Normen
ABGB §1333;
HVG §21;
HVG §23;
HVG §55 Abs1 idF 1998/I/030;
VwRallg;
ABGB §1333;
HVG §21;
HVG §23;
HVG §55 Abs1 idF 1998/I/030;
VwRallg;
Spruch:
1. Die Beschwerde wird, soweit sie den Anspruch auf Zuerkennung der Pflegezulage, des Diätkostenzuschusses und der Schwerstbeschädigtenzulage betrifft, als unzulässig zurückgewiesen.
2. Im Übrigen, das heißt insoweit es den Anspruch auf Verzinsung des Nachzahlungsbetrages betrifft, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
3. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das ebenfalls den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 30. März 2006, Zl. 2005/09/0018, verwiesen, mit welchem der Bescheid der belangten Behörde vom 8. November 2004, mit dem in Bestätigung des Bescheides des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen Oberösterreich vom 1. Februar 2002 der Antrag auf Anerkennung der Leiden "Glomerulonephritis Kl. V, Niereninsuffizienz, Renale Anämie, Renale Hypertonie, Zustand nach Abstoßungstherapie mit ATG" als Dienstbeschädigung und Zuspruch einer Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben wurde, die belangte Behörde habe konkrete Feststellungen zu den "für den Wehrdienst typischen Verhältnissen", insbesondere die im Rahmen der vom Beschwerdeführer in den ersten Wochen seines Präsenzdienstes absolvierten Grundausbildung gestellten Anforderungen und des dazu benötigten körperlichen Einsatzes, nicht getroffen und auch die logischen Widersprüche in den Sachverständigengutachten hinsichtlich der von der Behörde zu beurteilenden Kausalitätsfrage nicht aufgeklärt.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 2007 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Oberösterreich, vom 1. Februar 2002 nunmehr stattgegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben, dem Beschwerdeführer ab 1. Juni 2001 eine Beschädigtenrente unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 % gewährt und die anerkannte Gesundheitsschädigung wie folgt neu beschrieben:
"Zustand nach Glomerulonephritis (IgA/Nephritis) mit terminaler Niereninsuffizienz und chronischer Hämodialyse, sowie Zustand nach zweimaliger Nierentransplantation mit Transplantversagen mit Renaler Anämie und Renaler Hypertonie".
Mit Bescheid des Bundessozialamtes, Landesstelle Oberösterreich, vom 30. Jänner 2008 wurde auf der Grundlage des Bescheides der Bundesberufungskommission vom 16. Oktober 2007 die Beschädigtenrente ziffernmäßig bestimmt.
Gegen den Bescheid des Bundessozialamtes, Landesstelle Oberösterreich, vom 30. Jänner 2008 erhob der Beschwerdeführer Berufung mit dem Antrag, die für den Zeitraum vom 1. Juni 2001 bis 29. Februar 2008 ausgezahlte Gesamtnachzahlung von EUR 89.551,20 um die in diesem Zeitraum angefallenen Zinsen zu erhöhen. Im Übrigen wies der Beschwerdeführer in seiner Berufung daraufhin, dass sein Antrag vom 8. Mai 2001 als "Antrag auf Entschädigung für Heeresbeschädigte" alle Leistungen, nicht nur eine Beschädigtenrente, sondern auch eine Pflegezulage, einen Diätkostenzuschuss und die Schwerstbeschädigtenzulage umfasst habe. Über diese Zulagen sei bisher nicht entschieden worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, da die Höhe der Beschädigtenrente im Hinblick auf die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit und Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht beeinsprucht worden sei, habe eine diesbezügliche Überprüfung unterbleiben können. Die Bestimmungen des Heeresversorgungsgesetzes sähen - auch mit Willen der Behörde -
bei Anfall einer Nachzahlung von Beschädigtenrente unabhängig von der Dauer des Verfahrens eine Verzinsung derselben nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sowohl die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Zuerkennung der Pflegezulage, des Diätkostenzuschusses und der Schwerstbeschädigtenzulage verletzt. Des Weiteren erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Verzinsung des zuerkannten Betrages infolge überlanger Verfahrensdauer verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe die Vorschrift des § 58 Abs. 2 AVG verletzt, da über die vom Beschwerdeführer gestellten Anträge auf Zuerkennung einer Pflegezulage, eines Diätkostenzuschusses sowie der Schwerstbeschädigtenzulage ab 8. Mai 2001 in keiner Weise abgesprochen worden sei. Der angefochtene Bescheid bedürfe daher einer entsprechenden Ergänzung.
Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass Gegenstand des Verfahrens vor der Berufungsbehörde ausschließlich der erstinstanzliche Bescheid war, mit welchem dem Beschwerdeführer - seiner Meinung nach zu Unrecht - Zinsen aus dem ziffernmäßig bestimmten Nachzahlungsbetrag nicht zuerkannt worden waren. Die Behörde erster Instanz hatte über die geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung der Pflegezulage, des Diätkostenzuschusses und der Schwerstbeschädigtenzulage mit dem mit Berufung bekämpften Bescheid vom 30. Jänner 2008 gar nicht abgesprochen, sondern offenkundig diese Ansprüche weiteren Entscheidungen vorbehalten (die auch mittlerweile jeweils mit Bescheiden des Bundessozialamtes vom 15. Oktober 2008 ergangen sind). Damit war die Berufungsbehörde lediglich befugt, darüber zu entscheiden, ob die von der erstinstanzlichen Behörde (implizit) ausgesprochene Nichtzuerkennung von Zinsen als rechtmäßig anzusehen war. Dies allein bildete den Gegenstand des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG. Die Berufungsbehörde hätte in einer Angelegenheit, die (noch) nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens bzw. Gegenstand der bekämpften erstinstanzlichen Entscheidung gewesen ist, somit gar nicht erkennen dürfen, weil ihr dazu die funktionelle Zuständigkeit gemangelt hätte und ihre Entscheidung im diesbezüglichen Umfang mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet worden wäre.
Da die Ansprüche auf Pflegezulage, Diätkostenzuschuss und Schwerstbeschädigtenzulage daher zutreffend nicht Gegenstand ("Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG) des angefochtenen Bescheides waren, konnte der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in den in der Beschwerde geltend gemachten Rechten auf Zuerkennung der beantragten Zulagen und Zuschüsse verletzt werden, weshalb die Beschwerde in diesem Umfange gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer ferner geltend, die belangte Behörde habe dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt. Zwar sei ihr zuzustimmen, dass eine Zinsenregelung im Heeresversorgungsgesetz fehle, es seien aber unter § 55 Abs. 1 leg. cit. ausführliche Regelungen zur Fälligkeit der Leistungen nach dem HVG enthalten. Sanktionen dafür, dass bei Fälligkeit nicht ausgezahlt werde, gebe es nicht. Diese Lücke widerspreche dem Gleichheitssatz und dem diesem innewohnenden Sachlichkeitsgebot. Das gegenständliche Verfahren habe über sieben Jahre gedauert, was nicht auf ein Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen gewesen sei. In der Rechtsordnung komme im Übrigen ganz allgemein zum Ausdruck, "dass Geld im allgemeinen Nutzen in der Höhe der gesetzlichen Zinsen gewährt" werde, (Zitat nach Bydlinski in Klang2 IV/2, 524). Der Gesetzgeber stelle also hinsichtlich der Fälligkeit auf tatsächliche Sachverhalte und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Erlassung eines Bescheides ab. Im gegenständlichen Fall sei der Anspruch des Beschwerdeführers spätestens mit Zugang des Antrages vom 8. Mai 2001 beim Bundessozialamt Oberösterreich am 16. Mai 2001 fällig geworden. Bei verfassungskonformer Auslegung des § 55 HVG hätte die Behörde in analoger Anwendung des § 1333 ABGB Zinsen in der gesetzlichen Höhe zuerkennen müssen.
§ 55 Abs. 1 des Heeresversorgungsgesetzes - HVG, BGBl. Nr. 27/1964 in der (auch zum Zeitpunkt der Antragstellung, vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 96/09/0167, geltenden) Fassung BGBl. I Nr. 30/1998, lautet:
"(1) Die Beschädigtenrenten (§ 23 Abs. 3), die Erhöhungsbeträge (§ 23 Abs. 5), die Familienzuschläge (§ 26), die Zuschüsse zu den Kosten für Diätverpflegung (§ 26b), die Zulagen gemäß §§ 27 bis 29 und das Kleider- und Wäschepauschale (§ 29a) werden mit dem Monat fällig, der auf den Eintritt des schädigenden Ereignisses oder die Verehelichung oder die Geburt folgt, sofern der Anspruch binnen sechs Monaten nach Eintritt des jeweiligen Ereignisses geltend gemacht wird; wird der Anspruch erst später geltend gemacht, dann mit dem auf die Antragstellung folgenden Monat. Der Erhöhungsbetrag (§ 23 Abs. 5) fällt jedoch frühestens mit dem Monat an, der auf die Entlassung aus dem Präsenz- oder Ausbildungsdienst folgt. Die Schwerstbeschädigtenzulage (§ 26a) wird mit dem Monat fällig, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung erfüllt sind."
Da die Versorgungsleistung erstmals mit Eingabe des Beschwerdeführers vom 6. Mai 2001 begehrt wurde, wurde auf Grund der oben zitierten Bestimmung die letztendlich zuerkannte Beschädigtenrente mit dem Beginn des darauffolgenden Monates, sohin mit dem 1. Juni 2001, fällig. Davon ist auch die belangte Behörde zutreffend ausgegangen.
Die aus einem öffentlich-rechtlichen Versorgungsverhältnis - wie hier nach dem Heeresversorgungsgesetz - abgeleiteten Rechte (und Pflichten) sind im Gegensatz zu privatrechtlichen Dienstverhältnissen - sofern nicht Gestaltungsrechte ausdrücklich eingeräumt sind - weder von der Versorgungseinrichtung noch vom Versorgungsberechtigten gestaltbar. Versorgungsrechtliche Ansprüche können daher nur nach den in Rede stehenden versorgungsrechtlichen Vorschriften (hier dem HVG) geltend gemacht werden. Wie der Beschwerdeführer selbst zugesteht, sieht das HVG eine Verzinsung der zu leistenden Versorgungsleistungen grundsätzlich nicht vor.
Im vorliegenden Fall ist ferner zu bedenken, dass erst mit Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 16. Oktober 2007 der Anspruch auf Versorgungsleistung unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 vH dem Grunde nach (konstitutiv) zuerkannt worden war. Im Falle einer solcherart (rückwirkenden) bescheidmäßigen Feststellung eines nach dem Gesetz zustehenden (zunächst strittigen) Anspruchs tritt aber die Fälligkeit des Versorgungsanspruches dem Grunde nach erst mit der Erlassung eines solchen (aus der Sicht des Beamten günstigen) Feststellungsbescheides ein (so etwa betreffend besoldungsrechtliche Ansprüche das hg. Erkenntnis vom 13. September 2002, Zl. 99/12/0200, mwN). Im Gegensatz dazu enthält § 55 Abs. 1 HVG lediglich die - den Versorgungsberechtigten begünstigende - Bestimmung über den (rückwirkenden) Beginn und die Teilfälligkeiten der aus dem Grundanspruch resultierenden einzelnen Rentenbeträge. Eine Zuerkennung von Zinsen findet daher im Verwaltungsrecht keine Grundlage.
Auch begründen weder die bereicherungsrechtlichen Regelungen des ABGB noch Ansprüche auf Schadenersatz einen öffentlichrechtlichen Anspruch, über den die (Versorgungs‑)Behörden abzusprechen hätten (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 13. September 2002, sowie jener vom 26. Juni 2009, Zl. 2009/04/0034). Das auch auf (zivilrechtliche) Überlegungen gestützte Vorbringen des Beschwerdeführers geht daher schon deshalb ins Leere.
Verfassungsrechtliche Bedenken, wie sie in der Beschwerde aufgeworfen werden, hegt der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die generellen Regelungen des Heeresversorgungsgesetzes nicht. Insbesondere eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ist nicht erkennbar, weil die grundsätzlich unterschiedliche Regelung der Verzinsungsmöglichkeit privatrechtlicher und öffentlichrechtlicher Leistungsansprüche eine sachliche Rechtfertigung findet. Dem Beschwerdeführer bleibt unbenommen, allenfalls bestehende Schadenersatzansprüche aus dem Grunde der langen Verfahrensdauer im Wege des Amtshaftungsverfahrens geltend zu machen.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 15. Oktober 2009
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