Normen
BauO Bgld 1969 §5 Abs1;
BauO NÖ 1976 §21 Abs4 Satz2;
BauRallg;
BauO Bgld 1969 §5 Abs1;
BauO NÖ 1976 §21 Abs4 Satz2;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.
Begründung
Mit der an das Gemeindeamt der mitbeteiligten Marktgemeinde gerichteten Eingabe vom 22. November 1983 suchte die Beschwerdeführerin um die Bauplatzerklärung für die Grundstücke Nr. n1 und n2 der KG Stinatz an. (In den vorgelegten Verwaltungsakten erliegen keine Beilagen zu diesem Ansuchen.) Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 1983 erklärte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 12. Dezember 1983 die genannten Grundstücke gemäß § 13 Abs. 3 bis 5 der Bgld. Bauordnung zum Bauplatz. Hiebei wurden für die Bebauung des Bauplatzes - soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung ist - "folgende Bebauungsgrundlagen und Auflagen festgesetzt:
1. Es wird die geschlossene Bebauung festgelegt.
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4. Die Baulinie wird wie folgt festgelegt: derzeitiger Bestand - siehe Punkt 5. und 6.
5. Der Abstand zu den seitlichen Grundstücksgrenzen wird mit 3 m festgelegt.
6. Der Abstand zur hinteren Grundstücksgrenze wird mit 5 m festgelegt -------- "
Die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 14. März 1984 ab. In der Begründung führte die Berufungsbehörde aus, der Bebauungsplan der Gemeinde lege "durch die zwingende Baulinie" die "seitlichen und die hinteren Anrainer" fest. Es sei daher die geschlossene Bebauungsweise nur zum seitlichen Anrainer (Grundstück Nr. n3) möglich. Gemäß § 5 der Bgld. Bauordnung sei die Breite des Streifens gegen die hintere Grundstücksgrenze mit mindestens 5 m limitiert, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Die Bezirkshauptmannschaft Güssing gab mit Bescheid vom 4. Juli 1984 der Vorstellung der Beschwerdeführerin Folge, behob den bei ihr angefochtenen Berufungsbescheid vom 14. März 1984 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde. Zur Begründung führte die Gemeindeaufsichtsbehörde im wesentlichen aus, nach den Punkten 5. und 6. des von der Berufungsbehörde bestätigten erstinstanzlichen Bescheides habe der Abstand zu den seitlichen Grundstücksgrenzen 3 m und der Abstand zur hinteren Grundstücksgrenze 5 m zu betragen. Nach Ansicht der Gemeindeaufsichtsbehörde widersprächen sich diese Vorschreibungen, da nach der Bgld. Bauordnung bei Festlegung der geschlossenen Bebauung die Gebäude in geschlossener Front an den Nachbargrenzen beidseitig aneinander gebaut zu errichten seien. Die Abstände des § 5 der Bgld. Bauordnung bezögen sich nur auf die offene Bebauung. Es könne daher bei Festsetzung der geschlossenen Bebauungsweise für die Abstände nicht § 5 der Bgld. Bauordnung herangezogen werden.
Nachdem ein daraufhin ergangener Bescheid des Bürgermeisters vom 6. August 1984 durch Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. September 1984 wegen Unzuständigkeit des Bürgermeisters behoben worden war, erging der weitere Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom selben Tag, mit welchem die angestrebte Bauplatzerklärung neuerlich erteilt wurde. In diesem Berufungsbescheid wurden hiebei dieselben "Bebauungsgrundlagen und Auflagen festgesetzt" wie im erstinstanzlichen Bescheid vom 12. Dezember 1983, dies jedoch mit der Abweichung, dass im Punkt 5. der Abstand zu den seitlichen Grundstücksgrenzen mit 0 m festgelegt wurde.
Die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Mai 1985 der dagegen rechtzeitig erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den Berufungsbescheid. Zur Begründung führte die Gemeindeaufsichtsbehörde im wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin bringe in ihrer Vorstellung lediglich vor, die Vorschreibungen betreffend die Baulinien und die Abstände widersprächen einander und entsprächen nicht dem § 4 der Bgld. Bauordnung. Dieses Vorbringen sei nach Auffassung der Gemeindeaufsichtsbehörde nicht stichhältig. Im Punkt 1. der Vorschreibungen sei für den Bauplatz die geschlossene Bebauung festgelegt worden. Nach Punkt 5. der Vorschreibungen seien der Abstand zu den seitlichen Grundstücksgrenzen mit 0 m und nach Punkt 6. der Abstand zur hinteren Grundstücksgrenze mit 5 m festgelegt worden. Nach § 4 der Bgld. Bauordnung seien bei Festlegung der geschlossenen Bebauung die Gebäude in geschlossener Front an den Nachbargrenzen beidseitig aneinander gebaut zu errichten. Hinsichtlich der hinteren Grundstücksgrenze treffe § 4 der Bgld. Bauordnung keine Aussage. Die Baulinie gegen die hintere Grundstücksgrenze sei somit gemäß § 13 der Bgld. Bauordnung im Bauplatzerklärungsbescheid festzusetzen.
Dagegen richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor (allerdings schloss sie diesen Akten trotz eines ausdrücklichen Hinweises auf die Rechtsfolge des § 38 Abs. 2 VwGG mit Ausnahme des Bebauungsplanes der mitbeteiligten Marktgemeinde keine Planunterlagen, insbesondere keine dem Ansuchen um Bauplatzerklärung anzuschließenden Pläne an) und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde unter Hinweis auf einen (nicht bei den Akten erliegenden) Lageplan aus, dass die gegenständlichen Grundstücke sowohl an die Hauptstraße als auch an einen Güterweg angrenzten, weshalb es sich um Eckgrundstücke handle. Aus diesem Grund gebe es nach ihrer Auffassung keine so genannte "hintere" Grundstücksgrenze, wie im Punkt 6. des bei der Vorstellungsbehörde bekämpften Berufungsbescheides.
Aus dem bei den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden Bebauungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde ist zu erkennen, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin, bei den beiden als Bauplatz erklärten Grundstücken handle es sich um einen Eckbauplatz, zutrifft. Bei Eckbauplätzen ist jedoch im Hinblick auf ihre Lage zu den Verkehrsflächen eine "hintere" Grundstücksgrenze im Sinne des § 5 Abs. 1 der Bgld. Bauordnung nicht vorhanden, sondern gibt es bloß seitliche Grundstücksgrenzen (vgl. dazu die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 4. März 1980, Zl. 2944/79, ergangenen zur NÖ Bauordnung 1976). Die Festlegung der Baulinien in einem bestimmten Abstand - im vorliegenden Fall 5 m - von einer "hinteren" Grundstücksgrenze erweist sich daher als rechtsirrig, weil bei einem Eckbauplatz nur zwei seitliche Grundstücksgrenzen vorhanden sind.
Da die belangte Gemeindeaufsichtsbehörde im Beschwerdefall somit einem Rechtsirrtum erlegen ist, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Schriftsatzaufwand war der Beschwerdeführerin nur in dem in der genannten Verordnung festgesetzten Ausmaß zuzusprechen, weshalb das darüber hinausgehende Begehren abzuweisen war.
Wien, am 18. Oktober 1988
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