Normen
32006R1924 Lebensmittel nährwert- gesundheitsbezogene Angaben Art11;
32006R1924 Lebensmittel nährwert- gesundheitsbezogene Angaben Art12 litc;
EURallg;
LMSVG 2006 §90 Abs3 Z1;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §9 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. April 2012 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, als gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der S.-AG zu verantworten zu haben, dass am 15. November 2010 das Produkt "XY - fettarme Bergbauern-Heumilch, silofrei, länger frisch", mindestens haltbar bis 10. Dezember 2010, mit nachstehender Angabe in Verkehr gebracht worden sei: "XY ist ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung (Unterschrift) MB, MSc; Leitende Diätologin, Landeskrankenhaus Z." Diätologen seien Vertreter eines medizinischen Berufes im Sinn von Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (im Folgenden: Verordnung). Die Empfehlung durch eine Vertreterin des medizinischen Berufes "Diätologin" widerspreche Art. 12 der Verordnung. Somit sei das Lebensmittel mit einer unzulässigen Kennzeichnung in Verkehr gebracht worden.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz-LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006, iVm Art. 12 lit. c der Verordnung begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 400,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Stunden, verhängt werde.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, den Beschwerdeführer treffe auf Grund der mit Bestellungsurkunde vom 7. September 2009 erfolgten Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG die Verantwortung für die Einhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften.
Die Behörde erster Instanz habe die vorgeworfene Tat durch Angabe von Ort und Zeit sowie Darlegung der wesentlichen Tatbestandsmerkmale des Art. 12 lit. c der Verordnung ausreichend konkretisiert.
Ziel der Verordnung sei es, ein durchgehend hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, um dem Konsumenten bei der zunehmenden Anzahl gesundheitsbezogener Aufschriften auf Lebensmitteln durch eine entsprechende Kennzeichnung die freie Wahl der Produkte zu ermöglichen. Nach der Legaldefinition des Art. 2 Abs. 2 Z. 5 der Verordnung handle es sich bei einer "gesundheitsbezogenen Angabe" um eine solche, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht werde, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit bestehe. Durch die Angabe, dass das gegenständliche Lebensmittel ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung sei, werde dem Konsumenten suggeriert, dass dieses Lebensmittel förderlich für die Gesundheit sei, zumal in der Präambel der Verordnung eine ausgewogene Ernährung als Grundvoraussetzung für eine gute Gesundheit bezeichnet werde. Es handle sich somit um eine gesundheitsbezogene Angabe. Gesundheitsbezogene Angaben, die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe verwiesen, seien gemäß Art. 12 lit. c der Verordnung unzulässig. Sinn dieser Bestimmung sei es, Empfehlungen auf die in Art. 11 genannten Vereinigungen von Fachleuten zu beschränken. Der Verbraucher solle davor geschützt werden, sich in seiner Kaufentscheidung durch die namentliche Anführung etwa eines Arztes beeinflussen zu lassen. Zweifelsfrei sei Art. 12 im Zusammenhang mit Art. 11 der Verordnung zu lesen, woraus sich ergebe, dass nicht nur Empfehlungen von Ärzten, sondern auch Empfehlungen von anderen Vertretern medizinischer Berufe, wie z.B. von Diätologen, nicht erlaubt seien. Vertreter medizinischer Berufe im Sinn von Art. 12 lit. c der Verordnung seien daher nicht nur die dort explizit angeführten Ärzte, sondern auch Fachleute aus der Ernährungswissenschaft oder Diätetik. Es würde den angeführten Zielen der Verordnung widersprechen, Konsumenten nur vor Empfehlungen hoch qualifizierter Vertreter medizinischer Berufe, wie etwa Ärzten, zu schützen, nicht jedoch vor Empfehlungen anderer im medizinischen Bereich tätiger Personen. Die Empfehlung, wonach das Produkt ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung sei, sei durch die unmittelbar darunter befindliche Unterschrift eindeutig der namentlich genannten leitenden Diätologin zuzurechnen.
Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn kein Verschulden treffe. Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldige Rechtsunkenntnis nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet sei. Der Beschwerdeführer habe dazu ins Treffen geführt, dass die Überprüfung durch eine anerkannte Begutachtungsstelle zu einem positiven Ergebnis geführt habe. Die vom Beschwerdeführer herangezogene Begutachtungsstelle habe jedoch im Verfahren bestätigt, dass ihre Gutachter ausschließlich naturwissenschaftlich ausgebildet seien und daher keine Rechtsgutachten erstellt würden. Zur Klärung der Rechtsfrage, ob die gegenständliche Angabe auf dem Lebensmittel zulässig sei, hätte sich der Beschwerdeführer bei der zuständigen Behörde über den Inhalt der betreffenden Bestimmungen informieren müssen. Der Umstand, dass der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich mit Bescheiden vom 22. November 2011 und 4. Jänner 2012 in ähnlichen Fällen Strafverfahren eingestellt habe, könne den Beschwerdeführer nicht entschuldigen, seien diese Bescheide doch erst lang nach Begehung der vorliegenden Übertretung ergangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Bundesminister für Gesundheit als weitere Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG erstattete eine Gegenäußerung zur Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgeblichen Normen haben folgenden Wortlaut:
Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz - LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006:
"§ 4. (1) Die in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft sind samt Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu vollziehen.
§ 90 …
(3) Wer
1. den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs. 3 oder § 15 zuwiderhandelt,
…
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
…
Anlage
Verordnungen der Europäischen Union gemäß § 4 Abs. 1
Teil 1
…
15. Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. Nr. L 404 vom 30. Dezember 2006, berichtigt durch ABl. Nr. L 12 vom 18. Jänner 2007);
…"
Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (EG-Claims VO, im Folgenden: Verordnung):
"in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Zunehmend werden Lebensmittel in der Gemeinschaft mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben gekennzeichnet, und es wird mit diesen Angaben für sie Werbung gemacht. Um dem Verbraucher ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten und ihm die Wahl zu erleichtern, sollten die im Handel befindlichen Produkte, einschließlich der eingeführten Produkte, sicher sein und eine angemessene Kennzeichnung aufweisen. Eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung ist eine Grundvoraussetzung für eine gute Gesundheit, und einzelne Produkte sind im Kontext der gesamten Ernährung von relativer Bedeutung.
…
(11) Durch die Anwendung des Nährwertprofils als Kriterium soll vermieden werden, dass die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben den Ernährungsstatus eines Lebensmittels verschleiern und so den Verbraucher irreführen können, wenn dieser bemüht ist, durch ausgewogene Ernährung eine gesunde Lebensweise anzustreben. …
(23) Gesundheitsbezogene Angaben sollten für die Verwendung in der Gemeinschaft nur nach einer wissenschaftlichen Bewertung auf höchstmöglichem Niveau zugelassen werden. Damit eine einheitliche wissenschaftliche Bewertung dieser Angaben gewährleistet ist, sollte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit solche Bewertungen vornehmen. Der Antragsteller sollte auf Antrag Zugang zu seinem Dossier erhalten, um sich über den jeweiligen Stand des Verfahrens zu informieren. …
…
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich
(1) Mit dieser Verordnung werden die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben harmonisiert, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und gleichzeitig ein hohes Verbraucherschutzniveau zu bieten.
…
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
…
(2) Ferner bezeichnet der Ausdruck
…
5. 'gesundheitsbezogene Angabe' jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;
…
Artikel 10
Spezielle Bedingungen
…
(2) Gesundheitsbezogene Angaben dürfen nur gemacht werden, wenn die Kennzeichnung oder, falls diese Kennzeichnung fehlt, die Aufmachung der Lebensmittel und die Lebensmittelwerbung folgende Informationen tragen:
a) einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,
…
Artikel 11
Nationale Vereinigungen von Fachleuten der Bereiche Medizin, Ernährung oder Diätetik und karitative medizinische Einrichtungen
Fehlen spezifische Gemeinschaftsvorschriften über Empfehlungen oder Bestätigungen von nationalen Vereinigungen von Fachleuten der Bereiche Medizin, Ernährung oder Diätetik oder karitativen gesundheitsbezogenen Einrichtungen, so können nach Maßgabe der Bestimmungen des Vertrags einschlägige nationale Regelungen angewandt werden.
Artikel 12
Beschränkungen der Verwendung bestimmter gesundheitsbezogener Angaben
Die folgenden gesundheitsbezogenen Angaben sind nicht zulässig:
…
c) Angaben, die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe und von Vereinigungen, die nicht in Artikel 11 genannt werden, verweisen.
…"
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass entgegen der Bestimmung des § 44a VStG die als erwiesen angenommene Tat nicht ersichtlich sei. Insbesondere ergebe sich nicht, welcher Teil der festgestellten Aufschrift nach Ansicht der Behörde "gesundheitsbezogen" und daher unzulässig sei. Die belangte Behörde habe in der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass auf der Packung auch ein Hinweis abgedruckt worden sei, wonach eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung, Bewegung und ein gesunder Lebensstil wichtig für die Gesundheit seien. Auf diesen Teil nehme jedoch der Spruch nicht Bezug. Bei der inkriminierten Aufschrift handle es sich um keine gesundheitsbezogene Angabe, die auf eine Empfehlung eines einzelnen Vertreters eines medizinischen Berufes verweise. Der Text, wonach das Produkt ein wertvoller Beitrag für eine ausgewogene Ernährung sei, stelle nämlich keine Empfehlung zum Verzehr, sondern lediglich eine Information der Konsumenten dar. Überdies reiche die bloße Empfehlung durch einen Vertreter eines medizinischen Berufes für die Tatbildmäßigkeit nicht aus. Vielmehr müsse die Empfehlung im Kontext mit einer gesundheitsbezogenen Angabe stehen. Beim Hinweis auf eine ausgewogene Ernährung handle es sich jedoch nicht um eine solche Angabe, sei doch - wie sich aus Art. 10 Abs. 2 lit. a der Verordnung ergebe - zwischen den Begriffen "ausgewogene Ernährung" und "gesunde Lebensweise" zu unterscheiden. Überdies handle es sich bei einer Diätologin nicht um einen medizinischen Beruf im Sinn von Art. 12 lit. c der Verordnung. Dies ergebe sich auch aus Art. 11 der Verordnung sowie den Empfehlungen des Europäischen Parlaments zu dieser Bestimmung für die zweite Lesung, wonach zwischen den Bereichen Medizin, Ernährung und Diätetik zu unterscheiden sei.
Diesem Vorbringen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Gemäß Art. 12 lit. c der Verordnung sind Angaben unzulässig, die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzten oder Vertretern medizinischer Berufe und von Vereinigungen, die nicht in Artikel 11 genannt werden, verweisen.
Daraus ergibt sich eindeutig, dass Hinweise auf Empfehlungen einzelner Vertreter eines medizinischen Berufes bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln an sich unzulässig sind. Dabei handelt es sich um das einzige der im Entwurf der Verordnung ursprünglich in Art. 11 vorgesehenen absoluten Verbote für "implizit gesundheitsbezogene Angaben", das in den endgültigen Verordnungstext aufgenommen wurde (Blass ua. LMR3, II B 1 Art. 11, Rz 4 und Art. 12 Rz 4).
Im vorliegenden Fall befand sich auf der zum Verkauf bereitgehaltenen Verpackung des gegenständlichen Lebensmittels der Text: "XY ist ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung". Bei dieser positiven Aussage über die Produktschiene "XY" auf der Verpackung des eindeutig dieser Produktschiene zugehörigen Lebensmittels "XY - fettarme Bergbauern-Heumilch, silofrei, länger frisch" handelt es sich jedenfalls um eine Empfehlung, die - wenn sie von einem einzelnen Vertreter eines medizinischen Berufes abgegeben wird - gemäß Art. 12 lit. c der Verordnung nicht zulässig ist.
Durch die Beifügung der Unterschrift und die namentliche Nennung wird deutlich gemacht, dass es sich bei dieser Empfehlung um die Aussage der leitenden Diätologin eines Universitätsklinikums handelt. Es ist daher zu untersuchen, ob eine Diätologin eine Vertreterin eines "medizinischen Berufes" im Sinn von Art. 12 lit. c der Verordnung ist:
Gemäß Art. 12 lit. c der Verordnung sind Empfehlungen einzelner Vertreter medizinischer Berufe unzulässig, Empfehlungen nationaler Vereinigungen von Fachleuten gemäß Art. 11 jedoch zulässig. Daraus ergibt sich klar, dass Empfehlungen von Fachleuten aus den in Art. 11 der Verordnung genannten Bereichen nur zulässig sind, wenn sie nicht bloß von einzelnen Vertretern, sondern von einer nationalen Vereinigung stammen. Die Verordnung will das von ihr angestrebte hohe Schutzniveau durch angemessene Kennzeichnung (siehe den Erwägungsgrund 1) in diesem Bereich dadurch erreichen, dass Empfehlungen von Fachleuten, denen von der Allgemeinheit eine besondere Kompetenz im Bereich der gesunden Ernährung zugetraut wird, auf nationale Vereinigungen solcher Fachleute eingeschränkt werden, um dadurch eine höhere Gewähr für die Richtigkeit zu erreichen. Daraus, dass Art. 11 ausdrücklich auch Vereinigungen von Fachleuten aus dem Bereich der Diätetik nennt, ergibt sich, dass auch in diesem Bereich nur Empfehlungen der genannten Vereinigungen, nicht aber solche von einzelnen Berufsangehörigen zulässig sind. Unter Berücksichtigung des Zusammenhanges mit Art. 11 ist somit der Begriff "medizinischer Beruf" in Art. 12 lit. c der Verordnung so auszulegen, dass er auch Diätologen umfasst. Für ein derart weites Verständnis dieses Begriffs spricht auch ein Vergleich mit der englischen Fassung der Verordnung, wonach Art. 12 lit. c "recommendations of individual doctors or health professionals" für unzulässig erklärt. Ebenso ergibt sich dies aus der französischen Fassung "recommandations d'un medecin ou d'un professionnel de la sante determine".
Somit handelt es sich bei der inkriminierten Angabe in ihrer Gesamtheit um eine nach Art. 12 lit. c der Verordnung nicht zulässige Angabe. Da sich dies - wie dargestellt - aus der Verordnung zweifelsfrei ergibt, tritt der Verwaltungsgerichtshof der Anregung des Beschwerdeführers nicht näher, dazu gemäß Art. 267 AEUV ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.
Der Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG iVm Art. 12 lit. c der Verordnung ist somit durch die im angefochtenen Bescheid ausreichend konkret umschriebene Tat erfüllt.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm die Stellung als verantwortlicher Beauftragter im Sinn von § 9 Abs. 2 VStG eingeräumt worden ist, bringt jedoch vor, dass ihn kein Verschulden treffe, weil er vorab das Gutachten der berechtigten Lebensmittelbegutachtungsstelle "LVA" eingeholt habe, das die Zulässigkeit der inkriminierten Angaben ergeben habe.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, wobei bei einem "Ungehorsamsdelikt", bei dem - wie vorliegend - der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht zum Tatbestand gehört, Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes oder eine irrige Auslegung des Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem der Inhalt der Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Selbst guter Glaube stellt den Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen. In der Unterlassung von diesbezüglichen Erkundigungen liegt mindestens ein fahrlässiges Verhalten (siehe etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 E 166 zu § 5 VStG, zitierte Judikatur).
Der Beschwerdeführer führt ins Treffen, es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass das von ihm gesetzte Verhalten einen gesetzlichen Tatbestand erfülle, weil er sich auf das Gutachten der zur Erstellung von Lebensmittelgutachten berechtigten Stelle "LVA" verlassen habe. Somit beruft er sich auf das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums.
Das vom Beschwerdeführer eingeholte Gutachten der Lebensmittelbegutachtungsstelle "LVA" wurde nach der Aktenlage von DI Josef H. ausgearbeitet. Es enthält unter der Überschrift "Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben idgF" lediglich folgende Aussagen:
"Die vorliegende Kennzeichnung entspricht den Bestimmungen der gegenständlichen Verordnung.
Aussagen über die Funktion der einzelnen Nährstoffe (Calcium) müssen nachweislich mit wissenschaftlichen Daten belegbar sein."
Eine Begründung enthält dieses Gutachten nicht.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die Gutachter der "LVA" ausschließlich naturwissenschaftlich gebildet sind.
Vom verantwortlichen Beauftragten eines österreichweit tätigen Lebensmittel-Handelsunternehmens ist im Rahmen der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt zu fordern, sich bei der Rechtsfrage, welches Verhalten eine einschlägige unionsrechtliche Bestimmung verlangt bzw. verbietet, nicht bloß auf die nicht begründete Auskunft eines Sachverständigen aus einem naturwissenschaftlichen Fach zu verlassen, sondern sich entsprechend juristisch fundierte Auskunft einzuholen. Bereits darin, dass der Beschwerdeführer dies unterlassen hat, liegt nach den obigen Ausführungen ein fahrlässiges Verhalten.
Der vorgebrachte Umstand, dass die Einholung einer Auskunft bei der Behörde erster Instanz zu keinem anderen Verhalten geführt hätte, weil diese Behörde in einem ähnlich gelagerten Fall das Strafverfahren eingestellt habe, ist nicht zielführend, ergibt sich doch aus dem erstinstanzlichen Straferkenntnis, dass diese Behörde den gegenständlichen Fall anders beurteilt hat. Wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat, können die längere Zeit nach der gegenständlichen Tatbegehung ergangenen Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, mit denen in ähnlich gelagerten Fällen Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer - nach Bestrafung in erster Instanz - eingestellt wurden, das Verschulden des Beschwerdeführers nicht ausschließen.
Aus all diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 28. Mai 2013
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