VwGH 2013/08/0154

VwGH2013/08/015417.12.2015

GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
UGB §164;
UGB §167;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
UGB §164;
UGB §167;

 

Spruch:

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Wien, vertreten durch Dr. Eva-Maria Bachmann-Lang und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Opernring 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 27. Juni 2013, BMASK-427189/0001- II/A/3/2011, betreffend Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (mitbeteiligte Partei: K S in L, vertreten durch Dr. Andreas Fink, Dr. Peter Kolb und Dr. Christopher Fink, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7), zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit Vertrag vom 25. Februar 2010 schlossen sich die Metalltechnik S. GmbH (in der Folge: S. GmbH), der Mitbeteiligte K. S., die Herren W. S. und W. Z. sowie die S. & Co. KG zur S. GmbH & Co. KG (in der Folge: S. KG) zusammen.

Der Gesellschaftsvertrag der S. KG vom selben Tag lautet auszugsweise wie folgt (Fehler im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"1. Firma

Die Firma der Gesellschaft lautet: 'S. GmbH & Co. KG'. ...

...

3. Unternehmensgegenstand

Gegenstand des Unternehmens ist

a) die Ausübung des Schlossereigewerbes, der Landmaschinenmechanik und des Metallbaues;

b) die An- und Verpachtung von Gegenständen bzw. Liegenschaften im In- und Ausland;

  1. c) der Handel mit Waren aller Art;
  2. d) die Beteiligung und Übernahme von Geschäftsführungen sowie der Vertretung bei andere Unternehmen;

    e) die Ausübung aller Geschäfte und Maßnahmen, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes nützlich sind, sofern sie der Gesellschaft nach den einschlägigen Gesetzen gestattet sind.

    ...

    6. Gesellschafter, Einlagen und Kapitalanteile

    a) Komplementärin der Gesellschaft ist die 'Metalltechnik

    S. GmbH'. Herr K. S., Herr W. S. und Herr W. Z. sind Kommanditisten.

    b) Die Komplementärin 'Metalltechnik S. GmbH' leistet keine Einlage (Pflichteinlage, bedungene Einlage). Sie übernimmt bei der Gesellschaft die Vertretung sowie die Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Vermögensbeteiligung. Sie ist demnach am Ergebnis und am Vermögen sowie einem allfälligen Liquidationserlös der Gesellschaft nicht beteiligt.

    c) Die Einlage (Pflichteinlage, bedungene Einlage) von Herrn K. S. beträgt EUR 2.000,- und ...

    d) Die Einlage (Pflichteinlage, bedungene Einlage) von Herrn W. S. beträgt EUR 1.000,- und ...

    e) Die Einlage (Pflichteinlage, bedungene Einlage) von Herrn W. Z. beträgt EUR 1.000,- und ...

    f) Die Kapitalanteile der Gesellschafter werden einvernehmlich entsprechend den Pflichteinlagen festgelegt wie folgt:

Metalltechnik S. GmbH

EUR 0,-

K. S.

EUR 2.000,-

W. S.

EUR 1.000,-

W. Z.

EUR 1.000,-

g) Die Höhe der Kapitalanteile und das Verhältnis derselben zueinander kann, ..., nur durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafterversammlung geändert werden.

h) Die in das Firmenbuch einzutragenden Haftsummen der Kommanditisten entsprechen der Höhe ihrer bedungenen Einlagen. Die Haftung der Kommanditistin gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ist mit dieser Haftsumme beschränkt.

i) Soweit im Folgenden nichts anderes vereinbart wird, bestimmt sich die Gesellschafterrechte einschließlich der Stimmrechte sowie der vermögenswerten Rechte auf einen Anteil am Ergebnis, am Vermögen und an einem allfälligen Liquidationsüberschuss der Gesellschaft, bestimmen sich nach dem Verhältnis der Kapitalanteile welche den bedungenen Einlagen und dem festen Kapitalkonto entsprechen.

7. Gesellschafterkonten

a) Für jeden Gesellschafter werden ein festes Kapitalkonto, ein Gewinn- und Entnahmeverrechnungskonto und ein Verlustverrechnungskonto geführt.

  1. b) Auf den festen Kapitalkonten sind die Einlagen verbucht.
  2. c) Es beträgt der Stand des festen Kapitalkontos von

K. S.

EUR 2.000,-

W. S.

EUR 1.000,-

W. Z.

EUR 1.000,-

Das Kapitalkonto der persönlich haftenden Gesellschafterin 'Metalltechnik S. GmbH' hat daher den Stand von Null.

...

8. Gewinn und Verlust

a) Vorab erhält die unbeschränkt haftende Gesellschafterin 'Metalltechnik S. GmbH' für ihre Geschäftsführungstätigkeit, unabhängig von einem Gewinn oder Verlust der Gesellschaft, den Ersatz für alle Aufwendungen, die ihr durch die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft erwachsen, insbesondere ...

b) Danach erhält die Komplementärin vorab für die Übernahme der voll haftenden Stellung der Komplementärin in der Gesellschaft eine Haftungsentschädigung, deren Höhe mit 5% des Stammkapitals der Komplementärin festgelegt wird, ...

c) Danach erhält jeder Kommanditist für seine Tätigkeit aus dem verbleibenden Gewinn einen Vorwegbezug, dessen Höhe durch Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit festgelegt wird.

d) Danach erhält Herr K. S. in Entsprechung der für den Zusammenschluss vom 25.02.2010 gewählten Vorsorgemethode aus dem verbleibenden Gewinn einen Gewinnvorab, dessen Höhe mit 5% des verbleibenden Gewinns festgelegt wird, bis er aufgrund dieses Gewinnvorab insgesamt einen Betrag von EUR 35.797,44 erreicht hat.

e) Der danach verbleibende Gewinn oder Verlust ist auf die Gesellschafter im Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten aufzuteilen.

...

9. Entnahmen

a) Entnahmen sind nur zulässig, soweit das Gewinn- und Entnahmeverrechnungskonto ein Guthaben aufweist.

b) Ohne weitere Zustimmung der Gesellschaft oder einzelner Gesellschafter ist bei einem Guthaben jeder Gesellschafter berechtigt, jene Beträge zu entnehmen, die er zur Bezahlung der aus seiner Beteiligung an dieser Gesellschaft anfallenden persönlichen Steuern benötigt.

c) Darüber hinaus verbleibende Guthaben auf dem Gewinn- und Entnahmeverrechnungskonto dürfen ohne weitere Zustimmung der Gesellschaft oder einzelner Gesellschafter nur insoweit entnommen werden, als sie den zugewiesenen Vorwegbezug gemäß Punkt 8 lit c) abzüglich der Entnahme gemäß vorstehendem Punkt nicht übersteigen.

d) Weitere Entnahmen bedürfen eines Gesellschafterbeschlusses mit einfacher Mehrheit.

...

10. Geschäftsführung und Vertretung

a) Zur Geschäftsführung und Vertretung ist ausschließlich die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt und verpflichtet. Sie hat sich in der Ausübung dieser Funktion ihrer satzungsmäßigen Organe zu bedienen.

b) Sie hat die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers unter Beachtung der Bestimmungen von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsordnungen sowie Weisungen ihrer Gesellschafter zu führen.

c) Das Widerspruchsrecht der Kommanditisten nach § 164 UGB wird auch hinsichtlich wichtiger und außergewöhnlicher Geschäfte sowie Maßnahmen ausgeschlossen.

d) Den Kommanditisten steht ein jederzeitiges, unbeschränktes Recht zu, in die Bücher und allen Geschäftsunterlagen der Gesellschaft Einsicht zu nehmen und Abschriften anzufertigen. ...

11. Gesellschafterbeschlüsse, Stimmrecht

  1. a) ...
  2. b) Eine Gesellschafterversammlung ist von der Geschäftsführung immer dann einzuberufen, wenn es von einem Gesellschafter verlangt wird. Kommt die Geschäftsführung dem Verlangen eines Gesellschafters nicht durch Einberufung binnen längstens einer Woche ab Postaufgabe der Aufforderung nach, ist der Gesellschafter selbst zur Einberufung der Gesellschafterversammlung berechtigt.

    ....

    g) Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn alle Gesellschafter anwesend oder vertreten sind. ...

    h) Die Versammlung wird vom Vorsitzenden geleitet. Dieser wird von den Gesellschaftern mit einfacher Mehrheit gewählt. ...

    i) Das Stimmrecht bei Beschlussfassungen in der Gesellschafterversammlung und im Umlaufweg richtet sich nach der Höhe der festen Kapitalkonten. Je EUR 1,00 des Kapitalkontos gewähren eine Stimme. Jeder Gesellschafter verfügt jedoch über zumindest eine Stimme in der Gesellschafterversammlung, dies unabhängig von seiner Vermögensbeteiligung an der Gesellschaft.

    j) Sofern nicht der Gesellschaftsvertrag in seiner jeweiligen Fassung oder das Gesetz zwingend etwas anderes bestimmen, werden die Gesellschafterbeschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gefasst.

    k) Sofern nicht der Gesellschaftsvertrag in seiner jeweiligen Fassung eine höhere Mehrheit vorsieht oder das Gesetz zwingend etwas anderes bestimmt, bedürfen Beschlüsse über

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Partei erwogen:

1. § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung lautet wie folgt:

"§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

...

4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, daß seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. September 2008, 2006/08/0041, zur Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ausgesprochen hat, sollen Kommanditisten einer KG nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", das heißt, sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse, und zwar auf Grund rechtlicher - und nicht bloß faktischer - Gegebenheiten abhängen. Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", und die daher nicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversichert sein sollen, sind jedenfalls jene, deren Rechtsstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgeht (vgl. dazu aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 2015, 2013/08/0003, mwN).

Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2015, 2012/08/0235, mwN).

Die Rechtsstellung eines Kommanditisten kann somit durch entsprechende Vertragsgestaltung, insbesondere durch Einräumung von Geschäftsführungsbefugnissen, auch der eines Komplementärs so weit angenähert werden, dass seine Tätigkeit der eines selbständig Erwerbstätigen entspricht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, 2013/08/0227, mwN).

Dementsprechend ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob dem Mitbeteiligten durch den Gesellschaftsvertrag über das ihm gemäß § 164 UGB zustehende Widerspruchsrecht, das lediglich die außergewöhnlichen Geschäfte der KG betrifft, hinausgehende rechtliche Möglichkeiten der Einflussnahme auf die gewöhnliche unternehmerische Tätigkeit der KG eingeräumt wurden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 11. Juli 2012, 2012/08/0123, vom 17. Oktober 2012, 2012/08/0110, und vom 2. September 2013, 2011/08/0357), oder ob er von solchen Möglichkeiten Gebrauch machen konnte (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 2009, 2007/08/0043, und vom 16. Februar 2011, 2007/08/0099, wonach es nicht darauf ankommt, ob derartige Geschäfte tatsächlich getätigt wurden; vgl. zum Ganzen erneut das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, 2013/08/0227).

2. Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt erblickt im dem Mitbeteiligten als Kommanditisten zustehenden Recht, die Gesellschafterversammlung jederzeit, auch in Angelegenheiten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes, einzuberufen, und in der aus der Beteiligungshöhe resultierenden Verteilung der Stimmrechte über § 164 UGB hinausgehende Möglichkeiten, auf die gewöhnliche Geschäftsführung der S. KG Einfluss zu nehmen.

Ihrer Ansicht nach benötige die formell allein zur Geschäftsführung der S. KG berufene Komplementär-GmbH zur Ablehnung eines von einem Kommanditisten im Wege seines Einberufungs- und Antragsrechts erstatteten Vorschlags (auch) in Angelegenheiten der gewöhnlichen Geschäftsführung der S. KG stets das Einverständnis zumindest auch des anderen Kommanditisten. Die Kommanditisten seien über einen jederzeit äußerbaren Wunsch eben nicht bloß zu hören, sondern auch in die dann notwendig mit einem Mehrheitsbeschluss zu fassende interne Entscheidungsfindung eingebunden, wobei dem zu 50 Prozent beteiligten Kommanditisten dabei naturgemäß "de facto" der größte Einfluss zukomme. Diese über ein bloßes Kontrollrecht hinausgehende Mitwirkungsbefugnis an der internen Willensbildung korrespondiere mit dem Recht des Mitbeteiligten, jederzeit und unbeschränkt in die Bücher und alle sonstigen Unterlagen der S. KG Einsicht zu nehmen.

Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt nicht im Recht:

3.1. Nach Punkt 10a des Gesellschaftsvertrages ist zur Geschäftsführung und Vertretung der S. KG ausschließlich die persönlich haftende Gesellschafterin, somit der S. GmbH als Komplementärin, berechtigt und verpflichtet. Von der Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahen ist der Mitbeteiligte als Kommanditist wiederum nach Punkt 10c des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich ausgeschlossen. Eine solche Regelung ist zulässig, da es sich bei § 164 UGB um eine dispositive Bestimmung handelt (vgl. etwa Kammel in Straube, UGB-Kommentar, 41. Lfg. (2013), Rz 12 zu § 164, mwN). Es trifft also schon von daher nicht zu, dass der Mitbeteiligte in die mit einem Mehrheitsbeschluss zu fassende interne Entscheidungsfindung (auch) in Angelegenheiten der gewöhnlichen Geschäftsführung der S. KG eingebunden werden muss.

Der Gesellschaftsvertrag sieht überdies keine Regelung vor, wonach dem Kommanditisten in Angelegenheiten der Geschäftsführung die Entscheidungsinitiative zukommt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem gleichgelagerten Fall bereits ausgesprochen hat, lässt sich dies auch nicht allein aus der Befugnis zur Einberufung von Gesellschafterversammlungen ableiten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 2. Mai 2012, 2009/08/0182).

Auch aus den im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Regelungen über die aus der Kapitalbeteiligung resultierende Stimmverteilung in der Gesellschaftsversammlung können keine Einflussmöglichkeiten des Mitbeteiligten als Kommanditist auf die (gewöhnliche) Geschäftsführung der S. KG abgeleitet werden, zumal die Komplementärin Beschlüsse in der Gesellschaftsversammlung auch ohne seine Mitwirkung bzw. gegen seinen Willen durchsetzen kann, weil die beiden anderen Kommanditisten zusammen mit der Komplementärin die für die Beschlussfassung erforderliche Stimmenmehrheit erreichen. Dem Mitbeteiligten war es sohin weder möglich, Beschlüsse in der Gesellschaftsversammlung auf eigene Initiative herbeizuführen, noch konnte er allein eine von der Komplementärin angeregte Beschlussfassung wirksam verhindern.

Im Hinblick darauf ist auch die Bedeutung des Einsichtsrechts nach Punkt 10d des Gesellschaftsvertrages relativiert, mag es auch, wie hier, den Umfang des Kontrollrechts gemäß § 166 UGB überschreiten. Die Informationsbeschaffung im Wege des Einsichtsrechts gewährt einem Kommanditisten noch keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der KG.

Bestimmenden Einfluss konnte der Stimmanteil dem Mitbeteiligten allenfalls bei der Beschlussfassung über Änderungen des Gesellschaftsvertrages (s. dort Punkt 11k und 11l) verschaffen. Für die Frage, ob ein Kommanditist sich in einer solchen Weise aktiv im Unternehmen betätigt, dass er der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliegt, kommt es nach der Rechtsprechung aber wesentlich auf den Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse an und nicht auf die Einflussmöglichkeiten hinsichtlich der gesellschaftsvertraglichen Grundlagen (vgl. dazu ebenfalls das hg. Erkenntnis vom 2. Mai 2012, 2009/08/0182).

3.2. Der Auffassung der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt zufolge ergäben sich erweiterte, direkt im Vertrag der S. KG selbst vorgesehene Mitwirkungsrechte der Kommanditisten auch aus dem atypischen - da wesentlich eingeschränkten - Entnahmerecht bzw. der ebenfalls nicht im UGB-Regelstatut vorgesehenen Verpflichtung zum Stehenlassen an sich entnehmbarer Gewinnanteile und daher einem über die Einzahlung der Hafteinlage hinausreichenden Unternehmerrisiko, das auch nicht auf einen konkreten Betrag beschränkt sei.

Dass aber allein aus den gesellschaftsrechtlichen Regelungen zur Gewinn- und Verlustbeteiligung des Kommanditisten keine Einflussmöglichkeiten auf den (gewöhnlichen) Geschäftsbetrieb abgeleitet werden können, die über die in den §§ 161 ff UGB geregelten Befugnisse eines Kommanditisten hinausgehen würden, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. September 2013, 2011/08/0357, und vom 21. Dezember 2011, 2009/08/0288). Es sind Abweichungen von der gesetzlichen Regelung hinsichtlich der Gewinnverteilung, somit auch Einschränkungen des Entnahmerechts des Kommanditisten, angesichts der dispositiven Regelung des § 167 UGB (vgl. H. Torggler in Straube, UGB-Kommentar,

37. Lfg. (2012), Rz 10 zu § 167, mwN) zulässig.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen begründet die vorliegende Vertragsgestaltung auch nicht den Verdacht eines Scheingeschäftes.

3.3. Schließlich zeigt die Beschwerde auch nicht auf, dass der Mitbeteiligte ohne Widerspruch durch die Komplementärin regelmäßig mehr Geschäftsführungsbefugnisse in Anspruch genommen hätte, als ihm der schriftliche Vertrag eingeräumt hat, dass er Allein- oder Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH gewesen wäre, wodurch er die unternehmerische Tätigkeit der KG beeinflussen hätte können (vgl. zu diesen beiden Aspekten erneut das hg. Erkenntnis vom 11. September 2008, 2006/08/0041, mwN, sowie zu letzterem das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 2009, 2006/08/0341) oder dass es zu einer konkludenten Änderung des Gesellschaftsvertrages dergestalt gekommen wäre, dass dem Mitbeteiligten Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2012, 2012/08/0110, mwN).

Der Gesellschaftsvertrag enthält außerdem keine Bestimmung, welche den Kommanditisten das Recht gibt, bei bestimmten, zur gewöhnlichen Geschäftsführung zählenden Geschäften zwingend in die Entscheidungsfindung miteinbezogen zu werden (zu einem solchen Fall vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2008, 2006/08/0173, mwN sowie aus jüngerer Zeit die hg. Erkenntnisse vom 4. September 2013, 2011/08/0345, und vom 28. Jänner 2015, 2012/08/0235).

4. In Anbetracht dieser Ausführungen kann im vorliegenden Fall nicht gesagt werden, dass der Mitbeteiligte einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der S. KG hatte, weshalb die belangte Behörde zutreffend ausgesprochen hat, dass im gegenständlichen Zeitraum keine Pflichtversicherung im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vorliegt.

5. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das den Ersatz der Umsatzsteuer betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am 17. Dezember 2015

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