VwGH Ro 2014/17/0031

VwGHRo 2014/17/003126.5.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision 1. der C AG in Wien und

2. des A K in W, beide vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 9/2/33, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. Dezember 2013, Zl. VwSen-360338/6/WEI/VS/Ba und Zl. VwSen-360404/6/WEI/VS/Ba, betreffend Betriebsschließung nach § 56a GSpG, zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 idF 2010/I/054;
GSpG 1989 §53 idF 2010/I/054;
GSpG 1989 §54 idF 2010/I/073;
GSpG 1989 §56a Abs1 idF 1996/747;
GSpG 1989 §52 idF 2010/I/054;
GSpG 1989 §53 idF 2010/I/054;
GSpG 1989 §54 idF 2010/I/073;
GSpG 1989 §56a Abs1 idF 1996/747;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit erstinstanzlichem Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 20. Juni 2013 wurde gegenüber den Revisionswerbern gemäß § 56a Glücksspielgesetz (GSpG) die gänzliche Schließung des Betriebes "K Sportwetten" in S mit Wirkung ab 18. Juni 2013, 20 Uhr, verfügt. Dem war eine inhaltsgleiche mündliche Verfügung vom 18. Juni 2013 vorausgegangen.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen der revisionswerbenden Parteien ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Betriebsschließung sei aufgrund des Verdachtes erfolgt, dass im Rahmen betrieblicher Tätigkeiten fortgesetzt gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen werde, indem - in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG - verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG erfolgt seien. Aus den im Akt einliegenden Dokumentationen über zwei im verfahrensgegenständlichen Lokal durchgeführte Kontrollen sei zweifelsfrei zu schließen, dass es sich bei den vorgefundenen Geräten um betriebsbereite Glücksspielapparate gehandelt habe, die auch tatsächlich bespielt worden seien. Fortsetzungsgefahr sei zu bejahen, da bereits am Tag nach der Beschlagnahme von Automaten anlässlich der ersten Kontrolle am 22. Juni 2012 neue Automaten aufgestellt gewesen seien. Aufgrund dieser Erfahrung sei die Anwendung gelinderer Mittel zu verneinen, da auch eine Teilschließung, etwa durch Versiegelung nur eines der beiden Räume des gegenständlichen Lokales, in dem die inkriminierten Glücksspielgeräte hätten zusammengestellt werden können, weitere Verstöße gegen das GSpG im gegenständlichen Lokal nicht zuverlässig verhindern hätte können. Aufgrund des bisherigen Verhaltens der Revisionswerber hätte die Behörde vielmehr damit rechnen müssen, dass auch der weitere Raum im Lokal erneut rechtswidrig durch Aufstellen neuer Glücksspielgeräte genutzt würde.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.4. Das gemäß § 9 Abs. 1 VwGbk-ÜG iVm Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG eingetretene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in seiner Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Vorauszuschicken ist, dass für die Behandlung der vorliegenden, am 12. Februar 2014 gegen den am 24. Dezember 2013 zugestellten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich erhobenen Revision gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe gelten, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG aF die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann.

2.2. Die Revision erweist sich im Sinne des § 4 Abs. 5 zweiter Satz VwGbk-ÜG in Bezug auf die Frage der Relevanz der Subsidiaritätsklausel des § 52 Abs. 2 1. Satz GSpG im Rahmen einer Betriebsschließung nach § 56a GSpG als zulässig.

2.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes, BGBl. 620/1989 in der hier anzuwendenden Fassung (§ 50 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 50/2012, § 52 Abs. 2 und § 53 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 54/2010, § 54 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 73/2010, sowie § 56a idF BGBl. Nr. 747/1996), lauten:

"STRAF- UND VERFAHRENSBESTIMMUNGEN

Behörden und Verfahren

§ 50. (1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion, und in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs. 1 VStG zuständig.

(...)

Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung ...

(2) Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

(...)

Beschlagnahmen

§ 53. (1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a) mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder

b) durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird oder

2. fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Z 1 lit. a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder

3. fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs. 1 Z 7 verstoßen wird.

Einziehung

§ 54. (1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

Betriebsschließung

§ 56a. (1) Besteht der begründete Verdacht, daß im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, daß eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stillegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

(2) ...

(3) Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(...)"

Der seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974,

unveränderte § 168 StGB lautet:

"Glücksspiel

§ 168. (1) Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen, oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

(2) Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."

2.4.1. Die Revisionswerber gehen davon aus, dass die neuere, dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013,

B 422/2013, folgende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel des § 52 Abs. 2

1. Satz GSpG in Fällen der Beschlagnahme und der Einziehung nach den §§ 53 und 54 GSpG auch auf die Betriebsschließung nach § 56a GSpG anwendbar sei. Dies trifft jedoch aus den folgenden Gründen nicht zu:

Aus den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 2012, Zl. G 4/12, und vom 13. Juni 2013, B 422/2013, leitete der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, Zl. 2012/17/0507, zur Beschlagnahme nach dem GSpG ab, dass nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen sei, weshalb in solchen Fällen auch nicht länger die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden für die Beschlagnahme nach § 53 GSpG bestehe.

Daran anknüpfend wurde mit hg. Erkenntnis vom 14. November 2013, Zl. 2013/17/0056, zur glücksspielrechtlichen Einziehung unter weiterer Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2011/17/0323, ausgesprochen, wenn aufgrund der Einsatzhöhe sogar bereits erwiesen sei (und daher nicht einmal mehr der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliege), dass für das Strafverfahren (ausschließlich) gerichtliche Zuständigkeit bestehe, aufgrund der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes des § 52 Abs. 1 GSpG könne umso weniger ein (tatsächlicher) Verstoß gegen eines seiner Tatbilder angenommen werden. Die Einziehung zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG wäre somit unzulässig.

Im zitierten hg. Erkenntnis vom 22. August 2012 war davon ausgegangen worden, dass sich im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzung der Verwirklichung des objektiven Tatbestands eines der Tatbilder der Verwaltungsübertretungen des § 52 Abs. 1 GSpG das Einziehungsverfahren nach § 54 GSpG auch von einem Beschlagnahmeverfahren mit Sicherungsfunktion wie es etwa dem hg. Erkenntnis vom 27. März 2008, Zl. 2007/07/0038 (zu § 29 Abs. 1 und 4 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, der als Voraussetzung für die Beschlagnahme von Gegenständen (nur) voraussetze, dass "der begründete Verdacht besteht, dass sie nicht den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen"), zu Grunde gelegen sei, unterscheide.

Voraussetzung für eine Betriebsschließung ist zunächst der begründete Verdacht der Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen "entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes" im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit. Anders als bei einer Beschlagnahme oder einer Einziehung nach den §§ 53 und 54 GSpG setzt die Verfügung einer Betriebsschließung nicht eine Übertretung einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG bzw. den Verdacht einer solchen voraus, die nach den genannten Erkenntnissen der Grund für die Annahme der Akzessorietät der verwaltungsbehördlichen Befugnisse zur verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit waren. Damit unterscheidet sich eine Betriebsschließung von den Sicherungsmaßnahmen der Beschlagnahme und Einziehung dahingehend, dass die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde (lediglich) die Rechtswidrigkeit im Hinblick auf das GSpG voraussetzt, ungeachtet des Umstandes, ob und nach welchen Vorschriften eine Strafbarkeit gegeben ist. Eine Abgrenzung zur gerichtlichen Strafbarkeit und damit die Anwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel des § 52 Abs. 2

1. Satz GSpG ist daher nicht erforderlich.

Darüber hinaus ist eine gerichtliche Zuständigkeit zur Anordnung einer Betriebsschließung nicht ersichtlich, sodass es insoweit zu keiner Konkurrenz zwischen behördlicher und gerichtlicher Zuständigkeit kommt. Auch deshalb kommt hier die Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 1. Satz GSpG nicht zum Tragen.

Da es hinsichtlich der Voraussetzungen einer Betriebsschließung nicht auf (den Verdacht) eine(r) Verwaltungsübertretung ankommt, hatte die belangte Behörde auch nicht zu ermitteln, ob eines der auf den im Betrieb der Revisionswerber vorgefundenen Glücksspielapparaten angebotenen Spiele Einsätze von über EUR 10,-- ermöglichte, sodass entgegen der Ansicht der Revisionswerber ein entsprechender sekundärer Verfahrensmangel nicht vorliegt.

2.4.2. In ihren Revisionsausführungen machen die Revisionswerber weiter geltend, der Begriff der "betrieblichen Tätigkeit" in § 56a GSpG sei nicht nur - wie die Materialien vermuten ließen - hinsichtlich Gastgewerbebetrieben einschränkend auszulegen, sondern erfasse "(allgemein) nur jene Betriebe (...), die als örtlich gebundene Einrichtungen (...) überwiegend der Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen entgegen den Vorschriften des GSpG regelmäßig zu dienen bestimmt" seien. Die Revisionswerber hätten in ihrer Berufung ausdrücklich vorgebracht, dass es sich bei dem von der Betriebsschließung betroffenen Lokal um einen genehmigten und zulässigen Betrieb in Form des Anbietens und Abwickelns von Sportwetten handle. In Verkennung der Rechtslage sei die belangte Behörde darauf gar nicht eingegangen und habe den angefochtenen Bescheid mit einem (sekundären) Verfahrensmangel belastet.

Die Materialien zur GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 747/1996 (RV 368 BlgNR 20. GP, 6f), mit der § 56a eingeführt wurde, lauten (auszugsweise):

"Der neu geschaffene § 56a gibt der Behörde die Möglichkeit, Betriebe und betriebsähnliche Einrichtungen, in denen verbotenes Glücksspiel betrieben wird, außer Betrieb zu setzen. Eine ähnliche Regelung enthält zB auch § 360 Abs. 2 GewO, in dem vorgesehen ist, daß eine nicht genehmigte Betriebsanlage von der Behörde ua. auch dann gänzlich oder teilweise geschlossen werden kann, wenn diese eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn hervorruft; vergleichbare Regelungen enthalten zB § 69 Arzneimittelgesetz, das Krankenanstaltenrecht (§ 12 KAG; vgl. auch die Ausführungsgesetze der Länder) und §§ 23f Lebensmittelgesetz 1975.

...

Neben den fiskalischen hat das GSpG ganz überwiegende ordnungspolitische Zielsetzungen. Die bundesweite Ausbreitung illegaler Glücksspielbetriebe dient weder den ordnungspolitischen Interessen des Bundes (Spielerschutz, Hintanhaltung der Geldwäscherei, Vermeidung von Beschaffungskriminalität usw.) noch den fiskalischen Interessen des Bundes auch nur näherungsweise. Insbesondere zum Schutz des Spielerpublikums sowie zur Hintanhaltung krimineller Handlungen sind daher rasch durchgreifende Maßnahmen erforderlich. Dazu kommt, daß sich solche illegal betriebenen Glücksspielbetriebe binnen kürzester Zeit amortisieren und in der Folge hohe Gewinne für die Betreiber abwerfen. Während anhängiger Verfahren lukrieren die Betreiber beträchtliche Gewinne aus der Veranstaltung dem Bund vorbehaltener Glücksspiele. Diese illegalen Glücksspielbetriebe werden im Regelfall von kapitalschwachen juristischen Personen betrieben und ist erkennbar, daß diese nach Beendigung der anhängigen Verfahren - nach mehrjähriger Verfahrensdauer - Insolvenz anmelden werden und weder die verhängten Verwaltungsstrafen noch die Abgabenrückstände einbringlich sein werden. Es ist daher die Zielsetzung des Gesetzgebers, durch eine rasch greifende Betriebsschließungsbestimmung, das Erzielen von Gewinnen durch den illegalen Betrieb von Glücksspielen zu verhindern. Da die vorgesehenen Maßnahmen - insbesondere eine Betriebsschließung - einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Betroffenen bedeuten, sieht Abs. 1 abgestufte Möglichkeiten vor, die nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden sind. Die Behörden sind verpflichtet, das jeweils gelindeste noch zum Ziel führende Mittel anzuwenden. Dies bedeutet insbesonders, daß es sich bei der Betriebsschließung um eine Maßnahme handelt, die nur als letztes Mittel angewandt werden darf und daher gastronomische Betriebe, die nicht überwiegend zur Durchführung von dem Bund vorbehaltenen Glücksspielen verwendet werden, von dieser nicht betroffen sind.

Im besonderen ist zu bemerken, daß Abs. 1 stets dann Anwendung findet, wenn Glücksspiele im Sinne des § 2 Abs. 1 'veranstaltet' werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Unternehmer spezifische Einrichtungen und Gegenstände bereithält, die für die Durchführung von Glücksspielen tatsächlich verwendet werden. Abs. 1 findet auch dann Anwendung, wenn in einem Betrieb zwar vom Betriebsinhaber keine Glücksspiele veranstaltet werden, wenn aber tatsächlich Glücksspiele in einem das ortsübliche Maß übersteigenden Ausmaß durchgeführt werden. Wird etwa im Rahmen eines Gastgewerbebetriebes ein eigener Raum zur Verfügung gehalten, der ausschließlich oder überwiegend zur Durchführung von Glücksspielen benutzt wird, so ist die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf diesen Raum gegeben; nicht aber dann, wenn - wie dies in verschiedenen Gegenden üblich ist - von Gästen neben ihrer Konsumation die ortsüblichen Spiele gespielt werden. In derartigen Abgrenzungsfragen wird stets entscheidend sein, ob durch die tatsächliche Durchführung von Glücksspielen durch Gäste der eindeutig überwiegende Charakter des Gastgewerbebetriebes erhalten bleibt: Ist dies der Fall, ist § 56a nicht anwendbar. Die gänzliche oder teilweise Schließung eines Betriebes wird nur dann Anwendung finden, wenn durch andere geeignete Maßnahmen die Einhaltung des Glücksspielgesetzes nicht sichergestellt ist; derartige andere geeignete Maßnahmen könnten zB auch ein Hausverbot für bestimmte Gäste (etwa Berufsspieler) sein.

(...)"

Aus dem Wortlaut des § 56a Abs. 1 GSpG ergibt sich, dass der begründete Verdacht vorliegen muss, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften des GSpG veranstaltet oder durchgeführt werden. Die Erläuterungen führen dazu aus, dass § 56a GSpG stets dann Anwendung findet, wenn Glücksspiele "veranstaltet" werden. Unter "Veranstalten" ist das Bereithalten spezifischer Einrichtungen und Gegenstände, die für die Durchführung von Glücksspielen tatsächlich verwendet werden, durch den Unternehmer zu verstehen. Auf ein Überwiegen der Veranstaltung von illegalen Glücksspielen im Rahmen einer (sonstigen) betrieblichen Tätigkeit kommt es in diesem Zusammenhang sohin nicht an.

Nach den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zu den beiden Kontrollen im Lokal "K Sportwetten" am 22. Juni 2012 und am 18. Juni 2013 wurden dabei betriebsbereite und grundsätzlich funktionsfähige Glücksspielgeräte vorgefunden, die, soweit sie sich im ersten Raum des Lokals befanden, im Eigentum der Erstrevisionswerberin, soweit sie im zweiten Raum des Lokals aufgestellt waren, im Eigentum des Zweitrevisionswerbers standen. Den ersten Raum des Lokals verwendete die Erstrevisionswerberin für Wettannahmeterminals (auf denen jedenfalls Wetten auf den Ausgang "virtueller Hunderennen" abgeschlossen werden konnten) und Gastronomie in kleinem Umfang, den zweiten Raum der Zweitrevisionswerber zum Anbieten von Walzenspielen. Von diesen von den Revisionswerbern nicht beanstandeten Feststellungen ausgehend kann die Folgerung der belangten Behörde, die Revisionswerber hätten im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele veranstaltet, nicht als rechtswidrig erkannt werden, da mit dem Aufstellen der Glücksspielgeräte der Tatbestand der "Veranstaltung" erfüllt ist. Dass die belangte Behörde neben der zutreffenden Annahme der "Veranstaltung" von Glücksspielen auch deren "Durchführung" anführte, verletzt die Revisionswerber in keinen Rechten.

Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt erweist sich auch als ausreichend für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anordnung einer Betriebsschließung, sodass der in der Revision behauptete Verfahrensmangel nicht vorliegt.

Die Betriebsschließung ist auch nicht unverhältnismäßig. Der belangten Behörde kann insbesondere nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausgehend vom bisherigen Vorgehen der Revisionswerber (illegale Glücksspielgeräte in beiden Räumen des Lokals, prompter Ersatz beschlagnahmter Geräte durch neue Geräte) annahm, durch eine Versiegelung bloß eines Raumes, in dem die inkriminierten Glücksspielgeräte hätten zusammengestellt werden können, hätten weitere Verstöße gegen das GSpG nicht zuverlässig verhindert werden können, da damit zu rechnen gewesen sei, dass auch der weitere (unversiegelte) Raum im Lokal erneut rechtswidrig durch Aufstellen neuer Glücksspielgeräte genutzt worden wäre. Wie die Gegenschrift zutreffend aufzeigt, stellt sich auch eine in der Revision angesprochene Trennung der Internetleitung und Versiegelung der Anschlüsse nicht als geeignete Maßnahme dar, um eine weitere Gefährdung der mit dem GSpG verfolgten Interessen mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen zu können, da etwa auch Internetverbindungen auch drahtlos hergestellt werden können. Im Übrigen hätte die Versiegelung der Internetanschlüsse der Wettannahmeterminals zur Folge, dass auch die allfällige genehmigte Abwicklung von Sportwetten darauf verhindert würde, sodass in dieser Maßnahme gegenüber der Betriebsschließung kein gelinderes Mittel zu erkennen ist.

2.4.3. Schließlich regen die Revisionswerber an, an den Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag nach Art. 140 B-VG zu stellen, da die bloß dreitägige Frist für die Behörde, einen schriftlichen Bescheid über eine mündlich verfügte Betriebsschließung zu erlassen (§ 56a Abs. 3 GSpG), aus rechtsstaatlichen Gründen verfassungswidrig erscheine.

Abgesehen davon, dass die Präjudizialität dieser Bestimmung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wohl zu verneinen ist, vermag der Verwaltungsgerichtshof die in der Revision vorgebrachten rechtsstaatlichen Bedenken gegen diese Bestimmung nicht zu teilen, zumal bei Nichteinhaltung der Dreitagesfrist durch die Verwaltungsbehörde die mündliche Verfügung der Betriebsschließung außer Kraft tritt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht zur Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages veranlasst.

2.5. Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aF abzuweisen war.

2.6. Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

2.7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (§ 4 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am 26. Mai 2014

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