VwGH 2013/17/0915

VwGH2013/17/091524.6.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die als Revision geltende Beschwerde der C C GesmbH in V, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. November 2013, Zl. IKD(Pol)-070289/8-2013-Wa, betreffend Betriebsschließung nach § 56a GSpG, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art18 Abs1;
EURallg;
GSpG 1989 §52 Abs1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
GSpG 1989 §53;
GSpG 1989 §56a;
B-VG Art18 Abs1;
EURallg;
GSpG 1989 §52 Abs1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
GSpG 1989 §53;
GSpG 1989 §56a;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. Februar 2013 wurde die gänzliche Schließung der Betriebe C in St. G und CC in V mit Wirkung vom 23. Februar 2013 bzw. 24. Februar 2013 verfügt. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass (bereits) am 22. Juni 2012 an diesen Standorten erstmals Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz durchgeführt und 21 Glücksspielapparate, drei Kartenpokertische in V und sieben Glücksspielgeräte beschlagnahmt worden seien, weil der Verdacht des illegalen Glücksspiels bestanden habe. Diese Beschlagnahmen seien vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2012 betreffend den Standort V bestätigt worden. Hinsichtlich der Pokertische sei das Berufungsverfahren noch anhängig. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. Februar 2013 sei die Revisionswerberin nachweislich gemäß § 56a GSpG aufgefordert worden, den weiteren Betrieb von Glücksspielen entgegen den Vorschriften des GSpG einzustellen, anderenfalls die gänzliche oder teilweise Schließung der Betriebe verfügt werde. Die genannten Betriebsstätten der Revisionswerberin seien in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 2013 in der Zeit von 20.00 Uhr bis 0.40 Uhr einer Kontrolle durch die Finanzpolizei des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck als Organe der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG und Beamten der Bundespolizei unterzogen worden. Wegen des Verdachtes des unerlaubten Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes seien sieben Glücksspielautomaten in St. G und neun Glücksspielautomaten am Standort in V vorläufig beschlagnahmt worden.

In St. G bestehe das Lokal im Wesentlichen aus einem Raum, in dem die Glücksspielautomaten betrieben worden seien. Neben den Glücksspielgeräten fungiere lediglich ein einziger Getränkeautomat als Einnahmequelle. In V bestehe das Lokal aus einem Barbereich, in welchem Pokertische aufgestellt gewesen seien, und einem hinteren Bereich, in dem die Glücksspielautomaten betrieben worden seien. Da in den Lokalen keine rechtlich ausreichende bauliche Trennung von Räumen, in denen Glücksspielgeräte betrieben worden seien, vorhanden sei, käme schon aus diesem Grund keine bloß teilweise Schließung in Betracht. Hinsichtlich der vorgefundenen Pokerspiele bestehe angesichts der aus den Lichtbildern ersichtlichen Jetons der begründete Verdacht, dass Ausspielungen im Sinne des § 2 GSpG durchgeführt worden seien. Es werde auch im Internet laufend für Pokerturniere geworben. Dass der Gefahr der Fortsetzung der verbotenen Glücksspiele mit einem gelinderen Mittel als der Betriebsschließung nicht begegnet werden könne, zeige sich auch daran, dass trotz der rechtskräftigen Beschlagnahme von 21 Glücksspielautomaten sowie Verwaltungsstrafverfahren in allen Fällen sowie der Ankündigung der Betriebsschließung im Sinne des § 56a GSpG weiterhin Glücksspiele angeboten und neue Geräte spielbereit gehalten worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der hg. Rechtsprechung zu unionsrechtlichen Aspekten des Glücksspiels und der in diesem Zusammenhang vertretenen Rechtsauffassung, dass die in § 31 GSpG vorgesehenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession nach § 14 Abs. 2 und nach § 21 Abs. 2 GSpG unionsrechtskonform seien, aus, dass mit dem neugeschaffenen § 56a GSpG der Behörde die Möglichkeit gegeben werden sollte, Betriebe und betriebsähnliche Einrichtungen, in denen verbotenes Glücksspiel betrieben werde, außer Betrieb zu setzen. Nach Hinweisen auf vergleichbare Rechtsvorschriften in anderen Verwaltungsmaterien wird ausgeführt, dass es - ungeachtet des Umstandes, dass es im vorliegenden Fall nicht um eine unmittelbare Gefährdung für Leib und Leben gehe - im ordnungspolitischen Interesse gerechtfertigt sei, im Glücksspielgesetz eine den genannten Vorschriften vergleichbare Regelung zu schaffen. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis Slg. 12.165/1989 ausdrücklich bestätigt, dass die Besonderheiten im Glücksspielbereich weitgehende Beschränkungen der Erwerbsfreiheit zu tragen vermöchten. Der Verfassungsgerichtshof habe ausdrücklich auf die Gefahr wirtschaftlicher Existenzgefährdung von Menschen und die Gefahr des Eindringens krimineller Kreise in den Glücksspielbereich hingewiesen. Nach weiteren Ausführungen über die rechtspolitischen Motive für die Regelungen des GSpG werden die Begriffe des Veranstaltens bzw. Durchführens im Sinne des § 2 Abs. 1 und § 56a GSpG erläutert.

Aus dem Wortlaut des § 56a Abs. 1 GSpG ergebe sich, dass der Gesetzgeber die Betriebsschließung als eigenständige Maßnahme konzipiert habe, für die der begründete Verdacht genüge, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften des GSpG veranstaltet oder durchgeführt worden seien. Die Betriebsschließung sei daher unabhängig davon, ob ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches (Straf‑)Verfahren durchzuführen gewesen wäre, zulässig gewesen. Die gänzliche Schließung der Betriebe habe sich als notwendig erwiesen, da das Lokal C nur aus einem Raum bestanden habe. In V habe das Lokal deshalb zur Gänze geschlossen werden müssen, weil der Zugang zu den Toiletten ausschließlich im Bereich der aufgestellten Glücksspielautomaten möglich gewesen sei und auch für die Pokerspieler kein anderer Toilettenzugang möglich gewesen sei. Darüber hinaus sei auch im Bereich der Pokertische ein verbotener Glücksspielautomat (aufgezeichnete Hunderennen) festgestellt worden. Darüber hinaus habe sich die Revisionswerberin weder an der Interessentensuche für die Spielbanklizenzen noch am Verfahren betreffend die Landesausspielungsbewilligungen beteiligt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die vorliegende Rechtssache war Anlassfall im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zur Zl. G 113/2012 ua, in dem der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. Juni 2013 die Worte "und in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG" in § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012, als verfassungswidrig aufgehoben hat. Obwohl die Aufhebung nach diesem Erkenntnis erst mit Ablauf des 31. Dezember 2013 in Kraft trat (und somit bis dahin die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate auch zur Entscheidung über Berufungen gegen Betriebsschließungen nach § 56a GSpG bestand), war die belangte Behörde daher zuständig, über die Berufung der Revisionswerberin zu entscheiden (Art. 140 Abs. 7 B-VG).

Hinsichtlich der im Revisionsfall maßgeblichen Rechtsvorschriften des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989, ist auf das hg. Erkenntnis vom 3. Juni 2014, Zl. Ro 2014/17/0031, zu verweisen.

Soweit die Revisionswerberin im Hinblick auf die in § 52 Abs. 2 GSpG verankerte Subsidiarität der Straftatbestände des § 52 Abs. 1 GSpG in der hier anwendbaren Fassung gegenüber § 168 Abs. 1 StGB die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung in der Sache bestreitet, gleicht der vorliegende Beschwerdefall hinsichtlich des maßgeblichen Sachverhalts und der zu beantwortenden Rechtsfragen jenem, den der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis vom 3. Juni 2014, Zl. Ro 2014/17/0031, entschieden hat.

Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Die belangte Behörde war daher auch im vorliegenden Fall zuständig, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine Betriebsschließung nach § 56a GSpG auszusprechen.

Soweit sich die Revisionswerberin gegen die Betriebsschließung mit dem Hinweis wendet, eine solche sei nach § 56a Abs. 1 zweiter Satz GSpG nur zulässig, wenn nicht andere den Zweck erfüllende Vorkehrungen möglich seien, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde - entgegen den Beschwerdeausführungen - den angefochtenen Bescheid auch in dieser Hinsicht begründet hat. Die Revisionswerberin trägt nicht vor, welche gelinderen Mittel angesichts des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalts einen weiteren Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes hätten verhindern können. Soweit die Revisionswerberin nunmehr auf mögliche bauliche Vorkehrungen verweist, die eine gänzliche Schließung als nicht erforderlich hätten erscheinen lassen können, wäre es an ihr gelegen, durch derartige Vorkehrungen eine solche gänzliche Schließung gegebenenfalls zu verhindern. Da die Aufforderung zur Einstellung des illegalen Glücksspielbetriebs unter Androhung der Betriebsschließung gemäß § 56a GSpG bereits am 8. Februar 2013 ergangen war, hätte die Revisionswerberin ausreichend Zeit zur Verfügung gehabt, derartige bauliche Veränderungen allenfalls vorzunehmen.

Soweit in der Revision in diesem Zusammenhang weiters die Auffassung vertreten wird, die belangte Behörde hätte den erstinstanzlichen Bescheid nicht vollinhaltlich bestätigen dürfen, da sie offenkundig selbst die Ansicht vertreten habe, dass es sich bei den durchgeführten Pokerspielen um keine Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG gehandelt habe, ist zu bemerken, dass - unabhängig davon, wie die in der Beschwerde zitierte Formulierung auf Seite 6 unten des angefochtenen Bescheides zu verstehen ist und ob die von der Revision unterstellte Auslegung zutreffend wäre - die Schließung des gesamten Lokals schon insofern dem Gesetz entsprach (selbst wenn die belangte Behörde davon ausgegangen sein sollte, dass die im gegenständlichen Lokal durchgeführten Pokerspiele nicht unter § 1 Abs. 1 GSpG gefallen seien), als die belangte Behörde - unabhängig von ihrer Argumentation hinsichtlich der baulichen Gegebenheiten betreffend den Toilettenzugang - auch die Aufstellung eines Glücksspielgeräts im Bereich der Pokertische festgestellt hat. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids sind die Feststellungen und die Begründung im angefochtenen Bescheid maßgeblich, sodass es auf die in diesem Zusammenhang in der Revision hervorgehobene Argumentation der Behörde erster Instanz nicht ausschlaggebend ankommt.

Zum Vorbringen betreffend einen Verstoß gegen Art. 47 Abs. 2 GRC wegen der Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist darauf hinzuweisen, dass im Revisionsfall der nach der Rechtsprechung des EuGH für die Anwendbarkeit der GRC erforderliche Unionsrechtsbezug nicht vorliegt (vgl. das Urteil des EuGH vom 26. Februar 2013, Rs C- 617/10 , Åkerberg Fransson, Rn 19, sowie das hg. Erkenntnis vom 24. April 2013, Zl. 2013/17/0136). Soweit in diesem Zusammenhang die Problematik einer Inländerdiskriminierung angesprochen wird, ist einerseits auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2013, Zl. 2012/17/0592, zu verweisen und andererseits festzustellen, dass sich auch aus der Rechtsprechung des EuGH (vgl. etwa das zuvor zitierte Urteil) nichts anderes ergibt.

Im Hinblick auf den fehlenden Unionsrechtsbezug ist auch auf die Revisionsausführungen betreffend das nach Ansicht der Revisionswerberin unionsrechtliche Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG nicht näher einzugehen.

Zum Vorbringen betreffend die mangelnde Bestimmtheit der Regelungen des GSpG über Verwaltungsstrafen und Beschlagnahme ist - soweit man sie auf die hier gegenständliche Betriebsschließung nach § 56a GSpG beziehen will - auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2013, Zl. 2012/17/0509, zu verweisen. Die dortigen Ausführungen zum mangelnden Einfluss einer allfälligen Verdrängung innerstaatlicher Normen durch das Unionsrecht auf die Beurteilung der hinreichenden Bestimmtheit dieser Normen gelten umso mehr für die Betriebsschließung nach § 56a GSpG, zumal diese nach den obigen Ausführungen unabhängig von einer allfälligen Subsidiarität der verwaltungsstrafrechtlichen Strafbarkeit gegenüber der gerichtlichen Strafbarkeit verfügt werden kann.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die revisionswerbende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Revision war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 24. Juni 2014

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