Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs2 idF 2005/018;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4 idF 2005/018;
BauG Bgld 1997 §3;
BauG Bgld 1997 §5 Abs1;
BauG Bgld 1997 §5 Abs2 idF 2005/018;
BauG Bgld 1997 §5 Abs3 idF 2005/018;
BauO NÖ 1976;
BauO Stmk 1968;
BauRallg;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs2 idF 2005/018;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4 idF 2005/018;
BauG Bgld 1997 §3;
BauG Bgld 1997 §5 Abs1;
BauG Bgld 1997 §5 Abs2 idF 2005/018;
BauG Bgld 1997 §5 Abs3 idF 2005/018;
BauO NÖ 1976;
BauO Stmk 1968;
BauRallg;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 10. März 2003 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Grilllokales auf dem Grundstück Nr. 1121/2 KG Neufeld/Leitha; dieses Bauvorhaben sollte durch den Um- und Zubau eines bestehenden Einfamilienhauses realisiert werden.
Die Planunterlagen weisen das Grundstück Nr. 1121/2 als Grundstück mit einer dreieckigen Form aus. An der südwestlichen Grundstückseite grenzt es an die Linke Bahnstraße, Parzelle Nr. 1119/2, gegen Norden grenzt es an das Grundstück der Zweitmitbeteiligten, Nr. 1121/1, und an das Grundstück Nr. 1217/16, und gegen Osten an das Grundstück Nr. 1217/11, das eine sich verjüngende Wegparzelle darstellt. Der Zubau ist auf dem Grundstück des Beschwerdeführers so situiert, dass seine Schmalseite in einer Länge von 8 m direkt an die Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 1217/11 angrenzt; gegenüber der Grenze zur Zweitmitbeteiligten wird laut Plan ein Abstand von 3 m eingehalten. An der Grundstücksgrenze zur Zweitmitbeteiligten besteht ein Nebengebäude, in dem Personalräume und Personal-WCs untergebracht werden sollen.
Die Erstmitbeteiligte ist Eigentümerin von Grundstücken, auf denen sich das Strandbad befindet; das nächstgelegene derartige Grundstück liegt ca. 60 m vom verfahrensgegenständlichen Baugrundstück entfernt.
Vor und während der mündlichen Verhandlung vor der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 23. April 2003 brachten die mitbeteiligten Parteien Einwände gegen das Bauvorhaben vor. Die Zweitmitbeteiligte stellte die Einhaltung des 3 m-Abstandes zu ihrem Grundstück in Frage; die Erstmitbeteiligte brachte vor, die geplante Toilettenanlage in der seitlichen Abstandsfläche zum Nachbarn stelle weder ein Nebengebäude noch einen Teil eines untergeordneten Gebäudes dar und könne daher nicht genehmigt werden. Darüber hinaus wurden Einwendungen im Hinblick auf die zu erwartenden Immissionen durch Lärm, Geruch und die Veränderung der Verkehrssituation vorgebracht.
In einer weiteren mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2003 wurden diese Einwendungen wiederholt und auf den Widerspruch dieses Bauvorhabens zu § 3 des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998 (Bgld BauG), hingewiesen. Daraufhin holte die Behörde mehrere Gutachten ein, um die Verkehrssituation, die Geruchs- und die Lärmbelästigung beurteilen zu können.
Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2003 erklärte die Zweitmitbeteiligte, dass der Abstand zur Grundstücksgrenze von 3 m nicht eingehalten werde.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 18. Mai 2004 als gemäß Z. 1 der Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 9. März 1999, LGBl. Nr. 18/1999, in der Fassung LGBl. Nr. 66/1999, zuständiger Behörde (BH) wurde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Aus der Begründung geht die Meinung der Behörde hervor, dass sich das Bauvorhaben nach § 3 des Bgld BauG als zulässig erweise, insbesondere der Flächenwidmung entspreche, und dass nach den eingeholten Gutachten bei bestimmungsgemäßer Benützung des Lokales weder eine Gefährdung noch eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Beeinträchtigung für die Nachbarn durch Lärm oder Geruch eintrete; auch eine übermäßige Belastung durch Straßenverkehr sei nicht zu erwarten.
Dagegen erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufung, in der sie im Wesentlichen darauf verwiesen, dass über ihre rechtzeitig erhobenen Einwendungen nicht abgesprochen worden sei. Das verfahrensgegenständliche Grundstück befände sich im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Neufeld/Leitha im "Bauland-Wohngebiet". Die Widmungskategorie sei mit einem Immissionsschutz verbunden und es dürften keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Gefährdungen oder Belästigungen der Nachbarn eintreten. Obwohl die erstinstanzliche Behörde weder eine tägliche Versorgung noch ein wesentliches soziales oder kulturelles Bedürfnis durch das Bauvorhaben verwirklicht sehe, werde es zugelassen und diene insbesondere der Versorgung der Benützer des Mobilheimplatzes sowie der Zweitwohnbesitzer rund um den See. Damit sei aber der Tatbestand des § 14 Abs. 3 lit. a des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes (Bgld RPlG) nicht erfüllt. Des Weiteren sei ein Bauvorhaben nur auf den für die Bebauung geeigneten Grundstücken zulässig, wenn das Orts- oder Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Außerdem stehe das Bauvorhaben im Widerspruch zu § 3 Z 1 Bgld BauG. Erneut wurde darauf hingewiesen, dass der Abstand zum Grundstück der Erstmitbeteiligten weniger als 3 m betrage.
Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme der Landesamtsdirektion, Stabstelle Raumordnung, zur Frage ein, ob das gegenständliche Bauvorhaben mit der Flächenwidmung "Bauland-Wohngebiet" gemäß § 14 Abs. 3 lit. a Bgld RPlG vereinbar sei.
Dazu wurde mit Schriftsatz vom 2. Februar 2005 nach Darstellung des geplanten Betriebes des Beschwerdeführers und des Inhaltes des § 14 Abs. 3 lit. a Bgld RPlG mitgeteilt, dass eine Gastgewerbebetriebsanlage dem Typus nach im Wohngebiet grundsätzlich für zulässig erachtet werde. Gasthäuser, Cafes und Restaurants dürften nicht nur außerhalb des Wohngebietes errichtet werden; ein Wohngebiet, in dem es keinerlei Infrastruktur gebe, wozu auch Gaststätten und Cafes gehörten, könne nicht Ziel des Raumordnungsgesetzes sein. Solche Bauten dürften jedoch gemäß § 14 Abs. 3 lit. a Bgld RPlG im Wohngebiet nur dann errichtet werden, wenn sie der "täglichen Versorgung und den wesentlichen sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dienten."
Die zwischen den vorgenannten Tatbestandsvoraussetzungen verwendete Konjunktion "und" müsse im Sinne eines "oder" verstanden werden, weshalb zu prüfen sei, ob das gegenständliche Bauvorhaben der täglichen Versorgung oder den wesentlichen sozialen Bedürfnissen oder wesentlichen kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes diene.
Im gegenständlichen Fall sei zu prüfen, ob durch einen solchen Betrieb wesentliche soziale (gesellschaftliche oder gemeinnützige) Bedürfnisse der dort lebenden Bevölkerung abgedeckt würden. Da es sich bei Neufeld an der Leitha um eine Gemeinde mit starker Fremdenverkehrsstruktur handle und der Standort des Lokales Strandnähe aufweise, sowie wegen der Tatsache, dass es sich um die Betriebsform eines Grilllokales mit typischer Sommerküche handle, müsse davon ausgegangen werden, dass ein solcher Betrieb nicht ausschließlich den sozialen Bedürfnissen der Bewohner des zu beurteilenden Wohngebietes diene, vielmehr entfalte diese Betriebsform typischerweise eine Anziehungskraft auch für Bewohner der weiteren Umgebung (Badegäste, Touristen) außerhalb des festgelegten Wohngebietes. Daraus ergebe sich, dass das gegenständliche Bauvorhaben mit der hier bestehenden Flächenwidmung "Bauland-Wohngebiet" als nicht vereinbar angesehen werde.
Zu diesem Gutachten erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme vom 17. Februar 2005, in der er den Inhalt des Gutachtens in Zweifel zog und weitere Ermittlungen forderte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. März 2005 gab die belangte Behörde den Berufungen der mitbeteiligten Parteien Folge, behob den Bescheid der Erstbehörde vom 18. Mai 2004 und wies das Ansuchen des Beschwerdeführers gemäß § 18 Abs. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 5 und § 3 Bgld BauG ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des § 5 leg. cit., stützte die belangte Behörde ihre Rechtsausführungen darauf, dass sich vor Beurteilung des Bauvorhabens hinsichtlich seiner Vereinbarung mit der Flächenwidmung die wesentliche Frage stelle, welche Art von Bebauungsweise durch das Bauvorhaben verwirklicht werden solle. Ausgehend von der Straßenansicht liege eine offene Bebauungsweise vor. Jedenfalls werde zur nördlichen Grundstücksgrenze ein Abstand von 3 m eingehalten. Der vom Bgld BauG bei offener Bebauungsweise geforderte 3 m-Abstand werde auch zur südlichen Grundgrenze im Wesentlichen eingehalten, er liege jedoch im Bereich des südwestlichen Grundstücksecks auf Grund der Konfiguration des Baugrundstückes nicht vor.
Jedenfalls werde aber § 5 Abs. 2 leg. cit. insofern, als vom Hauptgebäude gegen die hintere Grundstücksgrenze ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten sei, durch das Bauvorhaben verletzt. Der Zubau für ein Grilllokal an der östlichen Grundgrenze wäre daher mindestens 3 m von der Grundgrenze zum Grundstück Nr. 1217/11 abzurücken. Da bei der Errichtung des Grilllokals weder von einem Nebengebäude noch von einem untergeordneten Bau gesprochen werden könne - das Grilllokal sei mit dem Lokal konstruktiv verbunden und nicht als selbstständiger Baukörper zu sehen -, sei das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben mit den im Bgld BauG festgelegten Bebauungsweisen nicht vereinbar.
Von einem Ausnahmefall im Sinne des Abs. 3 des § 5 leg. cit., der ein Heranrücken des Baues zu den Grundstücksgrenzen, abweichend von den Abs. 1 und 2 des § 5, nur unter besonderer Berücksichtigung des Anrainerschutzes zulasse, könne schon auf Grund der im umfangreichen Ermittlungsverfahren der ersten Instanz aufgezeigten Immissionsproblematik nicht ausgegangen werden. Laut fernmündlicher Auskunft der mitbeteiligten Stadtgemeinde gebe es weder einen Bebauungsplan/Teilbebauungsplan noch Bebauungsrichtlinien, die eine derartige Bebauung, abweichend von den Bestimmungen des Baugesetzes, zuließen.
Infolge der Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit den vorgegebenen Bebauungsweisen erübrige sich eine Auseinandersetzung mit der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen "Bauland-Wohngebiet"-Widmung. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass der schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme der Raumplanungsstelle gefolgt werde. Darüber hinaus sei im Zusammenhang mit der Widmung zu ergänzen, dass mit dieser Widmungskategorie ein Immissionsschutz für die Nachbarn verbunden sei, der für die Flächen des Wohngebietes ein zulässiges Höchstmaß an belästigenden Immissionen normiere. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei dabei nicht die Zumutbarkeitsgrenze im Einzelfall zu ermitteln, sondern, ob der Betrieb einschließlich der Betriebsabläufe als Betriebstyp mit der vorliegenden Flächenwidmung vereinbar sei oder nicht. Ausgehend vom erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren passe der Betriebstyp infolge der Emissionssituation der Anlage auch nicht in die vorgenannte Widmungskategorie.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Die mitbeteiligten Parteien erstatteten ebenfalls eine Stellungnahme, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, dass sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Versagungsgrundes für die beantragte Baubewilligung maßgeblich auf die Bestimmung des § 5 Bgld BauG stützt. Die belangte Behörde meint, infolge der Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit der offenen Bebauungsweise erübrige sich eine Auseinandersetzung mit der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der ausgewiesenen Widmung. "Lediglich der Vollständigkeit halber" merkt sie im letzten Absatz ihrer Begründung an, dass ein Widerspruch zur ausgewiesenen Widmung bestehe, weil zum einen der Stellungnahme der Raumplanungsstelle zu folgen sei und zum anderen der Betriebstyp wegen der Emissionssituation nicht in die Widmungskategorie passe.
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass das zuletzt genannte Argument, nämlich die Nichtübereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, kein tragendes Argument des angefochtenen Bescheides darstellt, zumal die belangte Behörde ausdrücklich zu verstehen gab, eine detaillierte Auseinandersetzung mit diesem Thema gerade nicht vornehmen zu wollen. Auch in der Gegenschrift bezeichnet die belangte Behörde diesen Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich nicht als relevanten Grund für die Abweisung des Bauansuchens. Angesichts dessen nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof von der Prüfung der Richtigkeit der Beurteilung der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan Abstand.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wird bemerkt, dass die Frage, ob ein Bauvorhaben der täglichen Versorgung oder den wesentlichen sozialen oder kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dient, zwar öffentliche Interessen im Sinne des § 3 Bgld BauG, nicht aber auch das Interesse des Anrainers berührt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2001, Zl. 2000/05/0063, mwN).
2. Die entscheidenden Bestimmungen des § 5 Abs. 1 bis 3 und des § 21 Bgld BauG (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/2005) haben folgenden Wortlaut:
"Bebauungsweisen und Abstände
§ 5. (1) Sofern Bebauungspläne/Teilbebauungspläne oder Bebauungsrichtlinien nicht vorliegen, hat die Baubehörde unter Berücksichtigung des Baubestandes und des Ortsbildes für ein Baugrundstück eine der folgenden Bebauungsweisen zuzulassen:
1. geschlossene Bebauung, wenn die Hauptgebäude in geschlossener Straßenfront beidseitig an die seitlichen Grundstücksgrenzen anzubauen sind,
2. halboffene Bebauung, wenn die Hauptgebäude an einer seitlichen Grundstücksgrenze anzubauen sind und gegen die andere seitliche Grundstücksgrenze ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten ist,
3. offene Bebauung, wenn gegen beide seitlichen Grundstücksgrenzen ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten ist. Für die offene Bebauungsweise ist eine Grundstücksbreite von mindestens 15 m erforderlich.
(2) Bei allen Bebauungsweisen ist vom Hauptgebäude gegen die hintere Grundstücksgrenze ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten. In der seitlichen und hinteren Abstandsfläche sind Nebengebäude und andere untergeordnete Bauten bis zu einer Außenwandhöhe von 3 m, bezogen auf das verglichene Gelände, und mit einer Dachneigung von höchstens 45 Grad zulässig, sofern die maßgeblichen baupolizeilichen Interessen nicht verletzt werden.
(3) Die Baubehörde kann in Ausnahmefällen unter besonderer Berücksichtigung des Anrainerschutzes, der Baugestaltung und der örtlichen Gegebenheiten abweichend von den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 die Abstände von Bauten zu den Grundstücksgrenzen durch die Festlegung von vorderen, seitlichen und hinteren Baulinien bestimmen, die auch als zwingende Baulinien festgelegt werden können. Baulinien sind die Grenzlinien, innerhalb derer Bauten errichtet werden dürfen; zwingende Baulinien sind jene Grenzlinien, an die anzubauen ist.
(4) ...
Parteien
§ 21. (1) Parteien im Bauverfahren sind
- 1. der Bauwerber,
- 2. der Grundeigentümer bzw. die Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht Alleineigentümer ist, sowie
3. die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind (Nachbarn).
(2) Ein Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.
(3) Ist das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet (privatrechtliche Einwendung), so hat die Baubehörde einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, ist sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten und im Bescheid darauf hinzuweisen; kommt keine Einigung zustande, sind die streitenden Parteien hinsichtlich dieser Einwendung auf den Rechtsweg zu verweisen. Dies ist unter Anführung der Einwendung in der Verhandlungsschrift und im Bescheid ausdrücklich anzuführen.
(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (zB Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.
(5) Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen.
(6) Im Bauverfahren übergangene Parteien können ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen."
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auf Grund der Berufung der beiden mitbeteiligten Parteien die dem Beschwerdeführer erteilte Baubewilligung behoben und der Antrag abgewiesen; maßgeblich dafür war unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 2 erster Satz Bgld BauG die Nichteinhaltung der Abstandsvorschriften zur östlichen Grundgrenze.
Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde ist im Baubewilligungsverfahren bei der Berufung eines Nachbarn auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer dieser ein Mitspracherecht besitzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, 90/06/0128, u.a.). Die Berufungsbehörde ist nicht berechtigt, aus Anlass der Berufung eines Nachbarn andere Fragen als Rechtsverletzungen des Nachbarn aufzugreifen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1984, 82/05/0158).
Die Bestimmung über die Abstände von Grundstücksgrenzen dient auch dem Interesse der Nachbarschaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, 2000/05/0009).
Auf die Abstandsvorschriften können sich aber Nachbarn nur insoweit berufen, als es sich um den Abstand zu ihrem Grundstück bzw. die Baulinie der ihrem Grundstück zugewandten Seite des zu bebauenden Grundstückes handelt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. Juni 1994, Zl. 91/06/0040, und vom 23. Jänner 1996, Zl. 95/05/0012, zu den insoweit vergleichbaren Regelungen der Stmk BauO 1968 und der NÖ BauO 1976).
Die Zweitmitbeteiligte ist Nachbarin im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 3 leg. cit.; sie hat während des Verfahrens und auch in der Berufung die Verletzung von Abstandsvorschriften gegenüber ihrem Grundstück 1121/1 gerügt. Der tragende Grund für die Abweisung des Ansuchens des Beschwerdeführers ist aber die Verletzung der Abstandsvorschriften gegenüber dem Grundstück 1217/11; auf die Einhaltung dieser Vorschriften kam der Zweitmitbeteiligten aber kein Recht zu.
Die erstmitbeteiligte Gemeinde ist Eigentümerin eines (mindestens) 60 m entfernten Grundstückes; die Verletzung von Abstandsvorschriften gegenüber ihrem Grundstück hat sie nicht geltend gemacht. Auch ihr gegenüber gilt, dass ihr auf die Einhaltung von Abstandsvorschriften gegenüber dem Grundstück eines anderen Nachbarn kein Recht zukam. Der Erstmitbeteiligten fehlt aber aufgrund der Entfernung des nächstgelegenen in ihrem Eigentum stehenden Grundstückes von (mindestens) 60 m bereits die Parteistellung nach § 21 Abs. 1 Bgld BauG, weil dessen Z 3 auf eine Entfernung eines Grundstückes von den Fronten des Baues von weniger als 15 m abstellt. Ihre Berufung wäre daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen; auf Grundlage einer solchen unzulässigen Berufung durfte die dem Beschwerdeführer erteilte Bewilligung aber keinesfalls aufgehoben werden.
Die Berufungsbehörde überschritt daher ihre auf jene Fragen, hinsichtlich derer dem Nachbarn ein Mitspracherecht zukommt, beschränkte Prüfungsbefugnis; sie war nicht berechtigt, aus Anlass der Berufung der Erst- und Zweitmitbeteiligten die Frage der Einhaltung des Abstandes des verfahrensgegenständlichen Bauwerkes gegenüber der östlichen Grundgrenze aufzugreifen und zur Grundlage der Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers zu machen.
Bereits aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.
4. Neuerlich aus Gründen der Verfahrensökonomie sieht sich der VwGH zu folgenden Bemerkungen veranlasst: Die belangte Behörde hat die östliche Grundgrenze als "hintere Grundgrenze" im Sinne des § 5 Abs. 2 erster Satz Bgld BauG bezeichnet, hinsichtlich derer bei allen Bebauungsweisen ein Abstand von 3 m einzuhalten ist. Damit verkennt sie aber die besondere Konfiguration dieses Grundstückes, bei der es keine "hintere Grundstücksgrenze" im Sinne des § 5 Abs. 2 Bgld BauG 1997 gibt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Juli 2002, Zl. 2000/05/0220, und vom 18. Oktober 1988, Zl. 85/05/0116, BauSlg 1194, zur insofern vergleichbaren früheren Rechtslage).
Die östliche Grundgrenze ist daher nicht die hintere Grundsgrenze, sondern eine (von zwei) seitlichen Grundgrenzen. § 5 Abs. 2 erster Satz leg. cit. findet bei solcherart gestalteten Grundstücken keine Anwendung.
5. Eine weitere Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt schließlich darin, dass die belangte Behörde die Bebauungsweise im Sinne des § 5 Abs. 1 leg. cit. offenbar als Element des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes aus eigenem als "offene Bebauung" feststellte. In der Gegenschrift heißt es dazu, dass "ausgehend von der bisherigen als auch der geplanten Verbauung des Grundstückes das Hauptgebäude derart situiert ist, dass noch ehestens von einer offenen Bebauung, allenfalls von einer halboffenen Bebauung, gesprochen werden kann." Auch daraus ist zu schließen, dass sich die belangte Behörde bei der Feststellung im angefochtenen Bescheid nicht auf einen normativen Akt stützte, der eine bestimmte zulässige Bebauungsweise festlegte.
Für den fraglichen Bereich gibt es weder einen Bebauungsplan/Teilbebauungsplan noch Bebauungsrichtlinien. Für diesen Fall sieht § 5 Abs. 1 Bgld BauG vor, dass die Baubehörde unter Berücksichtigung des Baubestandes und des Ortsbildes für ein Baugrundstück eine der in den Z. 1 bis 3 genannten Bebauungsweisen (geschlossen, halboffen oder offen) zuzulassen hat.
Nun hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom 30. Juli 2002, Zl. 2000/05/0220, ausgeführt, dass die Baubehörde für den Fall, dass keine (Teil‑)Bebauungspläne oder Bebauungsrichtlinien vorliegen, zunächst im Einzelfall zu prüfen hat, welche Bebauungsweise für das Baugrundstück des Beschwerdeführers zuzulassen ist (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 31. August 1999, Zl. 99/05/0095), und dass es sich bei dieser Zulassung um einen normativen Akt handelt. Liegen keine (Teil‑)Bebauungspläne oder Bebauungsrichtlinien vor, hat die Baubehörde gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. für das eingereichte Bauvorhaben die Bebauungsweise konkret durch einen Bescheid festzusetzen (vgl. dazu Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht2, Anmerkung 2 zu § 5 Bgld BauG). Auch eine Ausnahme nach § 5 Abs. 3 Bgld BauG (Festlegung von Baulinien abweichend von Abs. 1 und 2) hätte mittels Bescheides zu erfolgen; eine der Voraussetzungen eines solchen Bescheides ist aber die Zulassung einer bestimmten Bebauungsweise nach § 5 Abs. 1 leg. cit. (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Juli 2002).
6. Der angefochtene Bescheid war daher aus den aufgezeigten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z.1 VwGG aufzuheben.
7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz des Beschwerdeführers stützt sich im Rahmen seines Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Juni 2006
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