darf nach § 30 Abs. 2 erster Satz FSG (u.a.) einem Besitzer eines ausländischen EWR-Führerscheines, der einen Wohnsitz in Österreich hat, gegebenenfalls von der Behörde die Lenkberechtigung "unter Anwendung der §§ 24 bis 29" entzogen werden.

4.3. Auch die in der Gegenschrift der belangten Behörde unter Hinweis auf das Entziehungsgebot des § 30 Abs. 2 letzter Satz FSG geäußerten Zweifel daran, ob der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Ausstellung des tschechischen Führerscheins seinen Wohnsitz in Tschechien hatte, rechtfertigen kein Vorgehen nach § 19 AVG:

4.3.1. Zwar ist gemäß § 30 Abs. 2 letzter Satz FSG eine Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates oder eines nicht EWR-Staates dann auszusprechen, wenn eine Person eine Lenkberechtigung in diesem Staat zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem sie ihren Wohnsitz in Österreich und nicht im Ausstellungsstaat hatte. Wie der Verwaltungsgerichtshof aber im Erkenntnis vom 16. Dezember 2014, Zl. Ra 2014/11/0084 - auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - unter im Einzelnen dargestellter Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ausgeführt hat, muss die Anwendung des § 30 Abs. 2 letzter Satz FSG infolge Vorrangs des Unionsrechts in denjenigen Fällen der Entziehung von Lenkberechtigungen eines EWR-Staates unterbleiben, in denen nicht auf Grund von unbestreitbaren, von Behörden des Ausstellermitgliedstaates herrührenden Informationen feststeht, dass die Voraussetzung des ordentlichen Wohnsitzes anlässlich der Erteilung der Lenkberechtigung im Ausstellermitgliedstaat nicht beachtet wurde.

4.3.2. Der Grundsatz der Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Lenkberechtigung (eines Führerscheins) nach Art. 2 Abs. 1 der Führerscheinrichtlinie in der ihm von der Rechtsprechung des EuGH gegebenen Ausprägung beschränkt die zulässigen Erkenntnisquellen (Beweismittel), auf die sich der Aufnahmemitgliedstaat stützen kann, um die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu verweigern (vgl. insbesondere das Urteil des EuGH vom 1. März 2012, Akyüz, C-467/10 , Rz 66, und den Beschluss des EuGH vom 9. Juli 2009, Wierer, C-445/08 , Rz 53, wonach die Aufzählung der zulässigen Erkenntnisquellen, um die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu verweigern, "abschließend und erschöpfend" sei).

Der Aufnahmemitgliedstaat darf also, so der EuGH, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaats ausgestellten Führerscheins dann verweigern, wenn auf Grund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen (vgl. die Urteile Grasser, C-184/10 , Rz 33, Wiedemann und Funk, C-329/06 , C-343/06 , Rz 72, und Akyüz, Rz 62) feststeht, dass die Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht beachtet wurde. Auf andere Informationsquellen kann eine derartige Maßnahme aber nicht gestützt werden, wie der EuGH im Urteil Akyüz unter Rz 68 ausdrücklich ausgeführt hat: "Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung steht einer auf irgendeine andere Information gestützten Weigerung entgegen".

Zwar geht der EuGH davon aus, dass es Sache des nationalen Gerichts (bzw. der national zuständigen Behörden) sei, zu prüfen, ob die verwendeten Informationen als aus dem Ausstellerstaat herrührend eingestuft werden können. Das nationale Gericht müsse die genannten Informationen gegebenenfalls auch bewerten und beurteilen, ob es sich um unbestreitbare Informationen handelt, die beweisen, dass der Inhaber des Führerscheins zu dem Zeitpunkt, als er ihn erhielt, seinen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellerstaates hatte. Das nationale Gericht könne im Rahmen der Beurteilung der ihm vorliegenden, vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden Informationen alle Umstände des bei ihm anhängigen Verfahrens berücksichtigen. Es könne insbesondere den etwaigen Umstand berücksichtigen, dass diese Informationen darauf hinweisen, dass sich der Inhaber des Führerscheins im Gebiet dieses Staates nur für ganz kurze Zeit aufgehalten und dort einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck errichtet habe, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen (so das Urteil Akyüz, Rz 73 bis 75).

Es sei nicht ausgeschlossen, dass die von den Einwohnermeldebehörden des Ausstellermitgliedstaats erlangten Informationen als zulässigerweise zu verwertende, weil von den Behörden des Ausstellermitgliedstaates herrührende Informationen angesehen werden können (Urteil Akyüz, Rz 69).

Es können aber "Erläuterungen oder Informationen, die der Inhaber eines Führerscheins im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaats obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat, nicht als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen qualifiziert werden, die beweisen, dass der Inhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung seines Führerscheins seinen Wohnsitz nicht in diesem Mitgliedstaat hatte" (Urteil Akyüz, Rz 70, unter Berufung auf den Beschluss Wierer, Rz 54)

4.3.3. Vor diesem Hintergrund muss es als unzulässig angesehen werden, den Beschwerdeführer unter Androhung von Zwangsmaßnahmen zur Behörde zu laden, um von ihm - auf Basis der Judikatur des EuGH in einem Entziehungsverfahren nach § 30 Abs. 2 letzter Satz FSG nicht verwertbare - Informationen über den "Erwerb einer Lenkberechtigung in Tschechien" (so das im Ladungsbescheid genannte weitere Thema der Ladung) zu erhalten.

5. Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 (BGBl. II Nr. 518/2013).

Wien, am 27. Jänner 2015

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