VwGH 97/09/0247

VwGH97/09/024710.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch Dr. Helmut Buchgraber, Rechtsanwalt in Wien VIII, Laudongasse 11/6, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 17. April 1997, Zl. LGSW/Abt. 10/13117/688.507/1997, betreffend Feststellung gemäß Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80, zu Recht erkannt:

Normen

61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
ARB1/80 Art6;
AuslBG §1 Abs3;
61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
ARB1/80 Art6;
AuslBG §1 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice (belangte Behörde) vom 17. April 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich und Absatz 2 des nach dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 eingerichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80 (ARB Nr. 1/80), keine Folge gegeben und damit der erstinstanzliche Bescheid des Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien vom 9. Oktober 1996 bestätigt.

Diese Entscheidung wurde von der belangten Behörde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren (EDV des Hauptverbandes der Sozialversicherung) bis 24. März 1995 in Beschäftigung gestanden sei. Nach anschließendem vollständigem Ausbezug der Arbeitslosenversicherung (mit 10. Dezember 1995) sei der Beschwerdeführer nicht mehr beschäftigt gewesen. Es bestehe demnach keine aktuelle Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zum regulären Arbeitsmarkt. Das Vorliegen der vierjährigen Beschäftigungszeit bedürfe daher keiner Prüfung mehr. Die Berufungsausführungen seien nicht geeignet, die begehrte Feststellung gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des Beschlusses des Assoziationsrates zu erwirken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf "Feststellung des freien Zugangs zur unselbständigen Beschäftigung gemäß Art. 6 des Beschlusses des Assoziationsrates 1/1980" verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Art. 6 Satz 1 (Abs. 1) ARB Nr. 1/80 hat folgenden Wortlaut:

"Artikel 6

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.

(3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt."

Der Beschwerdeführer legt in seiner Beschwerde dar, er habe von 1. Februar 1990 bis 24. März 1995 in Österreich gearbeitet; seither sei er (infolge Insolvenz seines bisherigen Arbeitgebers) arbeitslos. Hinsichtlich seiner Beschäftigungszeiten hat der Beschwerdeführer einen Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung vorgelegt, aus dem sich ergibt, daß der Beschwerdeführer zuletzt von 21. Mai 1993 bis 15. September 1993 und danach von 27. September 1993 bis 24. März 1995 beschäftigt gewesen ist.

Ausgehend von diesem unbestrittenen Sachverhalt zeigt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, er gehöre dem regulären Arbeitsmarkt an, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Nach dem Verlust seiner Beschäftigung am 15. September 1993 konnte sich der Beschwerdeführer nämlich noch nicht auf einen allenfalls durch die Zurücklegung in Art. 6 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 umschriebener Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung erworbenen Anspruch auf Fortsetzung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nach den - erst mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 wirksamen - Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 - etwa im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 23. Jänner 1997, in der Rechtssache C-171/95 (Recep Tetik) - berufen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. Juni 1997, Zl. 96/21/0100, vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/09/0152, und vom 15. April 1998, Zl. 98/09/0044). Daher hat die Unterbrechung der Beschäftigung des Beschwerdeführers im Zeitraum 16. September 1993 bis 26. September 1993 zum Untergang der davor erworbenen Anwartschaft auf die mit dem dritten Gedankenstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 verbundene Rechtsposition geführt. Die von 27. September 1993 bis 24. März 1995 dauernde und zu berücksichtigende Beschäftigung des Beschwerdeführers in der Dauer von insgesamt rund 18 Monaten erfüllte jedoch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (23. April 1997) in zeitlicher Hinsicht noch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen der beantragten Feststellung gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des ARB Nr. 1/1980. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob - wie die belangte Behörde festgestellt hat - der Beschwerdeführer zudem auch das Erfordernis der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaates Österreich nicht zu erfüllen vermag.

Die Beschwerde erweist sich somit schon aus diesen Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. März 1999

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