VwGH 2006/07/0027

VwGH2006/07/002727.4.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde der Marktgemeinde L, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer, Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 2. Jänner 2006, Zl. BMLFUW-UW.4.1.12/0213- I/6/2005, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs6;
WRG 1959 §138;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs6;
WRG 1959 §138;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Gegenschrift ("Replik") von F und R S, xxxx L, S-gasse 7, wird zurückgewiesen.

Begründung

Unter dem Datum des 1. Dezember 2003 erließ der Landeshauptmann von Steiermark (LH) einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Gemäß dem § 73 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in Verbindung mit §§ 38 und 138, Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG. 1959, i. d.g.F. wird der Antrag der Ehegatten F und R S, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L vom 11.1.2000 auf Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren betreffend die Lärmschutzwand beim Sportplatz L und Setzung der in Betracht kommenden Maßnahmen nach dem Wasserrechtsgesetz keine Folge gegeben."

In der Begründung heißt es, mit Eingabe vom 12. September 1997 habe die beschwerdeführende Partei um die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung des Lärmschutzdammes auf Grundstück Nr. 1387/2 der KG L innerhalb des HQ100 angesucht. F und R S hätten gegen dieses Vorhaben Einwände erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, die Anlage sei im HQ10- Bereich des L-baches gelegen.

Mit Eingabe vom 7. Oktober 1999 habe die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung des Lärmschutzdammes ohne weitere Begründung zurückgezogen.

Mit Eingabe vom 11. Jänner 2000 hätten die Ehegatten F und R S bei der Bezirkshauptmannschaft G (BH) als Wasserrechtsbehörde den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung gestellt und weiters gefordert, die in Betracht kommenden Maßnahmen nach dem Wasserrechtsgesetz zu treffen.

In der Folge habe die BH ein Verfahren durchgeführt und sowohl die beschwerdeführende Partei als auch F und R S hätten Unterlagen über die Hochwasserabflussverhältnisse vorgelegt.

Mit Eingabe vom 11. September 2003 hätten die Ehegatten S den Antrag auf Übergang der Entscheidung an den LH und auf Erlassung eines Bescheides gestellt.

Festgestellt werde, dass derzeit kein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren für die Lärmschutzwand auf Grundstück Nr. 1387/2 der KG L anhängig sei, da die beschwerdeführende Partei ihren seinerzeitigen Antrag zurückgezogen habe. Die Ehegatten S hätten aber den Antrag gestellt, die in Betracht kommenden Maßnahmen nach dem WRG zu treffen sowie ihnen Parteistellung zuzuerkennen. Da über diesen Antrag von der BH nicht entschieden worden sei, sei die Zuständigkeit auf den LH übergegangen.

Der LH habe ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, welches ergeben habe, dass die Lärmschutzwand nicht innerhalb des HQ30 liege und daher auch nicht bewilligungspflichtig sei, weshalb der Antrag der Ehegatten S auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Ehegatten S Berufung.

Die belangte Behörde führte ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, in dem sie einen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik mit der Untersuchung der Frage beauftragte, ob die Lärmschutzwand innerhalb des HQ30 liege und ob durch diese Lärmschutzwand wasserrechtlich geschützte Rechte der Ehegatten S berührt würden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 2. Jänner 2006 entschied die belangte Behörde wie folgt über diese Berufung:

"Auf Grund der Berufung von F und R S gegen den Bescheid vom 1.12.03, FA13A-34.10 396-03/11, des Landeshauptmannes der Steiermark, wird der Marktgemeinde L gem. § 66 Abs. 4 AVG i.d.g.F. und § 38 WRG i.V.m. § 138 Abs. 2 WRG i.d.g.F. aufgetragen für die Lärmschutzwand beim Sportplatz L bis zum 31.5.2006 eine wasserrechtliche Bewilligung gem. § 38 WRG zu erwirken."

In der Begründung heißt es, aus den vorgelegten Unterlagen und den Stellungnahmen des beigezogenen Amtssachverständigen sei zu ersehen, dass die Lärmschutzwand mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im HQ30-Abflussbereich liege und somit nach § 38 WRG bewilligungspflichtig sei. Vom Amtssachverständigen sei weiter ausgeführt worden, dass es zu keiner verstärkten Erosion oder Sedimentation im Bereich der Grundstücke der Ehegatten S komme. Es sei somit mit keiner merklichen Verschlechterung für deren Grundstücke bei einem 30-jährlichen Hochwasser zu rechnen, was zur Folge habe, dass die Ehegatten S als Antragsteller nicht als Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 1 i.V.m. § 138 Abs. 6 leg. cit. zu sehen seien.

Der Amtssachverständige habe festgestellt, dass eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, insbesondere der Hochwasserabfuhr, durch die Errichtung der Lärmschutzwand nicht stattfinde. Eine Bewilligung der Anlage sei daher grundsätzlich möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, ein Auftrag, innerhalb einer bestimmten Frist eine wasserrechtliche Bewilligung zu erwirken, finde im Wortlaut des § 138 Abs. 2 WRG keine Deckung; dort sei nur die Rede davon, dass innerhalb bestimmter Frist um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen sei. Außerdem sei die bloße Aufforderung, um eine wasserrechtliche Bewilligung einzukommen, obsolet und keiner Vollstreckung zugänglich (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Mai 1963, 545/62).

Die Formulierung des angefochtenen Bescheides lasse nicht erkennen, ob der Berufung der Ehegatten S Folge gegeben oder ein wasserrechtlicher Auftrag lediglich aus Anlass der Berufung ausgesprochen werden sollte. In beiden Fällen sei der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig.

In einem Verfahren zur Erlassung eines Bescheides nach § 138 Abs. 2 WRG hätten Dritte keine Parteistellung.

Liege aber ein bloß aus Anlass der Berufung der Ehegatten S erlassener Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG vor, dann fehle es der belangten Behörde an der Zuständigkeit zur Erlassung eines derartigen Auftrages.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

F und R S haben eine Gegenschrift ("Replik") erstattet und beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 138 Abs. 1, 2 und 6 WRG lautet:

"Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b) Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,

c) die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben,

d) für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

.......

(6) Als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen."

Als eigenmächtige Neuerung ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 2000, 97/07/0054, u.v.a.).

Als eigenmächtige Neuerung sieht die belangte Behörde im Beschwerdefall die Errichtung eines Lärmschutzdammes durch die beschwerdeführende Partei an, weil diese Lärmschutzwand einer Bewilligung nach § 38 WRG bedürfe, die aber nicht vorliege.

Die belangte Behörde hat den der beschwerdeführenden Partei erteilten Auftrag auf § 138 Abs. 2 WRG gestützt. Diese Bestimmung sieht einen Alternativauftrag vor. Demjenigen, der eine eigenmächtige Neuerung vorgenommen hat, ist der Auftrag zu erteilen, innerhalb bestimmter Frist entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen oder die eigenmächtige Neuerung zu beseitigen.

Die belangte Behörde hat nun aber keinen Alternativauftrag erteilt, sondern sich auf die Erteilung eines Auftrages des Inhalts beschränkt, dass die beschwerdeführende Partei innerhalb bestimmter Frist um die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für den Lärmschutzdamm anzusuchen hat. Ein solcher Auftrag entspricht nicht dem Gesetz. Der Behörde ist es nicht gestattet, von der vom § 138 Abs. 2 WRG vorgezeichneten Alternative, vor die die aufgeforderte Partei zu stellen ist, in der Richtung abzusehen, dass der Beseitigungsauftrag entfallen kann und nur ein Auftrag zur Einbringung eines Antrages um nachträgliche Bewilligung erteilt wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1983, 81/07/0037).

Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.

Er leidet aber auch noch an einer weiteren inhaltlichen Rechtswidrigkeit, weil die belangte Behörde mit ihrer Vorgangsweise die Sache des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG überschritten hat.

Dem erstinstanzlichen Bescheid ist zu entnehmen, dass F und

R S bei der BH einen Antrag "auf Setzung der in Betracht kommenden Maßnahmen" in Bezug auf den von der beschwerdeführenden Partei errichteten Lärmschutzdamm eingebracht haben, weil sie der Meinung waren, dieser Damm führe zu einer Verschlechterung der Hochwassersituation auf ihren Grundstücken.

F und R S betrachteten sich also offenbar als "Betroffene" im Sinne des § 138 Abs. 6 WRG und haben als solche einen Antrag auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages gestellt. Dieser Antrag wurde vom LH abgewiesen, weil er auf Grund des Ermittlungsverfahrens zu dem Ergebnis kam - ob zu Recht oder zu Unrecht braucht hier nicht geprüft werden -, dass der Lärmschutzdamm der beschwerdeführenden Partei zu keiner Beeinträchtigung der Rechte von F und R S führe.

Ein Verfahren, welches auf Grund eines Antrages eines Betroffenen im Sinne des § 138 Abs. 6 WRG durchgeführt wird, kann nur ein Verfahren nach § 138 Abs. 1 leg. cit. sein. Bei einem Verfahren nach § 138 Abs. 2 WRG handelt es sich ausschließlich um ein Verfahren zwischen der Wasserrechtsbehörde und denjenigen Personen, denen eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung oder eine unterlassene Arbeit zur Last fällt. Dritte Personen haben in einem solchen Verfahren keine Parteistellung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. April 1987, 86/07/0272).

Während also das erstinstanzliche Verfahren ein solches nach § 138 Abs. 1 WRG war, hat die belangte Behörde einen Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG erlassen.

Mit der Frage, was in einem Verfahren, das die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 WRG betrifft, "Sache" des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ist, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zu befassen.

Das Erkenntnis vom 14. Juni 1988, 88/07/0022, betraf einen Fall, in welchem ein Betroffener einen Antrag auf Beseitigung einer eigenmächtigen Neuerung gestellt hatte. Die Erstbehörde erließ einen Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG; dieser wurde von der Berufungsbehörde auf Grund einer Berufung des Verpflichteten in einen unbedingten Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG umgewandelt.

Der Verwaltungsgerichtshof erblickte in dieser Vorgangsweise keine Überschreitung der "Sache" durch die Berufungsbehörde:

"Im Beschwerdefall war Sache des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde die Herstellung des gesetzlichen Zustandes in Hinsicht einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung näher bezeichneten Umfanges. In diesem Rahmen war die belangte Behörde nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 berechtigt, in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides den wasserpolizeilichen Auftrag an die Beschwerdeführer auf § 138 Abs. 1 statt Abs. 2 WRG 1959 zu stützen. Die mitbeteiligten Parteien hatten ihr Verlangen als Betroffene gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 bereits 1984 an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz gerichtet und in der Folge aufrecht erhalten; sie nahmen am Verfahren erster und zweiter Instanz teil."

Dem Erkenntnis vom 2. Juni 1992, 89/07/0027, lag ebenfalls ein Fall zugrunde, in welchem von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz ein auf § 138 Abs. 2 WRG gestützter Auftrag von der Berufungsbehörde in einen solchen nach § 138 Abs. 1 WRG abgeändert wurde, wobei allerdings kein Antrag eines Betroffenen vorlag.

Auch in diesem Fall konstatierte der Verwaltungsgerichtshof keine Überschreitung der "Sache" durch die Berufungsbehörde.

In den den Erkenntnissen vom 8. November 1979, 1713/79, und vom 28. April 1981, 3725/80, zugrunde liegenden Fällen hatte die Wasserrechtsbehörde erster Instanz einen auf § 138 Abs. 1 WRG gestützten wasserpolizeilichen Auftrag erlassen; dieser wurde von der Berufungsbehörde auf Grund einer Berufung des Verpflichteten in einen Alternativauftrag nach § 138 Abs. 2 WRG umgewandelt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat die Auffassung, dass die Berufungsbehörde mit dieser Vorgangsweise die Grenzen ihrer Entscheidungsbefugnis nicht überschritten hat:

"Der Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, dass die belangte Behörde bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht über eine andere Rechtssache als die Behörde erster Instanz entschieden hat, weil 'Sache' in beiden Instanzen die Entfernung einer verbotswidrigen Neuerung war. Während den Beschwerdeführern im Verfahren vor der Behörde erster Instanz nur ein Beseitigungsauftrag erteilt worden ist, wurde ihnen mit dem bekämpften Bescheid insofern weniger aufgetragen, als ihnen anheim gestellt wurde, dem Beseitigungsauftrag nachzukommen oder um die wasserrechtliche Bewilligung für die verbotswidrige Neuerung anzusuchen."

Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass der Verwaltungsgerichtshof als "Sache" des Berufungsverfahrens die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes betrachtet hat, sodass durch eine Änderung eines Auftrages nach § 138 Abs. 1 in einen solchen nach Abs. 2 WRG und umgekehrt keine Überschreitung der Sache erfolgte. Die dargestellten Fälle unterscheiden sich allerdings vom Beschwerdefall in wesentlichen Punkten.

In den angeführten Erkenntnissen war jeweils bereits in erster Instanz ein wasserpolizeilicher Auftrag erlassen worden, der auf Grund einer Berufung des durch den Auftrag Verpflichteten von der Berufungsbehörde abgeändert wurde. Demgegenüber hat der LH als Erstbehörde im Beschwerdefall einen Antrag auf Erlassung eines solchen Auftrages abgewiesen und zwar im Verfahren nach § 138 Abs. 1 WRG, und erst die belangte Behörde hat auf Grund einer Berufung derjenigen, welche die Erlassung des Auftrages beantragt hatten, einen Auftrag, allerdings gestützt auf § 138 Abs. 2 WRG, erlassen.

Der Umstand, dass die Behörde erster Instanz den Antrag auf Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages abgelehnt hat, bedeutet nicht, dass die Berufungsbehörde lediglich die bekämpfte Entscheidung aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückverweisen darf. Die Berufungsbehörde hat in der Sache selbst zu entscheiden, das heißt zu prüfen, ob ein wasserpolizeilicher Auftrag zu erlassen ist oder nicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1994, 93/07/0018, VwSlgNF 14.150 A).

Im Beschwerdefall hat die Erstbehörde im Verfahren nach § 138 Abs. 1 WRG den Antrag eines Betroffenen auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages abgewiesen, weil sie der Ansicht war, dass die Rechte der Antragsteller durch den Lärmschutzdamm nicht berührt werden. Zum selben Ergebnis, dass Rechte der Antragsteller nicht berührt werden, kommt auch die belangte Behörde.

Die Berufungsbehörde darf in Fällen eines eingeschränkten Mitspracherechtes einer Partei des Verwaltungsverfahrens aus Anlass der Berufung einer solchen Partei nicht über den Themenkreis hinausgehen, innerhalb dessen die Partei mitzuwirken berechtigt ist. Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ist ausschließlich jener Bereich, in welchem dem Berufungswerber ein Mitspracherecht zusteht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juni 2005, 2004/07/0064). F und R S sind durch ihren Antrag auf Erlassung eines Bescheides nach § 138 WRG im Verfahren vor der Behörde erster Instanz als Betroffene im Sinne des § 138 Abs. 6 WRG aufgetreten. Sie hatten lediglich - bei Zutreffen der Voraussetzungen - einen Anspruch auf Erlassung eines Bescheides nach § 138 Abs. 1 WRG, nicht aber auf Erlassung eines Alternativauftrages nach Abs. 2 leg. cit. Ein Betroffener hat keinen Anspruch auf Erlassung eines Alternativauftrages nach § 138 Abs. 2 WRG. Auf § 138 Abs. 2 WRG können Anträge Betroffener nicht begründet werden, weil diese Gesetzesbestimmung im Gegensatz zum ersten Absatz kein Antragsrecht vorsieht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1960, 717/58, VwSlgNF 5.327A). Demnach war Sache des Berufungsverfahrens die Frage, ob F und R S Betroffene im Sinn des § 138 Abs. 6 WRG sind bzw. ob ein wasserpolizeilicher Auftrag nach § 138 Abs. 1 WRG zu erlassen ist oder nicht, nicht hingegen die Frage der Erteilung eines Alternativauftrages.

Dadurch, dass die belangte Behörde einen Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG erlassen und damit die Sache des Berufungsverfahrens überschritten hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer weiteren inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Das Recht zur Erstattung einer Gegenschrift steht nur der belangten Behörde und den Mitbeteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu.

Mitbeteiligte sind nach § 21 Abs. 1 VwGG Personen, die durch den Erfolg der Anfechtung des Bescheides in ihren rechtlichen Interessen berührt werden.

Aus einem Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG kann außer dem Adressaten niemandem ein Recht erwachsen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1995, 93/07/0051). F und R S können daher durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht in ihren rechtlichen Interessen berührt werden, weshalb ihnen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch nicht die Stellung von Mitbeteiligten zukommt. Ihre als "Replik" bezeichnete Gegenschrift war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2006

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