VwGH 2011/13/0003

VwGH2011/13/000325.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer‑Jenkins, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach H W in W, vertreten durch die KPMG Alpen‑Treuhand GmbH in 1090 Wien, Porzellangasse 51, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 17. November 2010, Zl. RV/3310‑W/09, miterledigt RV/3311‑W/09 und RV/2905‑W/10, betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2007 sowie Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2008, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1002
BAO §21 Abs1
BAO §24 Abs1
BAO §24 Abs1 litd
EStG 1988 §2 Abs1
EStG 1988 §27

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:2011130003.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beschwerdeführende Partei ist die Verlassenschaft nach dem am 1. November 2009 verstorbenen Dr. W. (im Folgenden nur: W.).

Im Bericht vom 29. April 2009 über das Ergebnis einer Außenprüfung (Prüfungszeitraum 2000 bis 2007) wird zur "Vermögenszurechnung ‑ Zurechnung der Einkünfte (transparente/intransparente Stiftung)" ausgeführt, in einer am 23. Juni 2008 eingebrachten Selbstanzeige vom 20. Juni 2008 sei mitgeteilt worden, dass W. am 28. Mai 1963 eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht (Familienstiftung A.; im Folgenden auch: FL‑Familienstiftung) gegründet habe. Erstbegünstigte dieser Stiftung seien W. und dessen Sohn gewesen. Die Führung der Stiftung sei mittels Mandatsvertrages ("28.5.1963, 15.3.1985, 20.6.1989, 7.4.1998") erfolgt, weiters sei per Anhang zum Mandatsvertrag vom 7. April 1998 die Bank S. in Basel durch W. und dessen Sohn "zur Instruktion an den Stiftungsvorstand" ermächtigt worden. In der Selbstanzeige sei auch dargestellt worden, weshalb W. der Ansicht sei, dass ihm das Stiftungsvermögen nicht zuzurechnen sei. Diese Argumentation ziele im Wesentlichen darauf ab, dass keine faktische Einflussnahme auf die Führung der Stiftung genommen worden und deshalb eine Zurechnung des Stiftungsvermögens zum Stifter nicht möglich sei.

Zu dem in der Selbstanzeige dargestellten Sachverhalt sei der Betriebsprüfer zum "Typenvergleich ‑ Vergleichbarkeit einer österreichischen Privatstiftung mit einer FL‑Familienstiftung" der Ansicht, dass liechtensteinische Familienstiftungen mit einer österreichischen Privatstiftung vergleichbar sein könnten. Fraglich sei allerdings, ob die vorliegende FL‑Familienstiftung mit einer österreichischen Privatstiftung vergleichbar sei. Auf Grund des Mandatsvertrages unterliege der Stiftungsrat dem Weisungsrecht des Stifters. Aus dem Mandatsvertrag vom 7. April 1998 sei "deutlich ersichtlich, dass die Stifter zu keinem Zeitpunkt die Verfügungsgewalt über ihr Vermögen (das Vermögen der Stiftung) aufgegeben und jederzeit das Weisungsrecht inne hatten". Ein generelles Weisungsrecht des Stifters mit der Folge, dass der Stiftungsrat immer nur nach einer entsprechenden Weisung des Stifters handeln dürfe, sei nach dem österreichischen Privatstiftungsgesetz unzulässig. Schon deshalb sei die FL‑Familienstiftung nicht mit einer Stiftung nach dem österreichischen Privatstiftungsgesetz vergleichbar. Weiters halte der Umstand, dass der Stifter und sein Sohn auf Grund einer entsprechenden Weisung des Stifters auch Erstbegünstigte der FL‑Familienstiftung seien, einem Vergleich mit dem österreichischen Privatstiftungsgesetz nicht stand, nach dem der Stifter und seine Familienangehörigen zwar Vorstand, nicht gleichzeitig aber auch Begünstigte sein dürften. Folge der fehlenden Vergleichbarkeit sei, dass die Einkünfte nicht der FL‑Familienstiftung zugerechnet werden könnten.

Zur "Zurechnung der Einkünfte" seien die steuerlichen Grundsätze über das wirtschaftliche Eigentum und Treuhandschaften maßgeblich. Wegen des Mandatsvertrages habe der Stifter trotz des zivilrechtlich an sich wirksamen Stiftungsaktes weiterhin uneingeschränkten Zugriff auf das der FL‑Familienstiftung gewidmete Kapitalvermögen gehabt. Seine Stellung sei der eines Treugebers vergleichbar gewesen. Eine tatsächliche Einflussnahme des Stifters auf die Geschäfte der Stiftung sei dabei nicht notwendig. Die Argumentation, dass es wegen Nichtausübung der eingeräumten Rechte zu keinem Durchgriff durch die Stiftung auf den Stifter kommen könne, berücksichtige nicht, dass der Stifter bereits durch Abschluss des Mandatsvertrages entscheidenden Einfluss auf die Stiftungsverwaltung genommen habe. Durch die wegen des Mandatsvertrages jederzeitige Möglichkeit, auf die Stiftungsverwaltung Einfluss zu nehmen, "bleibt der Stifter einem Treugeber vergleichbar, der ebenfalls nicht aktiv in die Kapitalveranlagung durch den Treuhänder eingreift". Mit der Erstellung des Mandatsvertrages habe der Stifter durch die Auswahl der Beauftragten aktiv auf die Geschäfte der Stiftung Einfluss genommen und damit auf die Entwicklung seines Vermögens eingewirkt. Im Anhang zum Mandatsvertrag vom 7. April 1998 werde ausdrücklich festgehalten, dass die Stifter/Erstbegünstigten die Bank ermächtigten, dem Stiftungsrat der FL‑Familienstiftung Instruktionen zu erteilen. Nach der Sachverhaltsdarstellung in der Selbstanzeige seien alle Investitionsentscheidungen durch das Bankhaus getroffen worden. Dies könne im Zusammenhang mit dem Anhang zum Mandatsvertrag vom 7. April 1998 nur so verstanden werden, dass dieser Bank vom Stifter ein Weisungsrecht an den Stiftungsrat eingeräumt worden sei. Dies entspreche im Ergebnis der Ausführung der Tätigkeit des Stiftungsrates entsprechend den Instruktionen des Stifters.

Der Betriebsprüfer komme damit insgesamt zum Ergebnis, dass die FL‑Familienstiftung nicht mit einer dem österreichischen Privatstiftungsgesetz entsprechenden Privatstiftung vergleichbar sei und daher einem "Typenvergleich" nicht standhalte. Es sei von einer transparenten Stiftung auszugehen, sodass "das gestiftete Vermögen weiterhin dem Stifter [W.] zuzurechnen ist". Die Festsetzung der Besteuerungsgrundlagen erfolge entsprechend den in der Selbstanzeige gemachten Angaben und der anschließenden Korrespondenz zwischen der Betriebsprüfung und dem steuerlichen Vertreter.

Weiters sei für die Jahre 2000 und 2001 Verjährung noch nicht eingetreten, weil davon auszugehen sei, dass W. durch das "Nichterklären von Kapitaleinkünften" unter Einschaltung der wirtschaftlich ihm zuzuordnenden transparenten FL Familienstiftung eine vorsätzliche Verkürzung der Einkommensteuer bewirkt habe. Als "Genussberechtigtem" seien ihm alle Ansprüche auf das Vermögen der FL‑Familienstiftung und auf dessen Erträgnisse zugestanden. Zudem habe der Mandatsvertrag die Stiftungsräte verpflichtet, ihr Mandat ausschließlich nach den Instruktionen des Stifters auszuüben. Überdies sei von diesem eine liechtensteinische Treuhandanstalt mit der Repräsentanz und als Domizilhalter beauftragt worden. Liege damit eindeutig eine transparente Stiftung vor, könne von einer irrtümlich erfolgten Nichterklärung der Einkünfte aus der FL‑Familienstiftung und von einer vertretbaren rechtlichen Würdigung als intransparente Stiftung nicht ausgegangen werden. Dies "umso mehr als weder bei Gründung noch im Zusammenhang mit der nachträglichen Vermögenszufuhr an die Stiftung eine Meldung der diesbezüglich schenkungssteuerpflichtigen Umstände noch die Abfuhr der entsprechenden Schenkungssteuer erfolgte". Die Offenlegung der einkommensteuerpflichtigen Erträge aus der FL‑Familienstiftung sei erst im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden der Tatsache erfolgt, dass der österreichischen Finanzverwaltung Kontoinformationen seitens einer liechtensteinischen Bank übermittelt worden seien. In den von W. abgegebenen Einkommensteuererklärungen habe dieser die Einkünfte nicht offengelegt. Die Wiederaufnahme des Verfahrens sei daher für den Zeitraum 2000 bis 2007 vorzunehmen gewesen.

Den gegen die auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Bescheide erhobenen Berufungen vom 22. Juni 2009 (Wiederaufnahme und Einkommensteuer 2000 bis 2007) und vom 11. August 2010 (Einkommensteuer 2008) gab die belangte Behörde nach Durchführung einer Berufungsverhandlung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.

Nach der Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens führt die belangte Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides aus, sie gehe von dem Sachverhalt aus, dass die FL‑Familienstiftung im Jahr 1963 von W. errichtet worden sei (im Zuge der Errichtung seien rd. 266.000 CHF und im Jahr 1996 3,5 Mio. S zugeführt worden). Die Statuten und der Mandatsvertrag aus dem Jahr 1963 sowie die Mandatsverträge vom 15. März 1985 und 20. Juni 1989 seien nicht mehr vorhanden bzw. lägen nur mehr die Statuten vom 6. April 1998 und der Mandatsvertrag vom 7. April 1998 vor. Die Stiftung sei als Familienstiftung mit unbeschränkter Dauer konzipiert worden, deren "Zweck die wirtschaftliche Unterstützung von Angehörigen der Familie (Erziehung und Bildung, Ausstattung und Unterstützung, Lebensunterhalt im Allgemeinen, wirtschaftliche Förderung im weitesten Sinne) sowie außerhalb des Familienkreises stehenden natürlichen und juristischen Personen ist". Ein kaufmännisches Gewerbe werde nicht betrieben. Als Erstbegünstigte seien zeitlebens W. und dessen Sohn eingesetzt worden. Nach dem den bisherigen Mandatsvertrag ersetzenden Mandatsvertrag vom 7. April 1998 seien zwei neue Stiftungsräte in Vaduz beauftragt worden, "welche ihre Tätigkeit ausschließlich nach den Instruktionen des Auftraggebers und von Drittpersonen, welche der Auftraggeber bezeichne, auszuüben, verpflichtet" seien. Per Anhang zum Mandatsvertrag vom 7. April 1998 sei das Bankhaus in Basel zur Instruktionserteilung an den Stiftungsvorstand ermächtigt worden.

Die Tatsache, dass an W. Einkünfte aus der FL‑Familienstiftung geflossen seien, sei erst durch die Selbstanzeige bekannt geworden, sodass die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllt seien. Zur Prüfung, ob die siebenjährige Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO für hinterzogene Abgaben Anwendung finde, sei die Vorfrage der Abgabenverkürzung im Abgabenverfahren unter Anwendung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung eigenständig zu beurteilen. Die objektive Tatseite des § 33 Abs. 1 iVm Abs. 3 lit. b FinStrG sei erfüllt, weil W. unter Verletzung der ihm obliegenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Abgaben (Einkommensteuer 1963 bis 2007) bewirkt habe. Zur subjektiven Tatseite genüge der bedingte Vorsatz, der bereits dann vorliege, wenn der Täter die Verwirklichung eines Sachverhaltes, der dem gesetzlichen Tatbild entspreche, ernstlich für möglich halte und sich damit abfinde (§ 8 Abs. 1 FinStrG). Wie im Folgenden ausführlich dargestellt werde, sei im Beschwerdefall der Stiftungsrat durch einen Mandatsvertrag an die Weisungen des Stifters (Begünstigten) gebunden gewesen, sodass "die Stiftung im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszublenden und das Einkommen direkt dem Steuerpflichtigen und nicht der Stiftung zuzurechnen war". Insoweit sei daher das Finanzamt zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass von einer vertretbaren Rechtsauffassung nicht auszugehen sei, weil im Fall der (durch Mandatsvertrag eingeräumten) Dispositionsbefugnis des Stifters die Einkünfte unmittelbar dem Stifter zuzurechnen seien. Auch der Hinweis auf das Fehlen einer eindeutigen Rechtsprechung sowie weiters darauf, dass das Recht der Besteuerung ausländischer Stiftungen nur "von einigen wenigen Spezialberatern beherrscht wurde", könne nicht überzeugen (auch der OGH habe im Urteil vom 19. März 2009, 13 Os 105/08b, ausgesprochen, dass Einwendungen dieser Art nicht geeignet seien, finanzstrafrechtliche Konsequenzen hintanzuhalten). Dem Einwand eines entschuldbaren Rechtsirrtums sei ebenfalls nicht zu folgen. Auch hätte W. Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme der ausländischen Kapitaleinkünfte in die Einkommensteuererklärung einholen müssen, "zumal ihm grundsätzlich die Steuerpflicht ausländischer Kapitaleinkünfte allein schon aufgrund der Verwendung der amtlichen Vordrucke E 1 bei der Erstellung seiner Einkommensteuererklärung klar sein musste". Für die Beurteilung der Abgabenhinterziehungsabsicht sei es weiters von wesentlicher Bedeutung, dass W. weder Einkünfte (im Fall seiner Würdigung als transparente Stiftung) noch Schenkungssteuer (im Fall seiner Würdigung als intransparente Stiftung) erklärt und abgeführt habe und somit für jeden Fall seiner abgabenrechtlichen Würdigung die entsprechende abgabenrechtliche Konsequenz unterlassen habe. Auch dürfe hinsichtlich der vorgebrachten Beweggründe für die Veranlagung des Familienvermögens der internationale Bekanntheitsgrad des Fürstentums Liechtenstein als "Steueroase" nicht übersehen werden. Die Selbstanzeige sei zudem erst im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden der so genannten "DVD‑Affäre" erfolgt. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei die belangte Behörde damit der Auffassung, dass zumindest vom Vorliegen eines bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Abgabenverkürzung ausgegangen werden müsse. Da somit der Hinterziehungstatbestand des § 207 Abs. 2 BAO hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2000 und 2001 zu bejahen sei, komme die siebenjährige Verjährungsfrist zur Anwendung, sodass das Finanzamt die Wiederaufnahme auch für diese Jahre zu Recht verfügt habe.

"Ad transparente Stiftung" wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, zur steuerlichen Einordnung der liechtensteinischen Stiftung in Österreich sei zunächst zu prüfen, ob diese als Körperschaftsteuersubjekt im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 bzw. § 1 Abs. 3 Z 1 lit. a KStG 1988 anzuerkennen sei. Dabei sei ein so genannter "Typenvergleich" vorzunehmen. Eine Vergleichbarkeit der liechtensteinischen Stiftung mit einer österreichischen Privatstiftung im Sinne des Privatstiftungsgesetzes sei jedenfalls dann zu verneinen, wenn das Stiftungsorgan (Stiftungsrat) nicht unabhängig von den Begünstigten der Stiftung sei, "d.h. wenn Begünstigte zugleich Stiftungsräte sind oder im Innenverhältnis umfangreiche Weisungsrechte gegenüber dem Stiftungsrat haben". Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 23. Juni 2009, 2006/13/0183, VwSlg. 8452/F) zähle zu den Strukturmerkmalen, um von einer Vergleichbarkeit mit der österreichischen Privatstiftung ausgehen zu können, zwingend die unabhängige Leitung durch den Stiftungsvorstand im Verhältnis zum Stifter. Eine Vergleichbarkeit mit einer eigennützigen österreichischen Privatstiftung sei zwar nach dem Inhalt der Stiftungsurkunde und der Begünstigtenregelung grundsätzlich gegeben, allerdings sei im Hinblick auf den Inhalt des Mandatsvertrages vom 7. April 1998 von einem Weisungsrecht des Stifters bzw. Begünstigten auszugehen. Gleichzeitig sei mit dem Anhang zum Mandatsvertrag das Bankhaus in Basel vom Stifter ermächtigt worden, dem Stiftungsrat Instruktionen zu erteilen. Der Stifter habe damit auch für den Fall fehlender eigener Weisungen sichergestellt, dass die Stiftungsräte nicht eigenmächtig handeln dürfen. In diesem Punkt zeige sich damit ein deutlicher Unterschied zur österreichischen Privatstiftung, deren Stiftungsvorstände immer weisungsfrei seien. Sei Vergleichbarkeit mit einer Privatstiftung nach dem österreichischen Privatstiftungsgesetz nicht gegeben, sei eine Zurechnung der Einkünfte aus dem Stiftungsvermögen an die Stiftung nicht möglich.

Aber "selbst wenn" man der Auffassung der Berufung folge, wonach trotz Vorliegens eines Mandatsvertrages die liechtensteinische Stiftung ein der österreichischen Privatstiftung entsprechender Rechtstypus sei, sei "in einem nächsten Schritt (wie auch für den Fall, dass eine Vergleichbarkeit nicht vorliegt) das Einkünftezurechnungssubjekt festzustellen, dh. es ist zu untersuchen, ob der Stiftung auch die Einkünfte und das Vermögen für steuerliche Zwecke zuzurechnen sind". Einkünfte seien nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre demjenigen zuzurechnen, der durch Teilnahme am Marktgeschehen über die Leistungserbringung disponieren könne und damit die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübe. Durch die im Beschwerdefall auf Grund des vorliegenden Mandatsvertrages gegebene Weisungsgebundenheit der Stiftungsräte sei der Stifter (Begünstigte) in die Lage versetzt worden, jederzeit den Impuls für eine Organhandlung zu setzen. Er sei dadurch sowohl rechtlich als auch faktisch zum "obersten Organ" der Familienstiftung mit alleiniger Entscheidungskompetenz geworden. Selbst wenn W. die Rechte aus dem Mandatsvertrag nicht ausgeübt habe, wie dies in der Berufung eingewendet werde, bleibe er einem Treugeber vergleichbar, der ebenfalls nicht aktiv in die Kapitalveranlagung durch den Treuhänder eingreife. Entscheidend für die Einkünftezurechnung sei bereits die Möglichkeit des jederzeitigen Eingriffs, unabhängig von der tatsächlichen Durchführung. Da die Stiftungsräte nach dem klaren und eindeutigen Inhalt des Mandatsvertrages nur nach den Weisungen des Stifters bzw. der von ihm hiezu bevollmächtigten Personen handeln dürften, sei klargestellt, dass W. seine Dispositionsbefugnis nie aufgegeben habe. Zudem dürfe nicht übersehen werden, dass W. im Anhang zum Mandatsvertrag das Bankhaus ermächtigt habe, dem Stiftungsrat Instruktionen zu erteilen und dieses daher in seinem Auftrag die Investitionsentscheidungen getroffen habe, "zumal ja der Stiftungsvorstand ohne entsprechende Weisung (abgesehen von Gefahr im Verzug) gar nicht handeln darf". Diese Vereinbarung habe auch der Darstellung in der Selbstanzeige unter Punkt 1.6. entsprochen, wonach die "Investitions- und Deinvestitionsentscheidungen" vom Bankhaus ‑ ohne Einfluss der Stiftungsräte ‑ getroffen worden seien. Der in der Berufung und in der Berufungsverhandlung von der steuerlichen Vertretung vorgenommene Vergleich mit der Vermögensveranlagung österreichischer Privatstiftungen, bei denen die Veranlagungsentscheidungen ebenfalls durch Banken getroffen würden, sei insofern nicht zutreffend, als nach österreichischem Recht die Bank vom Stiftungsvorstand und nicht vom Stifter mit der Veranlagung beauftragt werde. Dass es sich bei dem vorliegenden Mandatsvertrag um einen so genannten "weichen" Mandatsvertrag gehandelt habe (bei welchem der Stiftungsrat selbständig handeln dürfe, wenn dies zur Wahrung der Interessen der Stiftung erforderlich sei und Instruktionen nicht zeitgerecht eingeholt werden könnten), könne an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern. Unabhängig davon, ob der Mandatsvertrag "hart oder weich" ausgestaltet sei, in beiden Fällen seien die Stifter bzw. die Begünstigten berechtigt, dem Stiftungsrat jederzeit Weisungen zu erteilen. Der tatsächliche Ein‑ und Zugriff auf die Stiftungsverwaltung wäre nur bei liechtensteinischen Ermessensstiftungen (Familienstiftung ohne Mandatsvertrag) von Bedeutung.

In der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Partei in den gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten verletzt, "dass die Einkünfte nicht dem Stifter [W.], sondern der liechtensteinischen [Familienstiftung A.] zugerechnet werden; und dass das Verfahren bezüglich der Einkommensteuer für die Jahre 2000 und 2001 wegen Verjährung (Vorliegen eines Irrtums bzw. einer vertretbaren Rechtsansicht) nicht aufzunehmen war und seitens der belangten Behörde dennoch wieder aufgenommen wurde".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die steuerrechtliche Frage, wem das Einkommen bzw. Einkünfte oder Einnahmen zuzurechnen sind (§ 2 Abs. 1 EStG 1988), ist in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2014, 2011/15/0106). Entscheidend ist, ob das Zurechnungssubjekt über die Einkunftsquelle verfügt, also wirtschaftlich über diese disponieren und so die Art ihrer Nutzung bestimmen kann (vgl. beispielsweise Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG‑Kommentar, § 2 Tz 97). Für Zwecke der Einkünftezurechnung ist nicht zwischen In- und Auslandssachverhalten zu unterscheiden (vgl. Fuchs, aaO, § 2 Tz 113, Lang, Steuerlicher "Durchgriff" durch liechtensteinische Stiftungen?, ÖStZ 2011/172, 112, sowie das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2010, 2008/13/0012, VwSlg. 8603/F). Die Frage, ob Einkünfte einer in Liechtenstein ansässigen Stiftung oder aber den Stiftern oder den Begünstigten zuzurechnen sind, ist nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen des österreichischen Rechts zu beurteilen (vgl. Lang, aaO, 113).

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, "selbst wenn" die in Rede stehende liechtensteinische Familienstiftung ein der österreichischen Privatstiftung entsprechender Rechtstypus sei, seien die Einkünfte aus dem Stiftungsvermögen dem Stifter (und Erstbegünstigten) W. zuzurechnen gewesen. Dieser habe nämlich trotz formeller Übertragung des Vermögens an die FL‑Familienstiftung das Vermögen nicht aus der Hand gegeben, wobei es auch nicht wesentlich sei, ob der vorliegende Mandatsvertrag "hart oder weich" ausgestaltet gewesen sei. Schon diese Begründungslinie trägt den angefochtenen Bescheid. Die Frage, ob die FL-Familienstiftung im Rahmen eines so genannten "Typenvergleichs" nach dem Beschwerdevorbringen mit einer "österreichischen Privatstiftung nach dem PSG" vergleichbar sei, kann damit dahingestellt bleiben (zur Trennung der Frage der Steuerrechtssubjektivität von der Frage, ob bestimmte Einkünfte der liechtensteinischen Stiftung deren Stiftern, Begünstigten oder anderen Personen zuzurechnen sind, vgl. z.B. Lang, aaO, 111, sowie Tanzer, Liechtensteinische (Privat-)Stiftungen und ihre typenmäßige Einordnung sowie Einkünfteträgerschaft im österreichischen Ertragssteuerrecht, ZfS 2012/1, 19 f). Sind der ausländischen Struktur das "Stiftungsvermögen" und die daraus generierten Einkünfte nicht zuzurechnen, kommt ihr auch keine "Abschirmwirkung" zu (vgl. Schuch/Hammer, Ausländische Strukturen und vergleichbare Strukturen im österreichischen Abgabenrecht, in Cerha/Haunold/Huemer/Schuch/Wiedermann (Hrsg.), Stiftungsbesteuerung, Wien 2011, 211).

Einkünfte aus Kapitalvermögen sind demjenigen zuzurechnen, dem die Befugnis oder auch nur die faktische Möglichkeit zur entgeltlichen Nutzung der fraglichen Wirtschaftsgüter zukommt (vgl. z.B. Ruppe in Ruppe (Hrsg.), Familienverträge², 141). Die Zurechnung von passiven Einkünften (also insbesondere auch solchen aus Kapitalvermögen) erfolgt grundsätzlich an denjenigen, der das (wirtschaftliche) Eigentum an den die Einkünfte generierenden Vermögenswerten hat (vgl. in diesem Sinne Lechner, Überlegungen zur Einkünftezurechnung an ausländische Stiftungen, in FS Tanzer, Wien 2014, 156, Hammer, Ausländische Stiftungen und vergleichbare Strukturen im österreichischen Steuerrecht, Wien 2012, 72, sowie das Urteil des BFH vom 22. Dezember 2010, I R 84/09, DStR 16/2011,755).

An der Dispositionsbefugnis des Treugebers in Bezug auf die Zurechnung der Einkünfte aus einem Treuhandvermögen ändert sich durch die Betrauung eines Treuhänders mit dessen Verwaltung nichts (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1988, 87/14/0167, VwSlg. 6352/F). Bei der Treuhandschaft bleibt die Dispositionsbefugnis im Innenverhältnis beim Treugeber, weshalb diesem die Einkünfte zugerechnet werden (vgl. z.B. Zorn, Die Zurechnung von Einkünften unter dem Aspekt der Zwischenschaltung von Auslandsgesellschaften, in FS Doralt, Wien 2007, 531, mwN). Mandatsverträge sind Bevollmächtigungsverträge nach liechtensteinischem Recht, die einem Auftrag nach den §§ 1002 ff öABGB vergleichbar sind (vgl. z.B. Toifl, Nochmals: Die liechtensteinische Familienstiftung im österreichischen Abgabenrecht, RdW 2008/387, 428). Deren Abschluss führt zu einer Sonderform der Treuhandschaft (vgl. auch Lechner, aaO, 158, mwN), wobei es weiters nicht darauf ankommt, ob der Mandatsvertrag "hart" oder "weich" ausgestaltet ist; entscheidend ist, dass die Mandatsverträge den Stifter bzw. die Begünstigten berechtigen, dem Stiftungsrat jederzeit Weisungen zu erteilen, ohne dass es auf den tatsächlichen Eingriff ankäme (vgl. z.B. Haunold/Wehinger, Die liechtensteinische Stiftung, in Cerha/Haunold/Huemer/Schuch/Wiedermann (Hrsg.), 236 f und 246). Sind die Stiftungsräte verpflichtet, das Mandat nach den Weisungen der zur Erteilung von Instruktionen Berechtigten auszuüben, und sind sie zu selbständigem Handeln nur dann befugt, wenn dies zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers erforderlich ist, ist in der Regel davon auszugehen, dass das Vermögen im wirtschaftlichen Eigentum des Stifters verbleibt und damit die Einkünfte dem Stifter zuzurechnen sind (vgl. in diesem Sinne ebenfalls zur Zurechnung bei Vorliegen von Mandatsverträgen: Schuch/Hammer, aaO, 214 f, Toifl, aaO, derselbe, Liechtensteinische Stiftungen ‑ Irrwege der Intransparenz, taxlex 2008, 234 ff, Hosp, Liechtensteinische Stiftungen im Lichte des österreichischen Steuerrechts, ÖStZ 2008/391, 195, Schuchter, Die Behandlung von liechtensteinischen Stiftungen im österreichischen Abgabenrecht, NZ 10/2009, 294 f, Mayr, Liechtensteinische Stiftungen steuerlich anerkennen?, RdW 2012/455, 433 ff, Beiser, Ertragsteuerrechtliche Zurechnung bei Stiftungen in Liechtenstein nach der Ruppe‑Formel, RdW 2012/724, 694, und Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG16, § 27 Tz 275).

In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, sofern auf Grund des Anhanges zum Mandatsvertrag vom 7. April 1998 eine Zurechnung an die FL‑Familienstiftung abzulehnen sein sollte, seien die Einkünfte nicht W., sondern "dem vermögensverwaltenden ausländischen Bankinstitut zuzurechnen, da diesem Bankinstitut das Weisungsrecht gegenüber dem Stiftungsrat zukommt und [es] die entsprechenden Investitions- und Deinvestitionsentscheidungen getroffen hat".

Zu Recht weist die belangte Behörde dazu in der Gegenschrift darauf hin, dass bei der Beauftragung eines Bankinstitutes mit der (treuhändigen) Vermögensverwaltung die Einkünfte weiter dem Vollmachtgeber zuzurechnen sind. Eine Zurechnung des Vermögens und der Einkünfte an das Bankinstitut findet auch noch nicht deshalb statt, weil dieses im Rahmen ihres Auftrages zur Vermögensverwaltung Veranlagungsentscheidungen ("Investitions- und Deinvestitionsentscheidungen") trifft. Inwieweit das Bankhaus nach dem Beschwerdevorbringen darüber hinaus "Vermögensveranlagungsentscheidungen selbständig ohne Einfluss des Stifters vorgenommen hat", die ‑ ausnahmsweise ‑ die Zurechnung des veranlagten Vermögens und der daraus erzielten Einkünfte an das Bankinstitut rechtfertigten könnten, wird in der Beschwerde nicht plausibel gemacht; auch die Relevanz eines diesbezüglich geltend gemachten Verfahrensmangels wegen unterbliebener Aufforderung "zur Vorlage entsprechender Dokumente" wird in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.

Die im vorliegenden Beschwerdefall bestehende Besonderheit, dass nach dem Anhang zum Mandatsvertrag vom 7. April 1998 dem seitens W. bevollmächtigten Bankinstitut auch die Ermächtigung eingeräumt war, dem Stiftungsrat Instruktionen zu erteilen, änderte damit nichts an der Zurechnung des Vermögens und der Einkünfte an W., den die belangte Behörde im Sinne der oben dargestellten Zurechnungsgrundsätze zu Recht als wirtschaftlichen Eigentümer des Vermögens in der Art eines Treugebers angesehen und somit als Subjekt der Zurechnung der Einkünfte gewertet hat. Dass W. tatsächlich nicht die Möglichkeit gehabt hätte, seinen Willen hinsichtlich des in Rede stehenden Vermögens durchzusetzen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch das hg. Erkenntnis vom 29. September 2010, 2005/13/0079, VwSlg. 8586/F) oder diesbezüglich Weisungen zu erteilen, wird im Übrigen auch in der Beschwerde nicht konkret behauptet.

War nach dem Gesagten davon auszugehen, dass W. über das der FL‑Familienstiftung gewidmete (offensichtlich in einer schweizerischen Bank deponierte) Vermögen weiterhin gleichsam wie über sein eigenes Bankkonto verfügen konnte (vgl. in diesem Sinne nochmals beispielsweise Toifl, RdW 2008/387, 432, und Mayr, aaO), widersprach es weiters nicht der Lebenserfahrung oder den Denkgesetzen, wenn die belangte Behörde zur Bemessung der verlängerten Verjährungsfrist nach § 207 Abs. 2 BAO von hinterzogenen Abgaben ausging. Weshalb bei dem solcherart tatsächlich nicht aus der Hand gegebenen Vermögen eine vertretbare Rechtsansicht oder ein Irrtum hinsichtlich einer Steuerpflicht der aus diesem Vermögen generierten Einkünfte in Österreich vorgelegen sein sollte, macht die Beschwerde nicht einsichtig, die sich auch nicht gegen die Annahme der belangten Behörde zur Kenntnis des W. über die grundsätzliche Steuerpflicht von ausländischen Kapitaleinkünften wendet. Zur Annahme des bedingten Vorsatzes konnte sich die belangte Behörde im Rahmen der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Schlüssigkeitskontrolle unterliegenden Beweiswürdigung (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 5. April 2001, 2000/15/0150, und vom 22. April 2009, 2004/15/0001) zudem zu Recht als Indizien auf das (vollständige) Verschweigen der Vermögenswidmung an die FL‑Familienstiftung gegenüber den österreichischen Abgabenbehörden und die notorische Attraktivität Liechtensteins als so genannte Steueroase (vgl. dazu beispielsweise Mattes, Die liechtensteinische Familienstiftung, ein Weg zur Steuervermeidung?, FJ 1992, 133 ff, Schilchegger, Die steuerliche Attraktivität liechtensteinischer Stiftungen, RdW 1997/4, 231 ff, sowie Mayr, aaO) stützen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das bereits von der belangten Behörde angesprochene Urteil des OGH vom 19. März 2009, 13 Os 105/08b).

Die Beschwerde erweist sich damit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 25. Februar 2015

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