VwGH 2013/03/0144

VwGH2013/03/014426.5.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 2. Oktober 2013, Zl UW.4.1.6/0438-I/5/2013, betreffend Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung im Zusammenhang mit dem Vorhaben "Semmering-Basistunnel neu" (mitbeteiligte Partei:

Ö AG in W, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12), zu Recht erkannt:

Normen

UVPG 2000 §24 Abs1;
UVPG 2000 §24 Abs3;
UVPG 2000 §24f Abs7 idF 2009/I/087;
UVPG 2000 §24h Abs7 idF 2004/I/153;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A. Angefochtener Bescheid

1. Mit dem für den vorliegenden Fall relevanten Spruchpunkt II.1. des Bescheides des Landeshauptmannes der Steiermark (LH) vom 22. Oktober 2012 wurde der mitbeteiligten Partei - unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen (in Spruchpunkt II.2.) - die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb von Entwässerungseinrichtungen und Gewässerschutzanlagen zur Verbringung von Wässern aus der Bahnanlage "Semmering-Basistunnel neu" von km 75,651 bis km 118,122 der ÖBB-Strecke Wien Süd - Spielfeld/Straß, mit Einleitungen und Versickerungen von Wässern in einem im Bescheid näher umschriebenen Umfang erteilt. Insbesondere umfasste die Bewilligung für die Bauphase des "Semmering-Basistunnel neu" die Einleitung von Wässern in den Zbach, die F und den Dbach sowie die Versickerung von Straßenwässern der Baustraße St. Für die Betriebsphase des "Semmering-Basistunnel neu" umfasste die Bewilligung die Einleitung von Wässern in die F sowie die Versickerung von Wässern auf zwei im erstinstanzlichen Bescheid näher genannten Grundstücken.

2. Gegen diesen Bescheid - auch gegen dessen Spruchpunkt II. - erhob (unter anderem) die beschwerdeführende Partei Berufung, in der sie sich (mit näherer Begründung) gegen die Erteilung der der mitbeteiligten Partei mit Bescheid des LH vom 22. Oktober 2012 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung wendete.

3. Mit dem Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wurde der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG dahingehend abgeändert, dass die Auflagen II.2.3., II.2.5., II.2.8., II.2.10., II.2.13., und II.2.15. durch neue Auflagenteile ergänzt wurden, die Auflage II.2.11. neu gefasst wurde und der Spruchpunkt II.2. des erstinstanzlichen Bescheides um die Auflagen II.2.17. und II.2.18. ergänzt wurde.

Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde die darüber hinausgehende Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides fasste die belangte Behörde zunächst den Gang des Verwaltungsverfahrens zusammen. Daran anschließend führte die belangte Behörde (zusammengefasst) aus, dass für nach dem dritten Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000) zu genehmigende Vorhaben ein teilkonzentriertes Verfahren bei der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT), in dessen Rahmen auch die Umweltverträglichkeitsprüfung erfolge, durchzuführen sei. Die BMVIT sei für alle Genehmigungstatbestände zuständig, für die ansonsten ein Bundesminister in erster Instanz zuständig sei. Ferner sei für die übrigen Genehmigungen der mittelbaren Bundesverwaltung ein weiteres teilkonzentriertes Verfahren beim Landeshauptmann durchzuführen.

Mit Bescheid der BMVIT vom 27. Mai 2011, Zl BMVIT- 820.288/0017-IV/SCH2/2011, sei der mitbeteiligten Partei nach Durchführung des teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens die Genehmigung nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 zur Verwirklichung des Vorhabens "Semmering-Basistunnel neu" erteilt worden. Unter Spruchpunkt A.II.7. dieses Bescheides seien die mitumfassten wasserrechtlichen Belange im Sinne des § 127 Abs 1 lit b des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG) normiert worden. Somit seien für das teilkonzentrierte Verfahren beim LH nur mehr die wasserrechtlichen Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von Entwässerungseinrichtungen und Gewässerschutzanlagen zur Verbringung von Wässern aus der Bahnanlage "Semmering-Basistunnel neu" mit Einleitung und Versickerung von Wässern in näher genannte Gewässer bzw auf näher genannten Grundstücken während der Bau- und Betriebsphase ausständig gewesen. Nur Fragen, die mit diesen Bewilligungen zusammenhängen würden, seien Gegenstand des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde.

Die belangte Behörde habe sich eines ihr gemäß § 52 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) beigegebenen Sachverständigen bedient. Die im Rahmen des Berufungsverfahrens von diesem erstatteten Gutachten seien gemäß §§ 37 und 45 AVG dem Parteiengehör unterzogen worden. Das Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei habe sich zu einem guten Teil mit den Ausleitungen von Bergwässern und deren Auswirkungen beschäftigt. Diese seien jedoch bereits Gegenstand im UVP-Verfahren, das in den genannten Bescheid der BMVIT gemündet habe, gewesen. Verfahrensgegenständlich seien ausschließlich jene Fragen, die mit der Bewilligung der Einleitungen und Versickerungen während der Bau- und Betriebsphase des "Semmering-Basistunnel neu" zusammenhingen. Fragen der Entwässerung des Tunnels an sich und der anfallenden Bergwässer seien schon im Bescheid der BMVIT behandelt worden. Sie seien nicht Gegenstand des gegenständlichen Verfahrens und könnten daher auch nicht aufgegriffen werden. Der UVP-Genehmigungsbescheid der BMVIT aus dem Mai 2011 erzeuge eine Bindungswirkung, die durchaus mit dem Verhältnis Grundsatz- und Detailgenehmigungsbescheid vergleichbar sei. Die BMVIT entscheide verbindlich über die Trassenfestlegung. Auch nach den Gesetzesmaterialien zur UVP-G-Novelle 2004 genüge es für die Trassenentscheidung, dass die Einhaltung der Genehmigungskriterien des § 24 Abs 1 und 2 UVP-G 2000 möglich und durchführbar sei, sowie dass eine Gesamtbewertung nach § 24 Abs 4 leg cit nicht eine schwerwiegende Umweltbelastung indizieren würde, die zu einer Abweisung führen müssten.

Dem in weiten Teilen kritischen und inhaltlich gerechtfertigten Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin, das sich gegen die Vollziehbarkeit der Auflagen gerichtet habe, sei durch die Überarbeitung und Umformulierung der Auflagen nachgekommen worden. Insoweit sei dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin stattgegeben worden.

Mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das sich auf das Vorkommen von Permoskyth ("Rotliegendes", "Buntsandstein") im Semmeringquarzit und Semmeringschiefer ("Alpiner Vulcano") und die Lage des Vorhabens "Semmering-Basistunnel neu" in einem erdbebengefährdeten Gebiet und deren möglichen Auswirkungen auf die Errichtung und den Betrieb der verfahrensgegenständlichen Entwässerungseinrichtungen und Gewässerschutzanlagen bezogen habe, habe sich der beigezogene Amtssachverständige in seinem Gutachten befasst. Dieser sei zum Ergebnis gelangt, dass weder der im Semmeringquarzit und -schiefer vorkommende Permoskyth eine Auswirkung auf die Errichtung und den Betrieb der verfahrensgegenständlichen Entwässerungseinrichtungen und Gewässerschutzanlagen habe, noch, dass die Lage des "Semmering-Basistunnels neu" in einer erdbebengefährdeten Zone bei der bisherigen Beurteilung der Entwässerungseinrichtungen und Gewässerschutzanlagen zu berücksichtigen gewesen wäre. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin sei daher ebenso wie jenes Vorbringen, das nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde gewesen sei, abzuweisen gewesen.

B. Beschwerdeverfahren

1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowohl wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes als auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

2. Die belangte Behörde legte die Akten des Berufungsverfahrens vor und erstattet - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

3. Mit Schreiben vom 13. Februar 2014 legte ferner das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens vor.

C. Erwägungen

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 79 Abs 11 letzter Satz VwGG sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl I Nr 33/2013 (VwGbk-ÜG) nichts anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Für die vorliegende, bereits im November 2013 eingebrachte Beschwerde sind daher die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter maßgeblich, zumal nicht erkennbar ist, dass diesbezüglich durch das VwGbk-ÜG etwas anderes bestimmt würde (vgl § 4 VwGbk-ÜG).

2.1. Vorab ist festzuhalten, dass es sich bei der beschwerdeführenden Partei (unstrittig) um eine eingetragene gemäß § 19 Abs 7 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000, BGBl Nr 697/1993 (UVP-G 2000), anerkannte Umweltorganisation handelt, die am gegenständlichen Verfahren teilgenommen und rechtzeitig schriftlich Einwendungen erhoben hat.

2.2. Ferner ist vorauszuschicken, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, 2011/03/0160, 0162, 0164, 0165, den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) vom 27. Mai 2011, Zl BMVIT-820.288/0017-IV/SCH2/2011, mit dem der mitbeteiligten Partei die Genehmigung nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 zur Verwirklichung des Vorhabens "Semmering-Basistunnel neu" von km 75,561 bis km 118,112 der ÖBB-Strecke Wien-Süd - Spielfeld/Straß unter Mitanwendung näher genannter Genehmigungsbestimmungen erteilt worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hat.

3. Gemäß § 42 Abs 3 VwGG tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. Die mit dieser Bestimmung angeordnete ex-tunc-Wirkung von aufhebenden Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes hat zur Folge, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid nie erlassen worden wäre (vgl etwa VwGH vom 24. April 2013, 2011/03/0085 mwH).

4. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid festgehalten, dass der Bescheid der BMVIT vom 27. Mai 2011 und der im gegenständlichen Verfahren angefochtene Bescheid zueinander in einem Verhältnis stehen, dass mit jenem zwischen Grundlagenbescheid und Detailgenehmigungsbescheid vergleichbar sei.

Auch die mitbeteiligte Partei hat in ihrer Gegenschrift die Auffassung vertreten, dass die einzelnen Bescheide (für ein nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 zu bewilligendes Vorhaben) additiv zu sehen seien und nicht jeder Bescheid einzeln und für sich unabhängig erlassen werde. Dementsprechend würden die jeweiligen Mitwirkungs-, Berücksichtigungs- und Koordinationspflichten sicherstellen, dass ein Gesamtverfahren stattfinde, welches nicht sektoral nebeneinander laufe. Der Bescheid der BMVIT erzeuge eine Bindungswirkung, die mit dem Verhältnis Grundsatz- und Detailgenehmigungsbescheid vergleichbar sei. Es sei über bereits mit dem rechtskräftigen Bescheid der BMVIT entschiedene Gegenstände - im vorliegenden Fall die Fragen der Entwässerung des Tunnels - nicht nochmals abzusprechen, der Bescheid der BMVIT entfalte insofern Bindungswirkung für den im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid.

5.1. Die durch BGBl I Nr 77/2012 erlassene Übergangsbestimmung des § 46 Abs 23 des UVP-G 2000 lautet:

"§ 46.

...

(23) Auf Vorhaben des Anhanges 1, die erstmals unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen und für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2012 ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren anhängig ist, ist dieses Bundesgesetz nicht anzuwenden, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin bei der Landesregierung die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des konzentrierten Genehmigungsverfahrens bzw. eine Einzelfallprüfung beantragt. Auf Vorhaben, für die ein Genehmigungsverfahren nach dem dritten Abschnitt vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2012 eingeleitet wurde, sind die Bestimmungen des §§ 24 Abs. 1, 3, 3a und 7, des § 24a Abs. 3, und des § 24f Abs. 6 und 7 in ihrer Fassung vor Inkrafttreten dieser Novelle anzuwenden. Auf Änderungsvorhaben, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 77/2012 ein Genehmigungsverfahren nach § 24g anhängig ist, ist diese Bestimmung in der Fassung vor dem Inkrafttreten dieser Novelle anzuwenden."

BGBl I Nr 77/2012 ist am 3. August 2012 in Kraft getreten, weshalb die Übergangsbestimmung des § 46 Abs 23 Satz 2 UVP-G 2000 für das gegenständliche, im Jahr 2010 eingeleitete Genehmigungsverfahren zu beachten ist.

5.2. § 24 Abs 1, 3 und 3a und § 24f Abs 6 und 7 UVP-G 2000 in der Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 77/2012 haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

"§ 24. (1) Wenn ein Vorhaben gemäß § 23a oder § 23b einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die Umweltverträglichkeitsprüfung und ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen. In diesem Genehmigungsverfahren hat er/sie alle jene nach den bundesrechtlichen Verwaltungsvorschriften für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen anzuwenden, die ansonsten von ihm/ihr oder einem/einer anderen Bundesminister/in in erster Instanz zu vollziehen sind.

...

(3) Der Landeshauptmann hat ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen, in dem er die übrigen nach den bundesrechtlichen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen sind, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen Genehmigungsbestimmungen anzuwenden hat.

...

(3a) Die Zuständigkeit nach Abs. 1 und 3 erstreckt sich auf alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach den im teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren jeweils betroffenen Verwaltungsvorschriften und auf Änderungen gemäß § 24g. Sie beginnt mit Antragstellung gemäß § 24a. Ab diesem Zeitpunkt ist in den Angelegenheiten gemäß Abs. 1 und 3 die Zuständigkeit der nach den Verwaltungsvorschriften sonst zuständigen Behörden auf die Mitwirkung an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes eingeschränkt. Die Zuständigkeit nach Abs. 1 und 3 endet zu dem in § 24h Abs. 3 bezeichneten Zeitpunkt.

...

§ 24f.

...

(6) Die nach § 24 Abs. 1 zuständige und die übrigen für die Erteilung von Genehmigungen im Sinn des § 2 Abs. 3 zuständigen Behörden haben die Abs. 1 bis 5, 13 und 14 anzuwenden, soweit sie für ihren Wirkungsbereich maßgeblich sind.

(7) Die nach § 24 Abs. 1 zuständige Behörde hat die Genehmigungsverfahren mit den anderen zuständigen Behörden zu koordinieren. Insbesondere ist abzustimmen, wie die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung in den einzelnen Genehmigungen berücksichtigt werden und auf eine Kontinuität der Sachverständigen im gesamten Verfahren hinzuwirken."

6.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt festgehalten, dass in einer Konstellation, in der ein Bescheid die notwendige Grundlage (für die Erlassung) eines anderen Bescheides bildet, im Falle der Aufhebung des erstgenannten Bescheides infolge der dargestellten ex-tunc-Wirkung auch dem darauf aufbauenden Bescheid die Rechtsgrundlage entzogen wird und dieser gleichfalls aufzuheben ist, da er mit dem zunächst erlassenen (aufgehobenen) Bescheid in einem untrennbaren Zusammenhang steht (vgl etwa VwGH vom 29. Jänner 2014, 2013/03/0004; VwGH vom 24. April 2013, 2010/03/0155; VwGH vom 2. Mai 2007, 2007/03/0033).

6.2. Der mitbeteiligten Partei wurde mit dem besagten Bescheid vom 27. Mai 2011 (vgl Spruchpunkt A.II.7 dieses Bescheides) unter anderem die Bewilligung zur Errichtung jener wasserbautechnischen Maßnahmen, die für die Entwässerung des Tunnelbauwerks "Semmering-Basistunnel neu" erforderlich sind, erteilt und damit die Lage dieser wasserbautechnischen Maßnahmen verbindlich festgelegt. Aus der Begründung dieses Bescheides ergibt sich, dass die Entwässerungsmaßnahmen als Bestandteil des Vorhabens "Semmering-Basistunnel neu" zu verstehen sind (vgl Seite 59 des Bescheides vom 27. Mai 2011). Die belangte Behörde konnte im angefochtenen Bescheid (wie dort zutreffend ausgeführt) daher lediglich über die Frage der (wasserrechtlichen) Bewilligungsfähigkeit der Einleitungen bzw Versickerung der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtskräftig bewilligten Ausleitung der Bergwässer aus dem Tunnelbauwerk absprechen. Daraus folgt, dass der Genehmigungsbescheid vom 27. Mai 2011 eine rechtlich maßgebliche Grundlage für den angefochtenen Bescheid bildet und mit diesem in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Von daher wurde mit der genannten Aufhebung des Genehmigungsbescheides vom 27. Mai 2011 dem vorliegend angefochtenen Bescheid die rechtliche Grundlage entzogen.

7. Dieses Ergebnis wird durch folgende Überlegungen unterstützt: Die in § 24f Abs 7 UVP-G 2000 (in der im vorliegenden Fall noch maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 77/2012) normierte Koordinierungspflicht der BMVIT wurde durch die UVP-G Novelle 2004, BGBl I Nr 153/2004 als § 24h Abs 7 in das UVP-G 2000 eingeführt. § 24h UVP-G 2000 hat in weiterer Folge durch die UVP-G Novelle 2009, BGBl I Nr 87/2009, die Bezeichnung § 24f UVP-G 2000 erhalten. Zur Auslegung der Bestimmung des § 24f Abs 7 UVP-G kann daher auf die Materialien zur UVP-G Novelle 2004, BGBl I Nr 153/2004, zurückgegriffen werden. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der UVP-G Novelle 2004 (vgl RV 648 BlgNR XXII. GP, S 14) heißt es zur Frage der Koordinierungspflicht:

"Da es nicht gelungen ist, für ein konzentriertes Genehmigungsverfahren Akzeptanz herzustellen, soll auf andere Weise versucht werden, den Genehmigungsprozess von der Einreichung der Unterlagen zur Trassenverordnung bis zur Erlassung der letzten Genehmigung koordiniert und bruchlos zu gestalten, um so einerseits eine vollständige Umsetzung der UVP und andererseits einen rascheren Gesamtablauf des Verfahrens und eine Verkürzung der Genehmigungsdauer zu erreichen. Die im Rahmen der Durchführung der UVP im Trassenverordnungserlassungsverfahren bereits vorgesehene Koordinierungspflicht des/der BMVIT und Mitwirkungspflicht der mitwirkenden Behörden (§ 24a Abs. 3) soll über den Zeitpunkt der Erlassung der Trassenverordnung hinaus verlängert werden. Da der/die BMVIT ja nunmehr gemäß Abs. 5 zweiter Satz einen Bescheid über all jene Bereiche zu erlassen haben wird, die nicht durch andere nachfolgende Genehmigungsverfahren abgedeckt sind, muss dieser genau darüber informiert sein, in welcher Form die Berücksichtigung der UVP in den anderen Verfahren erfolgt. Er hat daher seine Verfahren mit allen anderen für nachfolgende Genehmigungsverfahren zuständigen Behörden zu koordinieren.

...

Ziel der Koordination ist es, dass die fachlichen Anforderungen in den Genehmigungsverfahren sich nicht widersprechen, die UVP in allen Verfahren effektiv umgesetzt wird und die Nebenbestimmungen der Bescheide rechtlich so aufeinander abgestimmt sind, dass sie ohne Widersprüche problemlos nebeneinander zu vollziehen sind.

...".

Im Bericht des Umweltausschusses zur UVP-Novelle 2004

(vgl AB 757 BlgNR XXII. GP, Seite 4) ist überdies Folgendes

festgehalten:

"...

Die Koordinationsverpflichtung des/der BMVIT nach § 24 h Abs. 7 soll die gemeinsame Durchführung der Gesamtbewertung durch alle zuständigen Behörden und eine abgestimmte Berücksichtigung der UVP in den einzelnen Genehmigungen sicherstellen.

...".

Ausgehend von den Materialien zur UVP-G-Novelle 2004 kann daher nicht gesagt werden, dass der gemäß § 24 Abs 1 UVP-G 2000 zu erlassende Bescheid der BMVIT und der gemäß § 24 Abs 3 leg cit im weiteren teilkonzentrierten Verfahren zu erlassende Bescheid des Landeshauptmannes (bzw ein diesbezüglicher Berufungsbescheid) unabhängig voneinander zu betrachten seien. Der Gesetzgeber ist bei der Schaffung des Modells der teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren für nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 zu genehmigende Vorhaben vielmehr von einem engen inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Bescheid der BMVIT einerseits und dem Bescheid des Landeshauptmannes (bzw eines etwaigen Berufungsbescheides) andererseits ausgegangen. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass der Bescheid der BMVIT vom 27. Mai 2011 und der vorliegend angefochtene Bescheid in einem Verhältnis stehen, das mit jenem zwischen Grundlagenbescheid und Detailgenehmigungsbescheid vergleichbar ist. Es ist daher auch aus diesem Blickwinkel infolge der Aufhebung des Bescheides vom 27. Mai 2011 durch das schon zitierte hg Erkenntnis vom 19. Dezember 2013 dem im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Bescheid die rechtliche Grundlage entzogen.

8. Der deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs 2 Z 1 iVm § 79 Abs 11 VwGG aufzuheben. Es erübrigt sich daher, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG in seiner im Beschwerdefall noch maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 33/2013 iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455 (vgl § 79 Abs 11 VwGG iVm § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014).

Wien, am 26. Mai 2014

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