VwGH 2007/09/0002

VwGH2007/09/000229.1.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der I M in W, vertreten durch Mag. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 1. Dezember 2006, Zl. 3/08115/145 3523, betreffend Verlängerung einer Arbeitserlaubnis nach § 14e Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

21994A1231(20) AssAbk Rumänien Art54;
21994A1231(20) AssAbk Rumänien Art59;
AuslBG §14a Abs1 idF 2005/I/101;
AuslBG §14a Abs1 Z1 idF 2005/I/101;
AuslBG §14e Abs1 idF 2005/I/101;
NAG 2005 §24 Abs2;
NAG 2005 §54 Abs1;
NAG 2005 §57;
NAG 2005 §8;
VwRallg;
21994A1231(20) AssAbk Rumänien Art54;
21994A1231(20) AssAbk Rumänien Art59;
AuslBG §14a Abs1 idF 2005/I/101;
AuslBG §14a Abs1 Z1 idF 2005/I/101;
AuslBG §14e Abs1 idF 2005/I/101;
NAG 2005 §24 Abs2;
NAG 2005 §54 Abs1;
NAG 2005 §57;
NAG 2005 §8;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin war über ihren Antrag vom 29. September 2004 für die Zeit vom 15. Oktober 2004 bis 14. Oktober 2006 gemäß § 14e AuslBG eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden. Mit Eingabe vom 10. Oktober 2006 - und damit rechtzeitig - beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung dieser Arbeitserlaubnis.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 25. Oktober 2006 wurde dieser Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Aufenthaltserlaubnis der Beschwerdeführerin für "Ausbildung" sei bereits am 31. Oktober 2004 abgelaufen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 14e AuslBG keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass § 14e Abs. 1 AuslBG seit dem 1. Januar 2006 zwingend die rechtmäßige Niederlassung des Ausländers im Bundesgebiet erfordere. Diese Bedingung sei nur erfüllt, wenn der Ausländer über eine Niederlassungsbewilligung nach dem Fremdengesetz 1997 (FrG) oder dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) verfüge. Die Beschwerdeführerin sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 3. November 2005 gemäß § 34 Abs. 1 FrG 1997 ausgewiesen worden. Der Beschwerde gegen diesen Bescheid sei zwar die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden, es sei ihr jedoch nicht wieder jene Rechtsstellung eingeräumt worden, welche sie vor Antragstellung des ihr zuletzt erteilten Aufenthaltstitels innegehabt habe. Fest stehe, dass sie im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet habe. Mangels Niederlassung im Bundesgebiet erfülle sie daher auch nicht die Voraussetzungen nach § 14e Abs. 1 AuslBG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14e Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2005, ist die Arbeitserlaubnis gemäß § 14a leg. cit. zu verlängern, wenn

  1. 1. die Anspruchsvoraussetzungen nach § 14a gegeben sind oder
  2. 2. der Ausländer während der letzten zwei Jahre mindestens 18 Monate nach diesem Bundesgesetz beschäftigt war und rechtmäßig niedergelassen ist.

    Gemäß § 14a Abs. 1 Z. 1 (Z. 2 kommt hier nicht zum Tragen) AuslBG ist einem Ausländer auf Antrag eine Arbeitserlaubnis auszustellen, wenn er in den letzten 14 Monaten insgesamt 52 Wochen im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war und rechtmäßig niedergelassen ist.

    Die belangte Behörde prüfte die zeitlichen Voraussetzungen dieser Gesetzesbestimmungen im Hinblick auf den von ihr angenommenen Mangel einer rechtmäßigen Niederlassung der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nicht.

    Gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBI. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBI. I Nr. 99/2006, sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (1. Januar 2006) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen.

    Gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz des solcherart auch auf den gegenständlich noch offenen Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin vom 28. Oktober 2004 anzuwendenden NAG ist der Antragsteller nach Stellung eines Verlängerungsantrages, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

    In Ausführung der Beschwerde weist die Beschwerdeführerin zunächst darauf hin, dass über ihren rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung ihrer bis zum 31. Oktober 2004 ausgestellten Aufenthaltserlaubnis bisher noch nicht entschieden worden sei und sie sich bis dahin jedenfalls rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde gegen die verfügte Ausweisung seien alle rechtlichen Wirkungen dieses Bescheides sistiert worden, so dass ihr die verfügte Ausweisung nicht entgegen gehalten werden dürfe. Sie weist auch darauf hin, dass sie rumänische Staatsangehörige sei und die sich aus Art. 38 des Europa-Abkommens über die Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Rumänien andererseits unmittelbar ergebenden Freizügigkeitsrechte ohne Einschränkungen ausüben könne.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 22. März 2007, Zl. 2006/09/0167 (auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG hingewiesen wird), ausgeführt, dass aus der Verwendung des Wortes "weiterhin" in § 24 Abs. 2 letzter Satz NAG auf eine Kontinuität des solcherart vorläufig verlängerten Aufenthaltstitels zu schließen ist, was bedeutet, dass dem Antragsteller bis zur Entscheidung über seinen Verlängerungsantrag dieselbe Rechtsposition eingeräumt werden soll, die er nach dem Inhalt des letzten Aufenthaltstitels innehatte.

    In diesem Punkte unbekämpft hat aber die belangte Behörde festgestellt, dass dies eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG 1997 (zum "Zweck einer Schulausbildung oder eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums (Ausbildung)") war. Nach § 8 Z. 6 oder 7 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV), BGBl. II Nr. 451/2005, entspräche dieser Aufenthaltstitel im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde einer "Aufenthaltsbewilligung - Schüler" oder einer "Aufenthaltsbewilligung - Studierender". Damit fällt dieser Aufenthaltstitel unter die Aufenthaltsbewilligungen "für einen vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck" im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 5 NAG. Gemäß § 2 Abs. 3 dieses Gesetzes gilt aber der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z. 5) (noch) nicht als Niederlassung im Sinne des Abs. 2. Da Aufenthaltstitel behördliche Entscheidungen sind, mit denen ein Recht auf Aufenthalt oder Niederlassung grundsätzlich mit konstitutiver Wirkung eingeräumt wird (vgl. § 8 NAG; sowie Kutscher/Poschalko/Schmalzl, NAG 2006, Seite 8) und ein Fall des § 57 iVm § 54 Abs. 1 NAG, in dem ein allfällig erteilter Aufenthaltstitel nur deklarative Wirkung hätte, nicht vorliegt, ist aus der Übergangsbestimmung des § 81 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 NAG daher für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen.

    Entscheidend für den Ausgang des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist auch die Frage, ob die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerde gegen die mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 3. November 2005 gemäß § 34 Abs. 1 FrG 1997 ausgesprochene Ausweisung über den Aufschub der unmittelbaren Vollstreckung hinausgehende Wirkungen hatte. Dies ist im Sinne des von der Judikatur sehr weit verstandenen Begriffes der "aufschiebenden Wirkung" zu bejahen, nämlich dahingehend, dass der angefochtene Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vorläufig keine Rechtswirkungen zu entfalten vermag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1995, Z1. 95/21/0521, mwN). Danach ist davon auszugehen, dass mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die verfügte Ausweisung alle mit dem diese aussprechenden rechtskräftigen Bescheid verbundenen Wirkungen aufgeschoben worden sind. Dies ändert aber nichts daran, dass die Beschwerdeführerin nach Zustellung des Beschlusses über die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde zwar vor einem Vollzug der verfügten Ausweisung bis zur Entscheidung des hierüber noch beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens (protokolliert unter hg. Zl. 2005/18/0724) geschützt ist, die fehlende Niederlassung wird aber dadurch nicht berührt, weil die Beschwerdeführerin auch vor Erlassung des Ausweisungsbescheides über ein für die Verlängerung der Arbeitserlaubnis erforderliches Aufenthaltsrecht nicht verfügt hat. Auch aus diesem Argument war daher für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen.

    Die Beschwerdeführerin bezieht sich ferner auf das Europa-Abkommen über die Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Rumänien andererseits, Amtsblatt Nr. L 357 vom 31. Dezember 1994 (Assoziationsabkommen Rumänien).

    Unter "Titel IV" dieses Abkommens, wo Vereinbarungen betreffend die "Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsrecht und Dienstleistungsverkehr" getroffen werden, befindet sich neben den Bestimmungen über die grundsätzliche Gleichbehandlung der rumänischen Staatsangehörigen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Entlohnung oder der Entlassung (Artikel 38) und über die Voraussetzungen zur Niederlassung im österreichischen Bundesgebiet (Artikel 45) auch die grundsätzliche Regelung des Artikel 59, wonach für die Zwecke des Titels IV die Vertragsparteien durch keine Bestimmung dieses Abkommens daran gehindert werden, ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Einreise und Aufenthalt, Beschäftigung, Beschäftigungsbedingungen, Niederlassung von natürlichen Personen und Erbringung von Dienstleistungen anzuwenden, sofern sie dies nicht in einer Weise tun, durch die die Vorteile, die einer Vertragspartei aus einer Bestimmung des Abkommens erwachsen, zunichte gemacht oder verringert werden. Diese Bestimmung berührt nicht die Anwendung von Artikel 54, wonach das Kapitel II des Vertrages, welches das "Niederlassungsrecht" betrifft, vorbehaltlich der Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, gilt.

    Dem Artikel 59 des zitierten Abkommens ist aber bereits - auf den gegenständlichen Fall bezogen - zu entnehmen, dass die Modalitäten des Zuganges zum inländischen Arbeitsmarkt, im Besonderen hier: der Verlängerung einer Arbeitserlaubnis, durch nationale Vorschriften geregelt und beurteilt werden. Ein ungehinderter Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt lässt sich aus keiner der Bestimmungen dieses Abkommens jedenfalls ableiten.

    Aus den in der Beschwerde zitierten Urteilen des EuGH lässt sich zu diesem Thema auch nichts Gegenteiliges entnehmen, da sich diese lediglich mit dem - hier nicht relevanten - Diskriminierungsverbot von Angehörigen der Vertragspartnerstaaten hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Entlohnung oder der Entlassung aus einer (bereits aufgenommenen) unselbständigen Tätigkeit befassen, nicht aber mit der Frage der Regelung des Zuganges zum Arbeitsmarkt.

    Mit der Einfügung der Worte " ..und rechtmäßig niedergelassen ist." durch die Novelle BGBl. I Nr. 101/2005 in den § 14a Abs. 1 AuslBG erfolgte eine Erschwerung der Voraussetzungen für die Erlangung einer Arbeitserlaubnis durch den österreichischen Gesetzgeber, die sich die Beschwerdeführerin nunmehr entgegen halten lassen muss.

    Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 29. Jänner 2009

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