VwGH 2001/07/0169

VwGH2001/07/016921.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. der GH, 2. des FS, 3. des AA und 4. des Ing. HG, alle in T, alle vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. September 2001, Zl. WA1-W-41.199/1-01, betreffend Parteistellung in einem Wasserrechtsverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs4;
WRG 1959 §5 Abs2;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs4;
WRG 1959 §5 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die MRC Grundstücksentwicklungs-GmbH beantragte bei der Bezirkshauptmannschaft B (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Grundwasserentnahme mittels einer Tauchmotorpumpe aus einem auf dem Grundstück 589/1 der KG E befindlichen Schachtbrunnen ("A-Brunnen") zur Versorgung der Toiletteanlagen im Tribünengebäude, der Pferdeklinik, der Reithalle sowie der Stallungen eines geplanten Pferdesportparkes mit dem erforderlichen Nutzwasser im Ausmaß von etwa 4 l/s sowie zur Deckung des Löschwasserbedarfs im Ausmaß von etwa 20 l/s.

Die BH beraumte für 14. Februar 2001 eine mündliche Verhandlung an, zu der die Beschwerdeführer nicht persönlich geladen wurden. Diese mündliche Verhandlung wurde (nur) durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde kundgemacht.

In der Verhandlungsschrift vom 14. Februar 2001 ist im Verzeichnis der Anwesenden lediglich der Drittbeschwerdeführer angeführt.

Im Abschnitt A (Sachverhalt) heißt es jedoch, eingangs der Verhandlung habe die Erstbeschwerdeführerin vorgebracht, sie befürchte eine Verschlechterung der Grundwassersituation durch jenes Projekt, das beim Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) anhängig sei. Ihre Bedenken gingen dahin, dass durch eine Mehrzahl von Einzelverfahren die Gesamtauswirkungen nicht entsprechend berücksichtigt würden bzw. werden könnten und im Endeffekt ihre Landwirtschaft bzw. ihre Bewässerungsbrunnen Schaden nehmen könnten.

Welches beim LH anhängige Projekt damit angesprochen ist, lässt sich der Verhandlungsschrift nicht entnehmen.

Weiters heißt es in der Verhandlungsschrift, der Viertbeschwerdeführer verweise auf das bereits im Vorverfahren übergebene Schriftstück, auch im Namen der von ihm vertretenen Personen.

Um welches Schriftstück es sich dabei handelt und welche Personen der Viertbeschwerdeführer vertrat, ist der Verhandlungsschrift nicht zu entnehmen.

Im Anschluss an diese Erklärung des Viertbeschwerdeführers wird in der Verhandlungsschrift ausgeführt, über Antrag der Konsenswerberin werde vorab geklärt, wie weit die Brunnen der Anrainer vom Projekt entfernt seien und inwieweit sie durch die beabsichtigte Wasserentnahme beeinträchtigt sein könnten. Dazu werde vom geohydrologischen Amtssachverständigen ausgeführt, der Brunnen der Erstbeschwerdeführerin liege in etwa 1.000 m Entfernung vom projektierten Entnahmebrunnen entfernt und sei auf Grund seiner grundwasserstromaufwärtigen Lage bei einer Entnahme von 4 l/s aus dem A-Brunnen nicht in messbarer Form beeinflusst. Ebenso könne eine messbare Beeinflussung des Brunnens auf Grundstück 1299 der KG T nicht angegeben werden. Der Brunnen des Zweitbeschwerdeführers auf Grundstück 1389 der KG T sei auf Grund seiner grundwasserstromseitlichen Lage und seiner Entfernung von ca. 800 m ebenfalls nicht beeinflusst. Die weiter entfernten Brunnen auf den Parzellen in nordwestlicher Richtung könnten bezüglich einer Beeinflussung ebenfalls ausgeschlossen werden.

Der Amtssachverständige für Wasserbau schlug in seinem

Gutachten folgendes Maß der Wasserbenutzung vor:

Maximaler Stundenbedarf: 4 l/s für Nutzwasserentnahme

Maximaler Tagesbedarf: 62 m3/Tag für Nutzwasserentnahme

Maximaler Jahresbedarf: 8.093 m3/Jahr für Nutzwasserentnahme

Im Feuerlöschfall maximale Entnahme 20 l/s.

Der Amtssachverständige für Geohydrologie führte in seinem Gutachten aus, der zur Bewilligung beantragte Brunnen befinde sich in einem relativ guten grundwasserhöfigen Gebiet, wobei der Durchlässigkeitsbeiwert des Grundwasserleiters mit ca. 1 bis 2 x 10-3 m/s anzunehmen sei. Das Gefälle betrage etwa 3 Promille. Die Grundwassermächtigkeit schwanke naturgemäß; sie könne im Durchschnitt in diesem Bereich etwa mit 5 m angenommen werden. Zur Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung bestehender Brunnen oder auch von Naturschutzgebieten durch diese Entnahmen bestehen könne, werde ausgeführt, dass, wenn diese Brunnen bzw. Naturschutzgebiete sich in einer Entfernung von über 400 m grundwasserstromabwärts befänden, es zulässig sei, dass nur mit dem Tagesschnitt zu rechnen sei, "da der kurzzeitige stündliche Spitzenbedarf sich bei diesen Entfernungen nicht durch die Trägheit des Grundwassers mehr maßgebend" sei. Es sei daher als maßgebende Entnahmemenge 62 m3/Tag, das entspreche 0,72 l/s, anzunehmen. Bei dieser Entnahmemenge sei mit Sicherheit keinerlei messbare Auswirkung auf die in 450 m befindliche Sicherungsfläche B gegeben. Ebenso könne für die im Grundwasserabstrom nördlich des Magnagebietes gelegenen Grundstücke keine messbare Veränderung des Grundwasserspiegels angenommen werden. Die Naturschutzfläche A befinde sich in 250 m grundwasserstromseitlich des Entnahmebrunnens rechtsufrig des Hauptdrainagegrabens und sei auf Grund der hydraulischen Gegebenheiten ebenfalls nicht mehr beeinflusst. Es sollte jedoch im Projekt der Konsenswerberin die Ausdehnung des 10 cm-Absenkbereiches ergänzt werden, um so zu dokumentieren, dass auch eine Simulationsrechnung die Ausführungen im Gutachten bestätige.

In der Folge übermittelte die Konsenswerberin der BH entsprechend der Forderung des Amtssachverständigen für Geohydrologie bei der mündlichen Verhandlung einen Nachweis über die mögliche Beeinträchtigung von Brunnen bzw. Naturschutzflächen durch die beabsichtigte Grundwasserentnahme aus dem A-Brunnen.

Auf Grund dieser Unterlagen bekräftigte der Amtssachverständige für Geohydrologie seine im Gutachten bei der mündlichen Verhandlung getroffenen Aussagen, dass durch die Grundwasserentnahme aus dem A-Brunnen mit keiner Beeinträchtigung der umliegenden Brunnen und Naturschutzflächen zu rechnen sei.

Diese Unterlagen und die Stellungnahme des Amtssachverständigen wurden den Beschwerdeführern nicht zur Kenntnis gebracht.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2001 stellte die BH fest, dass die Beschwerdeführer im wasserrechtlichen Verfahren betreffend die Errichtung eines Nutzwasserbrunnens auf dem Grundstück 589/1 der KG E und einer Nutzwasserentnahme zur Versorgung der Toilettenanlagen im Tribünengebäude, der Pferdeklinik, der Reithalle sowie der Stallungen im Zuge der Errichtung eines Pferdesportparkes nicht Partei sind (Spruchabschnitt I).

Unter Spruchabschnitt II wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Einräumung der Parteistellung zurückgewiesen.

In der Begründung heißt es, im Ermittlungsverfahren hätten der wasserbautechnische Amtssachverständige und der Amtssachverständige für Geohydrologie gutächtlich festgestellt, dass durch das Vorhaben fremde und bestehende Rechte nicht verletzt und öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt würden. Trotzdem seien im Zuge des Bewilligungsverfahrens von den Beschwerdeführern Einwendungen erhoben und der Antrag auf Einräumung der Parteistellung gestellt worden. Die Beschwerdeführer hätten dabei die Meinung vertreten, dass durch das Projekt Eingriffe in den Grundwasserbereich - wenn auch möglicherweise in geringem Ausmaß - erfolgten. Näher substantiiert seien die Einwendungen nicht worden. Ferner sei die Meinung vertreten worden, dass das Projekt Teil eines bereits beim LH anhängigen und zur Zeit ausgesetzten Verfahrens bilde und daher nicht Gegenstand eines gesonderten Verfahrens sein könne.

Das Beweisverfahren habe ergeben, dass der Brunnen der Erstbeschwerdeführerin in etwa 1000 m Entfernung vom projektierten Entnahmebrunnen grundwasserstromaufwärts situiert sei. Der Brunnen des Zweitbeschwerdeführers auf Grundstück 1389 der KG T liege grundwasserstromseitlich und ca. 800 m vom projektierten Entnahmebrunnen entfernt. Die weiter entfernten Brunnen auf den Parzellen in nordwestlicher Richtung vom Entnahmebrunnen aus gesehen, könnten ebenfalls nicht beeinträchtigt werden. Ein rechnerischer Nachweis habe ergeben, dass bei der beantragten maximalen Wasserentnahme die halbe Entnahmebreite nur 55,2 m betrage und daher nachteilige Auswirkungen auf öffentliche Interessen (Naturdenkmal A) oder bestehende sowie fremde Rechte ausgeschlossen werden könnten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführe, bestehe Parteistellung dann nicht, wenn keine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte geltend gemacht werde oder wenn die Art der Beeinträchtigung nicht konkretisiert werde oder wenn es offenkundig sei, dass die geltend gemachten Rechte - sei es nach Lage und Art des Vorhabens, wie z. B. bei einem grundwasserstromaufwärts gelegenen Brunnen oder bei einem weit entfernt gelegenen Grundstück - nicht berührt werden könnten.

Das Vorbringen, dass der Verhandlungsgegenstand auch Teil eines anhängigen wasserrechtlichen Verfahrens beim LH bilde, gehe insofern ins Leere, als es dem Konsenswerber frei stehe, auch die Genehmigung einer abgeänderten Form des Projektes bei der zuständigen Behörde zu beantragen.

Im Ermittlungsverfahren sei sachverständig festgestellt worden, dass durch das geplante Vorhaben wasserrechtlich geschützte subjektive öffentliche Rechte der Anrainer nicht berührt werden könnten. Eine solche Verletzung sei von den Betroffenen konkret auch nicht behauptet worden, sodass wie im Spruch zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Sie führten aus, sie seien "Grundwasserberechtigte" und als Bauern auf die Grundwassernutzung, insbesondere zur Bewässerung der Felder, angewiesen. Dieses Grundwasser, auf welches die Beschwerdeführer angewiesen seien, werde durch das Projekt - unabhängig von der Entfernung des Eingriffs - wesentlich beeinträchtigt, insbesondere durch die Grundwasserabsenkung und durch das zu erwartende große Ausmaß der Grundwasserentnahme. Neben einer Verknappung des Grundwassers komme es zu einer "Beeinträchtigung der Durchnässung des Bodens und der Sättigung des Humus, insbesondere bei Hochwasser". Dies sei in der mündlichen Verhandlung auch eingewendet worden. Weiters hätten die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung folgende Einwendungen erhoben:

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