VwGH 2013/21/0225

VwGH2013/21/022519.3.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. Sporrer als Richterin und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des M B, vertreten durch Mag. Clemens Lahner, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 21. Mai 2013, Zl. Senat-FR-13-0089, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4 idF 2011/I/038;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4 idF 2011/I/038;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein algerischer Staatsangehöriger, reiste gemäß seinen Angaben am 23. April 2013 von Ungarn kommend in das Bundesgebiet ein. Unmittelbar darauf begab er sich zur Erstaufnahmestelle Ost nach Traiskirchen, wo er am 24. April 2013, um 01.49 Uhr, einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. In der Folge wurde er in der Betreuungsstelle Ost untergebracht.

Am 2. Mai 2013 wurde der Beschwerdeführer dann dort festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Baden (BH) entsprechend deren Festnahmeauftrag vom 30. April 2013 vorgeführt. Diese ordnete nach Vernehmung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 2. Mai 2013 gemäß § 76 Abs. 2 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 und zur Sicherung der Abschiebung an.

Im fallbezogenen Begründungsteil führte die BH aus, "die Erhebungen haben ergeben", dass der Beschwerdeführer "am 23. April 2013" in Österreich einen "Asylantrag" gestellt und dass er sich vor seiner illegalen Einreise in Ungarn aufgehalten "bzw."

dort bereits einen Asylantrag eingebracht habe. Ungarn sei ein Mitgliedstaat der Europäischen Union und "Unterzeichner des Dublin II-Abkommens". Es sei daher davon auszugehen, dass der vom Beschwerdeführer nunmehr in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen werden würde. Der Beschwerdeführer besitze kein gültiges Reisedokument und sei nicht willens bzw. nicht in der Lage, das Bundesgebiet zu verlassen. Seine Ausreise sei aus eigenem Entschluss und auf legalem Weg nicht möglich, sodass eine fremdenpolizeiliche Maßnahme zu treffen sei. "Zur sozialen Verankerung" stellte die BH fest, dass der Beschwerdeführer in Österreich "in keinster Weise" sozial integriert sei; er habe hier weder Wohnung noch Einkommen und auch keine Familienangehörigen. Da er seinen Aufenthalt nicht legalisieren könne, sei die Annahme gerechtfertigt, dass er sich dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um die Vollstreckung fremdenpolizeilicher Maßnahmen gegen seine Person zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren. Der Zweck der Schubhaft könne daher mit gelinderen Mitteln nicht erreicht werden.

Gegen die Verhängung der Schubhaft und gegen die "fortdauernde" Anhaltung in Schubhaft erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19. Mai 2013 eine Administrativbeschwerde mit dem Antrag, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die genannten Maßnahmen für rechtswidrig zu erklären.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Mai 2013 wies der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (der belangte UVS) die Administrativbeschwerde "gemäß § 83 FPG" ab. Weiteres stellte er gemäß § 83 Abs. 4 FPG fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.

Der belangte UVS ging in seiner Bescheidbegründung davon aus, dass der Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2 Z 4 FPG erfüllt sei. Zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft sei noch zu "ermitteln", ob "besondere Gründe in der Person des Asylwerbers gelegen" seien, die der Schubhaft entgegenstünden. Im vorliegenden Fall sei der Beschwerdeführer mit Schlepperhilfe nach Ungarn gelangt und von dort nach Stellung eines Asylantrages, ohne dessen Ergebnis abzuwarten, nach Österreich weitergereist; er habe sich somit bereits dem Zugriff der ungarischen Behörden entzogen. Weiters liege in Bezug auf den Beschwerdeführer ein "Eurodac-Treffer aus Deutschland" vor, woraus "erhellt", dass sich der Beschwerdeführer auch dort "bereits in zurückliegender Zeit" aufgehalten habe. Diesbezüglich habe der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme "keinerlei Angaben" gemacht. Es sei somit "nicht einmal ansatzweise eine Grundlage dafür gegeben", dass der Zweck der Schubhaft auch durch gelindere Mittel erreicht werden könnte. Es seien daher die Schubhaftverhängung und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechtmäßig anzusehen, zumal "allfällige der Schubhaft entgegenstehende Umstände in der Person des Beschwerdeführers" nicht hervorgekommen seien. Das gelte auch für die weitere Anhaltung, wobei der belangte UVS in diesem Zusammenhang noch anmerkte, es sei aufgrund der seit 8. Mai 2013 geführten "Dublin-Konsultationen" mit einer alsbaldigen Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ungarn zu rechnen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 12. September 2013, B 757/2013-4, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 22. November 2013 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auftragsgemäß ergänzte Beschwerde nach Aktenvorlage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung des BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Weiters ist vorweg darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung (im Mai 2013) zu überprüfen hat.

§ 76 Abs. 2 und 2a FPG (in der hier maßgeblichen Fassung des FrÄG 2011) lautete auszugsweise wie folgt:

"Schubhaft

§ 76. ...

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

...

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dem von der BH herangezogenen Schubhaftgrund nach § 76 Abs. 2 Z 4 FPG schon wiederholt klargestellt, dass ungeachtet des Vorliegens des in dieser Bestimmung enthaltenen Tatbestandes die Inhaftierung eines asylsuchenden Fremden nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn besondere Umstände vorliegen, die (schon) in diesem Verfahrensstadium ein "Untertauchen" befürchten lassen. Für eine solche Befürchtung müssen vor allem aus dem bisherigen Verhalten des Fremden ableitbare spezifische Hinweise bestehen. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von dem Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0043, in ständiger Rechtsprechung judiziert, es könne dem Gesetzgeber vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls nicht zugesonnen werden, er sei davon ausgegangen, alle potenziellen "Dublin-Fälle" seien statt in Grundversorgung in Schubhaft zu nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher bereits mehrfach betont, dass die Verhängung der Schubhaft in "Dublin-Fällen" nicht zu einer "Standardmaßnahme" gegen Asylwerber werden dürfe. Es müssten vielmehr besondere Gesichtspunkte vorliegen, die erkennen ließen, es handle sich um eine von den typischen "Dublin-Fällen" abweichende Konstellation, in der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund konkreter Anhaltspunkte auf eine drohende Verfahrensvereitelung durch den Fremden geschlossen werden könne (vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom 2. August 2013, Zl. 2013/21/0054, mwN).

Im vorliegenden Fall lag zwar unbestritten der Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2 Z 4 FPG vor. Weshalb allerdings schon in diesem früheren Asylverfahrensstadium angenommen werden musste, der Beschwerdeführer werde nicht weiterhin die ihm zustehende Grundversorgung in Anspruch nehmen und in der ihm zugewiesenen Betreuungsstelle verbleiben, wurde von der BH nicht nachvollziehbar begründet.

Dass der Beschwerdeführer von Ungarn kommend illegal eingereist ist, um in Österreich wegen der behaupteten Verfolgung in seinem Heimatland einen Antrag auf internationalen Schutz einzubringen, stellt nämlich für sich genommen keinen besonderen Umstand dar, der im vorliegenden Fall den Schluss zuließe, der Beschwerdeführer werde sich dem Asylverfahren schon in diesem Stadium entziehen. Einmal mehr ist in diesem Zusammenhang auf die schon vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. September 2004, B 292/04, VfSlg. 17.288, zum Ausdruck gebrachte Auffassung zu verweisen, der Umstand, dass ein Asylwerber bereits in einem anderen Land die Gewährung von Asyl beantragt habe, rechtfertige für sich nicht den Schluss, dass er unrechtmäßig in einen anderen Staat weiterziehen und sich so dem Verfahren entziehen werde. Dem hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt angeschlossen und das gilt sinngemäß auch für die Annahme eines Untertauchens innerhalb Österreichs (vgl. unter Vielen etwa das Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2007/21/0233).

Sonst hat die BH in ihrer fallbezogenen Bescheidbegründung aber gar nicht erkennbar darauf Bedacht genommen, dass es um Schubhaft gegen einen sich in Grundversorgung befindlichen Asylwerber geht. Sie argumentierte in Bezug auf den Sicherungsbedarf nämlich vor allem mit dem Fehlen einer sozialen Integration (Wohnung, Einkommen, Familienangehörige), was bei Asylwerbern in der Situation des Beschwerdeführers verfehlt ist (siehe beispielsweise auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2007/21/0233, mwN; vgl. zuletzt auch das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2014, Zl. 2013/21/0178). Aber auch der Hinweis der BH, der Beschwerdeführer sei nicht willens bzw. (mangels Reisedokumentes) nicht in der Lage, das Bundesgebiet "auf legalem Weg" zu verlassen, und er könne seinen Aufenthalt in Österreich nicht legalisieren, wird seiner Situation nicht gerecht, zielt doch die Stellung eines Antrages auf Gewährung von internationalem Schutz regelmäßig auf einen erlaubten Verbleib - zumindest während des Verfahrens - in Österreich. Dass der Beschwerdeführer in Wahrheit ein anderes Zielland anstrebe und deshalb die Beendigung des Asylverfahrens in Österreich nicht abwarten wolle, hat die BH nicht aufgezeigt; dass ein derartiger Schluss aber nicht aus der Weiterreise von Ungarn nach Österreich gezogen werden konnte, wurde schon gesagt. Im Übrigen entspricht es ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein die Schubhaftverhängung nicht zu rechtfertigen vermag. Konkrete Anhaltspunkte dafür, die angenommene Ausreiseunwilligkeit sei derart ausgeprägt gewesen, dass der Beschwerdeführer in Erwartung einer Zurückweisung seines Antrages und einer Abschiebung nach Ungarn - ungeachtet seines bisherigen Aufenthalts in der zugewiesenen Betreuungseinrichtung - in naher Zukunft für die Behörden nicht mehr erreichbar sein werde, bestanden aber nicht. Vielmehr sprach in der vorliegenden Konstellation gegen eine solche Annahme, dass der Beschwerdeführer sofort nach seiner Einreise von sich aus Kontakt mit den Behörden aufnahm und einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, wobei er offenbar richtige Angaben zu seiner Identität und zu seinem Reiseweg über Ungarn machte (siehe auch dazu das schon erwähnte Erkenntnis vom 20. Februar 2014, Zl. 2013/21/0178, mwN). Das macht die Beschwerde zu Recht geltend.

Damit erweist sich der Bescheid der BH insgesamt als mangelhaft und im Widerspruch zur ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes begründet (siehe zur schon wiederholt geäußerten Kritik des Verwaltungsgerichtshofes an mit ähnlichen Textbausteinen begründeten Schubhaftbescheiden der BH Baden die im Erkenntnis vom 28. August 2012, Zl. 2010/21/0388, erwähnten Judikaturnachweise). Der belangte UVS ergänzte diese Begründung damit, dass in Bezug auf den Beschwerdeführer auch ein "Eurodac-Treffer aus Deutschland" vorliege, woraus "erhellt", dass sich der Beschwerdeführer auch dort "bereits in zurückliegender Zeit" aufgehalten habe.

Diesbezüglich rügt die Beschwerde zutreffend, es handle sich um eine nur "rudimentäre" Begründung. Abgesehen davon, dass sich der genannte "Eurodac-Treffer" den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnehmen lässt, fehlt jede nähere Konkretisierung, vor allem in zeitlicher Hinsicht. Der belangte UVS dürfte seine Annahme lediglich darauf gestützt haben, dass ein solcher "Eurodac-Treffer" (ebenfalls nur in pauschaler Form) in der Begründung des Festnahmeauftrages erwähnt wurde. Inwieweit sich daraus ein Verhalten des Beschwerdeführers ableiten ließe, das einen aktuellen Sicherungsbedarf begründete, bleibt somit im Dunkeln. Das bemängelt die Beschwerde zu Recht. Demzufolge kann nach der vorliegenden Begründung des angefochtenen Bescheides aber auch nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer hätte zu einem Voraufenthalt in Deutschland im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme (offenbar gemeint: in seinen Befragungen im Asylverfahren) von sich aus "Angaben" machen müssen. In der Vernehmung durch die BH vor der Schubhaftverhängung wurde er zu einem solchen Aufenthalt aber gar nicht befragt und ihm wurde der diesbezügliche "Eurodac-Treffer" auch nicht vorgehalten. Die BH stützte die Begründung des Schubhaftbescheides auch nicht darauf. Da der belangte UVS den "Eurodac-Treffer" für Deutschland somit erstmals zur Begründung der Schubhaft heranzog, hätte er im Übrigen insoweit auch nicht von einem iSd § 83 Abs. 2 Z 1 FPG "geklärten" Sachverhalt ausgehen dürfen und er wäre daher verpflichtet gewesen, antragsgemäß eine Verhandlung durchzuführen.

Außerdem ist dem belangten UVS vorzuwerfen, dass er nicht im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung prüfte, ob besondere Gesichtspunkte für eine von den typischen "Dublin-Fällen" abweichende Konstellation sprachen, sondern "ermittelte", ob "besondere Gründe in der Person des Asylwerbers gelegen" seien, die der Schubhaft entgegenstünden. Damit hat der belangte UVS aber nicht auf die Voraussetzungen nach § 76 Abs. 2 Z 4 FPG abgestellt, sondern den Fall am Maßstab des § 76 Abs. 2a FPG beurteilt, was im Sinne von dessen Z 1 die schon erfolgte Erlassung einer mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundenen durchsetzbaren Ausweisung vorausgesetzt hätte (zur Abgrenzung der Schubhafttatbestände nach § 76 Abs. 2 FPG einerseits und § 76 Abs. 2a FPG andererseits siehe des Näheren das hg. Erkenntnis vom 26. August 2010, Zl. 2010/21/0234, Punkt 3. der Entscheidungsgründe). Das war aber unstrittig nicht einmal im Zeitpunkt der Entscheidung des UVS über die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft der Fall. Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid war vielmehr nur das Ausweisungsverfahren durch die Führung von sogenannten "Dublin-Konsultationen" mit Ungarn eingeleitet und damit erst der Tatbestand der Z 2 des § 76 Abs. 2 FPG verwirklicht worden. Das begründete aber für sich noch keinen so ausreichenden Sicherungsbedarf, dass nicht auch der Fortsetzungsausspruch nach § 83 Abs. 4 erster Satz FPG mit Rechtswidrigkeit belastet worden wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 19. März 2014

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte