VwGH 2005/13/0079

VwGH2005/13/007929.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach K, vertreten durch L in G und K in T, beide vertreten durch Eckert & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1b, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 22. April 2005, Zl. RV/847- W/02, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1995, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §151 Abs3;
BAO §22;
BAO §24;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BAO §151 Abs3;
BAO §22;
BAO §24;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Bericht des Finanzamtes vom 8. April 1999 über eine bei Elfriede X. durchgeführte Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 3 BAO wurde u.a. ausgeführt, Elfriede X. habe im Dezember 1995 ihren gesamten Geschäftsanteil an einer GmbH einer im Juni 1995 gegründeten Privatstiftung gewidmet. Die GmbH sei - gleichfalls im Dezember 1995 - in eine AG umgewandelt worden. Am 22. Dezember 1995 habe die Privatstiftung die Aktien an eine erst am 12. Dezember 1995 gegründete andere AG, an deren Grundkapital je zur Hälfte die jüngere Tochter und der Sohn von Elfriede X., die nunmehrigen Vertreter der Verlassenschaft nach Elfriede X., beteiligt gewesen seien, veräußert. Die Käuferin sei noch am selben Tag mit der AG, deren Aktien die Privatstiftung an sie veräußert habe, verschmolzen worden. Dieser Sachverhalt indiziere aus im Bericht näher dargestellten Gründen "in geradezu erdrückender Weise die Annahme eines Gestaltungsmissbrauches". Es liege ein "Durchschleusen der Anteile" durch die Privatstiftung zur Erzielung steuerlicher Vorteile vor, weshalb der Veräußerungstatbestand Elfriede X. "als wirtschaftlicher Verkäuferin im Sinne des § 24 BAO zuzurechnen" sei. Der Veräußerungserlös abzüglich des Buchwertes sei daher bei Elfriede X. der Besteuerung zu unterziehen.

Das Finanzamt folgte dieser Ansicht, nahm das Verfahren wieder auf und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid 1995, in dem die Veräußerung Elfriede X. zugerechnet wurde. Dagegen erhob Elfriede X. Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung - der Aktenlage nach ohne die im Kopf der Entscheidung erwähnte Berufungsverhandlung - als unbegründet ab.

Zur Begründung dieser Entscheidung traf die belangte Behörde zunächst Feststellungen über die die Privatstiftung und das Schicksal des gewidmeten Geschäftsanteils betreffenden Vorgänge. Sie stellte u.a. fest, Stifter der mit Stiftungsurkunde vom 29. Juni 1995 gegründeten Privatstiftung seien Elfriede X., deren zwei Töchter und ihr Sohn gewesen. Der bis zum Ableben eines der Stifter mit einfacher Mehrheit, danach einstimmig von den Stiftern zu bestellende und abzuberufende Vorstand der Stiftung habe aus einem Rechtsanwalt und zwei Wirtschaftstreuhändern und Steuerberatern bestanden. Zur Beratung des Vorstandes sei ein Familienbeirat eingerichtet gewesen. Das der Stiftung gewidmete Vermögen habe zunächst aus Liegenschaften, Wertpapieren und Bargeld bestanden. Zweck der Stiftung sei die Sicherstellung der Vermögensverwaltung und die Förderung der Begünstigten aus den Erträgen gewesen. Die in einer Zusatzurkunde zu bestimmenden Begünstigten seien der Zusatzurkunde zufolge die Stifter gewesen. Die Zusatzurkunde habe u.a. auch vorgesehen, dass der Vorstand Verkäufe aus dem unbeweglichen Anlagevermögen und den Gegenwert von S 100.000,-- übersteigende Verkäufe aus dem beweglichen Anlagevermögen einstimmig beschließen müsse. Solche Verkäufe sollten überdies nur aus wichtigen Gründen, etwa wenn die Erträge der Stiftung zur Deckung der Kosten nicht ausreichten, und immer nur nach vorangehender Anhörung des Familienbeirats vorgenommen werden. Der Familienbeirat, der Zusatzurkunde zufolge kein Stiftungsorgan, habe aus den vier Stiftern bestanden und mit einfacher Mehrheit entschieden, wobei Elfriede X. im Falle der Stimmengleichheit ein Dirimierungsrecht zugestanden sei.

Die Stiftung sei am 20. Juli 1995 im Firmenbuch eingetragen worden. Dem Finanzamt sei als Tätigkeit der Stiftung "Vermietung" bekannt gegeben worden.

Mit Widmungserklärung vom 4. Dezember 1995 sei von einem von Elfriede X. gehaltenen Geschäftsanteil an einer GmbH in der Höhe von S 1,714.000,-- ein Teil in der Höhe von S 1,514.000,-- als Stiftungsvermögen gewidmet und unentgeltlich auf die Stiftung übertragen worden. In der Widmungserklärung sei festgehalten worden, der von Elfriede X. gehaltene Geschäftsanteil von S 1,714.000,-- habe 85,7 % entsprochen und die weiteren Anteile würden je zur Hälfte von der jüngeren Tochter und dem Sohn von Elfriede X. gehalten.

Im Hinblick auf diese Widmung hätten die vier Stifter am selben Tag eine zweite Zusatzurkunde errichtet. Darin sei u. a. festgehalten worden, die GmbH sei eine Holdinggesellschaft, unter deren Dach drei GmbHs existierten. Geschäftsführer aller vier GmbHs seien die jüngere Tochter und der Sohn von Elfriede X. Die Stiftung solle u.a. den Fortbestand der im Rahmen dieser Beteiligungen geführten Unternehmen sicherstellen. Die gewidmeten Anteile und die darauf erfolgenden Ausschüttungen seien getrennt vom sonstigen Stiftungsvermögen in einem gesonderten Rechnungskreis "Unternehmensbeteiligung" zu verwalten. Begünstigt an diesem Rechnungskreis seien Elfriede X., ihre jüngere Tochter und ihr Sohn je zu einem Drittel. Die Substanz des im Rechnungskreis "Unternehmensbeteiligung" verwalteten Stiftungsvermögens dürfe nicht geschmälert werden. Das Vermögen der Stiftung sei "im Einvernehmen mit dem Familienbeirat vom Vorstand bestmöglich zu veranlagen. Der Familienbeirat hat ein Vorschlagsrecht". Dem Stiftungsvorstand solle außer einem "Wirtschaftsanwalt" und einem Wirtschaftstreuhänder auch "ein erfolgreicher Unternehmer oder Manager oder auch Wirtschaftstreuhänder" angehören. Nach dem Tod von Elfriede X. sowie ihrer jüngeren Tochter und ihres Sohnes müsse bei der Bestellung des Stiftungsvorstandes "darauf geachtet werden, dass auch ein geeigneter Manager eingesetzt wird". In Bezug auf Verkäufe aus dem Anlagevermögen habe (auch) die zweite Zusatzurkunde für Verkäufe aus dem unbeweglichen und für den Gegenwert von S 100.000,-- übersteigende Verkäufe aus dem beweglichen Anlagevermögen das Erfordernis der Einstimmigkeit des Vorstandes festgelegt und bestimmt, dass solche Verkäufe nur aus wichtigen Gründen, etwa wenn die Erträge der Stiftung zur Deckung der Kosten nicht ausreichten, und immer nur nach vorangehender Anhörung des Familienbeirats vorgenommen werden sollten. Im Familienbeirat sei die ältere Tochter von Elfriede X. in Angelegenheiten des Rechnungskreises "Unternehmensbeteiligung" nicht stimmberechtigt gewesen.

Mit "Umlaufbeschluss der ... GmbH" vom 5. Dezember 1995 sei die auf die Privatstiftung entfallende "Dividende" sofort an diese ausgeschüttet worden. "Am 5.12.1995" sei die GmbH weiters in eine AG "umgewandelt" worden.

Am 12. Dezember 1995 sei eine AG gegründet worden, an deren Grundkapital die jüngere Tochter und der Sohn von Elfriede X. je zur Hälfte beteiligt gewesen seien.

Mit Widmungserklärung vom selben Tag (richtig: vom 13. Dezember 1995) habe Elfriede X. ihren "restlichen Geschäftsanteil an der ... GmbH" in der Höhe von S 200.000,-- auf die Privatstiftung übertragen.

Mit Kaufvertrag vom 22. Dezember 1995 habe die Privatstiftung ihre Aktien an der in eine AG umgewandelten Holdinggesellschaft an die neu gegründete AG der jüngeren Tochter und des Sohnes von Elfriede X. veräußert. Mit Verschmelzungsvertrag vom selben Tag seien die beiden Aktiengesellschaften - mit der neu gegründeten Gesellschaft als übernehmender Gesellschaft - verschmolzen worden. Der durch die Verschmelzung entstandene Firmenwert sei auf 15 Jahre verteilt abgeschrieben worden.

Der Kaufpreis für die Aktien in der Höhe von S 60,000.000,-- sei dem Kaufvertrag zufolge in zwei gleichen Raten am 30. Juni und am 31. Dezember 1996 zu entrichten gewesen. Die Käuferin habe am 22. Dezember 1995 eine Inhaberschuldverschreibung (richtig: Inhaberschuldverschreibungen) in der Höhe von S 60,000.000,-- an die Verkäuferin ausgegeben und die im Vorhinein zu zahlenden Zinsen Ende 1995 oder Anfang 1996 an die Privatstiftung entrichtet. Der Inhaber der Schuldverschreibungen sei auf näher geregelte Weise berechtigt gewesen, sie gegen Anteilsrechte der Schuldnerin umzutauschen. Am 23. Dezember 1996 sei eine Vereinbarung über den Rückkauf der Inhaberschuldverschreibungen getroffen worden. Mit dem im März 1997 beglichenen Kaufpreis habe die Privatstiftung Kassenobligationen erworben.

Die Gewinn- und Verlustrechnung der Privatstiftung für 1995 habe zum 4. und 13. Dezember 1995 die Zugänge von 75,7 % und weiteren 10 % Anteilen an der GmbH, zum 22. Dezember den Abgang von 85,7 % "Anteile an der ... GmbH" und unter den Wertpapieren des Anlagevermögens zum 22. Dezember 1995 die Schuldverschreibungen im Wert von S 60,000.000,-- ausgewiesen.

Ihre Feststellungen zum Sachverhalt schloss die belangte Behörde - zum Teil schon die rechtliche Würdigung vorwegnehmend - mit folgenden Ausführungen:

"Die dargestellte rechtliche Gestaltung ist ungewöhnlich und unangemessen und ist nur aus dem Ziel der Erlangung von Steuervorteilen ersichtlich. Außersteuerliche Gründe für die Gestaltung liegen nicht vor.

Die Bw plante, ihre Geschäftsanteile an der ... GmbH an die

... AG, deren Eigentümer ihre Kinder (Sohn und jüngere Tochter von

Elfriede X.) sind, zu veräußern. Der Veräußerungserlös sollte der (Privatstiftung) gewidmet werden.

Die vorgenommene rechtliche Gestaltung war von vornherein geplant und mit den Kindern (Sohn und jüngere Tochter von Elfriede X.) vereinbart und abgesprochen.

Nicht geplant war ursprünglich die Veräußerung des restlichen 10 % Anteils an der ... GmbH (Widmungserklärung vom 12. (richtig: 13.) 12.1995). Als sich die Bw entschloss, auch diesen zu veräußern, ging sie in gleicher Art und Weise wie beim Geschäftsanteil von 75,7 % vor. Die bestehende Vereinbarung wurde um diesen Anteil erweitert.

Die Anteile wurden durch die Stiftung durchgeschleust. Die Veräußerung ist der Bw und nicht der Stiftung zuzurechnen.

Der Stiftungswille bestand nicht darin, die Anteile der Stiftung zu widmen, sondern darin, den Verkaufserlös der Stiftung zu widmen.

Die Veräußerung der gestifteten Anteile war zwischen Stifter und Erwerber vorvereinbart; die Privatstiftung wurde nur zwecks Erwirken der Steuerbefreiung zwischengeschaltet. Sowohl die Käufer als auch der Kaufpreis und die Zahlungsmodalitäten waren vorvereinbart, um verschiedene Steuervorteile zu erlangen.

Ohne den abgabensparenden Effekt wäre die dargestellte rechtliche Gestaltung nicht sinnvoll und unverständlich gewesen."

An diese Feststellungen schloss die belangte Behörde eine umfangreiche Beweiswürdigung, in der sie u.a. unter Hinweis auf die Vielzahl und Komplexität der innerhalb kurzer Zeit gesetzten Schritte ihre Überzeugung zum Ausdruck brachte, diese Aktivitäten könnten "nur von vornherein geplant" gewesen sein. Die Behauptung der Berufungswerberin, ihr Sohn und ihre jüngere Tochter hätten am 15. Dezember 1995 überraschend erklärt, die Anteile erwerben zu wollen, weil sie erkannt hätten, dass ihre Eigenständigkeit in der Unternehmensführung nach der Stiftung der Anteile nicht mehr gewährleistet gewesen sei, sei unglaubwürdig. Es sei denkunmöglich, dass ihnen die Konsequenzen der Stiftung der Anteile nicht von Anfang an klar gewesen seien. Die Eile, mit der gegen Ende des Jahres 1995 vorgegangen worden sei, hänge mit den lukrierten Steuervorteilen zusammen. In der Literatur sei damals eine gesetzliche Einschränkung der steuerfreien Anteilsveräußerung aus Privatstiftungen befürchtet worden, zu der es dann allerdings (gemeint: abgesehen von der später eingeführten Zwischenbesteuerung) nicht gekommen sei. Die im Zusammenhang mit der Verschmelzung der beiden Aktiengesellschaften in Anspruch genommene Firmenwertabschreibung sei vor der - tatsächlich erfolgten - Abschaffung gestanden, und auch die Einschränkung der Steuerbefreiung der Privatstiftungen für Zinsen aus Forderungswertpapieren sei absehbar gewesen.

Diskussionen über die Rolle des Familienbeirates und des autonomen Stiftungsvorstandes könnten "zur Lösung des Falles wenig beitragen". Der Familienbeirat habe der Veräußerung "jedenfalls

... zustimmen" müssen und dies auch getan, wozu die belangte

Behörde auf die Verpflichtung zu seiner "Anhörung" verwies. Ein "Einfluss" der Stifter und Begünstigten auf den Stiftungsvorstand sei unbestreitbar gegeben. Elfriede X., ihr Sohn und ihre jüngere Tochter hätten davon ausgehen können, "dass der Stiftungsvorstand der zwischen ihnen vorvereinbarten und ausverhandelten Transaktion zustimmen würde", zumal zwei der drei Stiftungsvorstände Berater der Familie gewesen seien. Die "de iure gegebene Autonomie des Stiftungsvorstandes" habe "kein Hindernis an der geplanten Durchschleusung" dargestellt. Es sei mehr als unwahrscheinlich, dass Elfriede X. zunächst beabsichtigt habe, nach Stiftung der Anteile durch ihre dominierende Rolle im Familienbeirat weiterhin Einfluss auf "die Firma" auszuüben, und dessen ungeachtet dann der Veräußerung zugestimmt habe. Die überragende Wahrscheinlichkeit spreche vielmehr für ihre Absicht, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen, ihre Anteile an ihren Sohn und ihre jüngere Tochter zu veräußern und den Erlös in die Stiftung einzubringen. Die Gestaltung der Transaktion habe der steuerfreien Veräußerung des Unternehmens an die Kinder gedient. Die Berufungswerberin habe als außersteuerlichen Grund auch ins Treffen geführt, ihre jüngere Tochter und ihr Sohn wären im Streitjahr nicht in der Lage gewesen, den Kaufpreis aufzubringen. Dem sei entgegen zu halten, dass das Vorgehen mittels Inhaberschuldverschreibungen der von ihnen gegründeten AG auf die gleiche Weise wie mit der Privatstiftung auch mit Elfriede X. hätte abgewickelt werden können. Das Familienvermögen (gemeint: des Rechnungskreises "Unternehmensbeteiligung") sei auch in der gewählten Vorgangsweise "erst 1997 in die Stiftung gekommen". Hätte Elfriede X. "nicht den Umweg über die Stiftung genommen", so wäre "der gleiche Effekt" eingetreten. Die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit der Vorgangsweise sei daher - abgesehen von steuerlichen Vorteilen - nicht erkennbar.

Glaubwürdig sei, dass die Veräußerung des restlichen Anteils von Elfriede X. in der Höhe von 10 % nicht von vornherein geplant gewesen sei. Sie sei erst durch die ins Treffen geführten, die ältere Tochter von Elfriede X. betreffenden familiären Auseinandersetzungen ausgelöst worden, doch ergebe sich daraus kein Argument für die Behauptung, die Veräußerung des zunächst gestifteten Anteils sei nicht von vornherein geplant gewesen. Der spät hinzugekommene Entschluss, auch den zunächst noch verbliebenen Anteil an die beiden anderen Kinder zu veräußern, sei vielmehr entsprechend dem Muster der hinsichtlich des zuvor gestifteten Anteils vorvereinbarten Vorgangsweise verwirklicht worden.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen und Erörterungen zum Sachverhalt begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung in rechtlicher Hinsicht zunächst mit dem Vorliegen eines Missbrauches im Sinne des § 22 BAO. Die Benutzung der Stiftung zum Durchschleusen von Anteilen einzig und allein zum Zweck der Steuerersparnis sei ein solcher Missbrauch. Beachtliche außersteuerliche Gründe, die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu einem anderen Ergebnis führen könnten, lägen nicht vor:

"Im gegenständlichen Fall gelangt der UFS zur Überzeugung, dass der gewählte Weg ohne das Resultat der Steuerminderung unverständlich und nicht sinnvoll wäre. Die vorgebrachten außersteuerlichen Gründe sind unbeachtlich und nicht stichhältig.

Die Bw wollte den Veräußerungserlös stiften und nicht die Beteiligung. Um eine Stiftung des Veräußerungserlöses zu erwirken, war der gewählte Vorgang aber ungewöhnlich und unangemessen.

Liegt Missbrauch vor, so sind nach § 22 Abs. 2 BAO die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen Gestaltung zu erheben wären.

Die Einkommensteuer ist daher bei der Bw so zu erheben, als hätte diese die Beteiligung selbst an die (von ihren Kindern gegründete AG) veräußert."

Zu den gleichen Konsequenzen führe aber auch das ebenfalls zutreffende Argument des Finanzamtes, der Veräußerungstatbestand sei Elfriede X. als wirtschaftlicher Eigentümerin der Anteile im Zeitpunkt ihrer Veräußerung zuzurechnen. In der Regel sei der zivilrechtliche Eigentümer auch zugleich wirtschaftlicher Eigentümer, weil er die umfassende Sachherrschaft ausübe. Dem zivilrechtlichen Eigentümer sei ein Wirtschaftsgut nur dann nicht zuzurechnen, wenn ein anderer die wirtschaftliche Herrschaft darüber ausübe. Dies sei der Fall, wenn der andere den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes von der Einwirkung darauf wirtschaftlich ausschließen könne.

Im vorliegenden Fall ergebe sich "aus der Beweiswürdigung des UFS, dass wirtschaftlicher Eigentümer über die Anteile bis zur Veräußerung die Bw war. Dies ergibt sich u.a. aus dem Zeitablauf und dem Umstand, dass die Veräußerung vorvereinbart war. Wenn Käufer, Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten vorvereinbart waren, ist die Stiftung, vertreten durch den Vorstand, nicht mehr wirtschaftlicher Eigentümer über die Anteile. In wirtschaftlicher Hinsicht hat dann nicht die Stiftung, sondern die Bw die Anteile veräußert".

Als Stifterin und "dominierendes Mitglied" im Familienbeirat habe Elfriede X. "beträchtlichen Einfluss in der Stiftung" gehabt, weshalb der Berufungssenat davon ausgehe, dass sie bis zum Zeitpunkt der Veräußerung wirtschaftliche Eigentümerin der Beteiligung gewesen sei. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht der Stiftung sei "schon rein faktisch eingeschränkt" gewesen, "ohne dass eine Treuhandvereinbarung vorgelegen haben musste. Ein Verkauf der Anteile an fremde Dritte wäre wohl zB nicht möglich gewesen, da die Familie dem niemals zugestimmt hätte".

Da die Stiftung bezüglich der Anteile nur benutzt worden sei, um diese durchzuschleusen, habe sie kein wirtschaftliches Eigentum an ihnen erworben, sodass der Veräußerungsgewinn auch aus diesem Grund Elfriede X. zuzurechnen sei. Zum selben Ergebnis würde man auch gelangen, wenn man annähme, "dass zum Zeitpunkt der Veräußerung (ab dem Zeitpunkt der Stiftung der Anteile) die erwerbenden Kinder bereits wirtschaftliche Eigentümer der Anteile waren". Nach Ansicht der belangten Behörde spreche "die starke Position der Bw in der Stiftung aber dafür, dass sie wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile bis zur Veräußerung war".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorweg ist anzumerken, dass die Feststellungen der belangten Behörde über den die Veräußerung von Stiftungsvermögen betreffenden Inhalt der Zusatzurkunden kein vollständiges Bild ergeben. Beide Zusatzurkunden erwähnen als Beispiel eines wichtigen Grundes für Verkäufe nicht nur das Fehlen kostendeckender Erträge, sondern auch den andersartigen, von der belangten Behörde aber jeweils unerwähnt gelassenen Fall, dass "mit dem Erlös andere Anlagegüter für die Stiftung erworben werden sollen". Aus der Sicht der belangten Behörde ergäbe dies ein weiteres mögliches Argument für frühe Verkaufspläne, es spielt aber im Ergebnis keine Rolle.

Die belangte Behörde geht in ihren - in der Beschwerde bekämpften - Feststellungen davon aus, vor jedem der beiden die Unternehmensanteile betreffenden Stiftungsvorgänge sei die rasche Veräußerung dieser Anteile durch die Stiftung von Elfriede X.

schon "geplant und mit den Kindern ... vereinbart und

abgesprochen" gewesen. Zu einer Einkünftezurechnung könnte dies nach im Schrifttum vertretenen Meinungen führen, wenn vor dem Stiftungsvorgang schon Ansprüche begründet wurden, die dem Letzterwerber wirtschaftliches Eigentum verschafften, sodass die Stiftung es durch den Stiftungsvorgang nicht mehr erwarb (vgl. in diesem Sinn etwa Tanzer in Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht2 (2009), Rz II/301; Tanzer, ecolex 2004, 474; Nikolaus Arnold, ecolex 2002, 647; Kofler, Der steuerliche Durchgriff bei der Privatstiftung (2001), 218; Thomas Schmidt, ecolex 1999, 849 f). Dass dies hier der Fall sei, sich Elfriede X. in den von der belangten Behörde aus den Umständen erschlossenen Vereinbarungen also schon so gebunden hätte, dass sie bei Stiftung der Anteile jeweils nicht mehr deren wirtschaftliche Eigentümerin war, hat die belangte Behörde ausdrücklich verneint. Sie ist in ihrer zweiten, gedanklich vorgelagerten Begründungslinie vielmehr umgekehrt davon ausgegangen, Elfriede X. sei auch nach der Stiftung der Anteile jeweils noch deren wirtschaftliche Eigentümerin gewesen und die spätere Veräußerung sei deshalb ihr zuzurechnen. Begründet wird dies mit ihrer "starken Position" in der Stiftung, von der aber nicht erkennbar ist, inwiefern sie in rechtlicher Hinsicht über die Einflussmöglichkeiten hinausging, die Stiftern bei Privatstiftungen in der Regel zukommen, und dass sie sich von der Position der Kinder über das Dirimierungsrecht im Beirat hinaus wesentlich unterschieden hätte. Dass Elfriede X. eine besondere rechtliche Handhabe gehabt hätte, mit der sie die Veräußerung der Anteile gegenüber dem Stiftungsvorstand hätte durchsetzen können, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Die bloß faktische Erwartung, dass sich der Vorstand ihren Wünschen nicht widersetzen werde, lässt die Stifterin der Anteile aber auch dann, wenn diese Erwartung realistisch ist, nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile bleiben. Dass die Stiftung im Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile nicht deren wirtschaftliche Eigentümerin war, ist dem angefochtenen Bescheid daher nicht schlüssig entnehmbar.

Die Veräußerung der Anteile lässt sich im vorliegenden Fall aber auch nicht unter Heranziehung des § 22 BAO Elfriede X. zurechnen. Die Idee der belangten Behörde, Elfriede X. hätte die Anteile selbst an die von ihren Kindern gegründete Gesellschaft veräußern, den Kaufpreis kreditieren und später einen durch entsprechende Versteuerung verminderten Erlös in die Stiftung einbringen sollen, läuft darauf hinaus, den Abgabepflichtigen einer Besteuerung nach fiktiven, für ihn ungünstigen und von ihm daher nicht gewählten Abläufen zu unterwerfen. Hatte sich die Stifterin entschlossen, die Anteile in die Stiftung einzubringen und ihre Verfügungsmacht darüber auf diese Weise aufzugeben, so war dieser Vorgang auch im Sinne der hg. Judikatur zu § 22 Abs. 1 BAO nicht deshalb als ungewöhnlich und unangemessen zu qualifizieren, weil im Vermögen der Stiftung - und nicht etwa der Stifterin oder der Begünstigten - an die Stelle der danach veräußerten Anteile der nach der damaligen Rechtslage erst auf der Ebene der Begünstigten bei der Zuwendung solcher Stiftungseinkünfte zu besteuernde Erlös trat. Dies entsprach unmittelbar dem Konzept des Gesetzgebers (vgl. 1132 BlgNR 18. GP 40), an dem er auch in der Folge - nach ausdrücklicher Infragestellung der Geltung der Steuerbefreiung für stiftungsnahe Veräußerungen - noch festhielt (vgl. dazu näher Kofler, a.a.O., 157 f, 163 und 219). Die gleichzeitige Inanspruchnahme weiterer der damaligen Rechtslage entsprechender Steuervorteile ändert daran nichts.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandsersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 29. September 2010

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte