Normen
ABGB §1175;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
JagdG NÖ 1974 §26;
JagdG NÖ 1974 §27;
JagdG NÖ 1974 §87b;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZustG §4;
ZustG §5 Abs1;
ZustG §7;
ABGB §1175;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
JagdG NÖ 1974 §26;
JagdG NÖ 1974 §27;
JagdG NÖ 1974 §87b;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZustG §4;
ZustG §5 Abs1;
ZustG §7;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 5. Dezember 2000, Zl 9-A/00, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs dem Jagdübungsberechtigten des Eigenjagdgebiets Dr. H W und Miteigentümer die Bewilligung, auf einem näher bezeichneten Grundstück ein Rotwildwintergatter zu errichten.
Mit Schreiben vom 18. Mai 2004 beantragte die beschwerdeführende Partei, vertreten durch den Jagdleiter, als Jagdausübungsberechtigte eines daran angrenzenden Jagdgebiets die Zustellung dieses Bescheides.
Die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs wies den Antrag vom 18. Mai 2004 mit dem folgenden auszugsweise (und ohne Hervorhebungen im Original) wiedergegebenen Bescheid vom 11. Juni 2004 gestützt auf § 87 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes mangels Parteistellung zurück:
"Bezirkshauptmannschaft Scheibbs
.............
Herrn
Jagdleiter K H
z.H. Rae Gürtler, Gürtler, Reisner
.............
Betrifft:
Eigenjagd W, P - Rotwildgatter; Antrag auf Zustellung des Bescheides;
Abweisung
Bescheid
Die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs weist Ihren Antrag vom 18. Mai 2004, eingelangt am 25. Mai 2004 um Zustellung des Bescheides vom 5. Dezember 2000, Zl. ... mangels Parteistellung zurück.
Rechtsgrundlage
§8 des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, (AVG 1991),
BGBl Nr. 51 in der derzeit geltenden Fassung
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 5. Dezember 2000 ... wurde dem Jagdausübungsberechtigten des Eigenjagdgebietes Dr. H W ... die Bewilligung erteilt, auf dem
Grundstück ... der KG und Gemeinde P, ein Rotwildgatter im Ausmaß
von 32,57 Hektar Größe zu errichten.
Mit Schreiben, eingelangt am 25. Mai 2004, wurde durch den Jagdleiter der benachbarten Jagdgesellschaft P der Antrag um Zustellung dieses Bescheides gestellt.
Begründend wurde ausgeführt, dass der benachbarte
Jagdausübungsberechtigte im Verfahren zur Bewilligung des
Rotwildgatters nicht beigezogen wurde, ihm aber seiner Ansicht
nach Parteistellung zukommt, da bei der Beurteilung immerhin zu
berücksichtigen ist, dass im Rotwildgatter ... frei lebendes
Rotwild auch aus dem Genossenschaftsjagdgebiet P angefüttert und
eingesperrt wird, welcher Umstand die Abschussmöglichkeiten im
Genossenschaftsjagdgebiet ... gravierend beeinträchtigt.
............."
Über die dagegen erhobene Berufung erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 2004, mit dem sie die Berufung abwies und den Erstbescheid unter Hinweis auf § 8 AVG bestätigte. Begründend wurde u a darauf hingewiesen, es sei aus der Begründung des Erstbescheides ersichtlich, dass über den Antrag der Jagdgesellschaft entschieden worden sei; so werde etwa im Sachverhalt darauf hingewiesen, dass der Antrag durch den Jagdleiter der benachbarten Jagdgesellschaft gestellt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der mit "Rotwildwintergatter" überschriebene § 87 b des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, LGBl 6500-0, in der Fassung LGBl 6500-16 (im Folgenden JG), lautet:
"(1) Rotwildwintergatter sind Flächen, in denen das Rotwild während der Winternotzeit und des Vegetationsbeginns gehalten und gefüttert wird.
(2) Rotwildwintergatter dürfen nur mit Bewilligung der
Bezirksverwaltungsbehörde errichtet werden. Die
Bezirksverwaltungsbehörde muss die Bewilligung erteilen, wenn
o der Grundeigentümer einverstanden ist,
o das Rotwildwintergatter zum Schutz der umliegenden
Flächen notwendig ist,
o das Rotwildwintergatter artgerecht angelegt wird,
o das Auswechseln des Rotwildes wirksam verhindert wird,
o der Schutz der umliegenden Flächen vor Wildschäden
höher einzustufen ist als die Wildschäden im Rotwildwintergatter,
die Benützung von Wegen gemäß § 14 Abs. 1 NÖ Tourismusgesetz, LGBl. 7400, nicht behindert wird.
(3) Im Bewilligungsbescheid ist auch festzulegen, zu welchem Termin das Rotwildgatter spätestens wieder zu öffnen ist."
Unbeschadet des Grundsatzes, dass Gesellschaften bürgerlichen Rechts - um eine solche handelt es sich bei den "Jagdgesellschaften" - grundsätzlich keine Rechtspersönlichkeit zukommt, ist hier zu beachten, dass der Landesgesetzgeber der Jagdgesellschaft gewisse Rechte und Pflichten zugewiesen (vgl §§ 26, 27 JG, vgl das hg Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl 2001/03/0074, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichthofs vom 24. Juni 1994, VfSlg 13.818, beide mwH); damit wurde von ihm ein eigenständiges Rechtssubjekt in einem kleinen Bereich der Rechtsordnung geschaffen.
Der Einwand, der Erstbescheid vom 11. Juni 2004 sei nicht gegenüber der beschwerdeführenden Jagdgesellschaft, sondern lediglich gegenüber dem (damaligen) Jagdleiter erlassen worden, führt die Beschwerde zum Erfolg. An wen ein Bescheid gerichtet ist, ergibt sich nach der hg Rechtsprechung aus dessen Formulierung, nämlich der Adressierung, dem Spruch und der Zustellverfügung (vgl das hg Erkenntnis vom 20. März 2007, Zl 2003/03/0214, mwH). Der (oben auszugsweise wiedergegebene) Erstbescheid war weder nach seiner Adressierung noch nach seinem Spruch an die beschwerdeführende Partei gerichtet. Vielmehr
indiziert die Wortfolge im Spruch "weist Ihren Antrag ... zurück"
angesichts der Großschreibung des Pronomens, dass sich der Bescheid an den in der Adressierung genannten Jagdleiter richtet. Da im Erstbescheid nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten eine Zustellverfügung fehlte, konnte auch derart keine Festlegung erfolgen, dass der bekämpfte Bescheid an die beschwerdeführende Partei gerichtet ist. Die bloße Nennung der beschwerdeführenden Partei in der Begründung des Erstbescheides vermag deren mangelnde Nennung in der Adressierung, im Spruch bzw in der Zustellverfügung des Erstbescheids nicht zu ersetzen.
Wenn die belangte Behörde im Berufungsverfahren den Erstbescheid gegenüber der beschwerdeführenden Partei als erlassen ansah und diesen gegenüber der beschwerdeführenden Partei bestätigte, hat sie damit die Rechtslage verkannt und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
Ungeachtet dessen ist lediglich der Vollständigkeit halber Folgendes anzumerken: § 87 b JG verpflichtet die Behörde (zusammengefasst), mit Zustimmung des Grundeigentümers bei der Genehmigung eines Rotwildwintergatters zu gewährleisten, dass insgesamt nach Vornahme einer Interessenabwägung der Schutz land- und forstwirtschaftlicher Flächen vor Wildschäden sowie eine artgerechte Anlage des Rotwildwintergatters sichergestellt werden und - ohne die Benützung von näher bestimmten Wegen zu behindern - das Auswechseln des Rotwildes wirksam verhindert wird. Dabei handelt es sich um von der Behörde wahrzunehmende öffentliche Interessen. Subjektiv öffentliche Rechte Dritter, wie etwa Jagdausübungsberechtigter in angrenzenden Jagdgebieten, sind § 87 b JG dagegen nicht zu entnehmen. Allfällige Interessen der beschwerdeführenden Partei als Jagdausübungsberechtigte in angrenzenden Jagdgebieten an der Nichterteilung der Genehmigung zur Errichtung des Rotwildwintergatters sind vielmehr als bloß tatsächliche Interessen anzusehen, welche ihre Parteistellung in diesem Verfahren nicht begründen können (vgl etwa das zur insoweit grundsätzlich vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Jagdgesetz ergangene hg Erkenntnis vom 28. Februar 2005, Zl 2000/03/0283). Da angesichts der schon festgehaltenen inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides der Frage seiner Vereinbarkeit mit § 87 b JG nicht weiter nachgegangen werden muss, ist auch eine Auseinandersetzung mit den von der beschwerdeführenden Partei relevierten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Bestimmung entbehrlich.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 25. Juni 2008
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