VwGH 97/09/0019

VwGH97/09/001927.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der N (auch N) I in L, vertreten durch Dr. Christoph Eibensteiner, dieser vertreten durch die Rechtsanwälte OEG Zamponi Weixelbaum & Partner in Linz, Kaisergasse 17, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 12. Dezember 1996, Zl. B3/13117/Nr. 031/96 B ABA Nr. 682 057 Dr. Auf/Eb, betreffend Feststellung gemäß Art. 6 und 7 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80, zu Recht erkannt:

Normen

21964A1229(01) AssAbk Türkei Art7;
ARB1/80 Art7;
AuslBG §1 Abs3;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3 Z1;
AuslBG §4 Abs3 Z7;
AVG §56;
21964A1229(01) AssAbk Türkei Art7;
ARB1/80 Art7;
AuslBG §1 Abs3;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3 Z1;
AuslBG §4 Abs3 Z7;
AVG §56;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der bescheidmäßigen Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen nach Art. 7 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen - hinsichtlich des Abspruches über die tatbestandlichen Voraussetzungen nach Art. 6 Satz (Absatz) 1 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 - wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Arbeitsmarktservice hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin (eine türkische Staatsangehörige) stellte am 25. September 1996 beim Arbeitsmarktservice Linz unter Verwendung des amtlich aufgelegten Formulars den Antrag auf Feststellung "gemäß Art. 7 oder 6 des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 1/80".

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Dezember 1996 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz vom 8. Oktober 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit Art. 6 und Art. 7 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 (ARB Nr. 1/80) keine Folge gegeben und damit der erstinstanzliche Bescheid, mit dem der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin

"gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich und Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich" des ARB Nr. 1/80 abgelehnt worden war, bestätigt.

Diese Entscheidung wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen damit begründet, die Beschwerdeführerin erfülle die Voraussetzungen des Art. 6 ARB Nr. 1/80 deshalb nicht, weil sie seit Beendigung ihres letzten Dienstverhältnisses am 21. Juli 1995 derzeit weder einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligten Erwerbstätigkeit nachgehe, noch seit Beendigung des Bezuges auf Arbeitslosengeld am 5. Juni 1995 über einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung verfüge und demnach nicht dem regulären Arbeitsmarkt angehöre. Für den Zeitraum 24. Jänner 1995 bis 2. April 1995 und die Zeit ab 22. Juli 1995 sei keine von der zuständigen Behörde festgestellte Arbeitslosigkeit und auch keine Abwesenheit wegen langer Krankheit vorgelegen. Bereits durch diese Unterbrechungen werde bewirkt, dass die davor liegenden Beschäftigungszeiten nicht mehr herangezogen werden könnten. Hinsichtlich der Voraussetzungen des Art. 7 ARB Nr. 1/80 sei davon auszugehen, dass "Kinder bis zum 21. Lebensjahr sowie Ehegatten in aufrechter Ehe" als Familienangehörige im Sinne dieses Artikel gelten würden. Die Beschwerdeführerin sei jedoch bereits berufstätig gewesen und somit selbsterhaltungsfähig; die "im § 1 Abs. 2 lit. m (gemeint: AuslBG) angeführte Definition wonach jemand noch Kind ist, wenn ihm Unterhalt gewährt wird, ist daher ebenfalls nicht anwendbar". Da es sich bei der Beschwerdeführerin "nicht mehr um ein Kind handelt", sei Art. 7 ARB Nr. 1/80 nicht anwendbar. Die Beschwerdeführerin erfülle keine der Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 erster bis zweiter Gedankenstrich ARB Nr. 1/80. Die Einwände in der Berufung seien nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtete sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Feststellung, dass bei ihr die Voraussetzungen gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich und/oder Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 1/80, gemäß § 66 Abs. 4 des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1951, BGBl. Nr. 51 in Verbindung mit Art. 6 und Art. 7 des Beschlusses des Assoziationsrates Nr. 1/80 vom 19. 9. 1980 basierend auf Art. 36 des Zusatzprotokolles zum Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 23. 11. 1970, gegeben sind", verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und ihr die entstandenen Kosten im verzeichneten Ausmaß zuzusprechen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Art. 6 und Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB Nr. 1/80) lauten:

"Art. 6

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.

(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Abs. 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt.

Art. 7

Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

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