VwGH 2005/09/0018

VwGH2005/09/001830.3.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des H in E, vertreten durch Dr. Elfgund Frischenschlager, Rechtsanwältin in 4020 Linz, Landstraße 15, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 8. November 2004, Zl. 41.550/19-9/02/HVG, betreffend Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz (HVG), zu Recht erkannt:

Normen

HVG §1 Abs1 idF 1994/028;
HVG §2 Abs1;
HVG §86;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
HVG §1 Abs1 idF 1994/028;
HVG §2 Abs1;
HVG §86;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 11. Jänner 1977 geborene Beschwerdeführer leistete in der Zeit vom 1. April 1996 bis 30. November 1996 seinen Präsenzdienst. Bei der Einstellungsuntersuchung wurde eine "Albuminurie und Hämaturie" festgestellt.

Mit Bescheid des Bundessozialamtes Wien, Niederösterreich, Burgenland vom 19. August 1999 wurde gemäß § 14 Abs. 2 des Behinderten-Einstellungsgesetzes über Antrag des Beschwerdeführers festgestellt, dass dieser ab 18. März 1999 dem Kreis der begünstigten Behinderten nach § 2 Abs. 1 Behinderten-Einstellungsgesetz angehört. Der Grad der Behinderung wurde mit 80 v.H. festgestellt.

Mit Eingaben vom 8. Mai 2001 und 29. Mai 2001 (eingegangen bei der Behörde erster Instanz am 6. Mai 2001 bzw. 2. August 2001) beantragte der Beschwerdeführer die Anerkennung seiner Leiden "Glomerulonephritis Kl. V, Niereninsuffizienz, Renale Anämie, Renale Hypertonie, Zustand nach ellcep. induzierter Leukopenie, Zustand nach zweiter Nierentransplantation, Zustand nach Abstoßungstherapie mit ATG" als Dienstbeschädigung und den Zuspruch einer Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen Oberösterreich vom 1. Februar 2002 wurde auf Grundlage des Sachverständigengutachtens des Internisten Dr. A vom 17. Jänner 2002 der Antrag des Beschwerdeführers im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die chronische Nierenentzündung habe schon vor dem Antritt zum Präsenzdienst bestanden. Der Beschwerdeführer habe während dieser Zeit lediglich in der Woche vom 6. bis 10. Mai 1996 an einer Feldwoche bei durchwegs angenehmen Temperaturen teilgenommen und sei ansonsten ab dem 22. Mai 1996 als Betreuungshelfer im Offizierskasino eingeteilt und somit keinen besonderen Belastungen ausgesetzt gewesen. Es hätten sich keine Hinweise ergeben, dass es durch den Präsenzdienst zu einer Verschlimmerung des bereits bestehenden Nierenleidens gekommen sei. Auch der weitere Verlauf mit nachfolgender Verschlimmerung und anschließendem Nierenversagen einschließlich Transplantation sei für das Leiden typisch und stehe mit dem Präsenzdienst oder dessen eigentümlichen Verhältnissen in keinerlei kausalem Zusammenhang.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. November 2004 wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 82 HVG keine Folge gegeben.

Die belangte Behörde ergänzte das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren durch die Einholung weiterer Gutachten der Sachverständigen Dr. Kaiser (Facharzt für innere Medizin) und DDr. H (Facharzt für Nephrologie und Dialyse). Ihre Entscheidung stützte sie jedoch - wie sich aus dessen detaillierter Wiedergabe im Begründungsteil des angefochtenen Bescheides entnehmen lässt - ausschließlich auf das Gutachten DDris. H, welches als "vollständig, schlüssig und in sich widerspruchsfrei erkannt" wurde.

Die belangte Behörde gab insbesondere wieder, dass der Sachverständige Dr. K sich dem im Verfahren erster Instanz eingeholten Vorgutachten Dris. A "vollinhaltlich angeschlossen" habe, "sowohl was die MdE von 100 % betrifft, als auch im Nichtvorliegen einer kausalen MdE". Dieser Sachverständige hatte zur Ablehnung der kausalen MdE ausgeführt, dass eine anlässlich der Stellungsuntersuchung diagnostizierte "Albuminurie und Hämaturie bei Hypotonie" keine medikamentöse Therapiemöglichkeit ergeben hätte, und darauf verwiesen, dass bei Serum Kreatinin von 1,0 mg/dl und fehlender Diagnose (Fehlpunktion bei der ersten Nierenbiopsie) keine nachfolgende medikamentöse Therapie im Juli 1998 durchgeführt worden sei. Die Zweitbiopsie im Oktober 1998 hätte dann mit dem Ergebnis der prognostisch schwer wiegenden Halbmondbildung bei IgA-Nephropathie für den 21. Oktober 1998 eine Befundbesprechung mit Festlegung einer medikamentösen Behandlung terminisiert. Eine immunsuppressive Therapie wäre laut Akte auch damals in Linz nicht durchgeführt worden, wobei bei entsprechenden Therapiemöglichkeiten laut Literatur noch keine Irreversibilität im Nierenfiltrationsverlust bestanden hätte. Die Diagnose einer idiopathischen Mikrohämaturie und Albuminurie sei zulässig gewesen, Kontrollen der Nierenfunktion seien durchgeführt worden, eine Blutdruckerhöhung habe aktenkundig nicht festgestellt worden. Es sei für den Verlauf der Krankheit keinerlei Unterschied gemacht, ob eine erstmalige Behandlung im April 1996 oder ob auch während der Zeit des Präsenzdienstes Beschwerden von Seiten der IgA-Nephritis aufgetreten wären. Die Belastungen des Präsenzdienstes hätten keinerlei verschlechternden Einfluss auf Verlauf und Prognose der Nierenerkrankung gehabt.

Der Sachverständige DDr. H hingegen widersprach dieser Auffassung in seinem Gutachten "mit allem Nachdruck". Dieser Sachverständige kam zum Ergebnis, die Diagnose einer idiopathischen Hämaturie bei einem jungen Mann sei ihm unbekannt (allenfalls bei einem Syndrom der dünnen Basalmembran möglich). Nachdem der Vorgutachter (Dr. K) die Auffassung vertreten hätte, dass ein junger Mann mit Glomerulonephritis den Wehrdienst absolvieren könnte, habe dieser junge Mann auch keine idiopathische Hämaturie, sondern eine Glomerulonephritis gehabt. Auf keinen Fall gebe es die Kombination von idiopathischer Hämaturie und Albuminurie. Die Albuminurie und auch die Proteinurie wären nicht ein einziges Mal während des gesamten Präsenzdienstes quantifiziert worden. Wer einen jungen Mann mit Hämaturie und Albuminurie (bei Verdacht auf Glomerulonephritis) bei niedrig normalem Blutdruck bei Tag (nachts sei der Blutdruck nie überwacht worden, ebenso nicht unter körperlicher Belastung) zum Wehrdienst schicke, habe die Verpflichtung, die Eiweißausscheidung und das Blutdruckverhalten eines derartigen Kandidaten adäquat zu überwachen, vor Allem wenn er Belastungen ausgesetzt sei. Dies wäre nicht erfolgt. Die Behauptung, die Belastung des Präsenzdienstes hätte keinerlei verschlechternden Einfluss auf den Verlauf und die Prognose der Nierenerkrankung sei sachlich unrichtig. Schließlich gebe es im Schrifttum den Begriff der "Marschproteinurie", welcher voraussetzte, dass unter Belastung Blutdruckverhalten, Eiweißausscheidung und Erythrozytenausscheidung jeweils kontrolliert würden. Die Albuminurie wäre bekanntlich kein "Kavaliersdelikt", sondern sei Ausdruck einer Nierenschädigung und mit Progression der Nierenerkrankung, Endothelschädigung (und damit Gefäßschädigung) und Gerinnungsaktivierung assoziiert. Die Nierenerkrankung wäre nicht durch den Präsenzdienst entstanden, insofern stimme der Sachverständige den früheren Gutachtern zu, sie hätte sich jedoch während des Präsenzdienstes eindeutig verschlimmert. Niemand hätte dies bemerkt bzw. niemand hätte diesbezüglich diagnostisch und therapeutisch reagiert. In der Folge hob der Sachverständige detaillierte "eindeutige Hinweise" für die von ihm vertretene Fachmeinung hervor. Zusammenfassend kam der Sachverständige zum Schluss, im Rahmen des Präsenzdienstes sei während der Feldwoche ein fieberhafter Infekt aufgetreten, zwei Jahre nach Beendigung des Präsenzdienstes sei die Diagnose einer weit fortgeschrittenen IgA-Nephritis gestellt worden. Die Erkrankung hätte bereits zum Zeitpunkt der Stellungsuntersuchung bestanden und hätte sich während des Präsenzdienstes erheblich verschlechtert. Die Rolle des Fieberschubes während der Feldwoche wäre "diesbezüglich unklar", da entsprechend engmaschige Urin- und Blutdruckkontrollen zu diesem Zeitpunkt gefehlt hätten. Nicht beantwortet werden könne die Frage, ob der Verlauf der Nierenerkrankung ohne Präsenzdienst nicht ähnlich gewesen wäre. Tatsache sei jedoch, dass die Verschlechterung der Nierenerkrankung während des Präsenzdienstes nicht bemerkt und auch nicht entsprechend ge- bzw. behandelt worden wäre.

Ausgehend von diesem Gutachten traf die belangte Behörde die Feststellung, das Nierenleiden des Beschwerdeführers habe bereits vor Antritt des Präsenzdienstes bestanden, die Verschlechterung im Leidenszustand sei auf die Nichtbehandlung infolge Nichterkennens der Erkrankung zurückzuführen. Nach Darlegung der Rechtslage kam die belangte Behörde zu dem Schluss, bei diesem Sachverhalt fehle ein Zurechnungsgrund dafür, dass die Verschlechterung der bestehenden Gesundheitsschädigung auf ein für den Wehrdienst typisches Ereignis bzw. auf die für diese Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen sei. Besondere, sich aus der Dienstleistung ergebende eigentümliche Umstände seien jedenfalls nicht zu erkennen gewesen. Es fehle daher der nach § 2 Abs. 1 HVG erforderliche ursächliche Zusammenhang.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Beschwerdegründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der geltend gemachten Gesundheitsschädigungen als Dienstbeschädigungen sowie in seinem Recht auf Zuerkennung einer Beschädigtenversorgung nach den Bestimmungen des HVG verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer geltend, das Sachverständigengutachten DDris. H sei insofern widersprüchlich, als der Sachverständige zunächst ausdrücklich der Auffassung des Vorgutachters, die Belastungen des Präsenzdienstes hätten keinerlei verschlechternden Einfluss auf den Verlauf oder die Prognose der Nierenerkrankung gehabt, mit allem Nachdruck widersprochen habe. Demgemäß hätte er auch zur Feststellung gelangen müssen, dass die Belastungen des Präsenzdienstes einen verschlechternden Einfluss auf Verlauf und Prognose der Nierenerkrankung gehabt hätten. Es werde auch übersehen, dass der Beschwerdeführer immer erklärt habe, die Verschlechterung seines Nierenleidens sei auf die Nichtbehandlung in Verbindung mit den für den Präsenzdienst eigentümlichen Verhältnissen, nämlich den enormen körperlichen Belastungen, denen Präsenzdiener ausgesetzt seien, zurückzuführen. So sei es ja kein Zufall gewesen, dass es während der Feldwoche zum Zusammenbruch des Beschwerdeführers gekommen sei, der mit Sicherheit auf die für den Präsenzdienst eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen sei. Auch der Sachverständige habe zugegeben, dass die Belastungen des Präsenzdienstes einen verschlechternden Einfluss auf Verlauf und Prognose der Nierenerkrankung gehabt habe. Auch habe die belangte Behörde die Frage, ob auch bloß ein ursächlicher Anteil an der Gesundheitsschädigung dem schädigenden Ereignis oder dem der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen zugemessen werden könne, die mit Hilflosigkeit oder Blindheit verbunden seien, nicht erörtert. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vorgebracht, eine Verschlechterung seines Zustandes wäre vor allem auf den Zusammenbruch während der Feldwoche zurückzuführen gewesen. Damit sei aber ein ursächlicher Anteil an der Gesundheitsschädigung auf die dem Präsenzdienst eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen, weil der Beschwerdeführer gezwungen gewesen sei, gegen seinen Willen und gegen seine gesundheitliche Befindlichkeit an einem derart anstrengenden Ereignis wie einer Feldwoche teilzunehmen. Der Sachverständige DDr. H habe auch unmissverständlich festgestellt, dass sich die Krankheit während des Präsenzdienstes erheblich verschlechtert habe und dies über viele Monate nicht bemerkt worden sei. Damit sei die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bemängelt der Beschwerdeführer, dass entgegen seinem ausdrücklichen diesbezüglichen Antrag eine Gutachtenserörterung mit dem Sachverständigen DDr. H nicht durchgeführt worden sei. Dabei hätte der oben aufgezeigte Widerspruch aufgeklärt werden können. Überdies habe die belangte Behörde ihre "Beweiswürdigung" in keiner Weise begründet.

Gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz des Heeresversorgungsgesetzes - HVG, BGBl. Nr. 27/1964, in der zeitraumbezogenen Fassung BGBl. Nr. 28/1994, ist eine Gesundheitsschädigung, die ein Soldat infolge des ordentlichen oder außerordentlichen Präsenzdienstes (§ 27 des Wehrgesetzes 1990, BGBl. Nr. 305), einschließlich einer beruflichen Bildung im freiwillig verlängerten Grundwehrdienst oder im Wehrdienst als Zeitsoldat, erlitten hat, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes als Dienstbeschädigung zu entschädigen (§ 2).

Gemäß § 2 Abs. 1 HVG ist eine Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. Wenn dem schädigenden Ereignis oder den der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen nur ein ursächlicher Anteil an einer Gesundheitsschädigung zugemessen werden kann, die mit Hilflosigkeit oder Blindheit (§§ 27, 28) verbunden ist, ist der die Hilflosigkeit oder Blindheit verursachende Leidenszustand zur Gänze als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 anzuerkennen.

Das HVG macht die Gewährung von Versorgungsleistungen für Gesundheitsschädigungen davon abhängig, dass das schädigende Ereignis oder die mit den der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen mit der Gesundheitsschädigung in ursächlichem Zusammenhang (Kausalzusammenhang) steht. Die Zurechnung eines schädigenden Ereignisses oder der mit den der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen hat (auch im Bereich der Heeresversorgung) daher nach der sogenannten Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung zu erfolgen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2004, Zl. 2001/09/0007). Danach ist es für eine solche Bedingtheit - dann, wenn die festgestellte Gesundheitsschädigung auf mehrere Ursachen, darunter auch die von § 2 Abs. 1 HVG erfassten mit der Dienstleistung verbundenen eigentümlichen Verhältnisse des Präsenzdienstes zurückgeht - erforderlich, dass das in Betracht kommende schädigende Ereignis eine wesentliche Ursache der Schädigung ist. Wesentlich im Sinne des § 2 Abs. 1 HVG ist eine Ursache dann, wenn sie nicht im Hinblick auf andere mitwirkende Ursachen erheblich in den Hintergrund tritt. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur in geringerem Umfang eingetreten wäre, ist wesentliche Bedingung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2005, Zl. 2005/09/0081). Wo die Grenzen dieser Zurechnung liegen, kann nur im Einzelfall unter verständiger Würdigung aller maßgebender Umstände gesagt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 96/09/0167, und die darin wiedergegebene Rechtsprechung).

Eine krankhafte Veranlagung hindert die Annahme einer unfallbedingten Auslösung nicht. Eine solche kann auch vorliegen, wenn eine vorhandene krankhafte Veranlagung zu einer plötzlichen, in absehbarer Zeit nicht zu erwartenden Entwicklung gebracht oder eine bereits bestehende Erkrankung verschlimmert worden ist. Für die Frage, ob die Auswirkungen des Unfalles bzw. der für den Präsenzdienst eigentümlichen Verhältnisse eine rechtlich wesentliche Teilursache des darnach eingetretenen Leidenszustandes sind, ist in erster Linie von Bedeutung, ob dieser Leidenszustand auch ohne Ableistung des Präsenzdienstes etwa zum gleichen Zeitpunkt eingetreten wäre oder durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis hätte ausgelöst werden können, ob also die äußere Einwirkung wesentliche Teilursache oder nur Gelegenheitsursache war (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 23. November 2005, Zl. 2005/09/0081).

Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen einem schädigenden Ereignis oder den der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnissen und einer Gesundheitsschädigung im Sinne des § 2 Abs. 1 erster Satz HVG setzt voraus, dass der Kausalzusammenhang im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn in dem durch § 86 HVG geregelten Verfahren geklärt wird und allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung bzw. dem schädigenden Ereignis und der Krankheitsvorgeschichte von der Behörde ermittelt und festgestellt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2003, Zl. 2002/09/0073).

Aus der oben dargestellten Rechtslage ergibt sich für den konkreten Beschwerdefall, dass die tatsächlichen Belastungen des Präsenzdienstes des Beschwerdeführers, insbesondere jene der Grundausbildung, und ihre Wirkung auf dessen Krankheitsverlauf mangels ausreichender Tatsachengrundlagen nicht erschöpfend beurteilt werden konnten.

Die belangte Behörde hat insbesondere konkrete Feststellungen zu den "für den Wehrdienst typischen Verhältnissen" nicht getroffen. Es fehlen Feststellungen über die an den Beschwerdeführer im Rahmen der von ihm in den ersten Wochen seines Präsenzdienstes absolvierten Grundausbildung gestellten Anforderungen und des dazu benötigten körperlichen Einsatzes. Die Behörde hat sich auch nicht mit der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren wiederholten Behauptung auseinander gesetzt, die Feldwoche vom 6. Mai 1996 bis 10. Mai 1996 und der dadurch ausgelöste "Zusammenbruch" habe zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geführt. Sie hätte nach Einvernahme des Beschwerdeführers, allenfalls anhand der vorliegenden Dienstpläne, feststellen müssen, wie sich die Ableistung seines Präsenzdienstes konkret dargestellt hat und an welchen für ihn belastenden Übungen er teilnehmen musste. Dann hätte sie den Sachverständigen anhand der so gewonnenen Ermittlungsergebnisse ergänzend darüber befragen müssen, mit welchem Grad der Wahrscheinlichkeit die Ableistung der Grundausbildung einschließlich der Feldwoche vom 6. bis 10. Mai 1996 einen "ursächlichen Anteil" am Leidenszustand des Beschwerdeführers haben kann und ob bzw. wie sich der während der Feldwoche aufgetretene Fieberschub - unter Berücksichtigung des daran anschließenden Aufenthaltes im Heeresspital und der daran anschließenden Beschäftigung des Beschwerdeführers im Offizierskasino - auf die Entwicklung der Nierenerkrankung des Beschwerdeführers ausgewirkt hat. Dabei wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, den Sachverständigen dahin gehend anzuleiten, die für die rechtliche Beurteilung dieser Angelegenheit essentielle Frage nach der Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhanges zwischen dem behaupteten körperlichen Zusammenbruch des Beschwerdeführers während der Feldwoche und dem weiteren Verlauf seiner Erkrankung - insbesondere was Schwere und Beschleunigung derselben betrifft, allenfalls durch Vernehmung des Beschwerdeführers im Beisein des Sachverständigen - zu beantworten, auf den Beweis eines Kausalzusammenhanges kommt es nicht an.

Auch wäre der Sachverständige mit der Frage zu konfrontieren gewesen, ob im Sinne der oben dargestellten Rechtslage davon ausgegangen werden kann, dass eine (sonst nicht zu erwartende) wesentliche Verschlechterung des Leidens des Beschwerdeführers durch diese noch festzustellenden Belastungen des Präsenzdienstes eingetreten ist. Für den Fall, dass sich auf Grund der ergänzenden Erhebungen herausstellen sollte, dass die wesentliche Ursache für die Verschlechterung der Nierenerkrankung des Beschwerdeführers allein in der Unterlassung der gebotenen Hilfeleistung gelegen sei, so läge eine kausale Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht vor. Insoweit wäre der Beschwerdeführer auf das Bestehen eines möglichen Amtshaftungsanspruches verwiesen (vgl. z.B. 10b42/91).

Auch rügt der Beschwerdeführer zutreffend, dass der Sachverständige DDr. H in dem von der belangten Behörde als Grundlage ihrer Entscheidung herangezogenen Gutachten zunächst feststellte, dass "die Behauptung (Anm.: des Vorgutachters Dris. K), die Belastung des Präsenzdienstes habe keinerlei verschlechternden Einfluss auf den Verlauf und die Prognose der

Nierenerkrankung gehabt, ... unrichtig" sei und er dieser

Behauptung "vehement" widerspreche. Logische Schlussfolgerung aus diesem Satz sei, dass die Belastung des Präsenzdienstes einen verschlechternden Einfluss auf Verlauf und Prognose der Nierenerkrankung des Beschwerdeführers gehabt habe. In der Zusammenfassung seines Gutachtens kommt der Sachverständige dessen ungeachtet zu dem Schluss, dass "die Frage, ob der Verlauf der Nierenerkrankung ohne Präsenzdienst nicht ähnlich gewesen wäre... nicht beantwortet werden könne". Damit liegt hinsichtlich der von der Behörde zu beurteilenden Kausalitätsfrage ein logischer Widerspruch vor, der im Verfahren hätte geklärt werden müssen.

Aus diesen Gründen erweist sich die Entscheidungsgrundlage des angefochtenen Bescheides als ergänzungsbedürftig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003 und § 68 Abs. 2 HVG.

Wien, am 30. März 2006

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