VwGH 2012/15/0054

VwGH2012/15/005424.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der C GmbH in W, vertreten durch die Kotlik, Prokopp, Stadler GmbH, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in 2353 Guntramsdorf, Klingerstraße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 13. Jänner 2012, Zl. RV/0167-K/11, betreffend Körperschaftsteuer (Gruppe) 2006, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §188;
BAO §92 Abs1 litb;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §36;
KStG 1988 §23a;
KStG 1988 §24a Abs1 Z1;
KStG 1988 §24a;
KStG 1988 §7 Abs2;
KStG 1988 §9 Abs6;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende C GmbH (Bilanzstichtag 31. Jänner) ist Gruppenträgerin einer mit der G GmbH (Bilanzstichtag 31. Dezember) als Gruppenmitglied gebildeten Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG 1988.

Die G GmbH war Kommanditistin der S-GmbH & Co KG (im Folgenden: KG), über deren Vermögen im Jahr 2004 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Der Konkurs wurde nach rechtskräftiger Bestätigung eines Zwangsausgleiches (Ausgleichsquote 20%) mit Beschluss vom 26. April 2005 aufgehoben. Die Überwachung der Erfüllung des Zwangsausgleiches wurde mit Beschluss des zuständigen Gerichtes vom 19. April 2006 beendet.

Im Gewinn des Jahres 2005 der KG ist ein Sanierungsgewinn enthalten. Die aus der Beteiligung auf die G GmbH für das Jahr 2005 entfallenden Einkünfte wurden gemäß § 188 BAO vorerst mit 900.039,86 EUR, der darin enthaltene Sanierungsgewinn mit 1.513.436,34 EUR festgestellt.

Mit dem an die Beschwerdeführerin als Gruppenträgerin und an die G GmbH als Gruppenmitglied ergangenen "Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2005" vom 23. Dezember 2010 wurde das Einkommen der G GmbH mit 848.577,95 EUR festgestellt (Gewinnanteil aus der KG-Beteiligung von 900.039,86 EUR vermindert um den laufenden Verlust von 51.461,91 EUR). In diesem Bescheid ist zudem eine "Nichtfestsetzung" an Körperschaftsteuer von 169.060,39 EUR gemäß § 206 lit. b BAO ausgewiesen. Der Bescheid führt auch aus, dass das Einkommen im Jahr 2006 zur Gänze (100 %) der C GmbH zuzurechnen ist.

Mit Schriftsatz vom 19. Jänner 2011 erhoben sowohl die Beschwerdeführerin als auch die G GmbH Berufung gegen den Feststellungsbescheid Gruppenmitglied. Sie beantragten die Abänderung des Feststellungsbescheides dahingehend, dass im Einkommen 2005 der G GmbH von 848.577,95 EUR ein Sanierungsgewinn von 1.513.436,34 EUR enthalten sei.

Mit der an die Beschwerdeführerin und an die G GmbH ergangenen Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 13. Jänner 2012, RV/0165-K/11, wurde die Berufung abgewiesen und der Bescheid des Finanzamtes abgeändert, indem nunmehr ausgesprochen wurde, dass das Einkommen des Gruppenmitgliedes 857.672,79 EUR beträgt und die "Nichtfestsetzung - § 23a KStG 1988" im Ausmaß von 170.870,36 EUR zu erfolgen hat. Die Erhöhung des Einkommens des Gruppenmitgliedes ergab sich daraus, dass in einem die KG betreffenden geänderten Gewinnfeststellungsbescheid nach § 188 BAO der G GmbH eine um 9.094,84 EUR höhere Gewinntangente zugewiesen wurde. Zur Begründung der Berufungsentscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, trotz der Ergebniszurechnung an den Gruppenträger bleibe das jeweilige Gruppenmitglied persönlich steuerpflichtig und müsse sein steuerliches Ergebnis selbstständig ermitteln. Daher könnten sich Umstände, die allein das Gruppenmitglied beträfen, wie hier die Voraussetzungen des Sanierungsgewinnes und die entsprechende Begünstigung des § 23a KStG 1988, nur bei diesem niederschlagen. Somit sei die Begünstigung des § 23a KStG 1988 mit dem positiven Einkommen der G GmbH begrenzt.

In dem an die Beschwerdeführerin ergangenen (gemäß § 295 Abs. 1 BAO) geänderten Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2006 vom 1. Februar 2011 ist das Gruppeneinkommen mit 1.813.283,24 EUR angesetzt (Einkommen Gruppenträger 964.705,29 EUR zuzüglich Einkommen Gruppenmitglied 848.577,95 EUR). Von diesem Gruppeneinkommen wurde die Körperschaftsteuer mit 25% berechnet (453.320,81 EUR) und hievon der oben im Feststellungsbescheid Gruppenmitglied vom 23. Dezember 2010 ausgewiesene "Nichtfestsetzungsbetrag" (169.060,39 EUR) abgezogen.

Gegen diesen Körperschaftsteuerbescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 11. Februar 2011 Berufung. Zur Begründung wird u.a. vorgebracht, der abgeleitete Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2006 basiere auf einem rechtswidrigen Grundlagenbescheid und setze die Körperschaftsteuer daher nicht der Vorschrift des § 23a KStG entsprechend fest.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2006 abgewiesen und der bekämpfte Bescheid abgeändert. Unter Einbeziehung des Einkommens der G GmbH von 857.672,79 EUR und der Steuerminderung nach § 23a KStG von 170.870,36 EUR ergab sich eine Körperschaftsteuer von 255.036,75 EUR.

Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 24a Abs. 1 Z 1 KStG 1988 (idF AbgÄG 2005, BGBl. I Nr. 161/2005) sei das Ergebnis jedes unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedes mit Bescheid festzustellen. Gemäß § 24a Abs. 2 KStG 1988 sei dieser Feststellungsbescheid Grundlage für die Festsetzung der Körperschaftsteuer beim Gruppenträger.

Die belangte Behörde habe mit Berufungsentscheidung vom 13. Jänner 2012, GZ. RV/0165-K/11, auf deren Inhalt verwiesen werde, die Berufungen gegen den Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2005 als unbegründet abgewiesen und den Feststellungsbescheid abgeändert. Der angesprochenen Grundlagenwirkung zufolge sei daher die Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid abzuweisen und die Körperschaftsteuer entsprechend anzupassen.

Gegen diese Berufungsentscheidung betreffend Körperschaftsteuer (Gruppe) 2006 wendet sich die gegenständliche Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 24a KStG 1988 idF AbgÄG 2005, BGBl. I Nr. 161/2005 lautet auszugsweise:

"(1) 1. Das Ergebnis jedes unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedes (§ 9 Abs. 2) ist mit Bescheid (§ 92 Abs. 1 lit. b der Bundesabgabenordnung) festzustellen. In diesem Bescheid ist abzusprechen über:

(2) Der Feststellungsbescheid im Sinne des Abs. 1 ergeht an das jeweilige Gruppenmitglied, den Gruppenträger und im Falle einer dem Gruppenmitglied unmittelbar übergeordneten Beteiligungsgemeinschaft den Minderbeteiligten. Der Feststellungsbescheid ist Grundlage für die Festsetzung der Körperschaftsteuer beim Gruppenträger.

(3) ..."

Die ErlRV zum AbgÄG 2005 (1187 BlgNR XXII. GP, 14) führen hiezu aus:

"Da die Besteuerung von Unternehmensgruppen, anders als die Organschaftsbesteuerung, nicht an eine enge gesellschaftsrechtliche Verflechtung der Mitglieder durch Ergebnisabführungsverträge anknüpft, scheint das Besteuerungsverfahren für Unternehmensgruppen regelungsbedürftig. Mit der Einführung eines neuen § 24a sollen alle das Besteuerungsverfahren der Unternehmensgruppen betreffenden Bestimmungen vereinigt werden (Grundlagenfeststellung, Veranlagung und Mindestkörperschaftsteuer) und ergänzend zu § 9 die Überschaubarkeit verbessert werden.

Das Besteuerungsverfahren soll bei der Unternehmensgruppe zweistufig erfolgen:

"(1) Zu den Einkünften gehören Sanierungsgewinne, das sind Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind.

(2) Sind im Einkommen Sanierungsgewinne enthalten, die durch Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluss eines gerichtlichen Ausgleichs im Sinne der Ausgleichsordnung oder eines Zwangsausgleiches (§§ 140 ff der Konkursordnung) entstanden sind, gilt für die Berechnung der Steuer Folgendes:

1. Es ist die rechnerische Steuer sowohl einschließlich als auch ausschließlich der Sanierungsgewinne zu ermitteln.

2. Der Unterschiedsbetrag ist mit jenem Prozentsatz zu vervielfachen, der dem Forderungsnachlass entspricht (100% abzüglich Ausgleichsquote).

3. Das Ergebnis ist von der nach Z 1 ermittelten Steuer einschließlich der Sanierungsgewinne abzuziehen."

Aus § 9 Abs. 6 KStG 1988 ergibt sich, dass für das unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglied das "Einkommen" zu ermitteln ist (Z 1) und dieses Einkommen sodann dem am Gruppenmitglied beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger zuzurechnen ist. Der erste Schritt besteht also im Errechnen des Einkommens iSd § 7 Abs. 2 KStG 1988 des unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieds (vgl. Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Gruppenbesteuerung2, K234).

In dem die Einkommensteuer einer natürlichen Person betreffenden Erkenntnis vom 3. März 2011, 2008/13/0010, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, bei Ermittlung des Einkommens nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 komme ein mehrstufiges Verlustausgleichsverfahren zur Anwendung, im Einkommen könne daher ein Sanierungsgewinn iSd § 36 EStG 1988 nur mehr insoweit enthalten sein, als er nicht mit negativen (Teil)Einkünften derselben Einkunftsart oder in der Folge mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen worden ist.

Im Bereich der Körperschaftsbesteuerung gelten die Ausführungen dieses Erkenntnisses 2008/13/0010 für Sanierungsgewinne iSd § 23a KStG 1988 entsprechend: Soweit bei Ermittlung des Einkommens einer Körperschaft dem Sanierungsgewinn Verluste aus derselben Einkunftsquelle oder derselben Einkunftsart (und sodann gegebenenfalls aus anderen Einkunftsarten) gegenüberstehen, können sie im Einkommen der Körperschaft nicht mehr enthalten sein.

Solcherart ergibt sich bei der Ermittlung des Einkommens des unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieds abschließend, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß ein von diesem Gruppenmitglied erzielter Sanierungsgewinn iSd § 23a KStG 1988 in seinem Einkommen enthalten ist. Nur ein in diesem Sinne im Einkommen des Gruppenmitglieds enthaltener Sanierungsgewinn kann dem beteiligten Gruppenmitglied bzw. dem Gruppenträger zugerechnet werden (vgl. Vock in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG, § 9 Tz 413/1; Blasina, aaO, § 23a Tz 35/1).

Die Veranlagung einer Unternehmensgruppe erfolgt (ähnlich wie bei Mitunternehmerschaften) zweistufig. Auf Ebene der Gruppenmitglieder und des Gruppenträgers wird jeweils das eigene Einkommen mittels Bescheides gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO festgestellt. Der Feststellungsbescheid über das Einkommen des Gruppenmitgliedes ergeht auch an den Gruppenträger. Dieser Bescheid ist rechtsmittelfähig und hat, wie sich das auch aus § 24a Abs. 2 KStG 1988 ergibt, Bindungswirkung für die Körperschaftsteuerfestsetzung beim Gruppenträger (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, 2007/15/0284, sowie Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Gruppenbesteuerung2, K420 und K423).

Der Feststellungsbescheid iSd § 24a Abs 1 Z 1 KStG 1988 über das Ergebnis des unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedes entfaltet somit Bindungswirkung für das Körperschaftsteuerverfahren des Gruppenträgers; er bildet einen Grundlagenbescheid für dieses abgeleitete Körperschafsteuerverfahren (vgl. Vock in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG, § 24a Tz 34).

Zu Einkünftefeststellungsbescheiden nach § 188 BAO hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. November 2001, 97/13/0204, zu Recht erkannt, dass diese auch darüber absprechen können, ob ein Teil des Gewinnes einen Sanierungsgewinn iSd § 36 EStG 1988 darstellt, wiewohl § 188 BAO einen derartigen Abspruch nicht ausdrücklich anführt (vgl. hiezu auch Ritz, BAO4, § 188 Tz 9). Entsprechendes gilt für den gegenständlichen Feststellungsbescheid nach § 24a Abs. 1 Z 1 KStG 1988: Der Steuerminderungsbetrag nach § 23a KStG 1988 bei Vorliegen eines Sanierungsgewinnes ist zwar in der Auflistung des zwingenden Inhaltes der Feststellungsbescheide iSd § 24a Abs. 1 Z 1 KStG 1988 nicht enthalten; solche Bescheide dürfen aber einen derartigen Abspruch enthalten (vgl. Vock, aaO, Tz 8) und entfalten gegebenenfalls eine entsprechende Bindungswirkung für das Körperschaftsteuerverfahren des Gruppenträgers.

In der Beschwerde wird gerügt, der im Gewinn des Gruppenmitgliedes G GmbH (aufgrund seines Anteils am Gewinn der KG) enthaltene Sanierungsgewinn führe zu einem höheren Steuerminderungsbetrag iSd § 23a KStG 1988 als von der belangten Behörde (mit bloß 170.870,35 EUR) angesetzt.

Im Hinblick auf die auch den Abspruch über den Steuerminderungsbetrag nach § 23a KStG 1988 umfassende Bindungswirkung des Feststellungsbescheides iSd § 24a Abs. 1 Z 1 KStG 1988 zeigt dieses Beschwerdevorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Oktober 2013

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